Kurvenwasser. Oder der holprige, etwas kopflastige Flug des Tukans

Page 205

„Du bist … du bist nicht mehr …“ Das wiederholte er ständig, und es klang wie ein Kinderreim in einen neuen, bedrohlichen Zusammenhang. „Was soll ich sein?“, fragte Zak widerwillig. Das Geschöpf blickte nicht auf, Zak wandte sich zum Gehen. „Bleib stehen. Da!“ Elmore krallte sich in Zaks Schatten, um ihn wie eine Decke festzuhalten: „Die Sonne ist heiß.“ Und er reckte sich, als wolle er den Zipfel von Zaks Jogginghose greifen, doch der wich noch weiter zurück und rief: „Komm mal bei, Mann! Was soll der Scheiß?“ – und während er das rief, suchte er nach Gründen und bemerkte, dass die Flasche kein Getränk enthielt, sondern Leim … Elmore war also ein Schnüffler … Pega, so hatte der Ladenbesitzer in San Salvador den Klebstoff genannt, die ätzende Droge. Pega überall, pega pega hielt alles zusammen. Elmore kicherte wirr, als Zak ihm den Rücken zudrehte. „Merk dir das“, rief Elmore ihm nach – laut und lallend und gehässig: „Die Sonne … ist heiß! Und du bist nur ein Schatten.“ Der Vorfall riss Zak aus seiner frischen Seelenruhe; da war wieder das Bild dieses röchelnden Hundes in Tegucigalpa und das Bild des schnüffelnden Mädchens, das hundegleich neben die Straße kackte … Wut und Mitleid überkamen ihn. Er schwitzte und dachte: Du bist der Schatten, Elmore, nicht ich. Nein … Ich sitze hier ganz real in meiner Höhle, und du bist ein krummer Schatten an meiner Wand. Du bedauernswertes Schattengeschöpf! Du schnüffelnder, vertrockneter Untoter, du Arschloch: Immer zur falschen Zeit am falschen Ort – geboren, verkauft, gestorben.

205


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.