Musikfest Schloss Weinzierl 2012

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Texte zu den Programmen beiden Werke vorweg: Während er über das G-moll-Quartett sofort ins Schwärmen gerät, bedenkt er op. 26 gerade mit einem einzigen mageren Satz. Doch es wäre nicht Joachim gewesen, wenn sich seine Perspektive nach näherem Studium nicht grundlegend gewandelt hätte: „Mit dem A-Dur-Quartett habe ich mich immer mehr befreundet. Der Ton innigster Zartheit wechselt schön mit frischer Lebenslust. Manche harmonische Besonderheit würde mir, hätte ich sie im raschen Fortgang gleich gehört, statt sie mit dem Aug´ zu betrachten, nicht störend gewesen sein! [...] Herrlich ist das Adagio! Erst meint ich, der Gegensatz zum E dur wäre nicht glücklich; aber als ich´s (selbst auf meine stockende Weise) auf dem Klavier durchspielte, wurde ich doch ganz warm dabei, und wenn dann der goldene Faden des Themas in die unbestimmte Leidenschaft beruhigend hineinschimmert, so ist das gerade ganz wunderschön. Einige schwere Griffe werden leicht in den Streichinstrumenten zu ändern sein. Auch das Nachschlagen im Scherzo, das sich bei der Ausführung unpraktisch erweisen dürfte. Schon im ersten Satz des Schumannschen A-DurQuartetts, das doch viel langsamer geht, klingt es unruhig. Aber wie rund und aus dem Ganzen ist sonst das Scherzo geraten. Es gemahnt manchmal an letzten Beethoven, so konzentriert ist der Bau, und eigentümlich die Wendung der Melodie. Mache nur, daß ich bald alle Sachen höre.“ (Joseph Joachim an Johannes Brahms, Hannover, 15. Oktober 1861) [..] Als Joachim dann Gelegenheit bekam, die beiden Werke nicht nur zu hören, sondern auch zu spielen, entwickelte er – wie viele tiefer veranlagte Musiker – eine ganz besondere Vorliebe für das A-Dur-Quartett; von einer mit Brahms unternommenen Konzertreise wird er einige Jahre später schreiben: „Die beiden Quartette von ihm haben mich in Zürich und Aarau wieder recht erwärmt; namentlich hat das A-dur soviel Zartheit und Verklärung an vielen Stellen, daß man nur daran zu denken braucht, will man über einzelne Rücksichtslosigkeiten des Freundes hinwegkommen. Wer so schreibt, ist edel und gut.“ (Joseph Joachim an Clara Schumann, Basel, 4. November 1866) [..] Als Brahms am 8. September 1862 von Hamburg nach Wien aufbrach, bildeten die beiden Partituren einen gewichtigen Teil des musikalischen Gepäcks, mit dem der junge Komponist Mitte September in der Kaiserstadt eintraf. Wie dann Brahms Anfang Oktober bei Julius Epstein vorsprach und –spielte, wie der perplexe Pianist daraufhin einen Extrakt des Seite 71


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