Mitteschön Magazin - Ausgabe 31

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Ausgabe 31, März 2013

Neues aus Berlin Mitte

GLÜCKSTAG MIT: NEW FOUND LAND THE XX: SOUNDTRACK FÜR DEN PLÄNTERWALD Berliner Gesichter: Mic Donet Mittes Monatsheft!

Tune Musik IN

deutsch + English + deutsch  English


Rhye

The Fall Woman

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Editorial  3

Mitte ins herz Ein Freizeitpark eröffnet Ende der sechziger Jahre im Plänterwald und verzeichnet 1,5 Millionen Besucher jährlich. Als es nach der Wende nicht mehr so rosig läuft, setzt sich der in dubiose Machenschaften verwickelte Geschäftsführer samt Mitarbeiter und Fahrgeräte klammheimlich nach Südamerika ab. Übrig bleibt ein verwunschen anmutendes Waldstück inklusive Attraktionen, die heute wie hingezaubert wirken... Eigentlich ein Wunder, dass es dieser Stoff noch nicht auf die Leinwand geschafft hat. Dass sich der ehemalige Spreepark aber nicht nur als Film-, sondern auch bestens als Festivalkulisse eignet, der Meinung sind offensichtlich auch die drei Mitglieder der britischen Band The xx, die am 18. Mai mit ihrer europaweiten Festivalreihe Night + Day dort einen Abstecher hinlegen. Außerdem in dieser Ausgabe mit dem Schwerpunkt Musik: Anna Roxenholt alias New Found Land streift mit uns durch die Sonnenallee, Katja Lucker, Geschäftsführerin der neu gegründeten Fördereinrichtung für Popmusiker Musicboard Berlin, berichtet, was sie mit einem jährlichen Förderetat von einer Million Euro anstellt, und unsere Redakteurin Sophia klärt über ihre Nachtschichten als DJ auf. Viel Spaß beim Lesen! Eure MITTESCHÖN-Redaktion

Johanna Ruebel Johanna ist in Hamburg geboren und in Frankreich groß geworden. Nach dem Abitur ging sie nach London, um dort Graphic Design am Central Saint Martins zu studieren. Heute konzentriert sie sich in erster Linie auf die Fotografie, zeichnet und malt aber immer noch leidenschaftlich gern. Seit 2008 lebt Johanna in Berlin. www.johanna-ruebel.com

Björn Lüdtke Björn Lüdtke wohnt seit 2005 mitten in Mitte und bekommt jede kleine Veränderung hautnah mit. Gute Voraussetz­ungen also, um sich um unsere Rubrik Fundbüro zu kümmern. Außerdem lässt er sich jeden Monat von außergewöhnlichen Menschen durch ihren Kiez treiben, dieses Mal mit der schwedischen Musikerin Anna Roxenholt alias New Found Land.

Lianna Dora Kinder, wie die Zeit vergeht, zum sechsten und letzten Mal ist Lianna nun MITTESCHÖNS Grafik-Gesicht. Im April lässt sie mit dem Winter vorerst auch Berlin hinter sich, um in Hamburg ihr Studium zu beenden. In unserem grauen und bitter kaltem Winter musste sie sich nicht selten anhören, dass sie sich da aber die falsche Jahreszeit ausgesucht habe. Für sie ist klar, sie möchte auf jeden Fall irgendwann mindestens einen Berliner Sommer erleben. Also, auf ein Wiedersehen!


4   Impressum

Mitteschön no    31

Herausgeber

Toni Kappesz Veröffentlichung

Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany Projekt Manager

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) ARTDIREction

Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) Grafikdesign

Lianna Dora (lianna@mitteschoen.com) Presse

Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) Redaktion

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) Redakteure

Paul Schlosser, Bettina Schuler, Björn Lüdtke, Sebastian Braschl, Pelén Boramir, Melissa Frost, Sophia Hoffmann, Silvio Neubauer, Oliver Janik, Jamal Al Badri, Kathrin Gemein Fotografen

Tina Linster, Sebastian Braschl, Stini Mimissonsdottir, Johanna Ruebel ÜBersetzung

Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Robert Schlicht Lektorat

Katharina Geißler Anzeigenvermarktung

Thorsten Karras (thorsten@mitteschoen.com) Bianca Welsch (bianca@mitteschoen.com) WEBSeITE:

www.mitteschoen.com

Projekt Manager online

André Uhl (andre@mitteschoen.com) Druck

hofmann infocom Nürnberg Coverfoto:

Jessica Bossuyt, fotografiert von Stini Mimissonsdottir


Inhaltsverzeichnis  5

INHALT / Content Wegweiser 6

Momentmal: Brust raus

8

Veranstaltungstipps Events

10

Mitteschön Lieblingsstücke

32

HAPPA HAPPA: Hungry for colours...

41

Englische Übersetzungen English Translations

45

Mitteschön Verlosung: Pirates of Mitte

47

Stadtplan City Map

kieztalk 12

Glückstag MIT New Found Land Nothing’s gonna be okay?

17

FUNDBÜRO: Whatever...

18

SOUNDTRACK FÜR DEN PLÄNTERWALD

21

AUGENSCHMAUS: Jessica Bossuyt

26

INTERVIEW MIT Katja Lucker

33

wir mitte-muttis: Popmusik für Kinder We Mitte Mums: pop music for kids

38

Berliner Gesichter: Mic Donet, Sänger Berlin Faces: Mic Donet, Singer

46

Kolumne: Über das Geratewohl

Kulturgut 23

illustrator des Monats: Rita Fürstenau

30

Kill the Dj Kill the DJ

34

Kunsttipps von EyeOut EYEOUT Art Events

35

filmtipps DER filmgalerie 451

36

Brave New World: Abhörstation


MY WAAAAAAAAY. Wann immer mein Weg mich am Hal-

leschen Tor zum Umsteigen zwingt, höre ich es schon auf der Rolltreppe. My Way. Und mir stellt sich die Frage: Hat der Herr mit dem

Akkordeon nur diesen einen Song in petto und auf Repeat – oder was für ein verrückter Zufall ist hier am Werk? Das diesmonatige Thema brachte die Idee, den My-Way-Musikanten zu fotografieren. Doch


Tina Linster fängt für MitteSchön Berlin-Momente ein.

dann: nichts. Auch beim zweiten Versuch, kein Musikus in Sicht. Nur eine alte Dame, an beiden Tagen. Tja. Und das Lied. Das hatte ich dann aber doch im Kopf. Poff! Pawlow. Sofort zur Stelle. Als wäre es

sowieso schon dort. Zumindest für mich; ob ich nun will oder nicht... Ursprünglich war das übrigens ein französisches Chanson: Comme d’habitude. Was das heißt? „Wie gewohnt. Wie gehabt. Wie immer“!


8   Veranstaltungstipps von Sebastian Braschl, Translation P. 41

RESTAURANT: MANI Ein in grünem Marmor eingefasster Kamin ziert die Mitte der Räumlichkeiten, dessen stilvolles Interieur in dunklen Tönen gehalten ist. Zwischen Blumenbouquets und minimalistischem Mobiliar schicken das Mani und Chefkoch Martin Schanninger seine Gäste auf einen kulinarischen Ausflug von Tel Aviv nach Paris. Die moderne israelische Küche, die durch arabische und französische Elemente ergänzt wird, zeigt sich in der außergewöhnlichen Kombination und Mixtur von

CAFÉ: ATLAS PANCAKES

mediterranen Zutaten sowie orientalischen Gewürzen. Täglich 19 bis 24 Uhr, Mo bis Fr, 12 bis 15 Uhr, Torstraße 136, www.mani-restaurant.com

Tetra im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde – dafür

Pancakes einfach nur als Café zu bezeichnen. Schon

mit umso mehr Erfolg. In seinem Heimatland belegte

in kürzester Zeit hat sich die Kreuzberger Location zu

das Quartett Platz eins der Charts und erhielt Platinaus-

einem Hotspot entwickelt, der neben kulinarischen

zeichnung. Die genresprengende Mischung aus Hip-

Angeboten wie den namensgebenden, geschmacklich

Hop-Beats, Elektro-Blends, Soul und Blues, kombiniert

unvergleichlichen Pancakes sowie Gemüsegerichten

mit eingespielten Instrumenten wie Streicher, Bläser, Gi-

auch eine Galerie mit wechselnden Ausstellungen be-

tarren und Pianos, sorgen für einen einmaligen Liveauf-

reithält. Von Donnerstag bis Sonntag kann ab 20 Uhr

tritt, der den imposanten Heimathafen beschallen wird.

zu frisch gemixten Drinks, Live-Musik oder den Sets

HEIMATHAFEN NEUKÖLLN, 20. MÄRZ 2013

angesagter DJs die ganze Nacht durchgefeiert werden. Forsterstraße 5, www.atlasberlin.com

Das französische DJ-Kollektiv C2C besteht seit 1998. Allerdings hat es weitere 14 Jahre gedauert, bis sein Debüt

Eigentlich entspricht es nicht der Wahrheit das Atlas

Mi bis So, 12 Uhr bis open end,

KONZERT: C2C

Beginn: 21 Uhr, Eintritt: VVK 22 Euro, AK 26 Euro,

AUSSTELLUNG: WORLD WITHOUT MEN

Karl-Marx-Straße 141, www.heimathafen-neukoelln.de

Seit den Siebzigern galt er als einer der besten und teuersten Fotografen weltweit. Der gebürtige Berliner Helmut Newton war bekannt für seine legendären Modefotografien, die er unter anderem in dem Bildband World without Men präsentierte. Gezeigt werden darin zwischen den Sechzigern und Achtzigern entstandene Aufnahmen, die er für renommierte Modemagazine und -häuser machte. Das Fotobuch wurde nun erstmalig in eine Ausstellung verwandelt. Die Fotografien werden durch Newtons Ausstellungsprojekt Archives

KONZERT: OF MONS-

de Nuit und fotografische Porträts des französischen

THEATER: ALICE IM

TERS AND MEN

Künstlers François-Marie Banier ergänzt.

Nanna Bryndís Hilmarsdóttir, Ragnar Þórhallsson, Brynjar

7. DEZ 2012 BIS 13. OKT 2013

Leifsson, Arnar Rósenkranz Hilmarsson, Árni Guðjónsson

Di bis So, 10 bis 18 Uhr, Do bis 20 Uhr, Eintritt: 8 Euro /

Lewis Carolls Kinderbuchklassiker von 1865 wurde

und Kristján Páll Kristjánsson – was das ist? Das sind

erm. 4 Euro, Jebensstraße 2, www.smb.museum

in den knapp 150 Jahren seit seiner Veröffentlichung

MUSEUM FÜR FOTOGRAFIE,

WUNDERLAND

die Namen des isländischen Erfolgssextetts Of Mons-

in verschiedenartigster Weise und Interpretation auf

ters And Men, deren Song Little Talks im vergangenen

Leinwand und Bühne gebracht. Das Theater der kleinen

Sommer von allen Radiosendern bevorzugt in Dau-

Form erzählt nun mit Puppen und Schwarzlicht die

erschleife gespielt wurde. Seit Veröffentlichung ihres

bizarre Geschichte von Alice, die aus reiner Neugier

Debütalbums im April galten die Isländer mit ihrem

einem weißen Kaninchen mit Uhr nachläuft und dar-

rockenden Folkpop als die sensationellsten Newcomer

aufhin seltsame Dinge erlebt, für Kinder ab fünf Jahren

des Jahres – eine Erfolgsgeschichte, die weit über die

nach. Am 4. und 5. März wird das Stück nochmals für

europäischen Grenzen hinausgeht.

Kitas und Schulklassen ermäßigt aufgeführt.

COLUMBIAHALLE, 14. MÄRZ 2013

THEATER DER KLEINEN FORM, 3. MÄRZ 2013

Beginn: 20 Uhr, Tickets im VVK ab 29 Euro, Columbiadamm

Beginn: 11 & 16 Uhr, Eintritt: 5 Euro, Gubener Straße 45,

13–21, www.ofmonstersandmen.com, www.c-halle.com

www.theater-der-kleinen-form.de

Foto-Credits: Julia Schoierer (Atlas Pancakes), Benjamin Krieg (F.I.N.D. 2013) Sylvain Richard (C2C), Kirill Was Here (Nas)


Veranstaltungstipps von Sebastian Braschl, Translation P. 41  9

AUSSTELLUNG:

FILM: CINEBRASIL

32. LANGE NACHT

Ein 30-jähriger Schriftsteller aus Rio de Janeiro, der nicht

DER MUSEEN

erwachsen werden will, zwei Clowns in einem brasiliani-

Eine Nacht lang öffnen wieder knapp 80 Berliner Mu-

dor, der in Konflikt zwischen religiöser Tradition und

seen bei Dunkelheit ihre Türen und Tore, um dem Be-

wachsender Urbanisierung gerät. Zum 8. Mal kommt

sucher die Gelegenheit zu bieten, auf nächtliche Streif-

Brasilien nach Berlin und führt im Rahmen des brasili-

züge durch die Ausstellungs- und Sammlungsräume

anischen Filmfestivals mit dem diesjährigen Programm

zu gehen. Diese Museumsnacht steht unter dem Motto

wieder in die unterschiedlichsten Gebiete und Lebens-

Zerstörte Vielfalt, das der Zerschlagung der kulturellen

weisen des 5. größten Landes der Erde, was beweißt, dass

schen Wanderzirkus oder ein schwarzer Banker in Salva-

KONZERT: MATISYAHU

Brasilien viel mehr als Fußball und Samba ist.

sungen und Workshops beleuchten die Zeit vor 1933 so-

Matisyahu ist die jüdische Entsprechung des Vorna-

Rosa-Luxemburg-Straße 30, www.cinebrasil.info,

wie deren Persönlichkeiten aus Musik, Literatur, Kunst

mens von Matthew Miller, den der US-Amerikaner

www.babylonberlin.de

und Wissenschaft.

nach einer Israelreise auf der Suche nach seinen jüdi-

Lange Nacht der Museen, 16. März 2013

schen Wurzeln annahm. Die Auseinandersetzung mit

18 bis 2 Uhr, www.lange-nacht-der-museen.de

verschiedenen jüdischen Glaubensrichtungen zeich-

Landschaft durch den Nationalsozialismus vor 80 Jahren gedenkt. Ausstellungen, Führungen, Konzerte, Le-

KINO BABYLON, 7. BIS 12. MÄRZ 2013

nete sich stark auf seinen früheren Alben ab. Bereits vor Veröffentlichung von Spark Seeker kündigte er an, sich musikalisch künftig wieder weltlichen Themen zuzuwenden und seine Religion ins Privatleben zu überführen. Seinem unverkennbaren Stil zwischen Reggae, Rap und Rock ist er dennoch treu geblieben. POSTBAHNHOF, 3. MÄRZ 2013

Beginn: 21 Uhr, Eintritt: ab 23,70 Euro, Straße der Pariser Kommune 8, www.postbahnhof.de, www.matisyahuworld.com

FESTIVAL: MAERZMUSIK Das Festival für aktuelle Musik zählt zu den wichtigs-

KONZERT: NAS

ten Deutschlands und lockt jährlich etablierte Künstler

Sein Erstlings- und Meisterwerk Illmatic gilt als eines

um ein vielschichtiges Musikprogramm mit wechseln-

der besten sowie einflussreichsten Rap-Alben aller Zei-

den Schwerpunkten zu präsentieren. In diesem Jahr

ten, in der Hip-Hop-Kultur zählt er zu den Top 5 der MCs:

liegt der Fokus unter anderem auf islamisch geprägten

Sprachakrobat Nasir bin Olu Dara Jones aka Nas hat

Ländern des Mittelmeerraums. Mit der breiten Palette

mittlerweile sein zehntes Studioalbum Life is good ver-

an Orchester- und Kammermusik, innovativem Mu-

öffentlicht. Der New Yorker, der mit Künstlern wie unter

siktheater bis hin zu experimentellen und medien-

anderem Jay-Z und Kanye West zusammengearbeitet

künstlerischen Arbeiten wird für zehn Tage wieder die

hat, beehrt in diesem Jahr auch Berlin mit einem Kon-

Gegenwartsmusik zelebriert.

sowie Newcomer aus aller Herren Länder nach Berlin,

zert, auf dem er neben seinem neuen Album auch Klas-

THEATER:

siker seiner bisher erschienenen Alben zum Besten gibt.

F.I.N.D. 2013

Haus der Berliner Festspiele, Radialsystem V, Kino

Beginn: 21 Uhr, Tickets: VVK 30 Euro, AK 35 Euro,

Dieses Jahr steht F.I.N.D. im Zeichen des neuen Theaters

MUSIK, Berghain, Konzerthaus Berlin,

Revaler Straße 99, www.astra-berlin.de

aus Europa. Theaterschaffende aus Italien, Spanien,

Tickets: 10–25 Euro, www.berlinerfestspiele.de

ASTRA KULTURHAUS, 27. MÄRZ 2013

Griechenland, Ungarn und Island zeigen ihre Arbeiten und schaffen einen Raum für gemeinsames Reflektieren über Länder-, Sprach- und kulturelle Grenzen hinweg. Workshop-Präsentationen und Gastspiele internationaler Ensembles runden die Veranstaltung ab. Die Projekte und Inszenierungen, die ihm Rahmen des Festivals Internationale Neue Dramatik entstehen, bilden die Schwerpunkte des Spielplans der Schaubühne. SCHAUBÜHNE AM LEHNINER PLATZ, 16. BIS 24. MÄRZ 2013

Kurfürstendamm 153, www.schaubuehne.de

Maerzmusik, 15. BIS 24. MÄRZ 2013

Delphi, Kammermusiksaal der Philharmonie, gelbe


10   Mitte Streets

Mitteschön Lieblingsstücke Texte Paul Schlosser

Midnight Snack Ist: mit extra Käse Kann: den Appetit anregen Kostet: ab 45 Euro Einmal die Frikadelle im Cheeseburger sein und es sich zwischen zwei warmen Brötchenscheiben gemütlich machen... Wahrlich eine köstliche Vorstellung, wäre da nicht dieser fettige Geruch. Ab sofort muss es nie mehr hungrig ins Bett gehen, denn den spanischen Designer David Delfin scheinen ganz ähnliche Gedanken geplagt zu haben. Ob Bettwäsche mit Cheeseburger-Print, Pillen-Motiv oder im Stil von Pantone-Farbkarten – was auch immer hinter den Kulissen bei Davidelfin abgeht, es scheint jede Menge Spaß zu machen. Und wenn Arbeit Spaß macht, ist das dem Ergebnis sofort anzusehen! Dieses Bettzeug ist so erfrischend anders, dass das Bettenmachen ab sofort zu den ersten Höhepunkten des Tages zählt. Gesehen bei: www.davidelfin.com

Auf Krawall gebürstet Ist: leider geil Kann: dir das visuelle Spektakel nach Hause bringen Kostet: 19,90 Euro „Impulsive Menschen kennen keine Grenzen“, und da das so ist, haben die sympathischen Knallköpfe von Deichkind gleich ein ganzes Buch herausgebracht. Deichkinds Hamburg-City-Hip-Hop mutierte im Laufe der Jahre zu einer Art Electroclash, Eurotrash, Punk oder wie auch immer die Schublade heißen mag, unterlegt mit Vorschlaghammer-Beats und hyperventilierenden Synthesizer-Sounds. Deichkind innovierte und etablierte diesen Stil auf der großen Bühne. Es folgten legendäre Bühnenshows mit Riesenzitze, Pyramiden-Helmen, Bierdusche und immer wieder Abriss und Chaos. Ewig in Erinnerung wird mir ihr Auftritt beim Melt! Festival 2006 bleiben, als die Fans die Bühne stürmten und sie erbarmungslos auseinandernahmen. Bis dahin gehen die Aufnahmen von Nikolaus Brade zwar nicht zurück, aber der Fotograf hat die Band in den letzten fünf Jahren auf Tourneen und im Studio begleitet. Herausgekommen ist ein Fotobuch, das die wildesten und berauschendsten Momente porträtierte. Deichkind: Eine Prise Mythos zeigt die Entwicklung von der Hip-Hop-Combo zum Gesamtkunstwerk. Gesehen bei: www.shop.gestalten.com


Mitte Streets  11

Haw-Linspirierend Ist: fast zu schade, um ihn auszulegen Kann: Wohnungen zum Kunstwerk werden lassen Kostet: Preis auf Anfrage Möbel kommen an dieser Stelle oft zu kurz. Deshalb wollen wir mal den Themenbereich wechseln und stellen euch die Kollaboration des Schweizer Jungunternehmens Schönstaub mit den Jungs unseres Lieblings-Tumblrs Haw-Lin vor. Dahinter verbergen sich die in Berlin lebenden Designer Nathan Cowen und Jacob Klein, die für ihr digitales Moodboard, bespickt mit inspirierenden Bildern, bereits mit dem Lead Award ausgezeichnet wurden. Die warmen Töne des qualitativ hochwertigen Teppichs und das abstrakte Design helfen gegen den Winterblues und sorgen für gute Laune im Wohnbereich. Gesehen bei: www.cargocollective.com/schoenstaub

Mo’ Money, Mo’ Problems Ist: ein Portemonnaie Kann: idealerweise Geld in sich tragen Kostet: 23 Euro Ja, ich weigere mich, das Wort „Geldbeutel“ zu schreiben. Oder das schöne französische Lehnwort nach der deutschen Rechtschreibung zu verstümmeln. Beides passt auch überhaupt nicht zu diesem Prachtexemplar an, Achtung, Portemonnaie. Aus dem Hause Calabrese, nicht zu verwechseln mit dem italienischen Pastagericht, kommt dieses zeitlose Modell aus Canvas und echtem Leder, bien sûr. Die Pouch passt dank ihrer praktischen Größe in jede noch so schmale Tasche und verkörpert dabei die für das Accessoire-Label Calabrese typisch schlichte Eleganz. Gesehen bei: www.togsandclogs.com

Alle Farben bunt Ist: hübsch und nützlich Kann: dein Smartphone vor Kratzern schützen Kostet: 157 Euro Wenn es um Mode geht, kommt das Smartphone, unser inzwischen unverzichtbarer kleiner Begleiter, gerne mal zu kurz. Dabei braucht auch unser Handy gelegentlich einen modernen Anstrich. Anstatt irgendeine x-beliebige Hülle für mein Handy auszusuchen, habe ich mir Zeit gelassen (und dafür einige Kratzer in Kauf genommen), bis ich die richtige gefunden habe. Aber für das iPhone-Case von Stella McCartney hat sich das Warten mehr als gelohnt. Die englische Designerin setzt auf eine schillernde Farbpalette, die das Accessoire wortwörtlich zum Leuchten bringt. Die Schutztasche changiert zwischen verschiedenen Regenbogenfarben und wirkt raffiniert futuristisch. Gesehen bei: www.net-a-porter.com


Anna Roxenholt alias New Found Land im Studio


Glückstag  13

Nothing’s gonna be okay? Text Björn Lüdtke  Fotos Johanna Ruebel

Wir treffen uns mit der schwedischen Musikerin Anna Roxenholt alias New Found Land in Neukölln, um das Studio, in dem ihr neues Album entstanden ist, und den Kiez, in dem sie wohnt, zu entdecken.


14   Glückstag

Anna im Studio Cherie

Im Februar den Glückstag für die MärzAusgabe zu machen ist immer ein bisschen knifflig. Die Leser von Mitteschön wissen, dass wir uns an diesem Tag immer gerne mit Persönlichkeiten, die das kreative Gesicht unserer Stadt prägen, durch deren Kieze treiben lassen. Aber unsere Leser dürften auch wissen, dass die Straßen von Berlin im Februar nicht immer ganz so gemütlich sind. So ist es auch heute. Der eisige Wind scheint direkt aus Sibirien zu uns zu wehen. Umso mehr freuen wir uns, dass uns Anna Roxenholt in das Studio einlädt, in dem sie Teile ihres neuen Albums eingespielt hat. Anna firmiert als Musikerin unter New Found Land und hat auch ihr im März erscheinendes drittes Album mit dem gleichen Titel versehen. Das Studio Cherie befindet sich in einem Hinterhof auf der Sonnenallee und ist ausgestattet, wie ein typisches Berliner Aufnahmestudio eben so ausgestattet ist: mit jeder Menge abgewetzten Sofas vom Trödel an der Ecke, Equipment en masse und einem Kabelsalat, der alles miteinander verbindet. Tilman Hopf, der das Album mit produziert hat, setzt sich zu Anna und mir. Bevor ich anfange, Anna über ihre Musik und ihre Person auszuquetschen, wollen wir uns ein paar der neuen Songs anhören. Jeder soll sich einen aussuchen. Anna ist gespannt, welchen Tilman wählen wird. Es ist Sweetness & Delight, eine eher akustische Nummer, die komplett live und an einem Stück hier im Studio aufgenom-

men wurde. Das wird heute nur noch selten gemacht, denn wenn auch nur einer der Musiker Mist baut, muss man wieder ganz von vorne anfangen. Das ist aus Zeitund somit aus Kostengründen heute meist nicht mehr drin. In der Regel werden alle Instrumente und Stimmen getrennt aufgenommen und hinterher zu einem Track „nachgebastelt“, wie Anna es nennt. Ich frage, warum Tilman diesen Song aus­­ gewählt hat. „Das war ein heiliger Moment“, sagt er, „und eine der leisesten Aufnahmen, die ich je gemacht habe. Die akustischen Gitarren waren das Lauteste, Anna sang live und der Drummer musste ganz leise spielen, um den Rest nicht zu übertönen.“ Anna sagt über Sweetness & Delight, er verbinde den alten Sound von New Found Land mit dem neuen, die alte mit der neuen Ära. Früher bestand die Band noch aus mehreren Mitgliedern, unter anderem ihrem Mann Moritz. Heute ist New Found Land Anna ganz allein. Was es mit der alten und der neuen Ära auf sich hat, erklärt uns Anna anhand von It Would Mean the World to Me. Es ist der neueste Track, der auf das Album kam. Das Stück war auch schon auf dem ersten Album, aber das hier ist eine neue Version. „Ich wollte was Frisches drauf haben“, sagt Anna. „Je weiter es mit dem Album ging, desto mehr kam ich in Tanzstimmung, ich wollte mehr Elektronik. Ich wollte diesen Song live spielen und dabei Spaß auf der Bühne haben. Die Originalversion ist langsamer. Unser erstes Album war singer-songwriter-mäßig, das zweite war zwar

schon mehr upbeat, aber immer noch recht folkig. Das hier ist elektronischer und tanzbarer. Und viel besser.“ Anna lacht stolz. Wollte sie deswegen alleine weiter machen, weil sie den Sound verändern wollte? „Der Prozess hat schon vor einer Weile angefangen. New Found Land war immer schon mein Projekt. Es war aber immer etwas undefiniert, wer nun dabei war oder nicht und auch wo, in Schweden oder Deutschland. Ich wohne jetzt seit fünf Jahren hier und fand, es war an der Zeit, mich zu entscheiden.“ Sie hat ihre schwedischen Musiker dann nach Berlin ins Studio eingeladen, wo die ersten Songs aufgenommen wurden. Aber irgendwann hat sich die Musikerin zurückgezogen. Sie ging in das Haus ihrer Mutter, aufs Land in Schweden. „Als ich dann so für mich ganz allein gearbeitet habe, bin ich mehr in mich gegangen und es wurde deutlich, das ist ganz und gar meine Musik.“ Wie aber macht man seinem eigenen Mann klar, dass man sich – zumindest musikalisch – von ihm trennen möchte? „Wir hatten einige Jahre zusammengespielt, was immer viel Spaß gemacht hat, vor allem auf der Bühne. Aber dazwischen wurde es zur Qual. Das hat wirklich unser Privatleben negativ beeinflusst. Nach vielen Diskussionen haben wir uns entschieden, dass es wohl besser sei, getrennt Musik zu machen. Er hat ja auch seine Band, die sehr erfolgreich ist. Sie heißt 1000 Gram.“ Die beiden wohnen zusammen. Moritz kommt aus Deutschland. Sie haben sich 2007 in Berlin kennen gelernt, dann eine


Glückstag  15

Tillman Hopf Die Knüller Kiste

Annas Lieblingscafé Das Maybachufer

Annas neue Platte


16   Glückstag

Blick aus dem Studio

Anna hat zwar fertig studiert, aber auf hal­ bem Weg gemerkt, dass es nicht das ist, was sie gerne machen möchte. „Die Ausbildung war gut für mich. Mein Gespür für Melodien hat sich da entwickelt. Aber Jazz... das war wie eine unglückliche Liebe. Es ist einfach alte Musik. Ich habe immer schon Pop gehört, das hat mich inspiriert.“ Also hat sie einfach angefangen eigene Musik zu schreiben.

fé Liberda, wo wir essen werden, frage ich sie, wie sich das Leben in Göteborg und Berlin unterscheidet. „Ich habe hier keine Familie und auch keinen großen Freundes- und Bekanntenkreis und ich möchte auch, dass das so bleibt. Ich möchte mehr Zeit für mich und zum Arbeiten haben. Ich liebe Schweden in vielerlei Hinsicht, aber es ist nicht sehr inspirierend. Alle sehen gleich aus, jeder trägt die gleiche trendy Jacke. Alle sind gleich eingerichtet, ein paar Vintage-Möbel, ein bisschen Ikea. Aber alle denken, sie wären anders als die anderen. Alle wollen immer alles richtig machen. Hier fühle ich mich freier. In Neukölln gibt es zwar auch viele Hipster, aber auch viele andere, White Trash, türkische Familien... die Mischung gefällt mir besser.“

Trotz der Kälte entschließen wir uns noch ein bisschen durch den Kiez zu laufen. Anna muss zur Post, will in die Knüller Kiste nebenan, wo sie nach eigener Aussage immer etwas kaufen muss, und wir haben Hunger. Auf dem Weg zu ihrem Stammca-

Ich hatte mir im Studio übrigens Mirror gewünscht, die erste Single aus dem Album. Anna erzählt uns, dass sie unter anderem von Depeche Mode beeinflusst ist. Sie ist 30 Jahre alt. Ich wundere mich, dachte, für ihre Generation wäre das genauso un-

Weile in Schweden gelebt und jetzt wieder hier. Anna war nach Berlin gezogen, weil sie ein Erasmus-Stipendium hatte. Sie studierte damals Jazz-Saxophon, bereits mit zwölf Jahren hatte sie angefangen, Saxophon zu spielen. Jazz gehöre irgendwie zu dem Instrument, meint sie.

cool wie für die Depeche Mode-Fans in den Achtzigern die Stones. Aber in der Tat, ihr Song Mirror baut sich genauso bombastisch auf wie zum Beispiel Never let Me Down Again von Depeche Mode und endet mit einem Riesenknall. Leiser gehen Anna und ich auseinander. Ich finde einen Glücks-Cent auf der Straße und gebe ihn ihr als Glücksbringer für das neue Album. In Sweetness & Delight singt Anna Nothing’s gonna be okay. Ich glaube, das ist Quatsch. Das Album ist super. Alles wird okay sein. New-found-land.se 1000gram.com Knüller Kiste Kottbusser Damm 72 Liberda Essen & Trinken Pflügerstraße 67, 12047 Berlin

Die Knüller Kiste

Das Maybachufer


Fundbüro  17

WHATEVER... Text und Fotos Sebastian Braschl

Er ist die Perle der anonymen Nachbarschaftskultur, Dreh- und Angelpunkt für allseits beliebtes Kiezgeflüster, der Garant für Wegbier, Tabak und Tiefkühlpizza rund um die Uhr – der Spätkauf als moderner Tante-Emma-Laden gehört zu Berlin wie der Fernsehturm, die Spree oder Open Airs im Sommer. Die Torstraße schmückt seit Anfang des Jahres eine Luxusvariante davon, die alles andere als arm, aber verdammt sexy ist. Club Mate, Zeitschriften sowie Süßigkeiten an der Kas­ se sucht man in dem Laden mit dem verheißungsvollen Namen Whatever... vergeblich. Warum auch, denn zu der weißen Verkaufstheke im Landhausstil und den alten französischen Weinkisten passt die umfangreiche Auswahl an guten Weinen, Champagner, Whiskey, Kognak und Grappa ohnehin viel besser. Eine Art Späti also mit der Devise Schampus statt Sterni? Dom Pérignon statt Pilsator? Nicht ganz: Die zehn Meter lange Kühlwand, eine Spezialanfertigung aus der Türkei, beherbergt knapp 200 Biersorten, wobei viele weitere noch auf dem Weg sind. „Besonders gut gehen die Biobiere, Dinkelbier zum Beispiel. Beliebt ist auch Whiskeybier und ganz besonders das Gingerbier“, erklärt Ladenbesitzerin Gülcin Bayat. Augenmerk liegt auf den Biervarianten, die es nicht in jedem Laden zu kaufen gibt und die bisweilen schwer zu finden sind. Auch Sonderbestellungen nimmt sie gerne entgegen. Trotz der offensichtlichen Dekadenz heißt das alles nicht, dass nicht auch hier der Mikrokosmos der Spätkaufkultur seine nächtlichen Geschichten bereithält. Alle Spätischwärmer sind ebenso hier des Nachts auf Durchreise, um sich mit Alkohol einzudecken und dann in einer der umliegenden Szenebars unterzutauchen. „Was mir hier in den knapp zwei Monaten schon

alles passiert ist, ist unglaublich. Ja, Alkohol eben... Wo man Alkohol verkauft, ist immer was los“, seufzt Bayat. Vor kurzem erst war es ein Mann, der hereinkam, um sich zwischen Weinregal und Bierkühlwand die Haare zu föhnen, ein anderer, der in Bierlaune begonnen hatte, sich tanzend auszuziehen. „So etwas passiert vor allem freitag- und samstagnachts, wenn die Leute schon etwas intus haben“, erklärt sie, „aber ich nehme das mit Humor und weiß damit umzugehen.“ Klar weiß sie das: Gülcin Bayat ist in Mitte aufgewachsen und hat zuvor in dem 24-Stunden-Supermarkt ihrer Eltern mitgeholfen, den sie seit 13 Jahren ebenfalls auf der Torstraße betreiben. „Ich bin einfach ein Mitte-Mädchen“, grinst sie. Zum Schluss drängt sich dann doch noch die Frage auf, um was es sich hierbei eigentlich handelt. Edelspäti, Getränkeladen oder Alkoholfachverkauf mit längeren Öffnungszeiten? „Nennt es, wie ihr wollt“, lacht Bayat. „Whatever, eben...“. Ab jetzt holt man sich kein letztes Mitternachtsbier vom Späti mehr, sondern eine Flasche Krug für 179 Euro von Whatever... Na dann: Cheers und gute Nacht! P.S.: Sterni gibt’s im Übrigen auch!

Whatever... Torstraße 155 10115 Berlin Öffnungszeiten: täglich von 13 bis 1 Uhr


18   Kulturgut

SOUNDTRACK FÜR DEN PLÄNTERWALD Text Jamal Al Badri  Fotos: Alexandra Waespi  Illustration: Lianna Dora  Translation P. 42

Verlässt man Mitte entlang der Spree gen Südosten, erreicht man kurz nach der Eisenbrücke bei der S-Bahnstation Treptower Park den Spreepark Berlin. Auf diesem äußersten Teil des Plänterwaldes liegt ein verlassener Freizeitpark. 1969 als VEB Kulturpark Berlin von der DDR-Regierung als Geschenk an die Bevölkerung zum 20-jährigen Jubiläum der Staatsgründung gebaut, hat der Park während der vergangenen vier Dekaden so einiges erlebt. Nun soll er im kommenden Mai als Kulisse eines von der britischen Band The xx kuratierten Festivals dienen. Verwunschener Vergnügungspark Der Kulti, so nennen ihn die Ossis liebevoll, soll sich von den anderen Rummelplätzen in der Volksrepublik abheben. Also werden einige Attraktionen von nichtsozialistischen Warengebieten bezogen. Auch muss es schnell gehen, bis die Tore zum Park geöffnet werden: Lediglich sieben Monate beträgt die Bauphase, bis am 4. Oktober 1969 der Kulturpark für das vergnügungshungrige Publikum zugänglich werden soll. Zu DDR-Zeiten verzeichnet er jährlich bis zu 1,5 Millionen Besucher, vor allem während der Sommermonate boomt das Geschäft. Und ja, er ist ein Prachtstück, der Kulti im Spreepark. Besonders, nachdem 1989 zum 40-jährigen Jubiläum des sozialistischen Staates das 40 Meter hohe Riesenrad durch ein nochmals fünf Meter höheres Exemplar der Firma Vekoma ausgewechselt wird. Doch dann die Wende. Der Park wird an den Berliner Senat überschrieben, aber der weiß nicht, was damit anzufangen ist. Mit einer öffentlichen Ausschreibung wird nach einem privaten Betreiber gesucht und mit der Spreepark GmbH und deren Geschäftsführer Norbert Witte 1991 dann schlussendlich auch gefunden. Witte und sein Team führen den Park bis 1999 mehr oder weniger erfolgreich weiter. Danach läuft das Geschäft nicht mehr so rund. Der Tiefpunkt wird 2001 erreicht: Der

erhöhte Eintrittspreis sowie fehlende Parkmöglichkeiten halten Besucher davon ab, sich im Park zu vergnügen. Es droht die Insolvenz. Witte und seine Familie, die engsten Mitarbeiter sowie sechs Attraktionen der Parkanlage verschwinden unter dubiosen Umständen in Richtung Südamerika. In Lima in Peru sollen sie es nochmals mit einem Lunapark versuchen. Doch auch da scheitern der Schausteller und sein Gefolge. In der Zwischenzeit beginnt die langsame Verwilderung des mittlerweile verlassenen Spreeparks. Verschiedene Interessenten – darunter auch wieder Witte, der es nach einer abgesessenen Gefängnisstrafe wegen Drogenschmuggels doch noch einmal in Deutschland versuchen will – wittern unausgeschöpfte Möglichkeiten im Park, doch keiner kann sich durchsetzen. So beansprucht die Natur Grund und Boden sowie die verbliebenen Bahnen und Gebäude im Verlauf der nuller Jahre. Und so vegetiert heute noch auf einer Landzunge, die in die Rummelsburger See hinausragt, ein zusehends verwunschener Vergnügungspark vor sich hin.


Kulturgut  Kulturgut  19

Tag und Nacht Am 18. Mai dieses Jahres aber ist es nun endlich soweit: der ehemalige Kulti wird wiederbelebt. Denn die dreiköpfige britische Band The xx laden zu Night + Day, eine von ihnen kuratierte Festival-Reihe, die in verschiedenen Städten jeweils 24 Stunden stattfinden soll. Neben dem Berliner Spreepark wird der Lisabonner Jardim Da Torres De Belëm, ein Park am Ufer der portugiesischen Hauptstadt, sowie der großzügige Osterley Park im Londoner Borough Hounslow zur Kulisse der Festivalserie werden. Die Idee des Trios ist, den Besuchern ein Erlebnis zu präsentieren,

das von der Musik über die Location bis zum Essen aufeinander abgestimmt ist. Dabei will die Band zeigen, wen und was sie über die Jahre schätzen gelernt hat. Die Veranstaltung beginnt bereits bei Tageslicht, so dass The xx und Co. den Besucher vom Tag in die Nacht hinein begleiten können. Eine durchaus schöne Idee, die auch Hand in Hand mit dem Konzept hinter dem Zweitling von The xx – Coexist – geht: „Sieht man eine Öllache in einer Pfütze, so existierten Wasser und Öl einfach nebeneinander“, erklärt Romy Croft, eine von beiden Stimmen von The xx. Die beiden Flüssigkeiten können sich nicht verbinden, sind aber trotzdem nahe beieinander. So ist es auch


20   Kulturgut

mit Tag und Nacht. Niemals werden sie eins sein und doch koexistieren sie.

Past Future 50 The xx erscheint vor gut vier Jahren erstmals auf dem Radar der internationalen Musikszene. Und zwar, als das britische Magazin NME die Band unter anderem mit La Roux, Little Boots, Omar Souleyman, Dizzee Rascal, The Knife und Animal Collective an die Spitze ihrer Future 50-Rangliste platziert. Mit der Veröffentlichung des Debütalbums kurz darauf gelingt dann der große Wurf. xx, so der schlichte Name der Platte, findet beinahe ausnahmslos großen Anklang. Kein Wunder, denn wie könnte auch jemand diese Melange aus Achtziger-Wave, R’n’B und UK-Bass nicht mögen? Entsprechend folgt Beifall von allen Seiten. Und eine höchst erfolgreiche Tour. Und Remixe von Post-Dubstep-Vordenkern à la Mount Kimbie, Pariah und Untold. Und Ruhe – zumindest für Romy und Oliver Sim, der zweite Sänger der Band. Jamie Smith hingegen, der Dritte im Bunde, produziert fleißig weiter – ob für andere Künstler (darunter Drake) oder, um seine Solokarriere in Fahrt zu bringen. Unter anderem veröffentlicht er ein Remix-

album des Soul-Poeten Gil Scott-Heron auf XL Recordings sowie sein offizielles, Steeldrum-befeuertes Solodebüt auf dem in der UK Funky-Szene hochangesehenen Label Numbers. Irgendwann finden sich Romy, Oliver und Jamie im Studio wieder und schreiben mit Coexist ihr zweites Album. Dieses klingt noch immer eindeutig nach The xx: die traurigen Stimmen von Romy und Oliver, deren souliges und gleichzeitig kaltes Gitarren- beziehungsweise Bassspiel, Jamies einfallsreiche Produktionen. Doch man erkennt auch eine Weiterentwicklung: Stadionrock-Momente findet man etwa bei Missing oder clubbigere Beats bei Reunion.

Vorwärts gedacht Mit Night + Day schlägt The xx nun ein neues Kapitel in der Bandgeschichte auf. Und sie bringen nicht nur Leben an verwunschene Orte, wie eben der Berliner Spreepark einer ist, sondern auch in die ansonsten verstaubte Konzertlandschaft. Gleichgesinnte fördern, selber spielen, den Besuchern ein außergewöhnliches Erlebnis bieten – The xx schlagen mit Night + Day tatsächlich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe und beweisen, dass sie nicht nur musikalisch nach vorne blicken, sondern auch bestrebt sind für die Musikindustrie neue Wege zu gehen. Night + day, 18. Mai 2013

Beginn: 13 Uhr, Eintritt: 49 Euro Spreepark, Kiehnwerderallee 1-3, 12437 Berlin, thexx.info/nightandday


Augenschmaus  21

around the world Text Paul Schlosser  Fotos Stini Mimissonsdottir

Von wegen Männerdomäne: Seit mehreren Jahren steht Jessica Bossuyt erfolgreich hinter den Plattentellern und hat schon sämtliche Tanzflächen dieser Welt zum Beben gebracht. Als Les Putafranges legte sie zusammen mit zwei anderen erfolgreichen Damen ihres Gebiets schon auf so ziemlich jeder nennenswerten Awardverleihung, Fashion-, Magazin- oder Launchparty zwischen Mailand und New York auf und gab mit ihren temporeichen Sets

bereits den Ton für die Laufstege von Louis Vuitton, Calvin Klein oder Tommy Hilfiger an. Seit sechs Jahren lebt das in Brüssel geborene Musikgenie nun schon in Berlin, wo sie ihr Musiklabel/ihre Booking- und Eventagentur Lessizmore betreibt und als Bookerin für Cadenza Music arbeitet. Wenn Jessica nicht mit ihrer Musik von sich hören macht, dann mit ihrem einzigartigen Kleidungsstil, den sie selbst als elegant mit verspieltem Twist beschreibt.

JACKE Wenn ich für Designer aufgelegt habe, wurde ich

HUT

eigentlich immer mit ihren Klamotten ausgestattet.

Der Hut ist von Shadé,

Viele der Teile durfte ich

einem bezaubernden

behalten. Einige davon

kleinen Laden in Paris. In

waren Samples, die nie

diesem Shop kann man

in größeren Mengen pro­

viele außergewöhnliche

duziert wurden, wie im Fall

Accessoires von be­ kannten, aber auch zahl-

dieser Paillettenjacke von Sonia Rykiel.

reichen aufstrebenden Designern finden.

LEGGINGS TOP Mein Top ist von Alexander Wang. Seit dem ich den ameri­

Dazu trage ich eine Leg­gings mit floralem Allover-Print von Alexander Mcqueen.

kanischen Designer vor zwei Jahren entdeckt habe, verfolge ich jede sei­ner Kollektionen.

www.lessizmore.com, www.cadenza-music.com


shoppr.de


Kulturgut  23

Illustrator des monats: Rita Fürstenau

Rita Fürstenau arbeitet als freiberufliche Illustratorin und Oberflächengestalterin. Neben Auftragsarbeiten realisiert sie vor allem eigene Projekte und Publikationen, darunter Falthefte, Papierspiele, Plakate, Siebdrucke und Textildesigns. Rita Fürstenau wurde 1982 in Berlin-Neukölln geboren und wuchs in Frankfurt am Main auf. Seit 2001 lebt und arbeitet sie in Kassel. Sie studierte Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Illustration an der Kunsthochschule Kassel sowie Grundschullehramt an der Universität Kassel. Während des Studiums gründete Rita Fürstenau gemeinsam mit den Illustratoren Lisa Röper und Michael Meier das Künstlernetzwerk Rotopol und den Verlag Rotopolpress, welcher sich mittlerweile zu einem aufstrebenden Independent-Verlag entwickelt hat. Das Verlagsprogramm reicht von Illustrationsbüchern über Comics, Zines, Postkarten und Kunstdrucke bis hin zu Papierspielen. Dabei ist Rotopol immer bestrebt, die Grenzen dessen, was Illustration leisten kann, abzutasten und hat sich der Liebe zum Projekt und der Qualität des fertigen Produkts verpflichtet. Rotopol hat seinen Sitz in einer Ladengalerie in Kassel, wo sich auch das gemeinsame Studio sowie eine Siebdruckwerkstatt befinden und in regelmäßig wechselnden Ausstellungen die Arbeiten nationaler und internationaler zeitgenössischer Illustratoren gezeigt werden. Neben ihrer Arbeit als Zeichnerin und Verlegerin promoviert sie an der Universität Kassel zu der Frage nach Kindheitsvorstellungen von Kindern im Grundschulalter und arbeitet als freiberufliche Kunstpädagogin an der Kasseler Kinder- und Jugendkunstschule. Die abgebildete Zeichnung ist ein Ausschnitt der Trilogie Perfectly Prepared, welche anlässlich der Gruppenausstellung The Folding Knife (The Book Shop, London 2011) entstand. Die Arbeit mit einem Gesamtmaß von 70 cm auf 3 m unterteilt sich in drei Bildteile, die sich wiederum in einzelne Bildräume aufgliedern und in dem Nebeneinander verschiedener Episoden von der Nützlichkeit alltäglicher Gebrauchsgegenstände erzählen. www.rita-fürstenau.de, www.rotopolpress.de

Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare MITTESCHÖN-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.





Kieztalk  27

Everybody’s talking about Popmusic Interview mit Katja Lucker Text Bettina Schuler  Fotos Johanna Ruebel  Translation P. 43

Einst zog man in den Prenzlauer Berg, um es nicht weit in den nächsten Club zu haben. Doch mittlerweile wohnen fast nur noch junge Kleinfamilien hier, die sich von dem Lärm der Clubs und ihrer Besucher gestört fühlen. Weshalb immer mehr Läden wie das »Magnet« oder »Icon« sich eine neue Bleibe suchen mussten und die einstige szenige Umtriebigkeit, die den Bezirk ausmachte, einer beschaulichen Kleinstadtidylle mit Biosupermarkt und sauberen Spielplätzen gewichen ist. Dass die Clubs einen wichtigen Teil des Berliner Kulturlebens ausmachen, wird dabei von den durch Lärm gestörten Nachbarn gerne vergessen. Doch nach und nach scheint der atmosphärische Verlust, der durch den Wegzug der Clubs aus dem innerstädtischen Bereich entsteht, auch in die Verwaltung vorzudringen.


28   Kieztalk

„Uns war es wichtig, dass wir mit dem Musicboard eine Förderung schaffen, die es noch nicht gibt. Und da Berlin in punkto Einzelförderung dank der Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten oder z.B. der Initiative Musik...

Ein erstes Zeichen in die richtige Richtung ist der Bau einer neuen Bleibe für den legendären Knaack-Club in der unbenutzten Tram-Wendeschleife am Mauerpark, der vom Bezirksamt ausdrücklich unterstützt wird. Eröffnung ist voraussichtlich 2016.

oder Literatur stellt niemand in Frage, dass sie ein förderungswürdiges Kulturgut sind. Diesen Status muss sich die Popmusik noch schwer erarbeiten und ich sehe es unter anderem als eine meiner Aufgaben an, dafür zu kämpfen.

Ein weiteres Zeichen ist die Ernennung von Katja Lucker zur ersten Musikbeauftragten Berlins, eine Aufgabe, für welche die 43-jährige Kulturmanagerin, die selbst jahrelang als Festivalmacherin und Kuratorin in der Szene arbeitete, wie geschaffen scheint. Seit 1. Januar 2013 ist Lucker im Amt und hat nun jährlich eine Millionen Euro Etat zur Verfügung, um den Musikstandort Berlin zu stabilisieren.

Aber wird die Popmusik nicht längst als Kulturgut gesehen? Es gibt zum Beispiel schon seit Jahren diverse Kooperationen zwischen Kulturinstitutionen und deutschen Indiegrößen wie Schorsch Kamerun oder Rocko Schamoni... Nein, es gibt noch immer sehr viele Menschen, die in Sachen Popkultur völlig ungebildet sind und keine Sensibilität für diese Form der Kunst haben. Das vergessen diejenigen, die sich jahrelang in dieser Szene bewegt haben, nur gerne. Mein Traum wäre eine Villa Massimo für die Popkultur. Und tatsächlich bin ich gerade mit dem Direktor des Hauses im Gespräch darüber. Es wäre toll, wenn das klappen würde.

Was sie mit diesem Geld anstellen will und worin die Aufgaben der neu gegründeten Fördereinrichtung und Anlaufstelle für Pop­musik, Musicboard Berlin, bestehen, darüber haben wir mit Geschäftsführerin Katja Lucker gesprochen. Institutionelle Förderung und Popmusik: Geht das überhaupt zusammen? Warum denn nicht? Ich denke, die Zeiten, in denen Popmusik unweigerlich mit Rebellion gegen das Establishment verbunden ist, sind doch längst vorüber. Nenn mir noch eine neue Band, die in der Tradition dieses Independent-Gedankens steht. Selbst Bands wie Ja, Panik!, die ja wirklich eher sperrig sind, haben sich schon darüber beschwert, dass es bei Filmemachern völlig üblich ist Förderung zu beantragen, dagegen Popmusiker alles alleine mit ihrem Label stemmen müssen. Bei Klassik

Ergeht es der Popkultur in diesem Punkt vielleicht wie dem Film, der in Deutschland auch lange dafür kämpfen musste, um als Kunst anerkannt und dementsprechend gefördert zu werden? Auf jeden Fall. Das Musicboard ist ja auch in Anlehnung an das Konzept des MedienboardsBerlin-Brandenburg geschaffen worden, um mit Hilfe eines Vermittlers zwischen den Kreativen und der Politik, Berlin musikfreundlicher zu gestalten. Weshalb es auch gut war, das Amt nicht mit jemandem aus der Politik zu besetzen, für den das Popbusiness völliges Neuland ist, sondern mit einer Person, die durch die Arbeit


Kieztalk  29

in der Musikszene deren Probleme und Bedürfnisse auch kennt. Wie zum Beispiel die Konflikte zwischen innerstädtischen Clubs und deren Anwohnern, die wir in Zukunft durch frühzeitige Gespräche und entsprechende Lärmschutzmaßnahmen direkt ver­­hindern wollen. Ist der Neubau für den Knaack-Klub in deinen Augen ein Zeichen für den Beginn des Dialogs zwischen Bezirk und Kulturschaffenden? Ja, das ist erst mal eine sehr gute Nachricht, ohne genau zu wissen, in welche Richtung der Knaack dann inhaltlich gehen wird. Was konkret sind nun deine Aufgaben? Zum einen fungiere ich als Moderatorin, zum Beispiel zwischen Clubs und der Verwaltung, und trage im Idealfall sogar dazu bei, dass Konflikte erst gar nicht entstehen. Zum anderen werde ich dafür sorgen, dass sich das neu gegründete Musicboard nicht nur zu einer Anlaufstelle für Musikschaffende entwickelt, sondern, wenn nötig, auch eine Möglichkeit bietet, sich coachen, weiterbilden oder fördern zu lassen. Dem Musicboard werden jährlich eine Millionen Euro zur Verfügung stehen. Was wollt ihr damit anstellen? Wir werden in jedem Fall keine Einzelkünstler, sondern nur innovative, vernetzende Projekte fördern, die insbesondere den Standort Berlin berücksichtigen. Zudem wird der Förder-Schwerpunkt immer wechseln. So wird in diesem Jahr der Fokus auf der Nachwuchsförderung liegen

Bietet sich Einzelförderung da nicht an? Uns war es wichtig, dass wir mit dem Musicboard eine Förderung schaffen, die es so noch nicht gibt. Und da Berlin in punkto Einzelförderung dank der Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten oder z.B. der Initiative Musik auf Bundesebene, bei der man Geld für Touren und CD-Produktionen beantragen kann, schon gut aufgestellt ist, haben wir unseren Fokus auf die Förderung der Infrastruktur und synergetischer Projekte gelegt. Zudem möchte ich noch eine Art „Feuerwehrfonds“ einrichten, der uns ermöglicht, ohne lange bürokratische Wege kurzfristig Geld in Vorhaben zu stecken, die keinen zeitlichen Aufschub zulassen. Gibt es ein Projekt, das dir ganz besonders am Herzen liegt? Momentan liegen ja noch keine konkreten Projekte vor, da wir erst im März zur Einreichung von Konzepten aufrufen werden. Bis wir dann alle Projekte gesichtet, der Beirat getagt und über die eingereichten Ideen entschieden hat, wird wieder eine Weile vergehen. Das heißt, die ersten Projekte werden aller Voraussicht nach erst im Mai bzw. Juni starten. Prinzipiell würde ich mich aber ganz besonders über Vorschläge freuen, die für Berlin spezifisch sind und denen man anmerkt, dass sie nur hier, in einer bestimmten Konstellation zu realisieren sind.

...auf Bundesebene, bei der man Geld für Touren und CD-Produktionen beantragen kann, schon gut aufgestellt ist, haben wir unseren Fokus auf die Förderung der Infrastruktur und syner­ getischer Projekte gelegt.“


30   Kulturgut

Kill The DJ Text und Fotos Sophia Hoffmann

In Berlin ist es mittlerweile normal sich als DJ zu bezeichnen, sobald man mehr als einmal in der Stammkneipe um die Ecke aufgelegt hat. Viele träumen von einer großen Karriere, davon, vor Tausenden von Menschen den Bass zu droppen, oder wollen einfach gratis saufen, Drogen nehmen und Groupies abschleppen. Dabei geht es primär um etwas anderes: Sich intensiv mit Musik auseinanderzusetzen, Menschen damit zu unterhalten und natürlich auch ein bisschen zu manipulieren. Das ist manchmal harte Arbeit, trotz Alkohol und Groupies. Oder vielleicht auch gerade deswegen... Als ich angefangen habe aufzulegen, gab es einfach noch nicht so viele von uns. Das war 2003 in München. Ich war ein Indie-Mädchen, und Superstar-DJs, die mir geläufig waren, gab es nur im Techno-Bereich, Sven Väth und so. Mich verschlug die Neugierde hinters DJ-Pult, der Drang Menschen zu unterhalten und die Liebe zur Musik. Wenn ich zurückblicke auf diese letzten zehn Jahre, zieht sich meine DJ-Tätigkeit wie ein roter Faden durch mein junges Leben: die Entwicklung meiner technischen Fähigkeiten, meines musikalischen Geschmacks und das, was ich über Menschen und ihr Feierverhalten gelernt habe. Technisch bin ich bis heute kein Meister meines Fachs, das gebe ich offen zu. Klar kann ich mit Plattenspielern und CD-Playern ohne Bpm-Anzeige vertretbare Übergänge mixen, aber ich war nie ambitioniert genug stundenlang zuhause an den Turntables zu üben bzw. mir überhaupt zwei Turntables in die Bude zu stellen. Am Anfang meiner Laufbahn haben mir zwei schlaue,

erfahrene DJs jeweils einen wertvollen Tipp mit auf den Weg gegeben. Einer sagte, seine Mixkenntnisse bestünden nur aus Tricks, mangelnde Mixfähigkeiten zu vertuschen, diese aber habe er perfektioniert. Der andere sprach: „Übergänge sind überbewertet, entscheidend ist am Ende, welches Lied du spielst!“ Auf dieser Grundlage (und glaubt mir, ich tiefstaple auf hohem Niveau) baute ich also auf. Aus dem Rock- und Indie-Gitarren-Kindergarten arbeitete ich mich über die Jahre vor zur Electro-Highschool. Mittlerweile fällt es mir immer schwerer Genre-Grenzen zu ziehen („was legst du so auf?“), von Sixties Soul, Disco Tunes, Italo, altem Detroit House über neuen Minimal, Neunzigerjahre-HipHop zu aktueller Musik ist alles möglich. Am selben Abend. Das ist ja gerade das Schöne, man nimmt die Leute mit auf die Reise und wenn sie erst mal betrunken sind, haben sie sowieso vergessen, auf welches Boot sie am Anfang des Abends gestiegen sind. Ich könnte nun unzählige Anekdoten erzählen, von sexistischen


Kulturgut  31

Sets aufnehmen. Ich bevorzuge es, wenn sich die verschwommene Erinnerung an ein Set später anfühlt wie eine surreale Achterbahnfahrt mit vielen Loopings, auch wenn ich mich nicht mehr an jeden einzelnen erinnern kann. Mit zunehmender Routine lernt man auch betrunken aufzulegen. Wenn man kaum mehr stehen kann, bleiben ja die Regler zum Festhalten. In den letzten Jahren habe ich meinen DJ-Alkoholkonsum allerdings deutlich gesenkt. Der Nachteil ist dann aber, dass die lallenden Gäste einem mehr auf die Nerven gehen. Eine gute Kondition ist Pflicht. Als ich noch in Wien gelebt habe, gab es den Rekordmonat April 2007. Da habe ich von 30 Tagen 15 Abende aufgelegt. Auch wenn es im Schnitt vielleicht nur drei Stunden pro Gig waren, käme man so auf 675 Songs à vier Minuten. Wer so viel auflegt, hat oft zuhause ein übergroßes Bedürfnis nach Stille. Es gab Phasen, da habe ich neu erworbene Platten das erste Mal im Club angehört. Aber wer Musik liebt, wird ihrer nicht überdrüssig.

Das Bezauberndste ist, dass sie die Fähigkeit besitzt, uns in alle nur erdenklichen Stimmungen zu versetzen. Wir fühlen uns cool, verrucht, sophisticated, albern, wild, schön, stark, verliebt, geliebt, melancholisch, alt, jung, weise, rebellisch, sexy, euphorisch!

Tontechnikern, die dir erstmal das Mischpult erklären, weil du eine Frau bist, oder Taxifahrern, die dich für eine Prostituierte halten, männlichen Groupies, die dir ihre Nummer und anderes zustecken, aber ich will versuchen, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. (Tatsächlich gibt es auf Facebook eine geheime Gruppe unter dem Namen Dumme Fragen an den DJ mit über 100 Mitgliedern, dort kotzen wir uns regelmäßig aus, eine Art Online-Gruppentherapie. Aber dazu ein andermal...) Die intensivsten Abende sind die, an denen ich richtig lange auflege. Alleine acht Stunden, das sind 480 Minuten. Bei einer durchschnittlichen Songlänge von vier Minuten sind das 120 einzelne Songs. 120-mal überlege ich, was als nächstes passiert, Auswahlfaktoren gibt es viele. Mal nach Genre vorgehen, danach, was sich gut mixen lässt, einen Gästewunsch einbauen (wenn er cool ist, spricht nichts dagegen) oder einfach nur pure Lust auf das Lied. Ich kenne einige DJs, die Buch führen über ihre Playlists oder die

Es ist weit nach Mitternacht. In den letzten Stunden habe ich alle im Raum Anwesenden dazu gebracht das Tanzbein zu schwingen. Den Kopfhörer am Ohr wähle ich den nächsten Track, grinse schon innerlich und freue mich über meine Wahl. Die Zeit des vorherigen Liedes ist fast abgelaufen, die Sekunden auf dem Display des CD-Players zählen den Countdown, die letzte Minute, 30 Sekunden, ich weiß, was jetzt kommt, habe es schon hundertmal erlebt. Nippe noch einmal an meinem Drink, ich kenne meine Abläufe im Schlaf, weiß, ob ich noch genug Zeit habe, die angefangene Zigarette vor dem Übergang fertig zu rauchen, noch ein Zug, noch ein Schluck... Eine Hand am Regler, die andere am Play-Knopf, nur noch Sekunden bis das Publikum das nächste Lied erkennen wird, volle Konzentration, jetzt bloß nicht zu früh oder zu spät einen der Knöpfe betätigen. Timing. Dann begeisterte Blicke, Freudenschreie, nach oben gerissene Hände, die im Takt wedeln. Ich singe mit. Jedes Wort. Verhexe die ausrastende, schwitzende Meute mit meiner penetrant guten Laune, verstreue Euphorie und werfe mich in Pose, paniere sie noch schnell routiniert mit einer Ladung Konfetti, dann bin ich schon wieder beim nächsten Schritt, der Hit nach dem Hit. Nie Angst davor haben, Hits zu früh rauszuballern, es gibt mehr als genug Hits auf dieser Welt. Man muss sie nur kennen und dabei haben. Und genau das macht einen guten DJ aus.


32   Augen zu und Mund auf

happa happa! Hungry for colours: Regenbogen-Gratin mit Spinatsalat Text Sophia Hoffmann  Bilder Tina Linster, Sebastian Braschl

Zutaten (für 4 Personen): 500 g violette Trüffelkartoffeln (gut sortierte

2 TL scharfer Senf

Supermärkte/ Wochenmarkt)

1 EL Weißwein- oder Apfelessig

1–2 Süßkartoffeln, je nach Größe

4 EL Olivenöl

250 g grüner Salbeikäse in Scheiben geschnitten

Muskat, Salz, Pfeffer

200 ml Rote-Bete-Saft

200 g Schmand

500 g frischer Spinat, ordentlich gewaschen

500 g frischer Spinat

Der Berliner Winter ist lang, grau und düster. Es dürstet uns nach Sonne, nach buntem Schubidu – Essen, das uns anlacht! Party auf dem Teller! Der Frühling steht schon fast vor der Tür und bis es soweit ist, sorgt dieses Rezept für kulinarisches Entertainment und zeigt, wie aus einem Beilagenklassiker ein veritables Hauptgericht werden kann. Kartoffelgratin aus violetten Trüffelkartoffeln und Süßkartoffeln in schneller Rote-Bete-Soße, gratiniert

mit grünem Salbeikäse. Dazu passt Spinatsalat mit einer SenfVinaigrette und gehackten Kürbiskernen. Süßkartoffeln werden mittlerweile auch zunehmend in Europa angebaut, sie erfreuen sich wachsender Beliebtheit und gelten als eine der nährstoffreichsten Gemüsesorten überhaupt. Immer nur rein damit!

Zubereitung:

Süßkartoffeln und Trüffelkartoffeln schälen, eventuell mit Handschuhen, da die violetten Kartoffeln etwas abfärben. Beides in dünne Scheiben schneiden, die Süßkartoffeln eine Spur dicker, da sie schneller weich werden. Schmand und Rote-Bete-Saft in einem Mixer aufschlagen und mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Den Boden einer mittelgroßen Auflaufform leicht mit Olivenöl einfetten, dann eine Schicht Kartoffel und Süßkartoffeln hinein, gleichmäßig mit der Soße bedecken. Nächste Schicht. Und Soße.

Und noch eine Schicht. Bis alles geschichtet ist. Bei 180 Grad Ober/Unterhitze für 20 Minuten ins Backrohr. Den Salbeikäse oben drauf verteilen und 5 Minuten weiter backen, bis es schön geschmolzen ist. Essig mit Senf und einer Prise Salz verrühren, Öl und Pfeffer dazu und mit dem Schneebesen cremig schlagen. Den Spinat damit anmachen. Kürbiskerne darüber und mit dem Gratin servieren. Guten Appetit!


Mitte für Kids  33

Wir mitte-MuttiS Popmusik für Kinder Text Bettina Schuler  Illustration Lianna Dora  Translation P. 44

Ich weiß ja nicht, wie es bei euch seit der Geburt des Kindes in Sachen Musik aussieht. Aber während ich diese Zeilen schreibe, höre ich im Hintergrund „Ich han’nen Deckel“ von den Black Fööss. Einen Song, den meine Tochter über alles liebt und den sie stundelang schunkelnd mitsummt und schon so oft gehört hat, dass selbst unser Kater mittlerweile mitsingt. Wer daran schuld ist? Leider nicht der Nubbel, sondern mein Mann, der sich im Februar natürlich mal wieder seiner Karnevalssentimentalität hingeben musste. Wodurch meine Tochter jetzt nicht nur einwandfrei Kölsch spricht, sondern auch für die nächsten zwölf Monate musikalisch festgelegt ist. Warum sie die gleiche Begeisterung nicht für meine Lieblingsplatten – momentan das erste Album von Weezer und die neue Tocotronic – hegt, ist mir ein Rätsel. In jedem Fall schreit sie immer laut „Aus!“, wenn ich eine der beiden Platten auflege. Doch zumindest interessiert sie sich für Musik. Das ist ja schon mal lobenswert. Aber wie kann ich sie, abgesehen von dem üblichen Musikschulbesuch, in dieser Richtung fördern? Und am besten noch dahingehend, dass sie später nicht zu den Mädchen gehört, die How Much Is The Fish? von Scooter in Endlosschleife hören? Zum Beispiel, in dem ich mit ihr das experimentelle Musiktheaterprojekt Der Ring. Next Generation besuche, das 60 Berliner Jugendliche zusammen mit DJs und Komponisten erarbeitet haben. Grundlage des Stückes ist, wie der Name schon suggeriert, Richard Wagners Ring-Epos. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die jungen Helden Siegmund, Sieglinde, Siegfried, Brünnhilde und Hagen, die Next Generation eben, und die Frage: Was geschieht eigentlich nach der Götterdämmerung? Wie sieht unsere Zukunft aus? Und gibt es einen ewigen Kreislauf aus Altem und Neuem? Ebenfalls sehr spannend und auch für kleinere Kinder ab acht Jahren geeignet, sind die Workshops der jungen Opern im Schillertheater, bei denen sich die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern thematisch auf eine Familienvorstellung vorbe-

reiten und durch Einfühlen in die Figuren, Singen und Musikhören an die Oper herangeführt werden. In diesem Monat auf dem Programm: die komische italienische Oper L’Elisir d’amore, die sich mit ihren eingängigen Melodien perfekt für den ersten Opernbesuch eignet.

Adressen: Atze Musiktheater Luxemburger Straße 20 13353 Berlin Karten unter 030 81 79 91 88 tickets@atzeberlin.de www.atzeberlin.de

Allen, die noch auf der Suche nach einem spannenden Ferienprogramm sind, seien wiederum die Osterferien-Workshops ans Herz gelegt, in denen Kinder von sechs bis zehn Jahren in die Welt der Oper eintauchen können.

Veranstaltungen Der Ring „Next Generation“ Deutsche Oper Bismarckstraße 35 10627 Berlin

Wem die ganze Klassik- und Kinderlied-Romantik jedoch schon tierisch auf die Nerven geht, der sollte mit seinem Kind eines der Kinderkonzerte im Roten Salon der Volksbühne besuchen, die beweisen, dass Rockmusik durchaus auch etwas für Kinderohren ist. In diesem Monat auf dem Plan: ein Konzert der Kölner Band Pelemele, die es in ihrem aktuellen Programm Rockcircus ordentlich krachen lassen. Headbang-Muskelkater bei allen Besuchern vorprogrammiert.

Karten unter 030 34 38 43 43 info@deutscheoperberlin.de www.deutscheoperberlin.de 16. März, jeweils um 10 (8 bis 11 Jahre) und 14 Uhr (12 bis 14 Jahre) Workshop für Familien – L’Elisir d’amore Schillertheater Karten 8 Euro, ermäßigt 5 Euro Karten unter 030 20 35 45 55

Der Klassiker für Kindermusikunterhaltung ist natürlich das Atze-Musiktheater, wo man nicht nur berühmte Kindergeschichten und Märchen wie Die kleine Meerjungfrau oder Ronja Räubertochter hören und sehen kann, sondern auch solche ungewöhnlichen Stücke wie die musikalische Inszenierung von Johann Sebastian Bachs Leben und Werk.

www.staatsoper-berlin.de 27. März, um 11 Uhr Workshop für Kinder in den Ferien (6 bis 10 Jahre) Schillertheater Karten: 5 Euro Karten unter 030 20 35 45 55

Alles leider noch zu aufregend für meine Tochter, die sich schon beim Anblick der bösen Fee in Dornröschen unter dem Sitz versteckt. Aber immerhin haben wir gerade eben ein Lied im Radio gehört, mit dem ich sie nach zwei Monaten Endlos-Beschallung von den Black Föös loseisen könnte: Candy von Robbie Williams. Es hätte schlimmer kommen können.

www.staatsoper-berlin.de 17. März, 15 Uhr Milchsalon im Roten Salon Pelemele – Rockmusiker für Kinder Einlass: 14.30 Uhr Karten: 9 Euro, ermäßigt 11 Euro www.milchsalon.de


34   Kunsttipps von EYEOUT

Kunst tipps

von

EyeOut

Text Melissa Frost  Translation Robert Schlicht, P. 44

In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).

Bruce High Quality Foundation – The Transubstantial Bruce 16. Februar – 16. März 2013 Contemporary Fine Arts, Am Kupfergraben 10, S3, S5, S7, S75 Hackescher Markt, Di–Fr 11–18 h, Sa 11–16 h +49-30-288 78 70, gallery@cfa-berlin.de, www.cfa-berlin.de

Foto: Bruce High Quality Foundation – The Transubstantial Bruce (Ausstellungsansicht) Courtesy Contemporary Fine Arts, Berlin

Die anonyme, wechselnde Gruppe von Personen, aus denen sich die Bruce High Quality Foundation zusammensetzt, strebt seit der Gründung des Projekts im Jahr 2004 danach, „eine Alternative zu allem zu fördern“; ihr vorgebliches Ziel ist die Präsentation der Arbeiten des verstorbenen sozialen Bildhauers Bruce High Quality. Mit der Ausstellung The Transsubstantial Bruce stellt die Gruppe einen neuen Blickwinkel auf das Œuvre ihres fiktiven Künstlers vor: das Religiöse. In der Beschäftigung mit dem allgegenwärtigen „Kreuzweg“ sowie einem Triptychon mit „Vater, Sohn und Heiligem Geist“ schafft Bruce High Quality Foundation, ihrer Formulierung zufolge, „wahrhaft fromme Ikonen für ein wahrhaft säkulares Zeitalter“. Zusätzliche Elemente (Reliquien aus Knetmasse, eine Reihe von Selbstporträts) vervollständigen eine weitere faszinierende Ausstellung dieser Gruppe, die mit waghalsigstem Humor eine Neubewertung der kunsthistorischen und zeitgenössischen Formen des Ausstellens fordert.

Zeichnung ohne Zeichnung 15. Februar – 28. März 2013 Christian Ehrentraut, Friedrichstraße 123, U6 Oranienburger Tor, Di–Sa 11–18 h +49-30-44 03 83 85, mail@christianehrentraut.com, www.christianehrentraut.com

Foto: Zeichnung ohne Zeichnung (Ausstellungsansicht) Courtesy Christian Ehrentrau

Mit vier Künstlern aus verschiedenen Ländern untersucht die Ausstellung aus einer innovativen Perspektive die künstlerischen Funktionen der Zeichnung. Im Zusammenspiel der ausgewählten Künstler analysiert Zeichnung ohne Zeichnung deren Bedeutung – als Entwurf, Skizze, Muster oder Graffito. Klaus Jörres’ grafischer Einsatz von Acryl- und Sprayfarbe auf Leinwand trägt eine formale Untersuchung der Linie zur Ausstellung bei, die ihr ungewöhnliches Gegenstück in David Murphys skulpturalen Stahlkonstruktionen in Form vergrößerter traditionell geknüpfter Aalreusen findet. Einen doppelten Dialog mit der linearen Formensprache dieser beiden Künstler gehen die Werke von Michael Bevilacqua und Viktor Timofeev ein. Während Timofeevs Arbeit ähnliche Interessen wie Jörres’ und Murphys zu verfolgen scheint, schlagen seine labyrinthartigen architektonischen Utopien eine Brücke zu Bevilacquas vom Pop und der urbanen Subkultur inspirierten Gemälden.

Douglas Gordon – Sharpening Fantasy 7. Februar – 28. April 2013 BlainSouthern, Potsdamer Straße 77–87, U1 Kurfürstenstraße, Di-Sa 11–18 h +49-30-644 93 15 10, berlin@blainsouthern.com, www.blainsouthern.com

Foto: Douglas Gordon – Sharpening Fantasy (Ausstellungsansicht) Courtesy BlainSouthern

Douglas Gordons Ausstellung Sharpening Fantasy kreiert eine verschlungene Erzählung, in der die Grenzen zwischen Fantasie und Realität verwischt sind. Mit den für ihn typischen auf dem Boden stehenden Monitoren und den doppelseitigen Projektionsleinwänden schafft er im Erdgeschoss eine Neuinterpretation seiner Metapher von linker und rechter Hand, indem er Skorpione, eine 360-Grad-Stadtansicht von Tanger und eine enigmatische Reihe von Vinyl-Textarbeiten präsentiert. Dualitäten werden auch im oberen Stockwerk aufgegriffen, wo der Klang des Schärfens von Metall drei weitere Videoarbeiten untermalt, die mit Vorstellungen von Gefahr und Vertrautheit spielen und sie schließlich als ein und dasselbe erscheinen lassen. Wie der Großteil von Gordons Arbeit polarisiert Sharpening Fantasy nicht, sondern erschafft eine überwältigende audiovisuelle Meditation über das verstörende Nebeneinander von Gutem und Bösem, Sicherheit und Gefahr, Fantasie und Realität sowie Entäußerung und Selbstreflexion.


Filmtipps von der Filmgalerie 451  35

»HENRY, LALO, BERNARD & JOHN«

Filmgalerie 451 Torstraße 231 10115 Berlin www.filmgalerie-berlin.de

Film-Tipps der Filmgalerie 451 Text Silvio Neubauer

Wenn im Kino das Licht ausgeht, sind sie es oft, die unsere Fantasie zuerst entfachen – die Komponisten der Filmmusik. Es ist nicht das Bild, es ist die Melodie, das Thema, das mehr sagt als tausend Worte. Die Musik wird so zum Kern, zur Triebfeder der universellen Kinosprache. Sie wird selbst zum Kino – in den Köpfen der Menschen rund um den Globus. Gespeist von dem, was die unzähligen Magier des Metiers im Laufe der Filmgeschichte an Prägendem und Unvergänglichem geschaffen haben. Es sind so viele, dass hier nur eine kleine, aber hoffentlich aufschlussreiche Auswahl von modernen „Klassikern“ gewürdigt werden kann. Der Fleißigste, der Römer Ennio Morricone, hat bisher über 500 Filmscores geschrieben – am bekanntesten aber bleiben wohl die sechs, die das Werk seines ehemaligen Klassenkameraden Sergio Leone kongenial ergänzen, der mit den Italo-Western (Spiel mir das Lied vom Tod) und dem Mafia-Epos Es war einmal in Amerika Filmgeschichte schrieb. Eine ähnlich fruchtbare Zusammenarbeit verband den Mailänder Nino Rota, der Popularität erlangte für die Musik der Pate-Trilogie von Francis Ford Coppola, über lange Zeit mit Italiens Kinolegende Federico Fellini (La Dolce Vita, Achteinhalb, Casanova). Von dort in die USA eingewandert waren die Eltern von Henry Mancini, dem die Begegnung mit Regisseur Blake Edwards die populärsten Momente seiner erfolgreichen Karriere bescherte (wie etwa die Oscars für Frühstück bei Tiffany und Victor/ Victoria), die ihren Gipfel fand in der kultigen Titelmelodie der Pink-Panther-Kinoserie. Auch für John Barry wurde ein „Franchise“ zum prägenden Erlebnis: In Mittelengland als Sohn eines Kinobetreibers und einer Pianistin geboren, wurde ihm seine Berufung zwar quasi in die Wiege gelegt, aber erst das Arrangement des Titelthemas zu einem neuen Agentenfilm geriet 1962 zur spektakulären Initialzündung seiner Karriere.

Zwar gewann er später noch Oscars, unter anderem für Jenseits von Afrika und Der mit dem Wolf tanzt, doch unsterblich blieb das Thema für den Kino-Agenten. Sein Name: Bond, James Bond. Erkennungsmelodien sind erst recht das A und O einer TV-Serie: So bekam der Argentinier Lalo Schifrin, der vor dem Krieg beim Vater von Daniel Barenboim Klavierspielen gelernt hatte, die Gelegenheit in den Sechzigern sein Talent in eine Erkennungsmelodie zu investieren, die sich unauslöschlich einprägen sollte: Mission Impossible („Cobra übernehmen Sie“). Wenn es jemanden gegeben hat, der, ganz ohne eine (Kino-)Serie produziert zu haben, unsere Vorstellung von Kino geformt hat, ist es sicherlich Alfred Hitchcock. Es wundert daher nicht, dass auch ihn in der Hochphase seines Schaffens ein kongenialer Partner als Komponist ergänzte: Bernard Herrmann gilt als einer der unverwechselbarsten (Film-)Komponisten überhaupt, dessen Karriere von den Meilensteinen Citizen Kane (1941) und Taxi Driver (1976) eingerahmt wurde und der auch für Der unsichtbare Dritte, Vertigo und Psycho wahrlich einschneidende Soundtracks lieferte. Apropos Kino und Musik: Der erste Film, dem ein eigenes Soundtrack-Album spendiert wurde, war das britische Underground-Teenie-Drama Beat Girl von 1960. Der Komponist: John Barry.


36   Brave New World

Abhörstation Text  Kathrin Gemein

Meisterwerk des Anzugträgers So. Mit 55 Jahren hat Nick Cave mit seiner Band The Bad Seeds sein 15. Studioalbum rausgebracht. Die Fans des Australiers werden jubeln, die anderen werden wahrscheinlich diese News registrieren und denken: „Ach, wieder ein Cave-Album”. Aber Halt. Push The Sky Away erschließt sich auf eine andere Art, als man es von Cave gewohnt ist. Die neun Balladen, die laut Cave unbedingt in der angegebenen Reihenfolge gehört werden sollen, strahlen eine Erhabenheit aus, die einen gefühlt drei Meter über der Anlage schweben lässt. Warm, schwermütig und ungewohnt sanft kommt das Album daher – mit Unterstützung von Streichern und LoopKlangteppichen. Und es kommt sogar ein Kinderchor zum Einsatz. Dabei singt Cave von Meerjungfrauen, Miley Cyrus und Quantenphysik. Ein kleines Meisterwerk.

Flächige Weltliteratur Krieg und Frieden von Tolstoi ist einer der Weltklassiker, deren Titel die meisten schon einmal gehört, aber sicher nicht halb so viele zu Ende gelesen haben. Musiker Sascha Ring hat sich intensiv mit den vier Bänden des russischen Romans auseinandergesetzt: Der Mann hinter Apparat wurde von Theaterregisseur Sebastian Hartmann gefragt, ob er im Rahmen der Ruhrfestspiele seine Inszenierung des Werks vertonen möchte. Ring sagte ja und machte sich auf eine ihm ungewohnte Art ans Komponieren – und war selber überrascht vom Ergebnis, das nun auch veröffentlicht wird. Weniger Beat und mehr Flächen ist bei den zehn Stücken die Devise. Instrumentiert von Geigen, Klavier und Cello, lauern unter der Oberfläche der Songs sanfte Ausbrüche, werkgetreu in Melancholie getaucht. ApparatFans, die die Klangfarbe der vorherigen Veröffentlichungen Rings erhoffen, werden enttäuscht sein – wer sich auf Neues einlassen will, erlebt angenehme Überraschungen.

Dezentes Konfetti Dieses wehmütig aufgekratzte Gefühl, wenn man sich fürs Ausgehen fertig macht. Diese Euphorie-Bomben, die bestenfalls mitten auf der Tanzfläche platzen. Und der Wunsch nach mehr Konfetti, einfach so. Im Kern macht die Musik der Shout Out Louds nach wie vor diese Grundelemente aus, die im letzten Jahrzehnt regelmäßig die Indie-Tanzflächen anzündeten. Doch ist das vierte Album der Schweden eine Spur dezenter gehalten, vielleicht passt hier auch das böse klingende, aber nicht so gemeinte Wort „reifer“. Der Synthiepop der zwölf Stücke wird mit Streichern, Posaune, Trompeten und Flöten angereichert, die Stimme von Adam Olenius klingt nach wie vor ein wenig nach Robert Smith und das Herz mag gar nicht aufhören zu hüpfen inmitten all dieser großen und kleinen Pop-Momente, die auf Optica versammelt sind.


Brave New World  37

Verschwurbelte Hymnen Was diese großen und kleinen Internet-Erfolge immer anstoßen können: Nachdem die Songs Ghosts und The Hunter von den Musikern der Band On and On online gestellt und weit über 100000 Mal angeklickt wurden, entschloss sich das Trio nun doch mal ein ganzes Album aufzunehmen. Das Video von The Hunter passt gut zu den zehn Songs des Debüts: Hier wird geknutscht und geheadbangt, es fliegen Gegenstände in die Luft und während alles aus den Fugen gerät und brennt, wird ausgelassen gefeiert. Auf Give in überlappen sich diverse Songstrukturen: Indie der Neunziger- und Nullerjahre reicht dem Elektronika von heute die Hand. Es wird getanzt und sinniert, Verschwurbeltes trifft auf großen Pop. Und so ist ein sehr zeitgeistiges und hymnisches Debüt entstanden, das imstande ist, so einiges aufzuwirbeln.

Träumerisches Aufbäumen Es ist ein altbekanntes Sujet: der besondere Kreativitätsantrieb in den tiefsten Stimmungslagen. Elena Tonra kann ein Lied davon singen. Die Sängerin und Gründerin der Band Daughter verarbeitete eine Trauerphase in zehn Songs, die wunderbare Brücken schlagen. Mal hat das Debütalbum If you leave eine Unbeteiligtheit à la The xx inne, dann gibt es Warpaintsche flirrende Gitarrenwände – und dazwischen Tonras Stimme, die Dringlichkeit und Verletzlichkeit verkörpert und nicht in Depression stagniert. Im Gegenteil: Erleben, Verarbeiten, dagegen Aufbäumen ist hier Programm. Gemeinsam mit ihren Mitstreitern Igor Haefli und Remi Aguilel hat die Britin so ein Album geschaffen, das träumerisch und dynamisch, schmerzhaft und optimistisch daherkommt. Und ganz und gar einnehmend ist. (VÖ: 15. März)

Isländischer Grenzgänger Ja, es ist ein Klischee, diese Verbindung der bezaubernden, kühlen und einsamen Vegetation Islands mit den Kompositionen, die dem kleinen Inselstaat entspringen. Und doch: Es spulen sich, wenn man um die Herkunft Ólafur Arnalds weiß, bei seinem aktuellen Album For Now I Am Winter ebensolche Landschaften vor dem inneren Auge ab. Und es wirkt so durchaus stimmig, dass der isländische Multiinstrumentalist auch Soundtracks geschaffen hat. Die Stücke auf For Now I Am Winter wirken entrückt und auf den Punkt, fragil und orchestral – und grundsätzlich genreüberschreitend. Ob Klassik oder Minimal-Elektro, experimentelle Klänge, Ambient oder Post-Rock – die Klangwelt Arnalds lässt diverse Stile so organisch zusammenfließen, dass es scheint, als hätten sie schon immer zusammen gehört. (VÖ: 22. März)



Berliner Gesichter  39

BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler  Foto Tina Linster

Mic Donet, 33 Jahre alt, Musiker und Sänger

Schon als Kind war ich verrückt nach Musik. Was eigentlich auch kein Wunder ist, da mein Vater ebenfalls gerne Musiker geworden wäre. Dementsprechend hat die Musik in meiner Familie auch immer eine wahnsinnig große Rolle gespielt, und nicht selten haben mein Vater, mein Bruder und ich dreistimmig miteinander gesungen. Mein erstes Instrument war eine Blockflöte. Doch ich habe recht schnell gemerkt, dass ich eigentlich ans Klavier gehöre. Ich habe auch schon immer gerne getanzt, aber als Kind war es mir peinlich das zuzugeben. Doch als meine Mutter mich eines Tages mit weißen Handschuhen verkleidet zu den Beats von Michael Jackson tanzen sah, wusste sie, wohin meine Reise gehen würde. Überhaupt hatte ich das Glück, dass meine Eltern mich in meinem Wunsch, Musiker zu werden, immer unterstützt haben. Bevor ich meinen Fokus jedoch endgültig auf die Musik gelegt habe, war ich zehn Jahre lang als Breakdancer unterwegs. Vor allem mit den Jungs der Münchener Crew Step 2 Diz, mit denen ich in ganz Deutschland unterwegs war und selbst bei jedem Wetter auf der Straße getanzt habe. Während einem unserer Auftritte wurde ich dann von einem Labelscout entdeckt und ehe ich mich versah, hielt ich meinen ersten Plattenvertrag in den Händen. Leider war meine erste Platte nur ein Kritiker- und kein kommerzieller Erfolg. Weshalb das Label mich dazu drängte, mich musikalisch in eine andere, mainstreamigere Richtung zu verändern. Dickkopf, der ich war, habe ich das natürlich nicht eingesehen, denn ich wollte in jedem Fall mein eigenes musikalisches Ding durchziehen. Deshalb bin ich dann trotz laufenden Plattenvertrags mit einem One-Way-Ticket in die USA abgehauen. Irgendwie hatte ich die Hoffnung, dass man mich und

meine Musik dort besser verstehen würde. Und das war dann auch so. Dort bin ich mit keinem Geringeren als Carlos Santana auf Tour gegangen, der so begeistert von mir war, dass er mich sogar fast in seine Band aufgenommen hätte.

Aktuelles Album: Plenty of Love, Universal Music Group 2012. www.micdonet.com, www.facebook.com/

Schlussendlich musste ich nach einem halben Jahr nach Deutschland zurückkehren, weil mir das Geld ausging. Dort habe ich dann unter alles einen Schlussstrich gezogen und fern von allen Ratschlägen und Trends meine zweite Platte Plenty of Love aufgenommen. Doch als wir 2008 endlich damit fertig waren, hat sich kein Label für das Album erwärmen können. Selbst unsere Versuche durch Live-Auftritte auf uns aufmerksam zu machen, funktionierten nicht. Weshalb ich mich dann dazu entschieden habe bei The Voice of Germany mitzumachen, obwohl ich überhaupt kein Fan von Castingshows bin. Aber es war einfach die einzige Chance, um die notwendige mediale Aufmerksamkeit für mein Album zu bekommen. Dieser Plan ging schließlich auf. Auch wenn Xavier Naidoo, mittlerweile mein Kumpel und Mentor, sich am Ende nicht für mich als Finalisten ausgesprochen hat, bin ich ihm sehr zu Dank verpflichtet, da ohne seine Unterstützung mein Album nie veröffentlicht worden wäre. Das werde ich ihm nie vergessen. Ob ich Castingshows aufgrund meiner Erfahrungen als Weg ins Showgeschäft empfehlen kann? Nicht unbedingt, denn für Künstler, die noch nicht gefestigt sind, ist die mediale Aufmerksamkeit, die ihnen durch eine solche Show zuteil wird und mit der sie noch nicht umgehen können, sehr gefährlich. Aber für jemanden, der bereits einige Erfahrungen mit der Musikindustrie gesammelt hat, kann The Voice eine absolute Chance sein. Zu all meinem Glück bin ich jetzt sogar noch für den Echo nominiert. Was kann man sich als Musiker noch mehr wünschen?

micdonet.music


New

mongrels

Arriva

spring / summer 2013

shop I tieckstraĂ&#x;e 29 I 10115 berlin I mongrelsincommon.com I

ls


English Translations  41

Events (p. 8)

ATLAS PANCAKES

his distinctive style of reggae, rap and rock.

The contemporary music festival is one of the most

POSTBAHNHOF,

important in Germany. It attracts established artists

Straße der Pariser Kommune 8,

and newcomers from all corners of the world to Berlin,

www.postbahnhof.de, www.matisyahuworld.com

and offers a multi-faceted music program with changing topics. This year’s focus includes Islamic Mediter-

Restaurant

OF MONSTERS AND MEN

Open Wednesday to Sunday,

ranean countries. You have ten days to enjoy contemporary music with all its wide range of orchestral and

12 noon, open end

It’s not true that Atlas Pancakes is just a café. This Kreuz-

Concert

chamber music, from innovative musical theater to

17 February 2013

experimental and media art.

Show begins: 8 pm, Tickets: 32

Venues: Haus der Berliner Festspiele, Radialsystem V,

euros /concs 26 euros

Kino Delphi, Kammermusiksaal der Philharmonie, gelbe Musik, Berghain, Konzerthaus Berlin,

berg location has become a hotspot in no time at all not

www.berlinerfestspiele.de

only because of their eponymous and wonderfully delicious culinary offering, but because they also have ve-

Nanna Bryndís Hilmarsdóttir, Ragnar Þórhallsson, Bryn-

getable dishes and a gallery with changing exhibitions.

jar Leifsson, Arnar Rósenkranz Hilmarsson, Árni Guðjóns-

Party all night long from 8 pm Thursdays to Sundays

son and Kristján Páll Kristjánsson – what’s this? These

with freshly mixed drinks, live music and hip DJ sets.

are the names of the Icelandic success sextet Of Mons-

THEATER

Forsterstraße 5, www.atlasberlin.com

ters and Men, whose song Little Talks was played last

3 March 2013

summer on all radio stations non-stop. Since the re-

Begins at 11 and 4 pm,

lease of their debut album in April, the Icelanders are

Tickets: 5 euros

MANI

ALICE IM WUNDERLAND

considered the sensational newcomer of the year with Restaurant

their rocking folk pop – a success story that goes far

Open daily from 7 pm to

beyond the borders of Europe.

Lewis Carroll’s classic children’s book from 1865 has

midnight, Monday to Friday,

COLUMBIA HALLE,

often been interpreted for the screen and stage in the

12 to 3 pm

Columbiadamm 13–21,

nearly 150 years since it was published. The Theater der

www.ofmonstersandmen.com, www.c-halle.com

kleinen Form tells the bizarre story of Alice who runs after a white rabbit with a backwards-running cock

A fireplace trimmed in green marble graces the center

32. LANGE NACHT DER

using puppets and black light. The production is for

of the space. The stylish interior is decorated in dark

MUSEEN

children aged five and above. The piece will be presen-

tones. Between bouquets of flowers and minimalist

ted a second time on 4 and 5 March for day care centers

furniture Mani and its cook Martin Schanninger trans-

Museum

and schools at a reduced price.

port their guests on a culinary journey from Tel Aviv

16 March 2013,

THEATER DER KLEINEN FORM,

to Paris. The modern Israeli cuisine, complemented by

6 pm to 2 am

Gubener Straße 45,

Arabic and French elements is tasted in the unusual

www.theater-der-kleinen-form.de

combination and mix of Mediterranean ingredients and oriental spices.

Nearly 80 Berlin museums will open their doors and

Torstraße 136, www.mani-restaurant.com

gates to offer visitors the opportunity to go on night-

MATISYAHU

CINEBRASIL

time walk through the exhibitions and grounds. On

Film

this night the museums are dedicated to 2013’s theme,

7 to 12 March 2013

“Ruined Diversity“, which commemorates the destrucConcert

tion of the cultural landscape by the Nazis 80 years

14 March 2013

ago. Exhibitions, tours, concerts, readings and work-

Show begins: 9 pm,

shops illuminate the period before 1933, and includes

Tickets: from 23.70 euros

personalities from music, literature, art and science.

A 30-year-old writer from Rio de Janeiro who doesn’t

www.lange-nacht-der-museen.de

want to grow up, two clowns in a traveling Brazilian circus or a black banker in Salvador who gets involved

Matisyahu is the Jewish equivalent of Matthew Miller’s

MÄRZMUSIK

first name, which he took on after a trip to Israel in

in a conflict between religious tradition and growing urbanization. For the eighth time in Berlin, the Brazi-

search of his Jewish roots. How this American artist

Music Festival

lian Film Festival reinforces the diversity of life in the

dealt with various Jewish faiths was a major influence

15 to 24 March 2013

5th largest country in the world, and proves that Brazil

on his earlier albums. Even before the release of Spark

Tickets: 10–25 euros

is much more than football and samba.

Seeker he announced that he would be returning to

KINO BABYLON,

musically secular themes and keep his religious beliefs

Rosa-Luxemburg-Straße 30,

from public life. In any case, he has remained true to

www.cinebrasil.info, www.babylonberlin.de


42   English Translations

F.I.N.D. 2013

platinum award. The genre-busting blend of hip-hop

the corner, technical equipment everywhere, and

beats, electro-blends, soul and blues, combined with

thousands of cables that seem to connect everything.

Theater

imported instruments like strings, brass, guitars and

Tilman Hopf, who co-produced the album, joins us. Be-

16 to 24 March 2013

pianos provide a unique live performance, which you

fore I begin to ask Anna about her music and her per-

can experience in Heimathafen Neukölln.

son, we want to listen to some of the new songs.

HEIMATHAFEN NEUKÖLLN, Karl-Marx-Straße 141, www.heimathafen-neukoelln.de

Everyone should choose one. Anna is excited about which one Tilman will choose. It is Sweetness & Delight,

NAS

F.I.N.D. stands for new theater in Europe this year. The-

an acoustic number that was recorded completely live and in one take here in the studio. That’s rarely done

ater artists from Italy, Spain, Greece, Hungary and Iceland will be presenting their work and creating a com-

Concert

nowadays because if even just one of the musicians

mon space that reflects national, linguistic and cultural

27 March 2013

screws up, you have to start all over again. This is unaf-

borders. Workshop presentations and performances

Show starts: 9 pm,

fordable due to time and costs. In general, all instru-

by international ensembles round off the event. The

Tickets: Presale 30 euros,

ments and vocals are recorded separately and after-

projects and productions, which are created within the

at the door 35 euros

wards are “tinkered together” as Anna calls it.

framework of the International Festival of New Drama, will provide the basis of the theater program.

His debut and masterpiece Illmatic is considered one of

I ask Tilman why he chose this song. “It was a sacred

SCHAUBÜHNE AM LEHNINER PLATZ,

the best and most influential rap albums of all time. In

moment,” he says, “and one of the quietest recordings

Kurfürstendamm 153,www.schaubuehne.de

the hip-hop culture he is one of the top 5 MCs: voice-ac-

I’ve ever made. The acoustic guitars were the loudest,

robat Nasir bin Olu Dara Jones aka Nas. He’s just now re-

Anna sang live and the drummer had to play very

leased his tenth studio album Life is good. This New Yor-

softly so as not to drown out the rest.” Anna says of

WORLD WITHOUT MEN

ker, who has worked with artists such as Jay-Z and Kanye

Sweetness & Delight that it combines the old sound of

Exhibition

West, is honoring Berlin this year with a concert where

New Found Land with the new, the old era with the new

7 December 2012 to

performing classics and songs from his new album.

one. The band used to be made up of several members,

13 October 2013

ASTRA KULTURHAUS,

including her husband Moritz. Today New Found Land

Tuesday to Sunday, 10 to 6,

Revaler Straße 99, www.astra-berlin.de

is just Anna alone.

Thursday until 8, Tickets: 8 euros / consc. euros He has been considered one of the best and most ex-

Nothing’s gonna

Anna explains what’s up with the old and the new era

be okay? (p.12)

with It Would Mean the World to Me. It was the last track to make it on the album. The piece was already on

pensive photographers since the seventies. The Berlinborn Helmut Newton was known for his legendary

We meet up with the Swed-

the first album, but this one is a new version. “I wanted

fashion photography, which he presented in his book

ish musician Anna Roxen-

something fresh on it,” says Anna. “The further along

World Without Men. The tome includes photographs

holt aka New Found Land in

I got on the album, the more I got into the mood for

from the sixties to the eighties, the work that he did for

Neukölln in the studio where

dancing, I wanted more electronics. I wanted to play

renowned fashion magazines and labels. The book has

she recorded her new album,

this song live and have fun doing it on the stage. The

now been transformed into an exhibition for the first

and to discover the neighborhood where she lives. It’s

original version is slower. Our first album was singer-

time. The photographs are complemented by Newton’s

always a little tricky planning the March issue of this

songwriter-like, while the second was already more up-

exhibition project Archives de Nuit and photographic

column in February. Our readers know that Glückstag

beat, but still quite folky. This is electronic and dance-

portraits by French artist François-Marie Banier.

always visits personalities who shape the creative vi-

able. And a lot better.” Anna laughs proudly.

MUSEUM OF PHOTOGRAPHY,

sion of our city while getting to know their neighbor-

Jebens Straße 2, www.smb.museum

hoods. And our readers also know that the streets of

Is that why she wanted to go solo, because she wanted

Berlin in February aren’t always very cozy.

to change the sound? “The process started a while ago.

C2C

New Found Land has always been my project. But it And that’s true for today. The icy wind seems to be

was always something undefined: who was part of the

Concert

blowing directly from Siberia, which is why we’re all

process, and where, whether in Sweden or Germany.

20 March 2013

the more delighted that Anna Roxenholt has invited

I’ve lived here for five years and thought it was time

Show starts: 9 pm,

us to the studio where she recorded parts of her new

for me to decide.” She invited her Swedish musicians

Tickets: Presale 22 euros,

album. Anna works as a musician under the name New

to the studio in Berlin where the first songs were re-

Box office 26 euros

Found Land, and that’s also the name of her third al-

corded. Eventually, the musicians returned. She went

bum, which was released in March.

to her mother’s house in the Swedish countryside. “When I was working all alone, I reflected, and it be-

The French DJ collective C2C has existed since 1998. However, it took them 14 years to release her debut

Studio Cherie is located in a courtyard in the Sonnenal-

came clear to me that it’s entirely my music.” But how

Tetra last year – but with all more success at home. It

lee. It is typically furnished as Berlin recording studios

does one make it clear to one’s own husband that one –

occupied four number ones on the charts and received

are: lots of worn-out sofas from the thrift shop around

at least musically – wants a separation? “We had played


English Translations  43

together for several years, which has always had a lot

New-found-land.se, 1000gram.com,

I could you tell countless anecdotes of sexist sound

of fun, especially on stage. But in the meanwhile it be-

Liberda Essen & Trinken, Pflüger Strasse 67, 12047 Berlin

engineers who first want to explain to you how the

came a pain. It really had a negative affect on our life

Knüller-Kiste, Kottbusser Damm 72

console works because you're a woman, or taxi drivers

at home. After much discussion, we decided that it was

who think you're a prostitute, and male groupies you

probably better to make music separately. He also has

Kill the DJ

smuggle their number and other things to you. But I

his band, which is very successful. They’re called 1000

(p. 30)

want to try me to concentrate on what’s important.

Gram.”

(Indeed, there is a secret group on Facebook under the People In Berlin it’s normal

name Silly questions for a DJ with over 100 members

They live together. Moritz is from Germany. They met

to refer to yourself as a DJ if

where we regularly purge ourselves. It’s a kind of on-

in Berlin in 2007, then lived in Sweden for a while and

you’ve spun records more

line group therapy. But that’s for another time...)

are now here again. Anna came to Berlin on an Eras-

than once in the pub around

mus scholarship. She studied jazz saxophone, having

the corner. Many dream

The most intense evenings are when I play really long.

started to learn how to play it at age twelve. Jazz some-

about the big career dropping the bass in front of

By myself, eight hours, 480 minutes. With an aver-

how belongs to the instrument, she says. After gradu-

thousands of people, drinking free booze, doing drugs

age song length of four minutes, that’s 120 individual

ating she realized that the saxophone wasn’t what she

and taking groupies home. But it’s really about some-

songs. 120 times I think about what’s going to hap-

wanted to play. “The training was good for me. It de-

thing else: intensively getting into the music in order

pen next. There are many factors to consider: genre,

veloped my sense of melody. But jazz... It was like un-

to entertain people, and to make a difference. Some-

what mixes well, a guest request (if it’s cool, there’s no

requited love. It’s just old music. I’ve always listened

times it’s hard work, despite the alcohol and groupies.

reason not to) or just pure pleasure for a song. I know

to pop, and it inspires me.” So she just started to write

Or perhaps exactly for that reason...

some DJs who keep records of their playlists or sets. I

her own music.

prefer it when the vague memory of a set later feels When I started working as a DJ there weren’t many of

like a surreal roller coaster ride with lots of loops, even

Despite the cold, we decide to go for a walk through

us. That was in 2003 in Munich. I was an indie girl and

if I can’t remember every detail. With more routine

the neighborhood. Anna has to go to the post office.

the only superstar DJs I knew were in the techno scene:

you learn how to mix when you're drunk. When you

She wants to stop at Knüller-Kiste, bargain store where

Sven Vath and co. It was curiosity that lured me into DJ-

can hardly stand anymore, and have to hold onto the

she always has to buy something, and we’re hungry.

ing, the need to entertain people and my love of mu-

console. In recent years, I’ve lowered my DJ alcohol

On our way to her favorite café Liberda, where we will

sic. When I look back on the last ten years of my work,

consumption considerably however. The disadvantage

eat, I ask her how life differs in Gothenburg and Berlin.

being a DJ is a theme that runs throughout my young

is that the slurring guests are more annoying.

life. I developed technical skills, my musical taste and “I don’t have any family here, nor a large circle of

learned something about people and how they party.

friends and acquaintances. I’d also like it to stay that

You have to be in good shape. When I was still living in Vienna I had a record month in 2007. That April I

way. I want time for myself and for work. I love Swe-

Technically, I’m still not a master of my art, I admit it. I

worked 15 out of 30 nights. Even if it’s only an average

den in many ways, but it’s not very inspiring. Everyone

can mix acceptable transitions with turntables and CD

of three hours per gig that’s still 675 at four minutes

looks the same, everyone wears the same trendy jacket.

players without bpm displays, but I was never ambi-

each. People who do this often have a massive need

Everyone has the same furnishings, a couple of vin-

tious enough to practice for hours at home on turnta-

for peace and quiet at home. There were times when I

tage pieces of furniture, a little Ikea. Yet they all think

bles in my apartment.

tried out new records for the first time in the club. But

they’re different from each other. They always want to

you never get tired of it if you love music.

do everything right. Here I feel free. There are lots of

Early in my career, two, smart, experienced DJs gave

hipsters in Neukölln, but there are also many others,

me valuable tips for my journey. One said he used

The most enchanting thing about music is that it has

White Trash, Turkish families... The mix suits me.”

tricks to cover up poor mixing skills, but that he had

the ability to put us in every conceivable mood. We can

perfected this. The other said: “Transitions are over-

feel cool, wicked, sophisticated, silly, wild, beautiful,

I’d requested the song Mirror when we were in the stu-

rated. In the end, what matters is the song you’re play-

strong, in love, loved, melancholy, old, young, wise, re-

dio, the first single from the album. Anna tells us that

ing!“ This became my foundation (and believe me, I’m

bellious, sexy, euphoric!

she was also influenced by Depeche Mode. She is 30

understating at a high level).

years old. I wonder, if ever she thought, would that be

It is well past midnight. In the last hours I’ve managed

just as uncool as for her generation for Depeche Mode

I worked my way from the rock and indie-guitar-kin-

to get everyone on the dancefloor. Wearing my head-

fans as for the Stones in the eighties. But in fact, her

dergarten over the years to electro-high school. I find

set, I select the next track, already smiling inwardly,

song Mirror builds as bombastically as Depeche Mode’s

it increasingly difficult to draw boundaries between

and pleased with my choice. The previous song is al-

Never Let Me Down Again and ends with a bang.

genres (“What do you play?”). Everything from Sixties

most up, the seconds on the display of the CD player

Soul, Disco Tunes, Italo, old Detroit house to new mini-

are a countdown, the last minute, 30 seconds, I know

Anna and I quietly go our own ways. I find a lucky pen-

mal, nineties hip-hop to the latest music. All on the

what's coming; I’ve experienced it a thousand times

ny on the street and give it to her for good luck for the

same evening. That’s the beauty: you take the crowd

before. Sipping my drink again, I know my routines

new album. In Sweetness & Delight, Anna sings Noth-

on a journey, and when they’re drunk, they’ll forgot

in my sleep. I know I still have enough time to finish

ing’s gonna be okay. I think that’s nonsense. The album

anyway what kind of boat they got into at the begin-

my cigarette before the mix is finished, another puff,

is great. Everything will be okay.

ning of the evening.

another sip...


44   English Translations

With one hand on the console, the other on the play

sic is created. This month’s program: the comic, Italian

sessment of the art historical and contemporary modes

button, there’s only seconds before the crowd recog-

opera L’elisir d’amore, which with its catchy melodies is

of exhibition.

nizes the next song; concentrate, don’t turn the dial

perfect for a first visit to the opera. To all who are still

Contemporary Fine Arts, Am Kupfergraben 10

too early or too late. Timing. And then come the in-

looking for something exciting to do during the next

www.cfa-berlin.de

spired looks, shouts of joy, hands go up in the air, wav-

school vacation, take the Schiller Theater’s Easter holi-

ing to the beat. I sing along. Every word. I put a spell on

day workshops to heart. Kids from six to ten years of

Zeichnung ohne

the freaking-out, sweaty crowd with my assertive good

age can immerse themselves in the world of opera.

Zeichnung

them with a load of confetti because I’ve already taken

If the whole classical/romantic songs for children gets

15 February to 28 March 2013

the next step, hit after hit. Never be afraid to shoot hits

on your nerves, check out one of the children’s con-

Tuesday to Saturday 11–18 h

early, there are more than enough hits in this world.

certs in the Roten Salon at Volksbühne. They prove that

You only need to know them and have them with you.

rock music is also something for children’s ears. This

And that's what makes a DJ good.

month includes the Cologne band Pelemele who let

ferent countries – and who-

rock it with their concert, Rock Circus. From all the

se work spans a breadth of different styles and media

We Mitte Mums

headbanging you’ll do, muscle cramps are inevitable.

– Christian Ehrentraut’s new exhibition examines

(p.33)

The classic for kids’ music entertainment is of course

the artistic functions of drawing from an innovative

the Atze Music Theatre. Here you can not only listen to

perspective. Zeichnung ohne Zeichnung (Drawing Wi-

I don’t know what it’s like for

and watch famous children’s stories and fairy tales

thout Drawing) breaks down the meaning of drawing

you in terms of music since

such as The Little Mermaid and Ronja, but also such

through the interplay between the selected artists, con-

becoming a parent. But as I

unusual pieces like the musical staging of Bach’s life

sidering drawing in the form of a draft, sketch, pattern

write this, I can hear a song

and work. Unfortunately this is all too exciting for my

or graffiti. Klaus Jörres’ graphic use of acrylic and spray

mood, scatter euphoria and take a pose. I quickly douse

Taking four artists from dif-

by Black Fööss in the back-

daughter who goes into hiding even at the sight of the

paint on canvas lends a formal assessment of line to

ground. A song that my daughter adores; that she

evil fairy in Sleeping Beauty. But after two months of

the exhibition, unusually matched by David Murphy’s

rocks and hums to for hours, and has heard so often

listening to Black Fööss, we’ve at last finally heard a

sculptural steel structures in the form of enlarged tra-

that even our cat sings along now. Whose fault is it?

song on the radio with which I can tear her away from

ditional woven eel traps. Providing a cross-dialogue to

Unfortunately, not Nubbel schnapps, but of course my

Black Föös: Candy by Robbie Williams. It could have

the linear formality of these two artists are works by

husband who succumbed to some carnival madness in

been worse.

Michael Bevilacquas and Viktor Timofeev. Although Timofeev’s work could be considered to have similar

February. So now my daughter not only properly speaks the Köln dialect, but is musically set for the

EYEOUT Art Events (p. 34)

interests as Jörres’ and Murphy’s, his labyrinthine architectural utopias – frequently interspersed with floa-

next twelve months. It’s beyond me why she doesn’t share the same enthusiasm for my favorite records –

Bruce High

ting cloud-like forms – form a bridge to Bevilacqua’s

currently Weezer’s first album and the new Tocotronic.

Quality Foun-

pop and urban subculture-inspired paintings.

She just screams loudly “Off!” when I put one of them

dation – The

Christian Ehrentraut, Friedrichstraße 123

on. Well, at least she’s interested in music. That’s com-

Transubstantial

www.christianehrentraut.com

mendable. But how can I promote it apart from the

Bruce Douglas Gordon –

usual music schools? And how can I make sure that she doesn’t later become one of those girls who listens to

16 February to 16 March 2013

Sharpening Fan-

Scooter’s How Much Is The Fish? over and over?

Tuesday to Friday 11–18 h

tasyPaul Cowan

The anonymous, rotating group of people who constiPerhaps by taking her to the experimental music

tute the Brooklyn-based Bruce High Quality Foundation

7 February to 28 April 2013

theater project Der Ring, Next Generation, which 60

has striven since the project’s 2004 formation “to foster

Tuesday to Saturday 11 – 18 h

teenagers from Berlin developed together with DJs and

an alternative to everything,” working under the guise of

composers. As the name suggests, the basis of the

presenting the works of a late social sculptor, Bruce High

Douglas Gordon’s new exhi-

piece is Richard Wagner’s epic Ring. The focus is on the

Quality. With The Transubstantial Bruce, presented at

bition, Sharpening Fantasy at BlainSouthern, creates a

young heroes: Sigmund, Sieglinde, Siegfried, Brün-

Contemporary Fine Arts, the group unveils a new angle

winding narrative that blurs the lines between fantasy

nhilde and Hagen. They are the next generation, and

to their fictional artist’s oeuvre: the religious. Tackling

and reality while exploring many of the artist’s recur-

the question is asked: what happened after the “Twi-

the ubiquitous “Stations of the Cross” as well as a “Father,

ring themes. Using his signature floor-level monitors

light of the Gods”? What is their future? Is there an

Son, and Holy Ghost” triptych – the later including the

and double-sided projection screens in the foyer and

eternal cycle between old and new? The youth opera

inflatable scab rat used in previous works – Bruce High

main gallery, Gordon reinterprets his metaphor of the

workshops at the Schiller Theater are also very exciting

Quality Foundation creates what it calls “truly devoti-

left and right hand through the presence of scorpions,

for children eight years or older. Participating in fami-

onal icons for a truly secular age.” Additional elements

a 360-degree cityscape of Tangier, and an enigmatic

ly constellations provide a thematic introductions for

(play-doh reliquaries, a series of self-portraits) round out

series of vinyl text pieces that underscore the duality

children and their parents to the production. Empathy

another challenging exhibition from the group that de-

running between them. Dualities are picked up again

with the characters, singing and listening to opera mu-

mands, in the most daringly humorous of ways, a reas-

in the upstairs gallery space, where the sound of shar-


English Translations  45

pening metal accompanies three further video works

knew my fate the day she saw me wearing white gloves

recorded my second record, Plenty of Love. But when

that play with the notions of danger and familiarity,

dancing to Michael Jackson. In fact, I was lucky that my

it was finally finished in 2008 the label didn’t have

ultimately making them one and the same. Sharpe-

parents always supported me in my desire to become

any money. Even our attempts to get publicity from

ning Fantasy – like most of Gordon’s work – does not

a musician.

live performances didn’t work out. So I decided to join The Voice of Germany, although I’m not a fan of talent

polarize, achieving instead a stunning audio-visual meditation on the rather uneasy co-existence of good

Before finally deciding on music I spent ten years as a

shows. But it was the only chance to get the necessary

with evil, safety with danger, fantasy with reality, and

break dancer. Mostly with the guys in the Munich crew

media attention for my album. The plan eventually

externalization with self-reflection.

Step 2 Diz. We toured throughout Germany and danced

worked, even though Xavier Naidoo who’s now my

BlainSouthern, Potsdamer Straße 77–87

on the street in all sorts of weather. I was discovered

buddy and mentor didn’t choose me as a finalist. I’m

www.blainsouthern.com

by a label scout during one of our performances and

very grateful because without his support, my album

before I knew it I had my first record deal.

would never have been released. I’ll never forget him.

Mic Donet,

Unfortunately, my first album was a critical but not

If I can recommend casting shows recommend as a

33-years-old,

commercial success. Which is why my label urged me

way to get into show business? Not necessarily. The

musician and

to change to another music, more mainstream. I was

media attention that artists are exposed to on such a

singer (p.38)

stubborn, and of course didn’t agree because I wanted

show, and the fact that they don’t know how to deal

to do my own thing. That’s why I went to the States

with it can be very dangerous for those who are not

I was crazy about music even

with a one-way ticket even though I had a record con-

well grounded. But for someone who has already gai-

when I was a kid. Which re-

tract here. I somehow hoped that they would under-

ned some experience with the music industry, The

ally isn’t surprising because my father also wanted

stand me and my music better. And they did. I was on

Voice can be an absolute chance. I’ve even been nomi-

to become a musician. Music just naturally played

tour with none other than Carlos Santana who was so

nated for an Echo. What more can a musician ask for?

an incredibly important role in my family. My father,

excited about me that he almost put me into his band.

Berlin Faces:

Mic Donet’s album is titled Plenty of Love,

my brother and I often sang together. My first instrument was a recorder. But I realized very quickly that

After half a year I finally had to come back to Germa-

Universal Music Group, 2012,

the piano was for me. I always liked to dance, but I was

ny because I ran out of money. But while I was there, I

www.micdonet.com

embarrassed to admit it when I was young. My mother

put the past behind me, ignored advice and trends and

Mitteschön Verlosung Pirates of Mitte Vivienne Westwoods erster Concept Store in Mitte erinnert an ein englisches Landhaus: einzigartige Mode, dunkles Interieur und klassische Musik. The World’s End ist nicht nur ein legendärer Shop, die gleichnamige Kollektion vereint auch die persönlichen Lieblingsstücke Vivienne Westwoods. Das Angebot reicht von Jacken, Hemden und Hosen über Hüte und Taschen bis hin zu Schmuck und Schuhen. Ein echter Westwood-Klassiker ist der Pirate Boot. Entworfen im Jahr 1981 war er Bestandteil der Kollektion Pirate und zeichnete den Übergang von Punk zu Westwoods historisch inspirierten Arbeiten der darauf folgenden Jahre. Die Boots werden seit 30 Jahren in London handgefertigt und gehören zu der Sorte Schuh, die erst durch Gebrauch und Alterung ihre volle Ausstrahlung entwickeln. Ab dem 1. März verlosen wir den Pirate Boot in sandfarbenem Wildleder (Gr. 37–44) im Wert von 475 Euro auf www.mitteschoen.com


46   Kolumne

Über Das geratewohl Text Oliver Janik  Illustration Lianna Dora

„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten.

Ich persönlich finde ja, dass wir viel zu wenig über Müllstrudel sprechen. Zum Beispiel der Great Pacific Ocean Garbage Patch – wie die Müllstrudel-Experten ihn nennen – ist geschätzte X Quadratkilometer groß (das weiß ehrlich gesagt niemand so genau, die Schätzungen liegen zwischen „doppelt so groß wie Texas“ und „ein Prozent der Fläche von Texas“) und dümpelt da so vor sich hin, im Nordpazifik, irgendwo zwischen Kalifornien und Hawaii. Ganz nebenbei: Dass der ausgerechnet da ist und nicht woanders, liegt an sogenannten Meeresdriftströmungswirbeln, auch so ein Ungetüm wie der Müllstrudel, wenn auch eher ein Wortungetüm. In einen Strudel „gerät“ man ja, man taucht da eher selten absichtlich hinein, und das gilt sicherlich auch für den Müll im Müllstrudel, das hat er sich nicht ausgesucht, es ist einfach so passiert. Golfstrom da, Gezeiten hier und schon treibt die von einer mexikanischen Strandschönheit achtlos über die Reling der 19-Meter-Yacht geworfene Evianflasche neben der alten Windel und der verbeulten Sprite-Dose, die gerade noch ein paar kalifornischen Halbstarken als Fußball diente. Der reinste Melting Pot, so ein Müllstrudel, eine krude Mischung aus Zivilisationsabfällen unterschiedlichster Provenienz. Und jetzt strudeln die da so nebeneinander her, wären möglicherweise auch lieber entweder in Kalifornien ODER in Hawaii und nicht im Niemandsland, oder besser Niemandsmeer, dazwischen und vor lauter Langeweile verwesen die einen, weil sie das Glück hatten biologisch einigermaßen abbaubar zu sein, die anderen bleiben länger bis ewig und zerfallen durch die Gezeiten zu immer kleineren Teilchen, was sie leider kaum weniger umweltschädlich macht, ganz im Gegenteil. Wie erwähnt, unterstellt ja ein „irgendwo hineingeraten“ per se keinen Vorsatz, eher Schicksal, und nur selten ist man froh darüber. Nahezu nie also gerät man in etwas wirk-

lich absichtlich, weder in einen Stau, noch in ein Unwetter, meist auch eher ungern in Verstrickungen und noch weniger in Krisen. Apropos Krise: Nehmen wir mal das Thema Christian Wulff, was – zugegeben – kein Mensch mehr hören kann, aber da gerät jemand erst in Schwierigkeiten, dann in Verstrickungen, dann in einen Strudel und dann in eine handfeste Krise. Also alles auf einmal und kurz hintereinander, wie in einem Bad-News-Teilchenbeschleuniger. Und ehe man sichs versieht, heißt der Bundespräsident Joachim Gauck und die Gattin vermarktet die Geschichte literarisch. Und apropos Geschichte: das ist dann ruck, zuck auch das Klinkerhaus in Großburgwedel, weil da jetzt die Frau Wulff mit den Kindern wohnt und man selbst eben nicht mehr, sondern alleine irgendwo anders. Es gibt ja diese wunderbare deutsche Wendung „aufs Geratewohl“, die in meinen Augen damals, als „Habseligkeiten“ zum schönsten aller deutschen Worte gewählt wurde, bösartig übergangen wurde. Laut Duden bedeutet sie „auf gut Glück“, „ohne zu wissen, wie es kommt“, oder frei übersetzt: „sich voller Hoffnung und Optimismus in etwas hineinstürzen und am Ende sehen wir ja dann“. Irgendwie erinnert das bedenklich an den Baufortschritt von Elbphilharmonie, Stuttgart 21 und unserem Hauptstadtflughafen. Empirisch betrachtet ist es daher naheliegend, dass die finanziellen wie technischen Planungen unter dieser sehr optimistischen Prämisse vonstatten gegangen sein müssen. Bei allem, was eingangs über „geraten“ gesagt wurde, ist kaum verwunderlich, dass es so geraten ist, wie es bis heute geraten ist. Wie heißt es doch: Der Pessimist ist der Optimist mit Erfahrung.


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Restaurants/Cafés/Bars/Clubs

11. Schaubühne am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153

01. Kino Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30

07. Mani, Torstraße 136

12. Theater Der Kleinen Form, Gubener Straße 45

02. Whatever..., Torstraße 155

13. Columbiahalle, Columbiadamm 13–21

03. Filmgalerie 451, Torstraße 231

Out of Mitte

14. Postbahnhof, Straße der Pariser Kommune 8

04. Christian Ehrentraut, Friedrichstraße 123

08. Astra Kulturhaus, Revaler Straße 99

15. Café: Atlas Pancakes, Forsterstraße 5

05. Contemporary Fine Arts, Am Kupfergraben 10

09. Heimathafen Neukölln, Karl-Marx-Straße 141

06. BlainSouthern, Potsdamer Straße 77–87

10. Museum Für Fotografie, Jebensstraße 2

Illustration: Lianna Dora

Legende


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