Mitteschön Magazin - Ausgabe 28

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Ausgabe 28, Dezember 2012

Neues aus Berlin Mitte

HAPPY 2GETHER deutsch + English

Interview mit: Tocotronic Selbstdarstellung im web 2.0 GlĂźckstag mit: Phoebe Killdeer und Melanie Pain Mittes Monatsheft!



Editorial  3

Mitte ins herz Alle Jahre wieder haben wir bei der Themenauswahl für die Dezemberausgabe ein leichtes Spiel. Weihnachten steht vor der Tür und wir könnten euch verraten, wo ihr die schönsten Weihnachtsmärkte der Stadt findet und wie ihr dekorativen Weihnachtsschmuck selber bastelt. Halt Stopp! Keine Sorge, machen wir nicht. Ihr findet zwar den einen oder anderen Hinweis darauf, was ihr euch in der besinnlichen Jahreszeit auf keinen Fall entgehen lassen solltet, und tatsächlich legen wir euch einen ausgefallenen Weihnachtsmarkt ans Herz, aber das war es dann auch schon mit Weihnachten. Versprochen! Stattdessen dreht sich dieses Mal alles um das Thema Vernetzt. In einem Gespräch mit dem Social-Media-Experten Roman Hänsler und dem Betreiber des Münzsalons, Michael Rensen, erfahrt ihr, was der Begriff Netzwerk für sie bedeutet. Das Künstlerkollektiv Men in Grey erklärt, wie wichtig es ist die Regeln des Netzes zu kennen, um im tagtäglichen Gebrauch des World Wide Webs unabhängig und unbeeinflusst handeln zu können. Angst davor, beim Streifzug durch die digitale Welt manipuliert zu werden, hat unsere Redakteurin Sophia nicht. Für sie bietet das Internet die perfekte Spielwiese, um sich als Unterhaltungskünstlerin auszuleben. Warum das so ist, erfahrt ihr in dem Beitrag Freiwilliger Exhibitionismus. Außerdem zeigt Ex-NouvelleVague-Mitglied Phoebe Killdeer in der Rubrik Glückstag ihrer Freundin und ehemaligen Bandkollegin Melanie Pain, die gerade in Berlin zu Besuch ist, die Gegend rund um die Warschauer Brücke. Viel Spaß beim Lesen, gemütliche Festtage und einen guten Rutsch! Eure MITTESCHÖN-Redaktion

sophia hoffmann Sophia lebt als freie Journalistin in Neukölln, wo sie für MITTESCHÖN und andere Medien über Musik, Kultur und Alltägliches schreibt. Außerdem bloggt sie und kocht mit viel Leidenschaft. Manchmal für bis zu 40 Personen auf ihren eigenen Dinner-Veranstaltungen. Die finden regelmäßig in Berlin und Wien statt. Mit Happa Happa liefert sie MITTESCHÖN eine brandneue Kochkolumne. www.oh-sophia.net

Sebastian braschl Eigentlich kommt Sebastian aus München, der nördlichsten Stadt Italiens und dem vermeintlichen Nabel der Welt. Mit Umwegen über Buenos Aires und New York hat er schließlich 2009 Isar, Augustiner und Weißwurscht gegen Spree, Sterni und Döner eingetauscht, um hier am eigentlichen Nabel der Welt Germanistik und Kommunikationswissenschaft zu studieren. Für die aktuelle Ausgabe von MITTESCHÖN war Sebastian mit seiner Kamera kulinarisch unterwegs: Neben der neuen Kochkolumne Happa Happa hat er die französische Bäckerei Les Pâtisseries de Sébastien fotografisch festgehalten. Außerdem hat er für euch die zwölf besten Eventtipps für den Dezember zusammengestellt.

Kathrin Gemein Vor einem Jahr nach Berlin gezogen, hat Kathrin noch nicht ihre Lieblingsplätze für alle Lebenslagen beisammen. Deshalb traf es sich gut, dass Phoebe Killdeer (früher bei Nouvelle Vague) ihrer Freundin Melanie Pain (immer noch bei der Band) für unsere Rubrik Glückstag ihren besonderen Blickwinkel auf die Stadt gezeigt hat. Und Kathrin hat nun ein neues Lieblingscafé.


4   Impressum

Mitteschön no    28

Herausgeber

Toni Kappesz Veröffentlichung

Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany Projekt Manager

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) ARTDIREction

Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) Grafikdesign

Lianna Dora (lianna@mitteschoen.com) Presse

Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) Redaktion

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) Redakteure

Paul Schlosser, Bettina Schuler, Björn Lüdtke, Sebastian Braschl, Kathrin Gemein, Pelén Boramir, Melissa Frost, Sophia Hoffmann, Silvio Neubauer Fotografen

Tina Linster, Sebastian Braschl, Stini Mimissonsdottir, Johanna Ruebel, Galya Feierman ÜBersetzung

Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Robert Schlicht Lektorat

Katharina Geißler Anzeigenvermarktung

bianca@mitteschoen.com thorsten@mitteschoen.com WEBSeITE:

www.mitteschoen.com

Projekt Manager online

André Uhl (andre@mitteschoen.com) Druck

hofmann druck Nürnberg Coverfoto:

Phoebe Killdeer und Melanie Pain, fotografiert von Galya Feierman.


Inhaltsverzeichnis  5

INHALT / Content Wegweiser 6

Momentmal: NETZWERK-STILLLEBEN

8

Veranstaltungstipps Events

10

Mitteschön Lieblingsstücke

22

FEEL GOOD FASHION

32

HAPPA HAPPA: Ganz falscher Hase

41

Englische Übersetzungen English Translations

45

Mitteschön Verlosung: Advent, Advent, mein POP Phone glänzt

47

Stadtplan City Map

kieztalk 12

Glückstag MIT Phoebe Killdeer und Melanie Pain

17

FUNDBÜRO: Les Pâtisseries de Sébastien

18

Ich bin so frei: Selbstdarstellung im Web 2.0.

21

AUGENSCHMAUS: arash und Alfonso

26

FREUND/IN HINZUFÜGEN – INTERVIEW MIT MICHAEL RENSEN UND ROMAN HÄNSLER Interview: Michael Rensen and Roman Hänsler

33

wir mitte-muttis: kinder und das internet We Mitte Mums: Children and the Internet

38

Berliner Gesichter: Mohamed Smaili, Taxifahrer

Kulturgut 23

illustrator des Monats: Janine Wiget

30

Die Tücken der telematischen Gesellschaft The perils of the telematic society

34

Kunsttipps von EyeOut EYEOUT Art Events

35

filmtipps DER filmgalerie 451

36

Brave New World

46

Interview mit Tocotronic: Jubilare gegen den Strom


NETZWERK-STILLLEBEN scheint irgendwie nicht zu

passen, denn in „Network“ steckt Arbeit. Kaum ein anderes Wort, das ich so oft gehört habe in letzter Zeit. Netwürg – ich kann’ s

nicht mehr hören! Wer mit gewissenhafter Verbissenheit darauf aus ist Kontakte zu knüpfen und Leute eher aufgrund mutmaßlicher Effizienz als Sympathie wertschätzt, der netzwerkt nicht,


sondern, entschuldigung, spinnt. Ohne allzu negativ zu sein, aber was soll man zu diesem Thema fotografieren?! Wollknäuelwerfer? Die Idee kam beim Bierchen mit einem alten Bekannten.

Der heißt übrigens Tom, ist nach eigener Aussage „kommunikationsträge“ und macht (So! Jetzt ein bisschen Praxis) tolle Lampen: www.lesampoules.org. Tina Linster fängt für MitteSchön Berlin-Momente


8   Veranstaltungstipps von Sebastian Braschl, Translation P. 41

KONZERT: BACHS WEIHNACHTSORATORIUM FÜR KINDER Jauchzet, frohlocket – Trompeten, Pauken und Oboen... Zur Adventszeit gibt es wohl nichts, das musikalisch festlicher und glanzvoller ist als das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Der Primaner, der Jugend- und Mädchenkammerchor sowie das Jugendsinfonieorchester des Georg-Friedrich-Händel-Gymnasi-

DIE JAHRESWENDE

ums stimmen unter der Leitung von Jan Olberg auf eine

RESTAURANT:

„ÜBERBRÜCKEN“

besinnliche Weihnachtszeit ein.

Jedes Jahr aufs Neue plant man die „ultimative“ Sil-

Beginn: 16 Uhr, Eintritt: 10 Euro / erm. 6 Euro

Ø bedeutet im Dänischen Insel. In Berlin bedeutet Ø

vesternacht – meist kommt es gerade dann anders,

Am Lustgarten, www.berlinerdom.de

eine Insel geballter Heimatatmosphäre, die mit einem

BERLINER DOM, 7. Dez. 2012

Ø BERLIN

als man denkt. Ein Garant dafür, dass der Abend dann

bunten Stilmix historischer Relikte der Stadt aufwar-

doch noch gelingt: In der Zeit zwischen den Jahren mit

tet. Kulinarisch wird das Ø von Markus Herbicht be-

Freunden auf einer der zahlreichen Berliner Brücken

spielt, der bereits mit Johann Lafer gearbeitet und die

stehen, um vor bewegter Großstadtkulisse das Feuer-

thailändische Königsfamilie bekocht hat. Die Speisen

werk zu genießen. Einige der Überführungen werden

sind wie bei „Muttern“ – altbekannte Klassiker mit

dabei zu pulsierenden Adern, die mit den besten Partys

Zutaten aus der Umgebung, allerdings in neuem Licht

der Stadt mithalten können.

präsentiert und außergewöhnlich kombiniert.

Die schönsten SilvesterBrücken:

Ø Berlin

Modersohnbrücke, Moltkebrücke, Monumentenbrücke,

Mo bis So, 9 bis 1 Uhr

Oberbaumbrücke, Warschauerbrücke, Weidendammer

Mehringdamm 80

Brücke

www.oeberlin.de

FILM: CINEMA! ITALIA! Cinema Italia lädt zum 15. Mal auf eine Reise quer durch den kontemporären italienischen Film ein. Eine Woche lang werden sechs neue Produktionen in Originalfassung mit deutschen Untertiteln zu sehen sein, die in ihrem Heimatland bereits große Aufmerksamkeit bei Publikum und Kritik genossen. Die Auswahl umfasst Filme unterschiedlicher Genres und Regisseure. Die bunte Vielfalt gestattet dem Zuschauer eine cineastische Begegnung mit der vollen Bandbreite des

BAR & RESTAURANT:

aktuellen italienischen Films.

KONZERT: FIRST AID KIT

GOLDNEUN

KINO BABYLON, 13. bis 19. DEZ. 2012

Rosa-Luxemburg-Straße 30

Die schwedischen Söderberg-Schwestern Johanna und

Das Interieur hat sich im Grunde nicht verändert. Die

www.babylonberlin.de, www.cinema-italia.net

Klara waren nicht älter als 18 und 15 Jahre, als sie sich

Tische sind weiß eingedeckt, die Stühle rot, markante

2008 auf einer schwedischen Waldlichtung mit einem

Betonlampen hängen von der Decke. Dennoch, das

Fleet Foxes Cover in die Herzen der Fans auf YouTube

.HBC gibt es nicht mehr! Das Restaurant heißt nun

sangen. Seither überzeugt der Country-Folk der Stock-

Goldneun – sieht gleich aus, schmeckt aber anders:

holmerinnen mit ihren traurig-schönen, bittersüßen

Wo früher international gekocht wurde, kommt nun

Klängen, die zwischen wehmütigem Weltschmerz und

anspruchsvolle Hauptstadtküche auf den Teller. Klas-

inbrünstiger Leidenschaft wanken. Ein Erfolgsrezept,

sische, saisonale Zutaten in zeitgemäßer Komposition.

das aufgeht: Anfang diesen Jahres erschien ihr zweites

Goldneun

Album The Lion’s Roar.

Mi bis Sa, ab 19 Uhr

POSTBAHNHOF, 4. DEZ 2012

Karl-Liebknecht-Straße 9

Beginn: 21 Uhr, Eintritt: ab 20,50 Euro, Straße der Pariser

www.goldneun.de

Kommune 8, www.thisisfirstaidkit.com


Veranstaltungstipps von Sebastian Braschl, Translation P. 41  9

PARTY: I LOVE VINYL-

THEATER:

CLUBTOUR

DER KLEINE PRINZ

Vinyl gilt unter DJs und Kennern bisweilen als das

Bereits zur fünften Spielzeit in Folge kehrt Antoine

schwarze Gold. Seit knapp fünf Jahren veranstalten

de Saint-Exupérys Klassiker Der kleine Prinz als Büh-

Mo’s Ferry Productions, dessen Mitbegründer unter an-

nenversion diesen Dezember in den Admiralspalast

derem Dapayk ist, das I Love Vinyl – Open Air in deren

zurück. Während die Reise des kleinen Prinzen bislang

Heimat Thüringen, bei dem Eva Padberg noch höchst-

der eigenen Fantasie überlassen blieb, verbindet die In-

persönlich hinter dem Herd steht, um die teilnehmen-

szenierung der drehbühne berlin Theater, Puppenspiel,

den Künstler zu bekochen. Mit viel Liebe zum Detail,

Film und arabisch-orientalische Musik, die eigens für

viel Herz und ganz ohne Rechner und MP3s lassen sie nun in Berlin im Rahmen ihrer I Love Vinyl Clubtour die Platten knistern, damit alle etwas vom Schwarzen Gold

AUSSTELLUNG: Ralf Schmerberg

abbekommen können.

die Produktion arrangiert wurde, zu einem Gesamtkunstwerk.ADMIRALSPALAST

STUDIO

7. DEZ 2012 bis 13. JAN 2013

Eintritt: ab 19,53 Euro / für Kinder ermäßigt

KATERHOLZIG, 14. DEZ 2012

Einen Monat lang zeigen die Mindpirates eine Retro-

Michaelkirchstraße 23, www.ilovevinyl.de

perspektive der künstlerischen Arbeiten Ralf Schmer-

Friedrichstraße 101, www.admiralspalast.de

bergs. Der Tod nimmt sich einen Tag nach dem anderen umfasst sein Schaffen der vergangenen 15 Jahre in Berlin. Kunstwerke, Filme, Fotografien sowie Dokumentation seiner vielfältigen Projekte und Kulturveranstaltungen werden auf mehreren Stockwerken zu sehen sein. Begleitet wird die Ausstellung von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm sowie einem Pop-up-Restaurant. MINDPIRATES, 16. NOV bis 16. DEZ 2012

Di bis Sa, 17 bis 24 Uhr Schlesische Straße 38, www.mindpirates.org

DESIGNMARKT:

BUCHPREMIERE:

WEIHNACHTSRODEo

TORSTRASSE 1

Am 2. Adventswochenende öffnen die Tore der ehema-

Wo sich heute in der Torstraße 1 das Soho House be-

ligen Volksbadeanstalt Oderberger, um eine besinn-

findet, wurde vor über 80 Jahren das Kreditwarenhaus

liche Alternative zum stressigen Weihnachtseinkauf

Jonass gebaut, wo Elsa 1929 zur Welt kam. Zur gleichen

zu bieten. Auf über 750 qm präsentieren 80 Designer,

Zeit wurde Bernhard geboren, dessen Vater das Gebäu-

Künstler und Shops ihr umfangreiches Sortiment an

de mit errichtet hat. Ein Roman von Sybil Volks, der die

schönen Geschenkideen. Neben einem weihnachtli-

Geschichte eines Hauses im Herzen von Berlin über

chen Musikprogramm sorgen Glühwein, Leckereien

fast ein Jahrhundert hinweg erzählt – ein Haus, das

sowie ein Geschenke-Einpackservice für eine unver-

zum Spiegel sich wandelnder Zeiten wurde und wo

gleichliche Weihnachtsatmosphäre.

THEATER: IDIOTEN

sich die Lebensgeschichten zweier Menschen bis in die

12 bis 20 Uhr, Oderbergerstraße 57/59

15 Jahre nachdem Lars von Triers verstörender Film

PHILIPP-SCHAEFFER-BIBLIOTHEK, 5. DEZ 2012

www.weihnachtsrodeo.de

Idioten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregte,

Beginn: 20 Uhr, Eintritt frei, Brunnenstraße 181

STADTBAD ODERBERGER, 8. & 9. DEZ 2012

begibt sich eine Gruppe junger Menschen im Gorki Studio Berlin erneut auf die Suche nach ihrem „inneren Idioten“. Als Kommune in einer alten Villa lebend, wagen sie ein außergewöhnliches Experiment: Sie geben sich provokativ als Behinderte aus und konfrontieren ihr Umfeld – ungeachtet gesellschaftlicher Konventionen – mit ihrem Anderssein. Ein Projekt, das schon alsbald aus den Rudern läuft ... GORKI STUDIO BERLIN, 4./ 7./ 17./ 23. DEZ 2012

Beginn: 20.15 Uhr, Eintritt: 16 Euro / erm. 9 Euro Hinter dem Gießhaus 2, www.gorki.de Foto-Credits: Thomas Aurin (Idioten), André Gohlke (Weihnachtsrodeo)

Gegenwart miteinander verwoben haben.


10   Mitte Streets

Mitteschön Lieblingsstücke Texte Paul Schlosser

Candy Couture Ist: ein hübsches Accessoire von Burberry Prorsum Kann: stilecht über dem Trenchcoat getragen werden Kostet: 335 Euro Letzten Monat legte Maison Martin Margiela für H&M besonders ikonische und innovative Einzelstücke aus der 30-Jährigen Laufbahn der Marke neu auf. Zu den mutigen Designs zählte auch die Candy Clutch, eine Tasche, die wie ein überproportioniertes Bonbon, eingehüllt in silbernes Cellophan, aussieht und binnen weniger Stunden weltweit ausverkauft war. Es scheint fast so, als führe diesen Winter kein Weg daran vorbei sich wie eine niedliche Süßigkeit zu kleiden. Lana Del Reys Mähne zum Beispiel wird in der allgegenwärtigen H&M Kampagne mit Schleifen gebändigt, auch Mila Kunis’ auftoupiertes Haar wird in der Dior Anzeige mit großer schwarzer Schluppe geschmückt und das britische Modelabel Burberry hat das kindliche Accessoire sogar zum Keypiece seiner Winterkollektion gemacht. Besonders elegant sind die Taillengürtel aus Wildleder oder Seide, die jedes wintertaugliche Outfit für kühlere Tage lässig veredeln und für die perfekte Taillierung sorgen. Gesehen bei: www.burberry.com

„So viel Stress, nur um die Welt zu retten!“ Ist: eine oppulente Sammler-Box Kann: 007 in High-Definition auf den heimischen Bildschirm bringen Kostet: gerade nur 129 Euro statt der üblichen 141,99 Euro Sein Name: Bond, James Bond. Seine Profession: Na klar, Geheimagent und zwar der dienstälteste und bekannteste noch dazu. Vor 50 Jahren feierte Dr. No im Londoner Pavilion seine Weltpremiere. Seitdem ist der nicht totzukriegende Spion im Dauereinsatz und hat in 22 Missionen im Namen der Krone die Welt gerettet. Das verschliss bisher immerhin fünf Schauspieler, kostete unzähligen Bösewichten das Leben und machte 30 Bondgirls zumindest kurzzeitig ein klein wenig berühmter. Vor wenigen Wochen startete der neueste Teil mit Daniel Craig, dem inzwischen sechsten Darsteller des Doppelnull-Agenten, der, obwohl erst 44, älter aussieht als Roger Moore Anfang der 80er. Grund genug für Fans sich der großen Taten ihres Helden zu erinnern. Die James Bond Jubiläums Collection soll mit 23 Blu-ray Discs, wovon 22 Stück jeweils mit einem Bond-Film gefüllt sind, Lust darauf machen. Neun der Filme kommen erstmals in restaurierter Form auf HD in den Handel. In Sachen Bild und Ton wurde dabei wirklich gute Arbeit geleistet. Und wer sich jetzt fragt, wo er in einem halben Jahr die Skyfall-DVD stilvoll verstauen soll, dem sei gesagt, dass die smarten Herausgeber der Box sogar noch Platz für den 23. Bond gelassen haben. Wir sind dann mal für die nächsten 44 Stunden (so viel beträgt die Spieldauer aller Teile nämlich) etwas Filmgeschichte nachholen. Gesehen bei: www.amazon.de


Mitte Streets  11

Ghetto Superstar Ist: eine Wunderwaffe gegen Frostbeulen Kann: den Badboy in dir herauskitzeln Kostet: 845 Euro Die Models, die der aus Kalifornien stammende Menswear-Designer Shaun Samson auf den Laufsteg schickt, sehen eigentlich aus wie normale, schmalbrüstige Kleinkriminelle, denen man nachts besser nicht begegnen möchte, wären da nicht ihre irren Klamotten mit niedlichen Aufdrucken und Musterkombinationen im Farbverständnis von Disney’s Pixar. Mit Hilfe einer ausgeklügelten Webtechnik schafft es der junge Designer nahtlose Übergänge unterschiedlichster Materialien und Strukturen entstehen zu lassen. So wird aus einem Flannel schon mal derber Strick, aus einem Zopfstrickmuster ebenmäßiges Leder und so weiter. Auch mit dem winterfesten Mantel im erwähnten Degradé-Stil bleibt Shaun Samson seinem Stil, bestimmt durch riesige Silhouetten und mehrlagiger Streetwear, treu. Street-Credibility sollte seinem Träger jedenfalls absolut garantiert sein. Gesehen bei: www.farfetch.com

Mode-Avantgarde auf Abwegen Ist: unser bislang günstigstes Lieblingsstück Kann: runtergelanden werden Kostet: nichts, die App ist gratis Zwischen 1988 und 1991 begann das visionäre Modelabel Comme des Garçons den sechsten Sinn mittels Fotografie, Illustration und Kunst für das Magazin Six zu erkunden, um die damals aktuelle Kollektion simultan visuell repräsentieren zu können. Jetzt, stolze zwanzig Jahre später, beschloss man eine kleine poetische iPad-App daraus zu machen, mit Hilfe derer man sich durch Scrollen, Schieben und Puzzeln spielerisch durch das Magazin von damals blättern kann. Moving Six fühlt sich ein bisschen wie experimentelle CD-Rom-Kunst aus den ganz frühen Tagen an, als Funktionalität und Brauchbarkeit bei Ausflügen in die digitale Welt noch nicht im Vordergrund standen. Die App wurde von Comme des Garcons Gründerin Rei Kawakubo in Kollaboration mit der Webagentur Meri Media entworfen, die zuvor Apps für Mode-Schwergewichte wie Gucci, Stella Mccartney oder Vogue Hommes Japan erstellt hat. Gesehen bei: iTunes

Was riecht’n hier so? Ist: ein bezahlbares Designerstück Kann: für lauschiges Ambiente sorgen Kostet: 77 Euro Tom Dixon gilt seit vielen Jahren als Star der Designszene. Jedoch ist er nicht nur für seine innovativen Designentwürfe berühmt, sondern auch für Kerzen in extravaganten Duftrichtungen. Insgesamt drei unterschiedliche Düfte hat der Interior-Designer kreiert, die in edlen Gefäßen aus Kupfer, Messing oder Nickel daherkommen. Die Düfte sollen ungewöhnliche Assoziationen erzeugen und sind unterschiedlichen Gegenden, Städten oder Ländern gewidmet. Die olfaktorische Reise in den Orient zum Beispiel ist pikant unterlegt mit sinnlichen Früchten, Kräutern und transparenten Rosenblättern, Eclectic Royalty dagegen riecht, als hätte man gerade frischen Earl Grey aufgesetzt und es sich mit Scones und Marmelade auf einem schweren Ledersessel bequem gemacht, und auch Eclectic London, die letzte Kerze in der Runde, dürfte für eine gemütliche Atmosphäre sorgen. Laut Beschreibung soll ihr salziger Geruch an die Themse bei Dagenham erinnern, aber auch der Duft von Lehmziegeln, Krokussen oder Brennesseln lädt zum Schwelgen ein. Gesehen bei: opo_domani_due in der Kantstraße 147 in 10623 Berlin


Melanie Pain und Phoebe Killdeer


Glückstag  13

bye bye manchester, Welcome berlin Text Kathrin Gemein  Fotos Galya Feierman

Ja, unser Glückstag beginnt heute mal in einer Hotellobby. Genauer gesagt im Michelberger auf der Warschauer Straße. Warum das? Phoebe Killdeer, früher mal Sängerin bei Nouvelle Vague und nun Solo-Künstlerin, wohnt seit zwei Jahren in Berlin. Und möchte ihrer Ex-Nouvelle-Vague-Kollegin Melanie Pain, die gerade in der Stadt ist, zeigen, was sie an ihrer Wahlheimat schätzt. Drum holen wir Melanie an ihrer Schlafstätte ab.


14   Glückstag

Michelberger Hotel

Markthalle Neun

Melanie, die bei unserer Ankunft in der Lobby des Hotels noch ihren FrühstücksKaffee trinkt, ist in sehr guter Stimmung. Gerade ist sie als Sängerin der Band Nouvelle Vague auf Tournee und darf im Vorprogramm ihr zweites Solo-Album Bye Bye Manchester vorstellen, das bei uns im Februar erscheint. „Das ist schon sehr lustig“, erzählt die 33-jährige Pariserin. „Da muss ich an einem Abend rauf auf die Bühne, meine Songs vorstellen, wieder runter, in die Garderobe laufen, in ein anders Kleid schlüpfen und kurze Zeit wieder auf die Bühne.“ Das Konzert am Vorabend im Huxleys lief für sie super, die neuen Stücke kamen gut an und sie macht deshalb – trotz Tournee und relativen Zeitdrucks komplett tiefenentspannt – gut gelaunt den Spaziergang mit. Melanie und Phoebe sind während ihrer gemeinsamen drei Jahre bei Nouvelle Vague enge Freundinnen geworden – das ist ihnen auch anzumerken. Es wird im Laufe unserer Unterhaltung öfter vorkommen, dass Eine für die Andere mit antwortet oder deren Antwort vervollständigt. Im Michelberger übernachtet Melanie besonders gerne – sei es privat oder auf Tournee. „Das ist DAS Hotel, hier komme ich immer unter, wenn ich in Berlin bin. An diesem Ort ist einfach alles relaxt. Überall sind Plätze zum Rumhängen, überall stehen Bücher herum – sogar in den Hotelzimmern. Und, besonders wichtig, der Kaffee ist exzellent.“ Sagt es und nimmt den letzten Schluck aus ihrer Tasse. So können wir uns in unsere dicken Jacken quälen und in die Obhut Phoebes begeben, die nun die Führung

übernimmt. Ist Phoebe denn auch ab und zu im Michelberger? „Geschäftliche Treffen und Interviews finden hier oft statt, da viele Plattenfirmen in der Nähe sind. Privat ist es nicht so mein Fall, ein wenig zu trendy vielleicht.“ Auf die Frage, ob sie sich von so etwas grundsätzlich abgrenzt, zeigt sie lachend an sich herunter: „Schau mich doch an! Ich bin eher laidback.“ Und schwupps, hat sie sich untergehakt und führt uns als ersten Programmpunkt zur Warschauer Brücke. Phoebe hatte, bevor sie vor zwei Jahren in Berlin gelandet ist, schon diverse Stationen hinter sich: In Paris geboren, lebte die Australierin zudem in London, Simbabwe, Südfrankreich und Barcelona. Warum dann Berlin? „Ich brauchte einfach HeadSpace“, so die 35-Jährige. „Damit meine ich Platz in jeder Hinsicht. Einfach Raum für kreative Gedanken. Paris zum Beispiel ist eine wunderschöne Stadt, aber irgendwie gibt es da von allem zu viel. Hier in Berlin ist auf den Straßen Platz und es kann dir passieren, dass dir auf einem Straßenabschnitt kein anderer Mensch entgegenkommt. Das ist in den innerstädtischen Bereichen von Paris kaum möglich. Auch die Menschen hier scheinen für mich mehr Raum zu haben, mehr das zu sein, was sie auch wirklich sein wollen.“ Während Phoebe das erzählt, kommen wir in der Mitte der Brücke an. Eigentlich nicht der charmanteste Ort Berlins – besonders an einem solchen grauen und eisigkalten Tag wie diesem. Der Blick auf Eisenbahnschienen und das Logo eines Großhandelsunternehmens ergibt auch

nicht gerade ein Postkartenmotiv. Doch Phoebe insistiert: „Schau doch mal: Du kannst wirklich viel, viel vom Himmel sehen. So als gäbe es keine Begrenzungen, sondern nur freie Sicht. So ist Berlin.“ Hält inne, lacht und fügt hinzu: „Na gut. Heute ist es ein wenig zu neblig für eine freie Sicht. Aber Nebel mag ich ja auch.“ Mit diesem Gefühl von Freiraum fiel es ihr auch besonders leicht, ihr im Frühjahr veröffentlichtes, zweites Album Innerquake zu entwickeln. „Aber so Entstehungsphasen sind immer anstrengend, egal, wo ich mich gerade aufhalte. Entweder bin ich intense, intense, intense oder unzufrieden, unzufrieden, unzufrieden.“ Melanie wirft ein, dass sie Phoebe aber lange nicht mehr so oft gut gelaunt erlebt habe wie in ihrer Berlin-Zeit. „Ich fühle mich hier schon sehr wohl.“ Doch nun möchte Phoebe uns ihr Lieblingscafé zeigen, wofür wir zwei Stationen mit der U1 zur Haltestelle Görlitzer Bahnhof fahren müssen. „Los, Girls, lasst uns mal kurz gefährlich sein!“, lacht sie, packt einen am Ärmel und rennt quer über die Warschauer Straße. Wir kriegen die U-Bahn gerade noch und lassen uns schnaufend in die Sitze fallen. Was ist denn wichtig für Phoebe, wenn sie neu in eine Stadt kommt? „Ich versuche einen Ort zu finden, wo ich mich einfach für Stunden hinsetzen und kreativ sein kann. Einen Ort mit Flow, wo man das Gefühl hat, dass einen keine festen Ideen begrenzen.“ Als wir das Café D'Epresso, einen ihrer Lieblingsorte, betreten, kommt uns direkt Besitzer Julian Arons entgegen


Glückstag  15

Café D’Espresso

Café D’Espresso

Markthalle Neun

Markthalle Neun


16   Glückstag

Markthalle Neun

und begrüßt Phoebe herzlich mit Namen und Küsschen. „Hier verbringe ich viel Zeit. Ich schaue manchmal einfach nur aus dem Fenster und beobachte Leute. Das inspiriert mich sehr.“ Außerdem gibt es hier ihren Lieblingskuchen, den Blond Brownie, den alle Beteiligten bei ihr probieren müssen. „Das hier ist für mich ein typischer Berliner Laden“, sagt Melanie. „Alleine diese großen Tische. In Paris hat man Glück, wenn alle Tassen auf einen Cafe-Tisch passen.“ Sie muss am selben Tag noch weiter nach Wien, aber das macht ihr alles nicht viel aus. „Ich bin schon seit dem ersten Album 2004 bei Nouvelle Vague dabei und stand rund 800 Mal mit der Band auf der Bühne. Deshalb ist das Touren mit Nouvelle Vague weniger Stress und mehr fast eine Art lustiger Urlaub.“ „Stimmt“, wirft Phoebe ein. „Und Nouvelle Vague sind wie eine bezahlte Bühnen-Universität. Auf so einer Tour kann man so viel über sich und sein eigenes Talent lernen und besonders auch viel dazulernen.“ Phoebe und Melanie waren in ihrer gemeinsamen Band-Zeit besonders gut aufeinander eingespielt und konnten intuitiv auf der Bühne aufeinander reagieren und der Show so immer mal wieder neue Nuancen hinzufügen. „Wir sind eben zwei Seiten einer Medaille“, bekräftigt Melanie. In Zukunft möchten sie auch gerne zusammen ein Album mit eigenen Stücken veröffentlichen. „Aber erst einmal muss ja mein Bye Bye Manchester veröffentlicht werden!“ Was mag sie denn persönlich besonders gerne an ihrem aktuellen Album? „Ich habe Ed

Harcourt, den ich sehr verehre, angefragt, ob er mit mir zusammen arbeiten möchte. Er sagte zu und wir trafen uns in seinem Studio in London und haben den Song Black Widow an einem Tag zusammen geschrieben. Es herrschte die gesamte Zeit eine ganz besondere, nahezu hyperaktive Kreativität vor.“

Konzertplakaten. „Das liebe ich übrigens auch an Berlin. Diese einfache Vermarktungsmethode – wenn es diese Plakate und einen Bekannten, der mich häufig auf Konzerte aufmerksam macht, nicht gebe, würde ich noch viel mehr Auftritte interessanter Bands verpassen, als ich es eh schon tue.“

Die Lyrics des Songs Black Widow sind, wie die eine Hälfte des Albums, auf Englisch verfasst, die andere Hälfte auf Französisch. Wie entscheidet sie, in welcher Sprache die Aussage eines Songs transportiert werden soll? Dies sei relativ schnell klar, je nach Stimmung des Stückes. „Die Lieder, die ich auf Französisch verfasse, sind meistens eindringlicher, intensiver – Französisch ist nun einmal meine Muttersprache, da fühlt sich alles, was ich sagen will näher, intimer an. Englisch hingegen klingt immer frischer, die Musik ist dann auch leichter. Eigentlich gilt da eine ganz einfache Gleichung: Die französischen Songs sind näher am Chanson, die englischen näher am Pop.“

Apropos verpassen: Jetzt wird auch Melanie trotz ihrer sonst besonnenen Art ein wenig nervös. Vienna Calling – weswegen beide sich dann fix verabschieden. Phoebe empfiehlt uns schnell noch die Markthalle Neun nahe Lausitzer Platz: „Da gibt es so tolles Essen. Ich bin so verrückt nach Essen. Aber wenn wir mit dem Thema erstmal anfangen, werden wir nie fertig!“ Michelberger Hotel Warschauer Straße 39/40 10243 Berlin www.michelbergerhotel.com D’espresso Manteuffelstraße 100 10999 Berlin

Bei einem Blick auf die Uhr merken wir, dass wir uns ein wenig verquatscht haben. Dabei möchte Phoebe uns ihr Lieblingsrestaurant zumindest von außen zeigen – den Goldenen Hahn auf der Pücklerstraße. „Hier gehe ich gerne für einen Aperol Spritz hin. Oder wenn ich mit meiner Familie oder Freunden essen gehe. Leider oft nur zu besonderen Anlässen; alltäglich wäre mir lieber.“ Besonders empfehlen würde sie das Tintenfisch Carpaccio. Unvermittelt wechselt sie das Thema und zeigt auf eine Mauer mit mehreren

Goldener Hahn Pücklerstraße 20 14195 Berlin www.goldenerhahn.de Markthalle Neun Eisenbahnstraße 42/43 10997 Berlin-Kreuzberg www.markthalle9.de


Fundbüro  17

Les Pâtisseries de Sébastien Text Björn Lüdtke  Fotos Sebastian Braschl  Translation P. 42

Sébastien hat seine Bäckerei in der Invalidenstraße im Juli 2011 übernommen. Seitdem muss man sich im nördlichen Teil von Mitte um sein Frühstück keine Sorgen mehr machen. Und auch nicht um die Süßigkeit zwischen Frühstück und Mittagessen und auch nicht um sein Lunch oder das Teilchen zum Kaffee am Nachmittag. Man möchte sich einfach nur reinlegen in die feinen Backwaren des Franzosen. Eigentlich ist Sébastien Koch und kein Bäcker, er hat an einer Hotelfachschule sein Handwerk gelernt. Nach seinem Militärdienst ist er nach Bonn, um dort für den französischen Botschafter zu kochen. Mit der Botschaft ist er dann nach Berlin umgezogen. Warum er das Backen angefangen hat? „Wenn du mit 40 Jahren nicht mal was anderes machst, dann nie.“ Am Tag seiner Kündigung hat er direkt den Vertrag zur Übernahme der Bäckerei unterschrieben.

Diese Liebe schmeckt man. Nicht nur bei den Croissants, sondern auch bei den verschiedenen Brotsorten (Baguettes, aber auch Brote aus Dinkel- oder Roggenmehl) und vor allem den anderen süßen Köstlichkeiten, den Tartes Tatin oder den Mille-Feuilles, für die Sébastien die spezielle Creme selbst anfertigt und keinen Pudding aus Pulver verwendet, wie oft üblich. Wer es deftiger mag, der stürzt sich auf die Quiche des Tages und die Croissants mit Schinken und Käse.

Was macht denn ein gutes Croissant aus? Die Zutaten, vor allem die Butter. „Echte Butter muss sein. Croissants werden aus Hefeteig gemacht. Der Blätterteig muss aufgehen, es muss knusprig, darf aber trotzdem nicht trocken sein. Kleinere Croissants schmecken eigentlich besser, aber die Kunden verlangen eine gewisse Größe. Zu groß darf es aber auch nicht sein, dann ist es nicht mehr knusprig und man hat mehr Luft als alles andere.“

Letztere sind zum Umfallen und oft schon um 10.30 Uhr ausverkauft. Gerade merke ich, dass ich mir mit dieser Empfehlung ins eigene Bein schneide, denn nicht selten hat mir der Kunde vor mir in der Schlange das letzte vor der Nase weggeschnappt. Dann nehme ich eben ein Pain au Chocolat. Bon Appetit!

Ist das der Unterschied zu den aufgeblasenen deutschen Croissants? „Viele nehmen statt Butter Margarine oder Spezialbutter. Die kann man zwar leichter verarbeiten, das schmeckt aber nicht so gut. Vielleicht muss man das aber einfach auch mit Liebe machen.“

Invalidenstraße 157 10115 Berlin Öffnungszeiten Mittwoch bis Sonntag 9 bis 17.30 Uhr


18   Kulturgut

Ich bin so frei: Selbstdarstellung im Web 2.0. Text und Fotos Sophia Hoffmann


Kulturgut  19

Mit anhaltender Ausdauer wird seit einer ganzen Weile über die Privatsphäre des Einzelnen auf Social-NetworkPlattformen wie Facebook diskutiert. Ob beim PartySmall-Talk oder in den Nachrichtenmeldungen, das Thema ist in aller Munde. Nutzer posten angeblich rechtlich wirksame Erklärungen als Statusmeldungen, um sich gegen einen Datenmissbrauch zu schützen. Die Angst geht so weit, dass viele ihre Profile so verschlüsseln, dass selbst ihre engsten Freunde keinen Zugriff mehr haben. Dann wiederum gibt es Individuen wie mich, die den aufgewühlten Usern achselzuckend entgegnen: „Wozu die ganze Aufregung, ist mir doch scheißegal.“ Klar, es ist manchmal schon beängstigend mitzubekommen, wie viele persönliche Informationen diese Netzwerke bereits über einen gesammelt haben. Das fing schon vor Jahren auf MySpace an, ich nutzte es damals bereits, um meine DJ-Aktivitäten zu promoten und auf einmal wurde Werbung für entsprechendes technisches Equipment eingeblendet. Da nahm ich die Entwicklung zum ersten Mal wahr. Auch gibt es schon seit langem Berichte über das fragwürdige Datensammeln von Lebensmittelgeschäften, Drogeriemärkten und Bekleidungsketten mit Hilfe von Mitglieds-, Payback- und ähnlichen Karten, die genau nachvollziehen können, was man wann und wo in welchem Maß konsumiert. Ich las mal von einem Fall, wo ein Kunde in Amerika einen Supermarkt auf Schmerzensgeld verklagen wollte, da er vor Ort ausgerutscht war und sich das Bein gebrochen hatte. Wie wir alle wissen, kann man in den Staaten richtig reich werden durch so eine Klage. Stattdessen behaupteten die Verantwortlichen des Supermarktes, der Kunde sei aufgrund seines Einkaufsverhaltens sicher alkoholabhängig und somit der Sturz selbstverschuldet. Er bekam keinen Cent. Keine Ahnung, ob diese Geschichte war ist, gut möglich ist es allemal. Was ich damit sagen will: Schon bevor wir alle angefangen haben auf Instagram unser täglich Brot zu veröffentlichen, wussten eine Menge Leute ziemlich viel über uns. Sogenanntes Datensaugen ist allgegenwärtig und wird von vielen Wirtschaftszweigen lukrativ genutzt. Doch darum geht es hier nicht. Vielmehr möchte ich versuchen zu erklären, weshalb es mir so unglaublich egal ist, wenn andere Menschen persönliche Dinge über mich wissen. Eine Art Gegenentwurf zum Common Sense. Ich bin Journalistin und schreibe seit fast fünf Jahren regelmäßig Kolumnen, in denen ich sehr offen und schonungslos über meine persönlichen (sexuellen) Vorlieben, meine Kindheit, meine Familie, Drogenerfahrungen und Ähnliches berichte. Im Laufe der Jahre habe ich immer wieder darüber nachgedacht, weshalb ich das

tue und inwiefern es mir (und anderen) schadet/nutzt. Natürlich bin ich reflektiert, zumal ich, egal ob in meinem Freundeskreis oder bei wildfremden Menschen, immer wieder auf ein gewisses Unverständnis im Bezug auf diese Offenheit stoße. Aber ich bekomme eben auch viel positives Feedback. Leser, die mir sagen, dass meine Texte sie berührt, ihnen geholfen oder sie zumindest unterhalten haben. Wie schon Britney Spears in den ersten Zeilen ihres Songs Circus singt: „There’s only two types of people in the world: The ones that entertain, and the ones that observe...“ Ich bin Unterhalter, das war ich schon als kleines Kind und das wird sich nie ändern. Viele Unterhalter nutzen alle Facetten und Informationen ihrer Persönlichkeit, um sich für ihr Publikum interessant zu machen. Sie können (und wollen) gar nicht anders. Ich würde sogar noch weiter gehen. Der schriftstellerische Exhibitionismus dient nicht nur dem puren Entertainment, mir persönlich ersetzt er definitiv die Psychotherapie. Schöne und hässliche Dinge, die einem zugestoßen sind, herauszuposaunen, zu analysieren und zu bewerten, hilft mir großartig dabei, sie zu verarbeiten und zu den Akten zu legen. Ich kann das richtig körperlich spüren, wenn ich mir etwas von der Seele geschrieben habe, da fallen Steine vom Herzen, schmelzen ganze Gletscher und springen irdene Verkrustungen von Gehirnwindungen. Und wenn beim Leser/Konsumenten dann noch eine positive Identifikation stattfindet nach dem Motto „Meine Pubertät war genauso scheiße“ – umso besser. Vor anderthalb Jahren ging ich dann noch einen Schritt weiter, als ich anfing zu bloggen. Stets eher abgeneigt gegenüber der wabernden Masse schnöder Blogs, ließ ich mich von einer befreundeten Fotografin (und Bloggerin) zu diesem Schritt überreden, frei nach der Devise: Du hast so viel nicht genauer definierbares kreatives Potential, schmeiß es einfach in einen Blog. Gesagt, ge-


20   Kulturgut

tan und – schwupps – wurde ich noch ein Stückchen exhibitionistischer und persönlicher, indem ich verstärkt Fotomaterial aus meinem Alltag postete. Ein Beitrag ist mir selbst besonders im Gedächtnis geblieben. Emotional gebeutelt durch den Verlust eines geliebten Menschen, verletzte ich mich aus Fahrigkeit und Unachtsamkeit kurz nacheinander mehrere Male. Zuerst verbrühte ich mir den Oberschenkel großflächig mit kochendem Nudelwasser, kurz darauf stürzte ich, schlug mir das Knie auf und biss mir so heftig auf die Lippe, dass diese aufgeplatzt und blau angeschwollen war. Mir wurde mal wieder klar, wie stark Körper und Psyche doch miteinander verbandelt sind, und ich stellte diese ekligen Fotos meiner Blessuren Bildern gegenüber, die schöne Erinnerungen an meine verstorbene Freundin zeigten. Darunter schrieb ich: „What does a whole new level of self destruction mean compared to beautiful memories and moments. Nothing. Don’t judge me, it’s my way to release me from pain and anger. I am not selfdestructive at all, I love myself and I am healing well. Maybe the inside will take longer than the outside.“ Sehr pathetisch, zugegeben, aber es half mir den unfassbaren seelischen Schmerz ein bisschen besser bezwingen zu können. Genauso würde ich es am liebsten an jede Hauswand schreiben, wenn ich glücklich bin. „Hey, Haaallooo – ich bin glücklich. Ich bin unsterblich verliebt. Willst du mal ein Foto sehen? Ich kann von nichts anderem reden/schreiben/bloggen!“ „Alles schön und gut, Sophia, aber jetzt halt mal die Klappe!“ Gute Freunde dürfen mich so in die Schranken weisen und das sollen sie auch. Denn mir selbst sind diese weitestgehend unbekannt. Zwar achte ich darauf, nie die vollen Namen Dritter zu verwenden und auf Freunde, die nicht gerne verlinkt oder fotografiert werden, nehme ich natürlich Rücksicht, aber meine eigenen

Grenzen zu definieren, fällt mir schwer. Klar, nackt ausziehen tue ich mich nur selten und wenn, dann „für die Kunst“, auch will ich nichts direkt mit Pornografie zu tun haben, aber ein kleiner Post in der Rubrik Porn Of The Week mit kuriosen Raritäten aus der Welt des World Wide Web, why not? Wenn ich damit unterhalten kann? Wenn ich dafür Aufmerksamkeit bekomme? Damit bin ich schließlich nicht allein. Viele Menschen sind süchtig nach Aufmerksamkeit. Schauspieler, Popstars, Politiker, Lehrer, (Ex-) Sportler, Schönheitschirurgen, Hausfrauen, Comedians, RealityTV-Stars. Nun kann man sich in einer endlosen Debatte verstricken über den Individualitätswahn, die Ausbeutung minderbemittelter Durchschnittsbürger zu Unterhaltungszwecken und die Unterhaltung der Allgemeinheit zuträglicher Egozentrik an sich. Ein weites Feld. Zu weit. Schließlich bin ich Unterhalter und kein Soziologe (obwohl ich das auch mal studiert habe, aber das ist eine andere Geschichte). Viele meiner knapp 1.800 Facebook-Freunde und meiner BlogLeser glauben sicher mich irrsinnig gut zu kennen. Schön für sie, doch kann ich ihnen versichern, dass ich noch ganz viele Geheimnisse habe, von denen sie niemals erfahren werden. Ich habe nämlich so viele, dass immer noch welche übrig bleiben. Genauso wie ich mich auf Partys auch nicht davor scheue, schon zu früher Stunde Hits zu spielen, ich habe noch immer genügend in meiner Plattentasche. Mein Repertoire ist unerschöpflich. Mein Freund (der, in den ich so verliebt bin, willst du mal ein Foto sehen?) ist übrigens nicht auf Facebook. Das gefällt mir. Mehr werde ich aber nicht verraten. Sicher nicht. Versprochen.


Augenschmauß  21

arash und Alfonso Text Paul Schlosser  Foto Stini Mimissonsdottir

Als ich Arash Arfazadeh das erste Mal an der Königlichen Modeschule in Antwerpen traf, wusste ich, dass ich mich unbedingt ausführlich mit ihm über Mode austauschen müsste. So schnell er mir aber durch seinen einzigartigen Look, die taillenlangen Haare und hohen Stiefel auffiel, so schnell verlor ich ihn wieder aus den Augen. Ich staunte nicht schlecht, als ich ihn ein gutes Jahr später, nur wenige Meter von meiner Wohnungstür entfernt wiederentdeckte. Mit dabei hat er Alfonso

Ruano Canales, einen Architekten und Produktdesigner, mit dem er an der Installation 36, A Plot’s Kermesse arbeitete, die bis vor Kurzem im Ballhaus Ost gezeigt wurde. Das Stück besteht aus 36 Plots und ist in seiner Komplexität so eigenwillig wie der Stil der beiden Männer. Ich statte den beiden bei Alfonso zuhause einen Besuch ab, wo ich mit frischem Tee und Alfonsos beeindruckender Garderobe, bestimmt durch schwarze geradlinige Designs Yohji Yamamotos, in Empfang genommen werde.

Mode ist etwas, was mir Unter einem Kleid für Frauen versteht man die unterschiedlichsten Varianten. Der Raum für Inspiration ist wesentlich größer im Vergleich zur Männermode, wo man deutlich eingeschränkt ist. Ein Trenchcoat beispielsweise wird immer wie ein Trenchcoat aussehen.

Seelenfrieden schenkt. Yohji Yamamotos Kreationen stehen für Wohlbefinden und Bequemlichkeit. Ich mache mir morgens keine Gedanken was ich anziehen soll. Ich trage im Grunde die gleichen Klamotten jeden Tag. Ganz gleich, was ich tue. Ich mag den utilitaristischen Aspekt an der Sache.

Was ich an meinen Sachen Wir kommen in eine Zeit, in der es auch Männern erlaubt ist etwas eitler in Anbetracht ihrer Kleidung zu sein.

mag, ist, dass es Variationen eines mehr oder weniger gleichen Kleidungsstückes sind – fast immer der gleiche Stoff und hauptsächlich durch unterschiedliche Proportionen zu unterscheiden. Ich brauche nicht

Nicht zuletzt wegen der unzähligen Möglichkeiten, die das Internet bietet, neigt man heute schnell mal dazu zum Nerd zu werden, wenn es eine Sache gibt, die einen interessiert . Es ist Männern

einmal einen Spiegel. Mir geht es in erster Linie darum wie sich ein Kleidungsstück anfühlt. Größen sind unwichtig. Yohjis Designs passen immer, da sie keinen Bezug zum Körper haben.

erlaubt ein Fashion-Nerd zu sein, da Geeks als männlich gelten. www.fukuroo.net www.nofourthwall.com


shoppr.de feel good fashion Bei den Labels Who’s that Girl und Wow to go! dominieren leuchtende Farben und verspielte Prints. Die belgische Marke überzeugt seit über zehn Jahren Mädchen und Frauen, die kreativ, spontan, verspielt und eigenwillig sind und das Leben auf der Sonnenseite genießen. Die ausgefallenen Designs und Stoffe zaubern eine schmeichelhafte Silhouette und kommen in unglaublich bequemen Schnitten daher. Erfolgreich ist das Label bereits mit seinen eigenen Shops in Antwerpen, Ghent und Amsterdam, weltweit ist es in über 300 Läden vertreten. Im Mai dieses Jahres eröffnete nun auch ein Store in Berlin-Mitte. Who’s that Girl glaubt daran, dass man nur gut aussieht, wenn man sich auch gut fühlt. Aus diesem Grund gibt es die überaus tragbare und bequeme Kleidung in allen Schnitten und Größen, die schon zwischen 30 und 160 € zu ergattern sind. Passend dazu verlosen wir ab dem 6. Dezember auf www.mitteschoen.com ein wunderschönes Kleid der aktuellen Kollektion. WTG Feel Good Fashion Store, Alte Schönhauser Straße 33–34, U-Bahn Station Weinmeisterstraße, 10119 Berlin


Kulturgut  23

Illustrator des monats: Janine Wiget

Janine Wiget lebt in Zürich zusammen mit drei Freunden in einer charmanten Altbauwohnung. Rundherum herrscht da viel Trubel – und das ist auch gut so. Denn aufgewachsen ist sie in einem kleinen Dorf nahe der Glarner Berge. Doch nach der Erstausbildung zur Hochbauzeichnerin und dem anschließenden Vorkurs für Gestaltung an der Kunstschule Liechtenstein zog es sie in die Stadt. Nun ist sie 24 Jahre alt und steckt mitten in ihrer Zweitausbildung zur Grafikerin. Davor kam Janine in den Genuss einer neunmonatigen Weltreise. Die Reise ging von Zentralamerika, USA, Französisch-Polynesien über Australien, Sumatra und Thailand. Eine enorme persönliche Bereicherung mit vielen schönen Erinnerungen und Erfahrungen – aber am Ende doch begleitet von ein wenig Heimweh nach der kleinen, überschaubaren Schweiz. Zum Illustrieren selbst kam sie irgendwie automatisch. Schon seit der frühen Kindheit waren Buntstift und Zeichenpapier stets Janines Begleiter. Als Hochbauzeichnerin entwickelte sie einen Stil, der bis jetzt erhalten blieb. Dort erlernte sie auch die hohe Präzision, die vor allem in ihren neuen Arbeiten ersichtlich wird. In der neuesten Bildserie kommt außerdem ihre Vorliebe zu Insekten zum Vorschein. Es ist eine Serie von Insekten oder Kleintieren in einem Detailgrad, dass sie bereits als wissenschaftliche Illustrationen bezeichnet werden können. Landschaften und Architektur finden sich noch immer als Themen in ihren Arbeiten. Die dem Heft beiliegende Illustration etwa ist eine Farbstiftumsetzung, welche für das Buch eines Freundes gefertigt wurde. Janine könnte sich vorstellen nach Abschluss ihrer Zweitausbildung in Berlin zu arbeiten, denn die Stadt gefällt ihr extrem gut. Das MITTESCHÖN-Magazin ist ihr bei ihrem letzten Besuch zufälligerweise in die Hände gekommen. Weitere Arbeiten findet ihr in ihrem Online-Portfolio auf www.behance.net

Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare MITTESCHÖN-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.





Kieztalk  27

FReund/IN hinzufügen Interview mit Michael Rensen und Roman Hänsler Text André Uhl  Fotos Johanna Ruebel  Translation P. 42

Ähnlich wie „Profil“ oder „Community“ ist der Begriff „Netzwerk“ aus dem durchdigitalisierten Alltag nicht mehr wegzudenken. Verlieren diese Begriffe mit dem Bezug zur Online-Welt in der Offline-Welt an Relevanz? In einem Gespräch mit zwei echten Netzwerkprofis, dem Social Media-Experten Roman Hänsler und dem Betreiber des Münzsalons, Michael Rensen, gehen wir der Schnittstelle zwischen virtuellen und realen Kontakten auf den Grund.


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„Ich glaube auch, dass es gesellschaftlich immer mehr angesagt ist tiefer und ehrlicher miteinander zu kommunizieren.“

Woran denkt ihr, wenn ihr den Begriff „Netzwerk“ hört? Roman: Wegen meiner Arbeit und meiner Geschichte denke ich natürlich als erstes an das Internet und Social Networking auf Online-Plattformen. Zumindest beim ersten Nachdenken. Wenn ich länger überlege, ist der Begriff für mich wesentlich weiter gefasst. Michael: Bei mir ist das ähnlich. Obwohl ich aus einer Generation stamme, wo das Wort Netzwerk noch gar nicht so weit verbreitet war. Den Begriff hat in den neunziger Jahren noch niemand benutzt. Da hat man noch Bekanntschaften oder Freundeskreis gesagt... Michael, was ist die Idee des Münzsalons? Michael: Ursprünglich war der Münzsalon gedacht als Members Club und als Kulturstätte, wo man sich als Mitglied in ein Netzwerk einkaufen konnte. Das hat sich allerdings im Laufe der Jahre verändert. Und zwar nicht nur, weil es heute auch andere Clubs in Berlin gibt. Wobei wir ja ein Salon und kein Club, wie zum Beispiel das Soho Haus, sind.

Bei euch muss man keinen Mitgliedsbeitrag bezahlen? Michael: Nein, wir arbeiten mit Partnervereinen zusammen, wie zum Beispiel dem DAAD, der Berlinale oder Create Berlin. Das sind unsere Mitglieder und sie können den Ort nutzen. Wir stellen aber auch anderen Vereinen unsere Räumlichkeiten als Plattform zur Verfügung. Außerdem werden bei uns viele Workshops veranstaltet. Dieses Netzwerk funktioniert dann wie eine Art stille Post: Die Leute reden darüber und machen andere Kreative wiederum auf uns aufmerksam. Wir sind ja nicht öffentlich und wollen das auch nicht sein. Glaubst du, dass die Leute aus Politik, NGOs und Showgeschäft in so einem Rahmen schneller zusammenkommen als bei öffentlichen Veranstaltungen? Michael: Da bin ich mir sicher. Eben weil wir nicht öffentlich sind, herrscht hier eine entspannte Stimmung. Hier kommen Leute hin, die auf privater Ebene eingeladen wurden. Die bewegen sich viel freier und kommunizieren auch anders miteinander als in einem öffentlichen Rahmen. Wir hatten hier kürzlich die Feier zum 50. Geburtstag eines bekannten Dramaturgen, da war die halbe Volksbühne zu Gast. Es gibt aber auch andere Veranstaltungen, wie eine monatliche musikalische Jam, wo dann Kreative aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammentreffen und wiederum ihre Freunde mitbringen. Daraus entsteht dann eine sehr schöne Runde, in der man sich austauscht und aus der auch schon das eine oder andere Projekt hervorgegangen ist. Roman, du bist Gründer von und warst Ge-

sellschafter bei aka aki, einer Software, die mit zwei Webby Awards, dem so genannten Oscar der Internetbranche, ausgezeichnet wurde. In diesem Jahr wurde das Netzwerk wieder geschlossen, manche behaupten, weil es seiner Zeit voraus war. Erklär uns doch mal das Prinzip des Services. Roman: Bei aka aki ging es um die Schnittstelle zwischen virtueller und realer Welt. Die Idee wurde 2006 geboren, zu einer Zeit, als Online-Netzwerke wie Myspace gerade den Weg in den Mainstream fanden. Das Prinzip, Profile von Menschen anzuklicken, um mehr über sie zu erfahren, ohne dabei persönlich in Kontakt zu treten, wurde immer beliebter. Wir fanden damals, dass es doch sehr nützliche wäre mehr über Leute zu erfahren, die sich in der direkten räumlichen Nähe aufhalten. Daraufhin haben wir eine Technologie entwickelt, die via Handy die Profile der Menschen in der Umgebung anzeigt. Und wenn mich das Profil einer Person in der Nähe interessiert, dann soll ich zu ihr gehen und sie einfach ansprechen? Roman: Genau das war das Ziel. Der Nutzer sollte durch aka aki Basisinfos über die Leute bekommen und so Einstiegsmöglichkeiten für einen ersten Kontakt finden. Warum hat aka aki in der Praxis nicht so gut funktioniert, wie ihr erwartet habt? Roman: Dafür gibt es viele Gründe, nicht zuletzt technische. Auch Mentalitäten in der Start-up-Szene spielten dabei eine Rolle, da will ich gar nicht zu sehr ins Detail gehen. Wir haben uns aber natürlich genau angeschaut, wie die Leute das Programm über die Jahre benutzt haben. Am Ende war


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das Flirten die Hauptanwendung, selbst bei Leuten mit Business-Handys. Das hat auch immer gut funktioniert. Damit so ein Programm wie aka aki Sinn macht, muss aber die Technologie so weit verbreitet sein, dass eine kritische Masse erreicht wird und eine ausreichende Anzahl an Leuten es nutzt. Glaubst du aus heutiger Sicht, dass die Leute überhaupt bereit dazu sind aus ihrem virtuellen Raum hinaus- und mit anderen Leuten in Kontakt zu treten, wenn es nicht gerade ums Flirten geht? Roman: Aus meiner Erfahrung mit aka aki kann ich sagen, dass vorher schon eine reale Komponente notwendig ist. Ich sehe die Technologie heute eher als Mittel, um lockere, aber reale Kontakte am Leben zu erhalten oder jederzeit zu reaktivieren. Das ist der ganz große Wert von virtuellen Netzwerken, das war früher nicht möglich. Man kann heute mit hunderten von Menschen „befreundet“ sein und es ist völlig ok, wenn ich nach Südamerika fahre und jemanden anschreibe, der dort lebt und den ich mal in Berlin auf einer Party kennengelernt habe. Das kommt noch nicht einmal komisch rüber, sondern ist einfach eine Möglichkeit, um in Kontakt zu bleiben. Wenn es um Collaborative Consumption geht, wie zum Beispiel Car Sharing oder andere Dinge, dann bekommt virtuelles Netzwerken natürlich noch mal eine ganz andere Bedeutung. Wird über solche Themen hier im Münzsalon auch gesprochen, zum Beispiel im Rahmen von Workshops? Michael: Ja, wir machen sehr viele Trendund Kreativworkshops. Wir wollen auch, dass die Leute mit neuen Ideen rausgehen.

Wenn Create Berlin hier einen Workshop abhält und junge Berlinere Unternehmen ihre Visionen präsentieren, dann ist das immer spannend. Oder auch media.net Berlin Brandenburg, die hier Startups schulen und betreuen, das ist sehr interessant. Glaubt ihr, dass kleine Clubs und Salons als Alternative zur offiziellen Veranstaltung an Bedeutung gewinnen, um neue Projekte anzustoßen? Michael: Ich glaube schon. Ehrlich gesagt langweilt es mich manchmal oberflächlichen Gesprächen zuhören zu müssen, die oft bei offiziellen Anlässen geführt werden. Ich persönlich versuche nur Sachen zu machen, die ich gerne mache, zu denen ich nicht gezwungen werde. Ich glaube auch, dass es gesellschaftlich immer mehr angesagt ist tiefer und ehrlicher miteinander zu kommunizieren. Und das ist in einem Rahmen wie hier im Münzsalon natürlich eher möglich als bei offiziellen Events. Daraus kann dann auch leicht wieder etwas Neues entstehen Roman: Große offizielle Events wie etwa Kongresse haben sicherlich auch zukünftig ihre Berechtigung. Es geht dann vor allem darum in der Öffentlichkeit sichtbar zu sein. Dazu kommt, dass Transparenz immer mehr zu einem Wert wird. Für eine NGO wie abgeordnetenwatch.de oder Transparency International wäre es nur schwer zu vermitteln, dass eine wichtige Veranstaltung im privaten Rahmen abgehalten wird. Andererseits ist so ein geschützter Raum manchmal nötig, um effektiv arbeiten zu können. Genau diesen Konflikt kann man ja gerade auch bei den Piraten beobachten.

Es wird noch interessant sein zu beobachten, wie dieses Spannungsfeld in Zukunft aufgelöst wird. Michael: Apropos geschützter Raum: Wir hatten mal ein Architektentrio hier, die einen sehr berühmten amerikanischen Schauspieler als Kunden mitbrachten. Die saßen hier in diesem Raum und hatten nur eine Bedingung: Auf keinen Fall Fotos! Der Schauspieler, der dabei war, war wegen des Theaters um seine Person eh schon genervt. Zeitgleich war im großen Saal eine Veranstaltung von Nokia, die haben ihr neues Fotohandy vorgestellt. Aber keiner hat von dem Anderen was mitbekommen, was zeigt, wie geschützt man sich hier fühlen kann.


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Die Tücken der telematischen Gesellschaft Text Bettina Schuler  Illustration Lianna Dora  Translation P. 43


Kulturgut  31

Das Internet war schon vor seiner Omnipräsenz ein Ort für Utopien. So hat der Medienphilosoph Vilém Flusser bereits in den siebziger Jahren von einem virtuellen, globalen Dorf im aristotelischen Sinne geträumt, auf dem alle miteinander kommunizieren und Dass man dafür allerdings die nötige Hardware braucht, die sich wiederum nur ein gewisser Teil der Weltbevölkerung leisten kann, wurde in solchen Diskursen gerne ausgeblendet. Ein weiteres Problem: die Software und das Verständnis dafür. Denn die meisten, selbst wenn sie einen Twitter-Account pflegen oder gar einen Blog haben, greifen dafür auf gängige Programme und Anbieter zurück, ohne deren Tricks und Tücken richtig zu verstehen. Und das, obwohl wir dank Institutionen wie des Chaos Computer Clubs schon längst wissen, dass bei jeder Google-Suche und Amazon-Bestellung unsere Daten fröhlich gespeichert und für kommerzielle Zwecke verwertet werden. Doch fehlt uns oftmals die Zeit und vor allem die Geduld uns mit diesen Themen auseinanderzusetzen, weil wir eigentlich schon einen Nervenzusammenbruch bekommen, wenn wir die Meldung 404 Error auf unserem Bildschirm erblicken. So geht es zumindest mir und den meisten meiner Bekannten, für die sich Computerfachsprache wie Chinesisch anhört. Dabei ist Programmieren gar nicht so schwierig. Das behauptet zumindest das Künstlerkollektiv Men in Grey, bestehend aus Julian Oliver, Danja Vasiliev und Gordan Savcic, die mit ihrer Kunst zeigen wollen, wie abhängig und leicht beeinflussbar wir durch den tagtäglichen Gebrauch des World Wide Webs werden. Und im Umkehrschluss, wie unabdingbar es für jeden User ist, die Codes des Netzes selbst zu kennen und zu benutzen. Critical engineers, so nennen sich der aus Neuseeland stammende Oliver, sein russischer Kollege Vasiliev und der gebürtige Österreicher Savicic. Was das heißt? Dass sie Technik nicht einfach blind benutzen wollen, sondern sie vor ihrem Gebrauch kritisch hinterfragen und gegebenenfalls, wenn sie mit den angebotenen Diensten nicht zufrieden sind, eigene Wege finden und entwickeln. Vor allem, um ihre Privatsphäre zu schützen und in ihrer Meinungsbildung nicht von anderen medialen Anbietern manipuliert zu werden. Wie wichtig das ist, das haben Oliver und Vasiliev mit ihrer Kunstinstallation Newstweek erst kürzlich bewiesen, für das sie eine Art Netzstecker entwickelt haben, der wie ein ganz gewöhnlicher Zwischenstecker für Steckdosen aussieht. In Wirklichkeit jedoch, sobald man ihn in einem Café oder Restaurant einstöpselt, wird das dortige geschützte W-Lan-Netz zu einem offen Funknetz umfunktioniert. Wodurch Oliver und Vasiliev ganz nach ihrem Belieben jede Internetseite, auf die ein User dieses Netzes geht, manipulieren können. Und so kann es denn auch geschehen, dass die Nutzer anstatt der Spiegel-Online-Schlagzeile „Clinton: Assad nicht berechtigt, ein Volk zu führen“ die Zeilen „Obama nicht berechtigt, ein Volk zu führen“ zu lesen bekommen. Zweifel kommt bei den wenigsten dabei auf, denn die meisten glauben blind, was im Internet steht. „Man muss sich das wie ein Trampelpfad in ei-

nem Feld vorstellen. Sobald sich erst einmal ein sichtbarer Weg in dem Feld etabliert hat, wird kaum noch einer von dem Weg abweichen oder sich die Frage stellen, ob es nicht einen besseren Weg geben könnte“, so erklärt der 37-jährige Julian Oliver dieses Phänomen. Doch genau das sollten die User, dem Netz kritisch gegenüber stehen und wenn nötig, dessen Lücken für ihre eigene Zwecke nutzen. Zum Beispiel, indem man sich den ParanoiaGenerator, wie die beiden Künstler ihren manipulierten Netzstecker nennen, selbst auch gerne nachbaut und anfängt seine eigene Propaganda zu verbreiten. Dafür braucht es nicht mehr als 35 Euro und einen Klick auf die Homepage von newstweek.com, wo recht anschaulich erklärt wird, wie man sich seinen eigenen newstweek-Generator bauen kann. Doch geht es bei newstweek nicht nur um die Manipulation von Informationen. Es geht vor allem darum zu zeigen, dass wir mittlerweile lieber ins Netz als aus dem Fenster schauen, um uns über das Wetter zu informieren. Sprich, das Internet und der virtuelle Raum beginnen immer mehr unsere Gefühle für die reale Welt und uns selbst abzulösen. Und dass wir lieber anstatt in uns hineinzuhören einen Burnout-Test im Netz machen, um zu erfahren, ob wir erschöpft sind. Natürlich im Schnelldurchlauf, um ja keine Zeit zu verlieren. Übrigens, ein weiteres leidiges Thema: die Schnelligkeit. Derentwegen wir ebenfalls alles lieber bei Wikipedia nachschauen anstatt im Brockhaus nachzuschlagen. Oder uns gar auf das Gedächtnis verlassen – ein Ding der Unmöglichkeit. Fast schon unvorstellbar, wie wir überhaupt vor der Verbreitung des Netzes gearbeitet haben, ohne Google, Wikipedia und Amazon. Doch auch wenn das Netz zugebenermaßen eine wahnsinnige Erleichterung ist, insbesondere bei solch alltäglichen Dingen wie der Bestellung eines Buches, so darf man dem Netz und den dort präsentierten Inhalten eben nicht unkritisch gegenüberstehen. Warum, das zeigen uns die beiden Künstler Julian Oliver und Danja Vasiliev mit ihrer newstweek-Installation sehr anschaulich. Mehr Skepsis und mehr Interesse an der Software muss also das Motto heißen, damit man nicht ungewollt zum transparenten und unmündigen Bürger wird. Der Medienphilosoph Vilém Flusser hat übrigens, obwohl er ein großer Befürworter der globalisierten Informationsgesellschaft war, alle Texte auf der Schreibmaschine geschrieben. Vielleicht aus Sentimentalität. Vielleicht aber auch, weil er, Kritiker wie er war, den Computer erst dann gebrauchen wollte, wenn er sicher ist, dass er den Code versteht. www.criticalengineering.org www. newstweek.com www. julianoliver.com www.k0a1a.net www.yugo.at/processing


32   Augen zu und Mund auf

happa happa! Der Weihnachtsbraten: Ganz falscher Hase Text Sophia Hoffmann  Bilder Tina Linster, Sebastian Braschl

Zutaten (für 4 Personen): ¼ Liter vernünftiger Rotwein zum Kochen, 6 mittelgroße Champignons (fein gewürfelt), 5 getrocknete Tomaten (fein gewürfelt), 2 Knoblauchzehen (fein gewürfelt), 50-75g (Vollkorn-)Semmelbrösel, 1 große Zwiebel (fein gewürfelt), ½ Sellerieknolle (fein gewürfelt), 1 große Möhre (fein gewürfelt), ½ Chilischote (fein gewürfelt), 100g Sojaschnetzel (fein), 200g Räuchertofu, etwas Olivenöl, Gemüsebrühe, 3 Eier Würzen: Rosmarin, Thymian, Liebstöckel (geht auch getrocknet, besser frisch), Muskat, Pfeffer, Salz

Selbst meine aufgeschlossenen Eltern empfinden dieses Traditionsgericht als Pflichtprogramm für Heiligabend. Sie und – noch besser – wahre Tofu-Verächter zu missionieren, ist meine Herzensangelegenheit. Der gerne als Nachteil gerügte neutrale Geschmack des Produkts bietet in Wahrheit ungeahnte Zubereitungsmöglichkeiten, das versuche ich mit dem Probierlöffel in

der Hand zu vermitteln. Viele haben einmal in ihrem Leben probiert (und vielleicht Pech gehabt). Doch wie oft isst man schlecht zubereitetes Fleisch und lässt sich dadurch nicht abschrecken? Siehste. Mein Gegenbeweis: ein vegetarischer Hackbraten, der köstlich mundet und als vollwertiges Hauptgericht durchgeht. Mund auf!

Zubereitung:

Sojaschnetzel mit heißer Gemüsebrühe aufgießen, 10 Min. ziehen lassen. Räuchertofu zerkrümeln und mit Olivenöl in der Pfanne anrösten. Gewürfeltes hinzu (Sellerie, Champignons, Möhre, Tomaten, Zwiebel, Knoblauch, Chilischote) sowie großzügig Kräuter (gerne ganze Zweige, kann man wieder rausnehmen). Sobald alles gut angeröstet ist, Sojaschnetzel dazu, davor Brühe bis auf einen kleinen Rest abgießen, köcheln lassen. Mit Rotwein ablöschen. Einreduzieren. Dann in eine große Schüssel geben, kurz abkühlen und mit Hilfe der 3 Eier und der Brösel zu einer geschmeidigen Masse verrühren. Diese in einer gefetteten Auflaufform platzieren und etwa 40 Min. im Ofen bei 180 Grad backen. Ab und zu mit Wasser übergießen, so entsteht Soße. Diese kann mit Crème fraîche und Marsala verfeinert und dazu gereicht werden. Meine Beilage: mit Vanillezucker glasiertes Gemüse aus Zuckerschoten und gelben Möhren.


Mitte für Kids  33

Wir mitte-MuttiS Kinder und das Internet Text Bettina Schuler  Illustration Lianna Dora  Translation P. 44

Kinder lieben alles, was lärmt und blinkt. Sehr zum Leidwesen ihrer Eltern, die sie doch am liebsten nur mit selbstgeschnitzten Holzeisenbahnen spielen sehen. Doch was ernennen sie zu ihrem Lieblingsweihnachtsgeschenk? Das rosa glitzernde Plüscheinhorn, das auf Knopfdruck mit dem Kopf wackelt und Weihnachtslieder mit chinesischem Akzent singt. Gibt es nicht? Doch! Steht bei uns zu Hause. Neben der Eisenbahn aus Holz und dem ganzen anderen pädagogisch wertvollen Spielzeug, für das sich mein Kind nicht die Bohne interessiert. Das Einzige, was sie noch spannender findet als dieses rosa Ungetüm, ist mein grau blinkender Rechner. Doch da sie damit nicht spielen darf, hat sie sich mittlerweile ihren eigenen Laptop aus Papier gebastelt. Natürlich in Weiß. Sie hat eben Stil. Und wenn ich sehe, wie sie mit ihren fettigen Fingern darauf einhämmert, dann weiß ich auch wieder, warum ich sie meinen noch nicht benutzen lasse. Doch ab wann darf man sein Kind eigentlich an den Computer und ins Internet lassen? Und wie schafft man es, dass es nicht sofort facebooksüchtig wird? Indem man es sanft und behutsam an dieses neue Medium heranführt und ihm vor allem auch erklärt, welche unschönen Dinge dort neben dem ganzen bunten Trubel lauern. Und weil Kinder Ratschläge prinzipiell lieber von Fremden als von den eigenen Eltern annehmen, lässt man das am besten den freundlichen Pinguin Kommissar Eddie übernehmen, der auf der Seite des Grundschulnetzes den Kindern sehr ausführlich die Vor- und Nachteile des Netzes erläutert. Ebenfalls sehr empfehlenswert ist das Internetportal Milli Mauzz, auf dem die Kids unter Anleitung der kleinen Katze Milli spielerisch an den Umgang mit dem Computer herangeführt werden, und auf dem sich die Eltern auch Kinderschutzsoftware herunterlanden können.

Doch nicht nur die Kleinen, sondern auch die großen Kinder unterschätzen die Tücken des World Wide Webs. Wie gut sie das Netz wirklich kennen, dass können Groß und Klein in den Online-Quiz testen, die von der Seite Klicksafe zu Themen wie Facebook und Cybermobbing angeboten werden. Eine weitere tolle Einrichtung ist die Kindersuchmaschine fragFINN, die nur Seiten anzeigt, die von Medienpädagogen geprüft wurden. Viele weitere kindertaugliche Seiten findet ihr auf der Homepage der Initiative Ein Netz für Kinder, deren Ziel es ist einen sicheren Surfraum für Kinder von acht bis zwölf Jahren zu schaffen.

Das Grundschulnetz (mit Kommissar Eddie): www.zum.de/dasgrundschulnetz Milli Mauz – Internetportal für Kinder zum Lernen und Informieren über das Netz: www.millimauzz.de Suchmaschine für Kinder: www.fragfinn.de Klicksafe:

Doch was tun, wenn unser neunjähriges Kind lieber mit seinen Freunden im Netz chattet, anstatt draußen Basketball zu spielen? Den Laptop wegnehmen? Mit Fernsehverbot drohen oder einfach nur abwarten? Dies sind Fragen, die euch in den UPDATE-Workshops beantwortet werden, welche die Fachstelle Suchtprävention regelmäßig in Berlin veranstaltet.

www.klicksafe.de Ein Netz für Kinder: www.ein-netz-fuer-kinder.de Der UPDATE-Elternkurs findet am 8. Dezember im Seminarraum der Fachstelle Suchtprä-

Vielleicht sollte ich mich dort auch anmelden. Ich weiß allerdings nicht, ob sie auch Tipps für Kinder haben, die nicht mehr von ihrem Papierlaptop wegzubewegen sind und die selbst, wenn man sie fragt, ob sie auf den Spielplatz oder ein Eis essen gehen wollen, nur müde lächelnd antworten: „Keine Zeit. Muss arbeiten.“

vention im Land Berlin statt. Alle weiteren Infos gibt es auf der Homepage www.berlinsuchtpraevention.de


34   Kunsttipps von Eye Out

Kunsttipps

von

EyeOut

Text Melissa Frost  Translation Robert Schlicht, P. 44

In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).

Karin Sander – h = 400 cm 7. November – 22. Dezember 2012 Esther Schipper, Schöneberger Ufer 65, U1 Kurfürstenstraße, Di–Sa 11–18 h +49-30-28 39 01 39, office@estherschipper.com, www.estherschipper.com

Karin Sander – h = 400 cm (Installationsansicht) Courtesy Esther Schipper, Berlin Foto: Andrea Rossetti

Karin Sanders Ausstellung h = 400 cm bei Esther Schipper ließe sich leicht als architektonische Dekonstruktion des Galerieraums verstehen. Doch sie beschäftigt sich vielmehr geschickt mit etwas, das viel schwerer zu bestimmen ist, nämlich mit dem nicht Vorhandenen. Nicht vorhanden ist in mancherlei Hinsicht eine Ausstellung. Die einzigen Arbeiten an den Wänden sind schlichte Leinwände, die gewissermaßen den Quelltext der Räume darstellen, welche, aufgrund der Intervention der Künstlerin, nicht mehr wie zuvor aussehen. Die eingezogenen Wandelemente, an denen üblicherweise die Arbeiten hängen, wurden entfernt und in die Horizontale gelegt, womit die normale Bewegung durch den Raum behindert ist und der einstige Wohncharakter der Räumlichkeiten offengelegt wird. Diese Idee wird spielerisch weitergetrieben, indem ein eigens gefertigter Teppich hinzukommt, der die unsichtbaren Linien und Maßangaben des Raumgrundrisses zeigt – eine letzte Geste des Unsichtbaren und Ephemeren, die immer im Zentrum von Sanders künstlerischem Werk steht.

Malerei der 80er Jahre 6. November 2012 – 12. Januar 2013 Sprüth Magers Berlin, Oranienburger Straße 18, S1, S2, S25 Oranienburger Straße, Di–Sa 11–18 h +49-30-28 88 40 30, info@spruethmagers.com, www.spruethmagers.com

Malerei der 80er Jahre (Ausstellungsansicht) Courtesy Sprüth Magers, Berlin Foto: Jens Ziehe

Die von dem Künstler Albert Oehlen kuratierte Ausstellung Malerei der 80er Jahre erstreckt sich über fast alle, der weitläufigen Berliner Ausstellungsräume von Sprüth Magers. Trotz des gewagt weit gefassten Titels bewahrt diese Gruppenausstellung aufgrund von Oehlens spezifischer und eingeschränkter Auswahl an Künstlern ihre Intimität. Die Arbeiten von Richard Artschwager, Ashley Bickerton, Malcolm Morley, Albert Oehlen und Andreas Schulze beziehen sich in ihren Formen und Farben aufeinander und lassen somit die recht verschiedenartigen Praktiken und Hintergründe der Künstler in einen konzentrierten Dialog treten – der letztlich über zeitspezifische Fragen hinausgeht. Mit den dreidimensionalen Objekten von Artschwager, Bickerton und Schulze erweitert sich der Dialog zwischen den Arbeiten und bezieht auch die Grenzen der Malerei als Medium ein; womit die Ausstellung einen Einblick in die Entwicklung einer noch immer aktuellen Debatte gewährt.

Olafur Eliasson – Volcanoes and Shelters 30. Oktober 2012 – 26. Januar 2013 Neugerriemschneider, Linienstraße 155, S1, S2, S25 Oranienburger Straße, Di–Sa 11–18 h +49-30-28 87 72 77, mail@neugerriemschneider.com, www.neugerriemschneider.com

Olafur Eliasson – Volcanoes and Shelters (Ausstellungsansicht) Courtesy neugerriemschneider, Berlin Foto: Jens Ziehe

Olafur Eliassons künstlerische Praxis ist eng mit der Landschaft Islands verbunden, die ihm als Mittel dient, um die physische Präsenz des Individuums durch Teilhabe an der Natur und dem Verhältnis zu ihr zu untersuchen. In seiner neuen Ausstellung, Volcanoes and Shelters bei neugerriemschneider, präsentiert der Künstler diese Themen in zwei Fotoreihen. Sowohl The Volcano Series wie The Hut Series – die beide als große rasterförmige Installationen aus kleineren Abzügen zusammengesetzt sind – spielen mit der Wiederholung einander ähnlicher Bilder. Dadurch entsteht ein starkes Gefühl von Universalität und einer Verbindung zwischen dem eruptiven beziehungsweise Schutz bietenden Potential ihrer Sujets. Die skulpturale Komponente der Ausstellung – aus isländischem Treibholz sowie Spiegeln bestehend – verschiebt diesen Eindruck der Universalität zurück auf eine sehr persönliche Ebene. Die physische Präsenz des Betrachters, der zwischen den Spiegeln hin- und zurückreflektiert wird, wird somit zu einem Schlüsselelement der Arbeit, die irgendwo zwischen der natürlichen und der konstruierten Welt existiert.


Filmtipps von der Filmgalerie 451  35

DIE INSEL, DER BUNKER und DAS NETZ

Filmgalerie 451 Torstraße 231 10115 Berlin www.filmgalerie-berlin.de

Film-Tipps der Filmgalerie 451 Text Silvio Neubauer

Um 50 Millionen Nutzer zu erreichen, brauchte das Radio 38, das Fernsehen 13 und das Internet kaum 5 Jahre. Orson Welles schockte seine Zuhörer 1938 mit seiner legendären Invasion vom Mars – im Radio. Das Fernsehen leerte mit Straßenfegern Anfang der sechziger Jahre die Straßen (und die Kinos). In Sidney Lumets visionärer Satire auf das Kommerzfernsehen Network (1976) fordert der durchgeknallte Moderator die Zuschauer auf, die Fenster zu öffnen und ihren Unmut hinaus in die Nacht zu brüllen. Als das Internet 1999 mit einer Milliarden Seiten 150 Millionen Nutzer fesselte, konnte es bereits auf eine turbulente Entwicklung und treibende Kräfte zurückblicken – Menschen ganz unterschiedlichen Charakters: Einige wirkten eher im verborgenen, andere eher weniger. Lenken wir also unseren Blick auf einen unbekannteren und rätselhafteren Protagonisten der Kindertage des World Wide Web. „My best friend as a kid was the television set.“ In der Dokumentation & Biographie We live in Public (2009) von Ondi Timoner spricht Josh Harris (geboren 1960) von seinen eigenen Kindertagen im südkalifornischen Ventura der sechziger Jahre und seiner Fixierung auf Gilligan’s Island, der beliebten TV-Serie über eine fidele Gruppe Schiffbrüchiger auf einer entlegenen Insel. Doch der technikbegeisterte Einzelgänger ist zielstrebig, will etwas erreichen: In den achtziger Jahren schließt er ein KommunikationsStudium ab, geht nach New York und gründet eine High-TechBeratungsfirma. Früher als andere erkennt er das Potential des kommenden Internets – und profitiert davon. 1993 ist es dann soweit: Mit dem Geld aus dem Börsengang seiner Firma hebt Josh Harris Pseudo.com aus der Taufe, das erste interaktive Web-TVProgramm, dass für ebenso großes Aufsehen sorgt wie seine Partys und Events, bei denen sich in den neunziger Jahren die rasant wachsende dot.com-Community präsentiert und in Erwartung einer strahlenden Zukunft feiert. Immer im Mittelpunkt: Josh Harris, der „Andy Warhol des Web TV“, der es schafft, begeisterte Talente um sich zu scharen. Als er dann allerdings immer häufi-

ger als Clown „Fluvvy“, sein exzentrisches Alter Ego, auftritt, geht seine Umgebung auf Distanz und er zieht sich zurück – allerdings nur, um das titelgebende Projekt Quiet: We live in Public vorzubereiten: Eine 30-tägige Big Brother-Versuchsanordnung mit 100 Teilnehmern im Bunker, dem Untergeschoss eines Hotels. Doch der Fan des Films The Truman Show über einen Mann, der erkennen muss, dass er sein ganzes Leben bis dahin in einer komplett von TV-Kameras überwachten Kunstwelt verbracht hat, geht noch weiter: Er zieht mit seiner Freundin (von der er später behaupten wird, sie sei nur gecastet gewesen) in eine ebenfalls total-kameraüberwachte Wohnung. Als sie nach wenigen Monaten auszieht und die dot.com-Blase platzt, ist das Experiment beendet und er pleite. Fünf Jahre geht Josh Harris als Betreiber einer Apfelplantage in Deckung und lebt einige Zeit sogar in Äthiopien. Doch es gibt ein neues Projekt: Wired City, ein Web-TV-Network für ständige, interaktive gemeinsame audio-visuelles Erlebnisse. Die globale Total-Vernetzung wäre damit vollendet – und der Traum des Schöpfers erfüllt, Gilligan’s Island nie mehr verlassen zu müssen...


36   Brave New World

Brave New World Text André Uhl  Fotos Yves Van Goethem, Lori Ho, Mike Fleming

In unserer neuen Rubrik „Brave New World“ erweitern wir unseren Radar und schauen von Mitte aus auf den gesamten Globus. Wir berichten über Neues aus Wissenschaft, Technik und Gesellschaft, oft kurios und manchmal revolutionär. So erfahrt ihr dieses Mal unter anderem, was dabei herauskommt, wenn sich musikalische Hacker 24 Stunden lang zusammen einschließen, und wie wir mit Paintballkugeln die Welt retten können...

vorausschauende kameras Eine zärtlich gemeinte Umarmung könnte unangenehme Folgen haben, wenn diese Software Fehlalarm schlägt: Ein Programm, das in der Lage sein soll unsere nächsten Schritte vorauszusagen, soll zukünftig bei Überwachungskameras eingesetzt werden. Amerikanische Forscher arbeiten aktuell an einer „kognitiven Engine“, mit der ein Computer entscheiden kann, ob Objekte eine Straftat ausführen werden oder nicht. Ziel ist es Menschen bei der Analyse der Kamerabilder überflüssig zu machen und damit Unsicherheitsfaktoren wie Ablenkung oder Müdigkeit auszuschließen. Unterstützt wird die Entwicklung der Überwachungssoftware von der amerikanischen Regierung, zum Einsatz kommen soll sie im militärischen und zivilen Bereich, zum Beispiel auf öffentlichen Plätzen. Also immer schön aufpassen und daran denken, wie die nächste Bewegung interpretiert werden könnte...

Stadtfarmen in Berlin Nach Urban Gardening wird auch City Farming, also der eigene Anbau von Obst und Gemüse, bei Großstädtern immer beliebter. Bester Beweis ist die Farm auf dem Tempelhofer Feld, wo die zahlreichen kleinen Ackerflächen schon für viele Saisons im Voraus ausgebucht sind. Dass City Farming allerdings nicht nur als Nische, sondern auch kommerziell funktionieren kann, wollen die Gründer von Efficient City Farming (ECF) aus Schöneberg beweisen. Das Prinzip ist clever: ECF baut die komplette Hardware für eine kompakte und betriebsfertige Stadtfarm, in der Gemüse und frischer Fisch aufgezogen werden kann. Der Anbau erfolgt CO2-neutral und kommt ohne Pestizide, ohne Transportkilometer und mit reduziertem Wasserverbrauch aus. Die gesamte Planung inklusive einer Machbarkeitsstudie liefern die Schöneberger gleich mit. Nicht unwahrscheinlich also, dass sich in Zukunft auch Gastronomen, Hoteliers, Supermärkte, Schulen oder Universitäten größtenteils selbst versorgen werden.


Brave New World  37

musikalische hacker Wie könnte die Zukunft von Musik und Musiktechnologien aussehen? Dieser Frage widmen sich die Teilnehmer sogenannter Music Hack Days, weltweit stattfindender Conventions, bei denen sich eine Horde von Hackern mit Musikaffinität 24 Stunden lang in einem Gebäude verbarrikadiert. Zusammen basteln die Programmierer, Designer und Künstler an Prototypen, die Potential haben, die Zukunft von Musik zu verändern, wie zum Beispiel Websites, mobile Apps oder neuartige Instrumente. Die Ergebnisse sind mal technisch ausgefeilt, mal simpel, aber smart und bisweilen skurril. So haben die Teilnehmer der Music Hack Days in Reykjavik Ende Oktober einen Handschuh entwickelt, den so genannten GloveSynth, mit dem Instrumente und Software auf einem Laptop aus der Entfernung gesteuert werden können. Außerdem ein Programm namens Drop Locker, mit dessen Hilfe Songs, die in der Cloud online aufbewahrt werden, per Spotify erkannt und abgespielt werden können, sowie Ukurere, eine digitale Ukulele, bestehend aus mehreren miteinander verbundenen Smartphones.

paintball gegen killerkometen Keine Angst vor einem vernichtenden Meteoriteneinschlag. Ein Student der Eliteuniversität MIT in Boston behauptet ein probates Mittel gegen Fremdkörper kosmischen Ursprungs gefunden zu haben, die auf die Erde zurasen: Paintballkugeln. Ja, richtig gelesen. Die kleinen Dinger, mit denen Jungs in Camouflage-Montur im Wald herumballern. Und das funktioniert so: Eine Rakete befördert fünf Tonnen weißer Paintballkugeln ins All. Von dort wird die erste Ladung Kugeln abgeschossen, welche die Vorderseite des Meteoriten mit weißer Farbe bedeckt, danach wird die Rückseite beschossen, die dann ebenfalls weiß gefärbt ist. Zunächst wird der Gesteinsbrocken durch den Aufprall der Kugeln von seinem Kurs abgelenkt, die erhöhte Sonnenreflexion augrund der weißen Farbe verstärkt die Ablenkung zusätzlich und erledigt den Rest. Allerdings sollte sich der nächste Killermeteorit mindestens 20 Jahre Zeit lassen. So lange nämlich dauert es schätzungsweise, bis die Technik der Paintball-Megakanone ausgereift sein wird.

teenager bleiben cool Teenager sind exzentrisch, impulsiv, emotional überdreht, einfach zu manipulieren und denken nur an Sex – kurz gesagt, mental etwas neben der Spur. Soweit das Klischee. New Yorker Medizinwissenschaftler haben nun eine Entdeckung gemacht, die das Image der Adoleszenten etwas aufpolieren könnte. Teenager sind durchaus in der Lage cool zu bleiben, wenn sie dafür eine Belohnung erwarten können. Laut der Studie nehmen sich Jugendliche für wichtige Entscheidungen sogar mehr Zeit als Erwachsene, wenn es sich für sie auszahlt. Damit ist die bisherige, auch in der Wissenschaft vorherrschende Auffassung widerlegt, Teenager seien grundsätzlich leichtsinniger als Erwachsene. Es besteht also Hoffnung für alle Eltern, die befürchten an ihren pubertierenden Sprösslingen zu verzweifeln. Vielleicht müssen sie einfach mal öfter etwas springen lassen.



Berliner Gesichter  39

BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler  Foto Tina Linster

Mohamed Smaili, Taxifahrer, 34 Jahre

Ich bin in Nordafrika geboren und in Berlin aufgewachsen. Ich bin also quasi ein Ur-Berliner. Als Taxifahrer arbeite ich seit nunmehr drei Jahren. Und das wirklich sehr gerne. Von Hause aus bin ich gelernter Kraftfahrzeugtechniker. Aber ich habe schon in vielen Berufen gearbeitet, so zum Beispiel in der Pflege, in der Sicherheitsbranche und als Lehrer für asiatische Kampfsportarten. Warum ich jetzt als Taxifahrer arbeite? Damit ich mich um meine drei Kinder kümmern kann, wenn meine Frau arbeiten geht, oder ich auch einfach nur schnell nach Ihnen sehen kann, wenn etwas sein sollte. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Berufen kann man sich beim Taxifahren die Arbeitszeit recht flexibel einteilen. Ich bekomme das Taxi zwar für acht bis zehn Stunden von einem Taxiunternehmer gestellt, kann mir aber selbst aussuchen, wie lang ich dann arbeite. Eine Freiheit, die man nur in wenigen Berufen hat und welche die Planung des Familienalltags natürlich sehr erleichtert. An meine erste Fahrt kann ich mich noch ganz genau erinnern: Sie ging von Hotel Hilton zum Hauptbahnhof. Für den Kunden war es sicherlich eine ganz normale Fahrt, für mich aber war sie wahnsinnig aufregend. Das Schöne am Taxifahren ist, dass man mit sehr verschiedene Menschen ins Gespräch kommt: mit Politikern, Schauspielern, Professoren oder eben mit Journalisten wie euch. Mit manchen hat man einfach nur eine schöne Unterhaltung, von den anderen lernt man vielleicht wiederum etwas. Diese Kommunikation und der Kontakt mit den Menschen macht für mich meinen Beruf aus.

Ich habe auch schon einige Prominente gefahren. Unter anderem Cindy aus Marzahn und Bülent Ceylan. Für mich war das immer sehr unterhaltsam, weil Comedy-Künstler von Berufs wegen schon sehr lustig sind.

Falls ihr selbst mit unserem Taxifahrer eine Runde drehen oder ein Gespräch führen wollt, dann bucht ihn doch einfach für eure nächste Fahrt:

Ob ich alle Straßen in Berlin kenne? Nein, dafür ist die Stadt auch viel zu groß. Aber man muss, um die Taxiprüfung zu bestehen, natürlich schon sehr viele Wege und Straßen auswendig lernen. Später konzentriert man sich dann meistens auf einen bestimmten Bezirk, so wie ich auf Berlin-Mitte. Und zur Not kann ich ja auch immer noch auf das Navigationssystem oder ganz klassisch auf Straßenkarten zurückgreifen, um nachzuschauen, wie ich am besten zum Ziel gelange. Manchmal frage ich auch die Fahrgäste, weil die einfach am besten wissen, wie man am schnellsten zu Ihnen nach Hause kommt. Während der Nacht ist es bestimmt nicht immer angenehm Taxi zu fahren. Aber ich fahre grundsätzlich nur am Tag. Am Abend erzähle ich meinen Kindern lieber eine Gute-Nacht-Geschichte.

Taxi Smaili 0176 28 87 36 94


Aktuelle Herbst- & winterkollektion

im KaDeWe Berlin 10.00 – 20.00 (Mo — Do), 10.00 – 21.00 (Fr), 09.30 —20.00 (sa) tauentzienstraße 21, 10789 berlin

www.liebig-berlin.com


English Translations  41

Events (p. 8)

cuisine. Classical, seasonal ingredients in contem-

tions, which have already received much attention

porary compositions.

from audiences and critics at home in Italy, will be

THE New Year

GOLDNEUN, Karl Liebknecht Strasse 9,

shown in their original versions with sub-titles du-

BRIDGES TO 2013

www.goldneun.de

ring the weeklong series. The selection includes different genres and directors. The colorful diversity

Ø BERLIN

provides viewers a cinematic encounter with the full bandwidth of current Italian film

Restaurant

KINO BABYLON,Rosa Luxemburg Strasse 30,

Monday to Sunday,

www.babylonberlin.de,

open from 9 pm to 1 am

www.cinema-italia.net

Every year you plan the ultimate New Year's Eve - it

FIRST AID KIT

usually doesn’t work out the way you think it will. You want to guarantee your evening’s a smash? Celebrate the 31st with friends on one of the many bridges in

Ø means “island” in the Danish. In Berlin, Ø is an is-

Concert

Berlin where you can enjoy the fireworks against the

land with an intense dose of Danishness. A colorful,

4 December 2012

big-city backdrop. Some of these spots are so hot they

style-mix of historical relics of the city awaits you.

9 pm, Tickets: from €20.50

can compete with the best parties in town.

Markus Herbicht, who together with Johann Lafer

Bridges: Modersohn-Brücke, Moltke-Brücke, Monu-

cooked for the Thai royal family, plays the culinary

menten-Brücke, Oberbaum-Brücke, Warschauer-

strings in Ø. The food is just like “at Mom’s” – well-

Brücke, Weidendammer Brücke

known classics made with local ingredients, but pre-

The Swedish sisters Johanna and Klara Söderberg

sented in a new light and exceptionally combined.

were just 18 and 15 when they sang their way into the

Weihnachts-

Ø, Mehringdamm 80,

hearts of You Tube fans with a video of a Fleet Foxes

oratorium

www.oeberlin.de

cover shot in a Swedish forest. Since then the girls’ country-folk have captured us with their sad-beau-

Concert

THE CHRISTMAS RODEO

7 December 2012

tiful, bittersweet tones that waver between melancholy, world-weariness and fervent passion. They’re a

4 pm, Tickets: 10 euros /

Design Market

recipe for success that’s on the rise: earlier this year

consc. 6 euros

8 & 9 December 2012

they released their second album, The Lion’s Roar.

Noon to 8 pm

POSTBAHNHOF, Strasse der Pariser Kommune 8,

Rejoice, rejoice – trumpets, drums and oboes. During

www.postbahnhof.de,

Advent there’s probably nothing more musically fes-

www.thisisfirstaidkit.com

tive and glamorous than the Weihnachtsoratorium by Johann Sebastian Bach. Youth choirs and a symphony

The doors of the former Stadtbad Oderberger in the

orchestra from the George Friedrich Handel Gymna-

Oderberger Strasse will be opening on the second

DER TOD NIMMT SICH

sium, performing under the direction of Jan Olberg,

Advent weekend to offer a peaceful alternative to the

EINEN TAG NACH DEM

will be on hand to get us into the mood of the joyous

stress of Christmas shopping. More than 80 desig-

ANDEREN

holiday season.

ners, artists and shops will be presenting a wide range

BERLIN CATHEDRAL, Am Lustgarten,

of beautiful gift ideas on over 750 square meters. In

Exhibition

www.berlinerdom.de

addition to a Christmas music program, mulled wine,

16 Nov. to 16 Dec. 2012

treats and gift-wrapping service will be provided in

Tu to Sa, 5 pm to midnight

GOLDNEUN Bar & Restaurant

this incomparable Christmas atmosphere. STADTBAD ODERBERGER, Oderberger Strasse 57/59,

The Mind Pirates will be presenting a month-long re-

www.weihnachtsrodeo.de

trospective of Ralf Schmerberg’s art. Entitled Der Tod

Wednesday to Saturday, open from 7 pm

nimmt sich einen Tag nach dem anderen (death takes

CINEMA! ITALIA!

one day at a time) includes work from his past 15 years in Berlin. Artwork, film, photographs, and documen-

Film

tation of his many projects and cultural events will be

13 to 19 December 2012

featured on several floors. The exhibition is accompa-

The interior hasn’t really changed. The tablecloths

nied by an extensive program of events and a pop-up

are white, the chairs red, and prominent, concrete

restaurant.

lamps hang from the ceiling. In any case, .HBC no

MINDPIRATES, Schlesische Strasse 38, 3rd Hinterhof,

longer exists! The restaurant is now called Goldneun

www.mindpirates.org

– it looks the same, but tastes different: international

For the 15th time, Cinema Italia is offering a journey

cooking has now been replaced by up-market, local

through contemporary Italian film. Six new produc-


42   English Translations

THE IDIOTS

two people are interwoven up until today.

members club and as a cultural location where you

PHILIPP SCHAEFFER LIBRARY, Brunnen Strasse 181

could buy membership into a network. It has however changed over the years, and not just because there are

Stage 23 December 2012

I LOVE VINYL

other clubs in Berlin now. We’re a salon, not a club like

at 8:15 pm,

CLUB TOUR

Soho House, for example.

Party

MS: So you don’t charge membership fees?

14 DEC 2012

Michael: Right. We work with partner organizations

Tickets: 16 Euro / concs. 9 Euro 15 years after Lars von Trier’s disturbing film Idiots

such as the DAAD, the Berlinale or Create Berlin. They

caught the attention of the public, a group of young

are our members and they can use the space. We also

people in Gorky Studio Berlin again embarking on a

offer our premises to other clubs to use as a platform.

search for their “inner idiot”. They live in a commune

Vinyl’s considered black gold by DJs and people in

We host many workshops. These networks then func-

in an old mansion where they take on an unusual ex-

the know. For almost five years now Mo’s Ferry Pro-

tion like a kind of grapevine: people hear about us

periment: they provocatively pretend to be disabled

ductions, one of whose founders is Dapayk, has been

and talk about us to other creatives. We’re not public

and confront the world - regardless of social conventi-

organizing the I Love Vinyl – Open Air in their home

and don’t want to be.

on - with their otherness. The experiment soon spins

state of Thüringen. Eva Padberg personally stands be-

out of control...

hind the stove cooking for participating artists. With

MS: Do you think people in government, NGO’s and

GORKI STUDIO BERLIN, Hinter dem Gießhaus 2,

great attention to detail, a lot of heart and without

show business make contact more quickly in such a

www.gorki.de

computers and MP3’s, records will be “crackling” in

context than at public events?

Berlin as part of their I Love Vinyl Club Tour. Give me

Michael: Absolutely. There's a relaxed atmosphere

some of that black gold!

here precisely because we’re private. People are here

KATERHOLZIG, Michaelkirchstrasse 23,

by private invitation. They interact more freely and

www.ilovevinyl.de

communicate differently with each other than they

THE LITTLE PRINCE Stage

would in a public forum. We recently hosted the 50th

from 7 Dec. 2012 until 13 Jan. 2013

Interview:

birthday of a famous playwright: half the Volksbühne

Tickets: from €19.53 /

Michael Ren-

was here. There are also other events such as a month-

children’s tickets also

sen and Ro-

ly music jam. Creative people from different fields

available

man Hänsler

come here and bring their friends. This then creates

(p. 26)

a very nice atmosphere of exchange, which has re-

The stage version of Antoine de Saint-Exupéry’s clas-

sulted in several other projects.

sic The Little Prince is returning to the Admirals Palast Theater for the fifth time this December. While the

Similar to the words profile

Little Prince’s journey is left to your own imagination,

or community, network has

MS: Roman, you were founder and partner of aka aki, a

this production by the drehbühne berlin company is

become an integral part of our digitalized lives. Are

software program that won 2 Webby Awards—the Os-

a “Gesamtkunstwerk” that combines theater, puppet-

these terms losing relevance in relationship to the

car of the Internet industry. The network closed again

ry, film and Arab-Middle Eastern music, which was

online world in the offline world? In a conversation

this year, some say, because it was ahead of its time.

specially arranged for the show.

with two real network professionals, social media ex-

Explain what it was all about.

ADMIRALSPALAST STUDIO, Friedrich Strasse 101,

perts Roman Hänsler and with Michael Rensen, the

Roman: aka aki was about an interface between the

www.admiralspalast.de

operator of Münzsalon, we explore the interface be-

virtual and real world. The idea was born in 2006

tween virtual and real contact.

when networks like Myspace were just finding their

TOR STRASSE 1

way into the mainstream. The principle of clicking MS: What do you think when you hear the word net-

on the profiles of people you wanted to learn more

Book Premiere

work?

about, but without having to get in touch person-

5 DEC 2012

Roman: Because of my work and my past, I naturally

ally, has become ever more popular. At that time we

8 pm

first think of the Internet and social networking on

thought that it would be very useful to learn more

online platforms. That’s my first association. When I

about people who were nearby. So we developed a

think about it longer, the term is considerably more

technology that displayed profiles of people in the

complex.

vicinity via mobile phone.

Tor Strasse 1 is where Soho House is today, but 80 ye-

Michael: It’s almost the same for me, even though in

ars ago, the department store Jonass was there. This is

my generation network wasn’t widespread. Nobody

MS: And if I'm interested in the profile of a person in

also where Elsa was born in 1929, as well as Bernard,

used the term in the nineties. We used to say ac-

the area then I can go to them and talk to them easily?

whose father helped construct the building. Sybil

quaintances or circle of friends...

Roman: That was the idea. The user would get basic

of a building in the heart of Berlin. It’s a building that

MS: Michael, what’s the idea behind the Münzsalon?

ing a possibility to meet.

reflects the changing times, and it’s where the lives of

Michael: Münzsalon was originally intended as a

information about someone from aka aki, thus creat-

Volks’ novel covers nearly a century telling the story


English Translations  43

MS: Why didn't aka aki work out as well in practice as

question of being visible to the public. What's more,

siliev, who both live in Berlin, call themselves “critical

you expected?

transparency is becoming a value. For an NGO such

engineers”. What does that mean? That they don’t use

Roman: There were many reasons, not the least tech-

as abgeordnetenwatch.de or Transparency Interna-

technology blindly; instead, they ask critical questions

nical. Attitudes in the start-up scene also played a

tional, it would difficult to explain that an important

before using it and, if they’re not satisfied with the

role, but I don’t want to go into great detail about

event will be held in private. On the other hand, a

services, they find and develop their own way. Above

that. Of course we monitored how people used the

protected space like this is sometimes necessary in

all, in order to protect their privacy and not to have

program over the years. In the end, flirting was the

order to work effectively. Exactly his conflict can be

their opinions manipulated by other media provid-

main interaction, even among people with business

observed with the Pirate Party. It will be interesting to

ers. They recently demonstrated how important this is

phones. This has always worked well. In order for a

see how they resolve this problem.

with their art installation Newstweek. They developed

program like aka aki to make sense, the technology

Michael: Speaking of protected space: we once had a

a kind of plug that looks like an ordinary plug adapter

must be so widespread that a critical mass is reached,

trio of architects here who had a very famous Ameri-

for sockets. In reality, as soon as you plug it in a cafe or

that a sufficient number of people use it.

can actor with them as a customer. They sat here in

restaurant, it converts the local, protected wireless net-

this room and had only one condition: under no cir-

work into an open wireless network. This then allows

MS: In retrospect, do you think that people are willing

cumstances photographs! The actor was already agi-

Oliver and Vasiliev to manipulate any of the websites

to come out of their virtual space and get into contact

tated because of the circus surrounding him. At the

the other users are reading. So instead of Spiegel On-

with other people, not just to flirt?

same time in the main hall Nokia was presenting its

line headline reading “Clinton: Assad is not entitled to

Roman: Based on my experience with aka aki I can

new camera phone. Neither one of them noticed the

lead a people” users get to read, “Obama is not entitled

say that a real component is necessary beforehand. I

other, which shows how protected you can be here.

to lead a people”. No doubt’s skeptical because most people blindly believe what’s written in the Internet.

see today's technology more as a means to get into casual but real contact, or to reactivate a relation-

The perils of

ship at a later date. This is the value of virtual net-

the telematic

“You have to imagine this phenomenon like a beaten

works, which wasn’t possible before. Today, we can be

society (p. 30)

path in a field. Once a visible path has been established in a field hardly anyone will sway off it or even ques-

“friends” with hundreds of people. It's totally ok if I go to South America and get into contact with someone

Even before the Internet be-

tion whether there isn’t a better way,” explains the

who lives there that I only once met them at a party

came omnipresent, it was

37-year-old Julian Oliver. Users who are skeptical of the

in Berlin. It’s not odd. It’s simply a way of keeping

a place for utopias. In the

net should use the loopholes for their own purposes

in touch. When it comes to collaborative consump-

’70s, the media philosopher

if necessary. For example, they can gladly make their

tion, such as car sharing or other things, then virtual

Vilem Flusser wrote of a virtual, global village in the

own “paranoia generator”, as the artists call their ma-

networks of course take on a very different meaning

Aristotelian sense, one in which everyone commu-

nipulated power cord, and spread their own propa-

again.

nicated with each other and so played their part in

ganda themselves. This can be done for no more than

the democratization of society. That fact that people

€35 and a click on the newstweek.com homepage. It’s

MS: Are topics like this discussed here in Münzsalon,

needed the necessary hardware, which only a part of

clearly explained how you can build your own Newst-

for example, within the context of workshops?

the world population could afford, was tuned out in

week generator.

Michael: Yes, we host a lot of trend and creative work-

such discourses. Another problem: software and un-

shops. We want people to leave here with new ideas.

derstanding it. Most people, even if they have a Twitter

Newstweek isn’t just about manipulating information.

It's always very exciting when Create Berlin holds a

account or blog use popular programs and providers

Above all it's about showing us that we’d all rather look

workshop here and young Berlin companies present

without really understanding their tricks and perils.

at the Internet than out the window for the weather

their visions. Media.net Berlin-Brandenburg trains

And they do this in spite of the fact that institutions

forecast. In other words, the Internet and virtual space

and provides support for start-ups here. It's very in-

such as the Chaos Computer Club have informed us

are increasingly detaching us from our feelings for the

teresting.

that with every Google search and Amazon order our

real world. We’d rather answer a burnout questionnaire

data is happily saved and exploited for commercial

on-line to find out whether we’re exhausted, rather

MS: Do you think that small clubs and lounges beat

purposes. We often lack the time and especially pa-

than listening to instincts. Everything in fast motion,

out formal events in initiating new projects?

tience to deal with these issues because just 404 error

of course, so as not to lose any time. Incidentally, an-

Michael: I do think so. Frankly, it bores me sometimes

message on our screens is already enough to give us a

other sensitive area: speed. That’s why we all prefer

having to listen to the superficial discussions that

nervous breakdown. At least that’s how it is for me and

looking something up in Wikipedia than in Britannica.

take place at official functions. I personally try to do

most of my friends for whom computer talk sounds

Rely on memory? Never. It’s almost unimaginable how

things that I like to do, not which I’m forced to. I also

like standard Chinese. And yet, programming is not so

we ever worked without Google, Wikipedia and Ama-

believe that it’s becoming more popular in society

difficult. At least that’s what the two media artists and

zon. It’s true that the net has made it incredibly easy to

to communicate more deeply and honestly. And of

activists Julian Oliver and Danja Vasiliev believe. With

do such everyday things like ordering a book. But we

course that’s more possible in a context like Münzsa-

their art, they want to show the world how dependent

must be critical about the net and its content, as artists

lon than at official events. Something new can easily

and easily influenced we are by using the World Wide

Julian Oliver and Danja Vasiliev have clearly shown us

come from this.

Web every day. And, conversely, how essential it is for

with their Newstweek installation. The attitude should

Roman: Large, official events such as conferences will

each user to know and use the codes of the net. New

be “have more skepticism and more interest” in soft-

certainly continue to have their place. It’s primarily a

Zealand native Oliver and his Russian counterpart Va-

ware so as not to become unintentionally transparent


44   English Translations

and under-age citizens.By the way, the media philoso-

homepage of the initiative Ein Netz für Kinder, which

full use of Sprüth Magers’ expansive Berlin exhibi-

pher Vilem Flusser, although he was a great supporter

aims to create a safe space for surfers aged 8 to 12.

tion space to complement the bold expression of its subject. Despite its dauntingly broad title, this group

of the global information society, wrote all his texts on a typewriter. Perhaps out of sentimentality. Or maybe

But what’s to do if your sweet child of nine prefers to

show retains an intimacy through Oehlen’s specific

because a critic like he was wanted to use the computer

chat with her friends on the net, instead of playing

and limited selection of artists. Works by Richard

only when he was sure that he understood the code.

basketball outside? Confiscate the laptop? Threaten

Artschwager, Ashley Bickerton, Malcolm Morley, Al-

to ban television or just wait? These questions will

bert Oehlen, and Andreas Schulze mimic each other’s

be answered in the UPDATE workshops, which are

forms and color palettes, pulling the artists’ rather

regularly organized by a special city unit in Berlin

diverse practices and backgrounds into a cohesive

that is dedicated to preventing addiction. Maybe I

dialogue – one that ultimately extends beyond time-

Kids love everything that’s

should sign up too? I don’t know if they also have tips

period-specific concerns. Through the inclusion of

loud and flashy—much to

for children who no longer leave their paper laptop

three-dimensional objects by Artschwager, Bickerton,

the chagrin of their parents

even if you ask them whether they want to have an ice

and Schulze, the conversation between the works ex-

who prefer seeing them play-

cream or go to the playground, and just answer with a

pands to include the limits of painting as a medium,

tired smile: “No time. Have to work.”

framing the exhibition as a window on the evolution

We

Mitte

Mums

(p.33)

ing only with wooden trains they’ve carved them-

of a still-contemporary debate.

selves. And what are their favorite Christmas gifts? The sparkling, pink, plush unicorn that wiggles its

EYEOUT Art Events (p. 34)

SPRÜTH MAGERS BERLIN, Oranienburger Straße 18, www.spruethmagers.com

head with the push of a button and sings Christmas carols with a Chinese accent. There’s no such thing!

Karin Sander –

Oh, yes, there is! We have one at home. It’s right to

h = 400 cm

Olafur Eliasson –

next to the wooden railroad and all other education-

7. Nov. – 22. Dec. 2012

Volcanoes and

ally valuable toys my child couldn’t care less about.

Tuesday to Saturday 11–18 h

Shelters 30. Oct. 2012 – 26. Jan. 2013

The only thing she finds more exciting than this pink monstrosity is my flashing gray computer. But since

Easily seen as an architectural

she can’t play with it, she’s made herself her own

deconstruction of the gallery

Tuesday to Saturday 11–18 h Olafur

Eliasson’s

artistic

paper laptop, in white, of course. She has style. And

space, conceptualist Karin

when I see how she bangs on it with her greasy fin-

Sander’s h = 400 cm at Esther Schipper cleverly focu-

practice is intertwined with

gers, I know why she can’t use mine.

ses instead on something much more difficult to pin-

the Icelandic landscape, which he uses as a vehicle to

point: namely, what is not there. In many ways, what is

explore the individual’s physical presence through

But at what age should we allow a child to use the

not there is any kind of exhibition. The only works on

participation and relation with the natural world.

computer and the Internet? And how do we manage

the walls are simple canvases displaying source codes

His new exhibition, Volcanoes and Shelters at neu-

to prevent them from becoming Facebook addicts?

for the volume of rooms that, through the artist’s in-

gerriemschneider, sees the artist present these con-

By gently and carefully introducing them to this

tervention, no longer exist as they once were. In fact,

cerns through two photographic series. The Volcano

new medium, and explaining all the especially nasty

the artificial walls on which works would normally

Series and The Hut Series – both organized as large

things lurking amongst the colorful confusion. And

hang have been removed and placed in a horizontal

grid installations comprised of smaller prints – play

because kids would rather take advice from strangers

position, obstructing normal movement through the

with the repetition of similar imagery. This evokes a

than from their own parents, you can let friendly pen-

room and exposing the formerly domestic use of the

strong sense of universality and connection between

guin Commissioner Eddie explain the advantages and

space. This objective is playfully furthered by the ad-

the respectively eruptive, and protective, potential

disadvantages of the Internet for elementary school

dition of a custom-made rug presenting the invisible

of their subject matter. The exhibition’s sculptural

children by visiting www.zum.de/dasgrundschulnetz.

lines and measurements of the room’s floor plan, a fi-

component – built from Icelandic driftwood and mir-

Also highly recommended is the Internet portal Milli

nal gesture of the invisibility and ephemerality that is

rors – shifts this sense of universality back to a very

Mauzz where Milli the cat introduces kids to using

always central in Sander’s artistic work.

personal level. Reflecting back and forth between the

computers. Parents can download software that pro-

ESTHER SCHIPPER, Schöneberger Ufer 65,

mirrors, the viewer’s own physical presence becomes

tects children.

www.estherschipper.com

a key element in the work, existing somewhere between the natural and the constructed world.

But not only small children, but also the bigger kids un-

Malerei der 80er

NEUGERRIEMSCHNEIDER, Linienstraße 155,

derestimate the wiles of the World Wide Web. How well

Jahre

www.neugerriemschneider.com

they really know the power of the net can be tested in

6. Nov. 2012 – 12. Jan. 2013

an online quiz offered by Klicksafe. It covers everything

Tuesday to Saturday 11–18 h

from Facebook to cyber bullying. Another great site is the children’s search engine fragFINN that only displays

Malerei der 80er Jahre (Paint-

pages that have been tested by media educators. Many

ing of the ’80s) – curated by

more sites suitable for children can be found on the

artist Albert Oehlen – makes


FRAGen des Alltags Warum springt an der Bernauer Straße eigentlich die Ampel immer viel zu schnell auf Rot? Und warum kann man bitteschön in der Tram keine Fahrkarte mit einem Geldschein lösen? Wer hat eigentlich die schreckliche Farbe für das Alexa Shopping Centre ausgesucht? Fragen, die wir euch hier an dieser Stelle beantworten wollen. Jeden Monat könnt ihr eure Frage des Alltags an unsere bekannte Mail info@mitteschoen.com schicken. Und wenn ihr Glück habt, bekommt ihr gleich im nächsten Heft eine Antwort darauf geliefert. Text Sophia Hoffmann  Illustration Lianna Dora

In diesem Heft durfte unsere Redakteurin Sophia Hoffmann ran und sie hat sich die Frage gestellt, warum die BVG eigentlich keine herkömmlichen Streifenkarten wie in anderen Städten anbietet, sondern lediglich das aus vier einzelnen Teilen bestehende VierFahrten-Ticket. „Ich selbst habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht, aber als meine Eltern, die in München leben, zu Besuch waren, zeigten sie sich äußerst verwundert über die Non-Existenz einer herkömmlichen Streifenkarte und argumentierten, diese Zettelwirtschaft sei doch unpraktisch und außerdem Papierverschwendung. So sendete ich meine Anfrage also an

die Pressestelle der BVG. Nachdem von dort kein Lebenszeichen zu vernehmen war, beschloss ich kurzerhand im Kundencenter am Hermannplatz nachzufragen. Ein freundlicher Angestellter erklärte mir, es habe früher auch mal in Berlin eine kompaktere Streifenkarte gegeben, die sei aber „aus technischen Gründen“ nicht mehr herstellbar. Noch genauer konnte er mir das nicht erläutern, trotzdem war er sehr freundlich und lieferte ein neues Argument Pro-Vier-Fahrten-Ticket: „Sehn Se, wenn Se eines verlieren, dann sin’ nich’ gleich alle weg...“ Hm, vorausgesetzt, man bewahrt sie an verschiedenen Plätzen (etwa vier in verschiedenfarbigen Geldbörsen) auf – dann hat er natürlich recht...“

Mitteschön Verlosung Advent, Advent, mein POP Phone glänzt Weihnachten steht vor der Tür und ihr habt noch nicht das passende Geschenk? Oder anders: Ihr wollt euch selbst beschenken, weil ihr doch nur jedes Jahr unnötiges Zeug bekommt? Ja, dann haben wir etwas für euch. Wer ein Handy besitzt, gehört heutzutage sicherlich nicht zur Ausnahme. Wer allerdings mit einem POP Phone durch die Straßen flaniert, auf der Couch oder im Café telefoniert, ist garantiert ein absoluter Blickfang! Ob in Neon, Animalprint oder einem anderen der vielen Designs – mit den stylishen POP Phones von NATIVE UNION genießt man den Komfort eines bequemen Telefonhörers und setzt gleichzeitig ein Fashion-Statement. Ausgestattet mit hoher Gesprächsqualität durch modernste Technik bewahrt uns der POP Phone zudem vor der ungeliebten Handystrahlung. Ab dem 1. Dezember verlosen wir auf www.mitteschoen.com jeden Advent ein POP Phone. Macht mit und habt Spaß beim Telefonieren. Frohe Weihnachten!


46   Angehört und Nachgehorcht

Graumelierter Seitenscheitel Tocotronic: Jubilare gegen den Strom Text Sophia Hoffmann  Foto Sabine Reitmeier

Wir können es kaum glauben: Tocotronic feiern nächstes Jahr ihr 20-jähriges Bandjubiläum! Sind wir schon so alt? Wie sie selbst darüber denken, was das Besondere an ihrem zehnten Studioalbum Wie wir leben wollen ist und welches Lied sie gerne wären, haben uns Jan Müller und Arne Zank bei einem Käffchen verraten. 20 Jahre Tocotronic, wie fühlt sich das an? Arne Zank: Es erstaunt mich. Klingt erstmal happig, wenn man das hört, fühlt sich nicht so richtig so an. Blöd eigentlich, dass man das erwähnt, man macht sich doch selber ganz schon alt damit (lacht). Jan Müller: Klingt jetzt blöd, aber es macht einen ja auch total stolz, wir hatten nie einen Besetzungswechsel, nur Rick kam dazu. Was ich total absurd finde, ist der Gedanke, dass wir jetzt alle so um die 40 sind und einen diese Band schon das halbe Leben begleitet... Eure Fans verehren euch ja teilweise mit fast schon religiösem Eifer. Ihr selbst nennt sie auch gerne Fanatiker_innen. Habt ihr da auch Veränderungen bemerkt, sind sie erwachsener geworden? Jan Müller: Es ist erstmal natürlich schön, wenn einen Leute so lange begleiten, man sieht ja manchmal auch bei Konzerten bekannte Gesichter, das finde ich super. Wobei wir schon auch das Glück haben, dass junge Leute nachwachsen, reicht ja schon, wenn man selber so alt ist, da muss ja nicht auch das Publikum noch überaltern (grinst). Mittlerweile kommen auch Eltern mit Kindern und beide Generationen mögen unsere Musik, das ist schon lustig. Wenn wir Fanatiker schreiben, dann stellt das den Begriff auch schon ein bisschen in Frage... Arne Zank: Wobei man das mag, oder? Ich bin auch gerne Fan, ich lass mich gerne bisschen fanatisch auf Sachen ein, wenn man was total super findet für ne Zeit, sich in etwas reinsteigert... Ihr habt ja euer neues Album in den Candy Bomber Studios im ehemaligen Flughafen Tempelhof aufgenommen, unter anderem, weil es dort ein analoges Telefunken-T9-Vier-Spur-Tonbandgerät aus dem Jahre 1958 gibt, das eine ganz eigene Klangästhetik hat. Erzählt mal! Jan Müller: Ja, das war sehr soundprägend für das neue Album.

Von diesem Gerät gibt es weltweit nur fünf funktionstüchtige Exemplare. Wir hatten das 2011 schon besichtigt und uns super mit den Betreibern verstanden. Ingo Krauss, einer von ihnen, hat auch das Album engineered. Wenn du mit so einem Equipment aufnimmst, brauchst du jemanden, der das entsprechend bedienen kann. Aber das war für ihn auch ungewöhnlich, dass wir da ankamen und hauptsächlich mit dieser Methode aufnehmen wollten, meist wird das nur gezielt für spezielle Soundeffekte verwendet. Das war schon ein Experiment. Arne Zank: Er war auch gespannt, ob das hinhaut, man musste sich einig sein, dass man musikalisch dieselbe Sprache spricht, weil man natürlich auf die vier Spuren beschränkt war. Eine sehr schöne Zusammenarbeit! Was hängt an eurem Schlüsselbund? Arne Zank: Von einer Freundin hab ich einen schönen Anhänger, weil ich ja ein WG-Zimmer in Berlin habe, und da steht „Arne Berlin“ drauf, und daneben ist eine Sonne gezeichnet, der hat mich sehr willkommen geheißen in der Stadt. Jan Müller: Meiner ist gerade auseinander gefallen, ich hab zur Zeit nur lose Schlüssel in der Tasche. Also sollte man dir zu Weihnachten einen Schlüsselbund schenken? Jan Müller: Das wäre schön! Arne Zank: Einen möglichst schweren Karabiner... (lacht) Was für ein Lied wärt ihr heute? Jan Müller: Ich wäre eine ganze Symphonie! Von George Antheil, bisschen größenwahnsinnig. Arne Zank: Yellow Submarine. Wie wir leben wollen (VÖ: 25.01.2013/ Universal Records)


Kultur/Freizeit/Shopping

7. Esther Schipper, Schöneberger Ufer 65

Out of Mitte

1. Berlin Cathedral, Am Lustgarten

8. Sprüth Magers Berlin, Oranienburger Straße 18

12. Ø, Mehringdamm 80

2. Kino Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30

13. Stadtbad Oderberger, Oderberger Straße 57/59

3. Gorki Studio Berlin, Hinter dem Gießhaus 2

Bars/Cafés/Clubs

14. Postbahnhof, Straße der Pariser Kommune 8

4. Admiralspalast Studio, Friedrich Straße 101

9. Goldneun, Karl Liebknecht Straße 9

15. Mindpirates, Schlesische Straße 38

5. Philipp Schaeffer Library, Brunnen Straße 181

10. Katerholzig, Michaelkirchstraße 23

16. Sprüth Magers Berlin, Oranienburger Straße 18

6. neugerriemschneider, Linienstraße 155

11. Les Pâtisseries de Sébastien, Invalidenstraße 157

17. opo_domani_due, Kantstraße 147

Illustration: Lianna Dora

Legende



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