Rechnungswesen & Controlling 02/13

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Persönlich

«Meines Erachtens beinhaltet kompetente Führung, dass man bereit ist, Verantwortung an Mitarbeitende abzugeben.» In unserer Reihe «Persönlich» stellen wir Ihnen heute Corinne Rudolphi vor. Sie ist Geschäftsleiterin des Verlags SKV, eines Fachverlags für Lehrmittel und Fachbücher innerhalb des KV Schweiz. Das Interview führte Herbert Mattle, Präsident veb.ch. Corinne Rudolphi, bitte erzählen Sie uns über Ihren Werdegang. Corinne Rudolphi: Ich bin von Beruf ursprünglich Sortimentsbuchhändlerin und habe später die HWV absolviert. Im Grunde ist das eine logische Reihenfolge: Die Fachsortimente faszinierten mich immer, besonders die Rechtswissenschaften. Die HWV brachte mich näher zum Thema, zum Produkt. Und Buchhändlerin war schon immer Ihr Berufswunsch? Früher nicht. Die Psychiatriepflege hatte es mir angetan. Andererseits führten meine Urgrosseltern eine Buchhandlung in Zürich. Man kann also sagen, Bücher liegen in der Familie, das mag bei der Berufswahl mitgespielt haben. Und danach? Der Verlag SKV suchte 1992 eine Lektorin mit Branchenwissen. Ich kam vom Fachbuchhandel, ich hatte die HWV, und ich wurde eingestellt. Nun haben Lektoren ja nicht überall die gleiche Rolle. Aber beim Verlag SKV kommt viel Spannendes zusammen und so habe ich diese Aufgabe 18 Jahre lang genossen: Das Lektorat arbeitet mit am Konzept, am Inhalt unserer Fachbücher. Es pflegt sie sprachlich und liest letztlich das Gut zum Druck, es ist also im ganzen Prozess der Entstehung involviert. In meinen Jahren als Lektorin hatten wir viele neue Projekte. Wir alle engagierten uns enorm und der Verlag gewann zusätzliche Marktanteile. Passt das auch den Autoren, wenn Sie so stark eingreifen? Viele schätzen die Mitarbeit und verstehen es als Unterstützung. Und wir überarbeiten bewusst im Einverständnis und unter Wahrung des individuellen Stils der Verfasser.

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Es versteht sich von selbst, dass wir viel vom Privatleben unserer «Kreativen» mitbekommen. Probleme zuhause oder in anderen Bereichen wirken sich unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit aus. Unsere schreibenden Fachleute sind ja beruflich sehr engagiert. Sie «erschaffen» ihre Werke im Grunde nebenbei. Das kann schon hohen Druck verursachen. Lernen Sie selber auch etwas? Natürlich. Gerade bei der Arbeit mit Praktikern. Man erfährt viel. Realisieren Sie denn alle angedachten Buchprojekte? Von zehn Ideen vielleicht zwei. Auch ein Abbruch, selbst mitten im Projekt, ist nicht völlig ungewöhnlich. Und der Zeitdruck ist enorm. Zwei bis drei Jahre zur Umsetzung, so wie früher, sind heute nicht mehr machbar. 2010 kam dann das Engagement als Geschäftsleiterin. 2010 wurde der damalige Stelleninhaber pensioniert. Unser Verband, der KV Schweiz, war gefordert. Die neue Person sollte die Anliegen des Verbands und sein politisches System verstehen und dazu das Know-how mitbringen, welches man im Verlagswesen unbedingt braucht. Ich wurde angefragt und habe nach kurzer Bedenkzeit gerne Ja gesagt. Diesen Schritt habe ich nie bereut, auch wenn ich damals nicht abschätzen konnte, was auf mich zukommen würde. Vom Team in eine Führungsposition – ein Problem? Die Führungsposition forderte mich gleich zu Beginn. Wir erarbeiteten eine neue Strategie, was auch bedeutete: Zurück zu den Kernkompetenzen. Logistik, die Auslieferung als Geschäftsbereich, gehörte nicht mehr dazu. Die Folge war eine Umstrukturierung. Das war hart… Das war hart ... weil Sie plötzlich die Chefin waren? Wenn man lange im Team zusammenarbeitet, lernt man seine Kolleginnen und Kollegen natürlich persönlich kennen. Und Restrukturierungsmassnahmen tref-

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Corinne Rudolphi, Geschäftsleiterin Verlag SKV

fen letztlich alle. Vor diesem Hintergrund war die Situation nicht leicht, aber brachte eine wertvolle Erfahrung mit sich. Entwickelten Sie die neue Strategie alleine? Nein, wir hatten wertvolle, professionelle Unterstützung durch Externe. Deren Team hat uns sehr gut beraten. Welche Optionen hatten Sie denn? Ja nun .... beibehalten und versuchen zu optimieren. Oder die Frage für den Verlag beantworten, welche Kompetenzen es in der Zukunft braucht. Den Verlag SKV gibt es seit 88 Jahren und wir sind seit jeher erfolgreich in den Bereichen der kaufmännischen Grundbildung, der Weiterbildung und der Berufspraxis. Wir haben ausgezeichnete Praxisautoren. Wir bearbeiten und pflegen diesen Markt mit einem kleinen aber starken Team. Auf diesen Stärken aufbauend wollen wir neue Kompetenzen hinzugewinnen, vor allem im digitalen Bereich, in der Programmgestaltung, im Marketing. Dazu haben wir neue Stellen geschaffen. Neu nutzen wir auch wieder unsere Nähe zum KV Schweiz und seinen Bildungsinstitutionen. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben? Mein Team, das «Mitenand» ist mir wichtig. Ich halte nicht viel von striktem Hierarchie- und Funktionsdenken. Es muss nicht alles über meinen Tisch. Meines Erachtens beinhaltet kompetente Führung, dass man bereit ist, Verantwortung an Mitarbeitende abzugeben.

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