Eyewear Issue 05

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Wir wollen es nicht immer Jedermann recht machen. Mit unseren Produkten und Leistun­ gen wirken wir auf jeden Fall polarisierend.

DER DESIGNPROZESS Was inspiriert den Designprozess bei Oakley?

Aber muss man denn immer um jeden Preis innovativ sein?

Hier bei Oakley habe ich gelernt, dass man durch

mit großer Leidenschaft an der Entwicklung sogenannter „Halo“-

Neuerfinden der Prozesse und Methoden auch ganz

Produkte beteiligt. Das sind Produkte mit einem „Heiligenschein“, die

andere Antworten auf bestimmte Probleme finden

neue Trends oder Konstruktionsweisen ins Rollen bringen. Dahinter

Man muss das Rad nicht unbedingt immer neu erfinden. Aber ich bin

kann. Wenn man sich neu erfindet, gelangt man auch

kann eine Erfindung stehen, von der unsere Firma jahrelang zehren

zu völlig unerwarteten Lösungen. Wir sind meiner

kann. Ein Halo kann sowohl ein Design als auch eine innovative Lösung

Meinung nach immer dann am besten, wenn wir das

sein.

tun, womit man am wenigsten rechnet.

Es dürfte leichter sein, die US Goldreserven aus Fort Knox zu stehlen als eine Design-Innovation aus der Oakley Zentrale in Foothill Ranch.

Mr. Baden, bitte geben Sie einen kurzen Überblick Ihres be­ ruflichen Werdegangs.

Welche besondere Verantwortung bringt diese Position mit sich?

Ich habe in jungen Jahren Architektur studiert und meinen Abschluss

Ich kümmere mich letztendlich um alles, was man an

an der University of Washington in Seattle absolviert. Anschließend

der Marke schmecken, riechen oder fühlen kann.

stieg ich als Partner in eine Architektenkanzlei ein und erhielt einige

Man fragt mich immer wieder, wieso ein Architekt

Jahre später einen Auftrag von Jim Jannard, dem Gründer von Oakley.

diesen Job macht, und ich sage daraufhin: „In

Er wollte im Großraum Seattle einige Projekte bauen, darunter auch

unserem Geschäft laufen unheimlich viele Prozesse

Gebäude mit andersartiger und sehr untypischer Architektur. Wir

gleichzeitig, und diese Prozesse müssen in die

haben uns auf Anhieb super verstanden und zwischen 1992 und 1995

richtigen Bahnen gelenkt werden. Es ist so als würden

gemeinsam ein paar echt bizarre Häuser entworfen. Letztendlich haben

wir einen Sack Flöhe hüten. Architekten müssen

wir zwar nie ein komplettes Haus gebaut, aber wir haben wie die Wilden

in ihrem Job oft viele Aufgaben unter einen Hut

Skizzen gezeichnet. Als Oakley dann 1995 an die Börse ging, waren

bekommen und brauchen daher eine gute Hand zum

Geldmittel für eine Firmenzentrale in Südkalifornien vorhanden – also

Dirigieren unzusammenhängender Prozesse.

Kann das nicht „zu viel“ für manche Kunden sein?

Wie direkt ist die Designabteilung mit anderen Unternehmensbereichen verknüpft?

Wir wollen es nicht immer Jedermann recht machen.

Das Design war bei Oakley immer schon ein weitgehend isolierter

Mit unseren Produkten und Leistungen wirken wir

Bereich. Es gibt da ein Zitat von Henry Ford: „Wenn ich den Kunden

auf jeden Fall polarisierend. Wenn jemand ein neues

fragen würde, was er von seinem Transportmittel erwartet, würde er ein

Produkt von uns sieht und meint: „Was soll das?

schnelleres Pferd verlangen!“ Durch Abschirmung der Designabteilung

Das würde ich niemals anziehen“, dann sage ich ihm

erlauben wir dieser Gruppe, etwas unkonventioneller zu denken, ohne

ins Gesicht: „Das ist gut! Freut mich, dass DU es

vom herrschenden Paradigma und Staus Quo zu stark beeinflusst zu sein.

nicht anziehst!“

dienten unsere Entwürfe als Inspiration für das neue Firmengebäude.

Dieser Oakley-Firmensitz in Foothill Ranch erinnert auf den ersten Blick an eine Raumstation und ist noch dazu unglaub­ lich weitläufig. War das Koordinieren eines solchen Projektes von Seattle aus schwierig?

Was inspiriert Sie an Ihrer aktuellen Rolle am meisten? Ganz klar die Produkte! Ich bin heute keine Spur weniger in den Entwicklungsprozess eingebunden als vor meiner Zeit als Präsident. Ich liebe den Ent-

Nachdem Jim und ich uns auf einen Entwurf für die Oakley-Zentrale

wicklungsprozess, um ein Produkt auf den Markt zu

geeinigt hatten, flog ich sehr viel zwischen Seattle und Südkalifornien

bringen. Sobald ein Produkt fertig ist, hat alles sein

hin und her. Oakley war damals noch ein kleines Unternehmen und

Ende. Man macht weiter und versucht, seine jüngste

brauchte Ressourcen für die Leitung der Firma, also bot mir Jim im Jahr

Leistung zu überbieten. Euphorie und Depression

1996 die Rolle des Director of Design an. Zuerst pendelte ich noch

liegen hier oft nah beieinander. Am meisten aber

zwischen Seattle und Kalifornien, zog dann aber letztendlich mit meiner

genieße ich das geistige Hochgefühl, das mit dem

Familie hierher. Ich wurde 1999 zum President von Oakley und bin

Erschaffen neuer Dinge verbunden ist. Es ist ein un-

seit 2009 Geschäftsführer.

glaubliches Erlebnis, Teil dieser Jagd zu sein.

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