"Ihr seid verantwortlich für die Zukunft"

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Kreis Lippe/Lokales

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LIPPISCHE LANDES-ZEITUNG NR. 22, MONTAG, 27. JANUAR 2014

„Ihr seid verantwortlich für die Zukunft“

KOMMENTAR

Ein Turnprojekt als Lebenswerk

Jan Christian Pinsch ist einer von 22 Nachwuchsjournalisten, die das ehemalige KZ Auschwitz besuchen

Von Oliver König

ast 30 Jahre lang haben Fpoldshöhe die Turner des TuS Leoeine Erfolgsge-

schichte nach der anderen geschrieben. Doch nun ist der Aufwand in der Bundesliga zu groß geworden – vor allem in finanzieller Hinsicht. Trotz des hohen Niveaus kommt Turnen bei den Sponsoren einfach nicht an, und auch die Zuschauer blieben den Wettkämpfen mit internationaler Note fern. Bundesliga funktioniert aber nur mit Geldgebern und Stars wie Fabian Hambüchen, Marcel Nguyen & Co. Auf dem „Dorf“ ist der Zenit erreicht. Mehr geht nicht. Und man kann den Verantwortlichen aus Leopoldshöhe nicht vorwerfen, nicht alles getan zu haben. „Turnvater“ FriedrichWilhelm Nagel hat über Jahrzehnte mit großem persönlichem Engagement dafür gesorgt, dass das Leopoldshöher Kunstturnen eine Marke war. Nun hat er die Reißleine ziehen müssen. Das Turnprojekt war sein Lebenswerk. Er hat die Turnfamilie zusammengehalten, er hat das Leistungszentrum aufgebaut, er war der Motor dieser Sportart.

Von Kiel bis München, von Saarbrücken bis Cottbus: Die Turner des TuS haben Leopoldshöhe in der gesamten Republik präsentiert. Sie waren der beste Imageträger der Gemeinde. Aber auch dem lippischen Sport fehlt in Zukunft eine feste Größe. Eine vage Hoff nung auf eine Rückkehr ins Bundesliga-Geschäft bleibt. Denn die „Leos“ werden nicht gänzlich von der Bildfläche verschwinden. Mit Alfred Lefebre kümmert sich seit einigen Monaten eine echte Turn-Größe um den Nachwuchs, und die zweite Mannschaft startet 2014 als eine Art Wettkampfgemeinschaft mit dem TV Isselhorst in der 3. Liga. Der TuS hat also die Zeichen der Zeit erkannt und setzt fortan auf seinen Nachwuchs. Das ist gut so. Nur mit Athleten aus Niedersachsen, Berlin oder aus dem Ausland ist kein Turnfan in die Halle des Schulzentrums zu locken. Somit ist die Geschichte des Leopoldshöher Turnens noch nicht ganz beendet, sie hat nun jedoch ihr erstes negatives Kapitel hinzu bekommen.

Gespräche mit einem der wenigen verbliebenen Zeitzeugen: Nachwuchsjournalist Jan Christian Pinsch (links) spricht mit dem KZ-Überlebenden Jacez Zieliniewicz. Rechts

okoenig@lz-online.de

FOTO: BENEDIKT PETERS

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Bestrahlung bei Schmerzen Vortrag von Privatdozent Dr. Ralph Mücke Detmold. Einen Vortrag zur Bestrahlung von schmerzenden Knochen, Gelenken hält Privatdozent Dr. Ralph Mücke am Mittwoch, 29. Januar. Er geht auf die Behandlung von Arthrose, Tennis-Ellenbogen und Fersenbeinsporn mit der Röntgenreizbestrahlung ein. Diese zeichnet sich laut einer

Mitteilung durch eine wesentlich geringere Strahlendosis als bei der Behandlung von Tumorerkrankungen aus und verspricht Schmerzlinderung. Im Anschluss an den Vortrag, der um 15 Uhr im Paulinen-Saal des Landeskirchenamtes, Leopoldstraße 27, beginnt, werden Fragen beantwortet.

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DETMOLD

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WAS IST LOS?

Blutspende, 15.30-19.30 Uhr, Vereinshaus, Lagesche Straße 191, Jerxen-Orbke. Gesprächsrunde „Sehbehinderung und Blindheit “, 15-17 Uhr, Begegnungszent-

Mit 21 anderen Nachwuchsjounalisten nimmt LZ-Mitarbeiter Jan Christian Pinsch derzeit an einem außergewöhnlichen Projekt teil: Der Bad Salzufler besucht das KZ Auschwitz, wo er auf Zeitzeugen trifft. Für die LZ berichtet er aus Polen. Kreis Lippe/Auschwitz. Ich versuche hier in Oświęcim, einem rund 900 Kilometer von meiner Heimatstadt entfernten Ort mit knapp 40 000 Einwohnern, der unter seinem deutschen Namen Auschwitz traurige Berühmtheit erlangte, das Unmögliche: das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte nachzuvollziehen, zu begreifen, welches beispiellose Leid an Menschen hier verursacht wurde. Dabei sind wir mit dem Privileg gesegnet, Zeitzeugengespräche führen zu dürfen. Wir sind uns bewusst, dass es eine große Ehre und zugleich eine unermessliche Verantwortung ist – sind wir doch die letzte Generation, die imstande ist, mit Menschen zu sprechen, die den Holocaust überlebt haben. In wenigen Jahren wird dieses kommunikative Gedächtnis nicht mehr möglich sein; ein kulturelles Gedächtnis wird dies dann kompensieren müssen. Vielleicht vermag es die Kunst, das zu leisten. In der Franziskanerkirche in Harmęże, einem kleinen Dorf unweit des Vernichtungslagers, besichtigen wir

Werke von Marian Kolodziej. Als Häft ling Nummer 432 war er einer der ersten Inhaftierten in Auschwitz und verblieb dort bis zur Befreiung 1945. Nachdem er 50 Jahre zu seiner Lagervergangenheit geschwiegen hatte, begann er, seine Erinnerungen in unzähligen Bildern festzuhalten. Seine Werke handeln vom Tod, der im Lager allgegenwärtig war und jederzeit zuschlagen konnte. Er erzählt von Häft lingen, die sich ihre Menschlichkeit bewahrten, da sie ihr Brot teilten, statt es anderen zu stehlen. Und er zeigt Köpfe, die nur noch Nummern enthalten, da die Nationalsozialisten ihnen ihre Persönlichkeit und Identität gestohlen haben. Der aus NRW stammende Pfarrer Manfred Deselaers, einer von vielleicht zwei, drei dauerhaft in Oświęcim le-

benden Deutschen, führt uns durch die Ausstellung seines Freundes, der 2009 in der Krypta beerdigt wurde. Der Rundgang endet draußen, acht Stufen höher, in einem auch in der Winterzeit prächtigen japanischen Garten. „Kolodziej wünschte sich, dass das

Selbst im KZ bewahrt sich Kolodziej die Hoffnung Ende gut ist“, erzählt Deselaers. „Für die Besucher seiner Ausstellung, aber auch für alle Menschen am Ende der Zeit.“ Selbst im KZ bewahrte er sich seine Hoffnung – das hielt ihn am Leben. Dann geht es tatsächlich an die Orte des Schreckens. Auf unserem Weg durch das Lager Auschwitz I passieren wir das berühmte Tor mit der zynischen Aufschrift „Arbeit macht

frei“ und steuern auf den Block 27 zu, in dem die jüdische Dauerausstellung „Schoa“ untergebracht ist. Wir werden empfangen mit wunderschöner Musik; dazu laufen Filme von jüdischen Familien. Kinder lachen und spielen ausgelassen im Garten, Männer tanzen mit ihren Frauen, Familien feiern ein Fest: Es sind Momente des Glücks und der Freude. Am liebsten möchte ich gar nicht weitergehen und hier verweilen. Aber die Zeit bleibt nun einmal nicht stehen; das hat sie nie getan. Ich weiß, was nun folgen wird, und kann es doch nur schwer erfassen. Einen Raum weiter sehen wir die NS-Elite, die ihre antisemitische Ideologie propagiert – eine Katastrophe nimmt ihren Lauf. Aus historischen Büchern ist sie uns bekannt. Doch hier in Auschwitz wird Geschichte au-

Internationale Begegnung „Nahaufnahme 2014 “ Aus knapp 100 Bewerbern wurden 22 Journalisten aus sieben Ländern zwischen 18 und 30 Jahren für die internationale Begegnung „Nahaufnahme 2014 “ ausgewählt, die vom 1973 gegründeten Maximilian-KolbeWerk unter der Leitung von Wolfgang Gerstner veranstaltet wird. Dieses leistet Hilfe für die Überlebenden der Konzentrationslager und Ghettos und setzt sich für die Versöhnung zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk ein. Namenspatron ist ein Franziskaner-Minorit, der in einem

Akt größter Menschenliebe einen Familienvater in Auschwitz vor dem Tod bewahrte, indem er sein eigenes Leben hingab. Mit ihren erarbeiteten Beiträgen sollen die Teilnehmer einen Beitrag zum Erinnerungsdiskurs leisten. Neben der Besichtigung der Gedenkstätten stehen insbesondere intensive Begegnungen mit Holocaust-Überlebenden im Mittelpunkt. ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey ist Schirmherr des Projekts, das zweigeteilt stattndet. Seit dem 22. Januar 2014 läuft der erste Teil im „Zentrum für Di-

alog und Gebet “ unweit der Gedenkstätte Auschwitz. Zum krönenden Abschluss nehmen die Nachwuchsjournalisten heute an der ofziellen Gedenkfeier zum 69. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz teil, für die sich ranghohe Vertreter verschiedenster Länder angekündigt haben. Am morgigen Dienstag treten die Teilnehmer ihre Heimreise an. Vom 16. bis 20. März 2014 wird das Projekt mit einem zweiten Teil im KZ Sachsenhausen (bei Berlin) fortgeführt. (jcp)

Männergesangverein Berlebeck hat einen neuen stellvertretenden Chef

detmold@lz-online.de

Veranstaltungen

Von Jan Christian Pinsch

Bottke übernimmt für Möller

Redaktion

Thorsten Engelhardt (te) Jana Beckmann (jab) Manfred Brinkmeier (mab) Cordula Gröne (co) Sven Koch (sk) Barbara Luetgebrune (blu) Marianne Schwarzer (an)

im Bild Wolfgang Gerstner, Geschäftsführer des Maximilian-Kolbe-Werks und Initiator des Journalistenprojekts.

rum des Lippischen Blindenund Sehbehindertenvereins, Hiddeser Straße 24-24a. Zentrale Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus, 17 Uhr, Stadtgymnasium, Martin-LutherStraße.

Detmold-Berlebeck. Hermann Möller hat seinen Sangesbrüdern „Tschüss“ gesagt. Der stellvertretende Vorsitzende des Männergesangvereins Berlebeck ist von seinem Amt zurückgetreten. Sein Nachfolger wird Kurt Bottke. Die restlichen Vorstandsmitglieder wurden bei der Jahreshauptversammlung am Freitagabend einstimmig wieder gewählt. Rudolf Münch bleibt Vorsitzender, Jürgen Rubart fungiert als Kassenwart und Dieter Reichardt als Schriftführer. Beisitzer ist Ernst-August Beckmann, Friedel Lükermann ist Notenwart.

Neu im Amt: Vize-Vorsitzender

Kurt Bottke.

FOTO: BARTLING

Hermann Möller will sich in Zukunft den elementareren Dingen im Gesangverein widmen: „Ich möchte endlich das machen, was ich von Anfang an wollte – einfach singen“, sagte der Sänger. Sein Ausscheiden habe mit der Zusammenarbeit in der Führungsriege oder sonstigen Problemen überhaupt nichts zu tun. „Die Arbeit im Vorstand kann ich als vorbildlich bezeichnen“, sagte Möller. Er sei sich sicher, dass dies mit seinem Nachfolger so weitergehe. Schon zu Beginn seiner Amtszeit bekommt Kurt Bottke alle Hände voll zu tun. Der

Abwärtstrend in den Kassenbüchern soll gestoppt werden. „Aufgrund des Ausfalls von Chorleiter Olaf Schöchle musste der MGV einiges für Vertretungen und einen Nachfolger investieren“, berichtete Münch. Den Wechsel zu Dr. Martin Sabel habe der Chor ansonsten aber gut verkraftet. Der Vorstand will nun ein Konzept zur Deckung der Ausgaben erarbeiten. Derweil können sich die Berlebecker auf das Jubiläumskonzert zum 130-jährigen Bestehen des MGV Berlebck freuen. Dies soll am 18. Oktober in der Turnhalle stattfinden. (rb)

thentisch und persönlich. Baracken, Zellen und Gaskammern sind stumme Zeugen grausamer Zeiten, doch auch die Menschen, die zu Tode gekommen sind, haben Spuren hinterlassen. In den Ausstellungsräumen türmen sich leere Koffer, kaputte Brillen und fast 2000 Kilogramm an von ermordeten Frauen abgeschnittenen Haaren, die für die deutsche Textilindustrie bestimmt waren. Einer, der den Horror von

Zieliniewicz schildert Klassen seine Geschichte Auschwitz überstanden hat, ist Jacez Zieliniewicz. Bevor er mit uns das Gelände des Vernichtungslagers besucht, berichtet der heute 87-Jährige im „Zentrum für Dialog und Gebet“ von seiner einjährigen Zeit im KZ. Während er täglich Kindern auf ihrem Weg in die Gaskammer zusehen musste, überlebte er. Nun hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Schulklassen seine Erlebnisse zu schildern. „Nicht mir, sondern den jungen Leuten gehört die Zukunft“, so Zieliniewicz. „Ihr tragt zwar keine Schuld an der Vergangenheit, seid aber verantwortlich für die Zukunft.“ Mittlerweile hat der Pole auch viele Freunde in Deutschland. „Es gibt für mich keine guten und schlechten Nationen mehr, sondern nur gute und schlechte Menschen“, betont er. „Ich habe meinen Hass überwunden.“ Er hat gesiegt. Die Opfer haben gesiegt.

EDV für Profis und Anfänger Neue VHS-Kurse Detmold. Im Februar und März beginnen an der Volkshochschule Detmold etliche neue EDV-Kurse. So gibt es Vormittagsseminare zum Einstieg in die PC-Welt für Frauen und für Senioren. In Kooperation mit der Stadtbücherei findet nachmittags ein Kursus zum Arbeiten mit dem eigenen Laptop statt. Darüber hinaus gibt es Einblick in alle gängigen Office-Programme sowie in das Layouten mit „InDesign“ und die Bildbearbeitung mit „Photoshop“. Infos und Anmeldung unter ☏ (0 52 31) 97 72 32 oder www.vhs-detmold.de.


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