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SYMPOSIUMSBERICHT Integration durch Musik VON PHILIPP BACKHAUS

Interkulturelle Spannungsfelder und Vermittlungsansätze im Rahmen des 7. Stuttgarter Musikfests für Kinder und Jugendliche 23. und 24. November 2012

A

m 23. und 24.11.2012 fand in der Stuttgarter Musikhochschule das Symposium „Integration durch Musik“ statt, das von Prof. Dr. Hendrikje Mautner-Obst konzipiert, organisiert und geleitet wurde. Acht ReferentInnen unterschiedlichster Provenienzen setzten sich mit der Frage auseinander, wie Musik(-Pädagogik) einen Beitrag zu Partizipation und Integration von Menschen mit Migrationshintergrund leisten kann. Die Diskussion erfolgte auf Grundlage der jüngsten Migranten-Milieustudie der Sinus-Akademie. Institutionen im Kunst- und Kulturbereich müssten, so der Tenor der einzelnen Beiträge, im Interesse ihres eigenen gesellschaftlichen Bedeutungsanspruchs eine programmatisch-ideologische Öffnung hin zu einem neuen, jüngeren, diverseren Publikum leisten. Dies sei heute noch weitgehend die Ausnahme von einem business as usual des Kulturbetriebs, der sich, demographischer Veränderungen ungeachtet, weiterhin einem „überalternden“ Abonnement-Publikum verpflichtet sehe. In der abschließenden Podiumsdiskussion drängte sich der Verdacht auf, dass diese Forderungen an den Kunstbetrieb von einer Umsetzung weit entfernt sind. Auf dem von Hendrikje Mautner moderierten Podium diskutierten die Leiterin der Schauspielschule und Intendantin des Wilhelma Theaters Prof. Franziska Kötz, der Referent für Musik im Kultusministerium Hans-Martin Werner, die Leiterin der Rosensteinschule Ingrid Macher und der Leiter der Stuttgarter Musikschule Friedrich-Koh Dolge. Ingrid Macher eröffnete die Runde mit der Mitteilung, dass ihr am Vortag die anstehende Schließung der Rosensteinschule trotz erheblicher Erfolge bei der Integration migrantisch geprägter Kinder und Jugendlicher eröffnet worden war. Franziska Kötz bestätigte die „veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung von Kultur“, die sich, negativ gewendet, vor allem in einem fatalen Konservatismus des Kulturbetriebes zeige. So seien die Chancen dunkelhäutiger Absolventen des Schauspiel-Studiengangs auf ein Engagement geringer. Der Theaterbetrieb habe die Entwicklung „verschlafen, mit welchen Menschen Theater gemacht wird“; der Anspruch von Theater, die Gesellschaft zu spiegeln, scheitere heute so an ideologischen Härten. Tatsächlich drohe einem Kunst- und Kulturbetrieb, der sich den beschriebenen demographischen Veränderungen entzieht, die gesellschaftliche Marginalisierung.

Philipp Backhaus studierte Schulmusik mit dem Hauptfach Klavier an der Musikhochschule Stuttgart und setzt seine Studien ab dem Sommersemester 2013 mit dem Master-Studiengang Musikwissenschaft fort. Sein Interessenschwerpunkt liegt auf musiksoziologischen Fragestellungen: Wie wird Musik z.B. als soziales Kommunikations- oder auch Distinktionsmittel eingesetzt?

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