LEADER Juni/Juli 2019

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Gebraucht, aber nicht verbraucht MCM, Louis Vuitton, Hermès oder doch vielleicht Burberry? Namhafte Labels rund um Handtaschen, Accessoires und Schmuck boomen – doch haben es die Preise ganz schön in sich. Genau darauf zielt die Luxury For You GmbH aus Gais ab. Und startete mit der Idee, gebrauchte Produkte weiterzuver­ kaufen, voll durch. Inhaberin Patricia von Dam erklärt im Interview, wie alles mit einem langweiligen Abend begann, sie sich überhaupt nicht zu den ­«Fashionistas» zählt – und dennoch ein Gespür für Mode und Lifestyle bewiesen hat.

Patricia von Dam, als Psychologin beschrieben Sie sich selbst als «Laie» in Sachen Mode und Lifestyle. Dennoch gründeten sie 2010 Ihr Unternehmen genau in diesem Segment. Eine verrückte Idee? Bei der Firmengründung handelt es sich weniger um eine gereifte Idee als vielmehr um eine in den Schoss gefallene und dann gepflegte Gelegenheit… Mein Mann und ich hatten im Sommer 2010 Kinder im Alter von 1, 2, 9 und 15 Jahren. Das heisst: Ferien zu planen und dabei allen gerecht zu werden, war schwierig. Also haben wir uns aufgeteilt: Ich war im Frühling mit den «Grossen» in Barcelona und mein Mann reiste im Sommer mit den grossen zwei Jungs

«Als mein Mann und die Kinder aus den Ferien kamen, hatte ich bereits 20 Taschen umgeschlagen.» für drei Wochen nach Norwegen. In dieser Zeit war ich alleine mit den zwei «Kleinen» Zuhause. Als diese um acht Uhr schliefen, war es ungewohnt ruhig im Haus. Ich war jeweils zu müde, um zu lesen, und zu uninteressiert, um TV zu schauen, hatte aber wegen der schlafenden Kinder doch keine Möglichkeit, raus zu gehen. Die Freundinnen waren in den Ferien oder bei ihren Familien.

Ihnen war also so richtig langweilig. So war es. Also beschloss ich, mir mal was Gutes zu tun und mir zwei gebrauchte Designertaschen zu gönnen. Meine Freundin hatte laufend neue Taschen – und als ich sie fragte, wie sie sich das leisten könne, erzählte sie davon, dass diese Taschen secondhand viel günstiger seien und dann nach Gebrauch zu ­einem guten Preis verkauft werden können. Als die beiden Taschen kamen, waren die zwar ok, liessen mein Herz aber nicht höherschlagen. Also habe ich sie gleich auf Ricardo gestellt und verkaufte sie innert drei Tagen mit Gewinn. Das machte Spass,

also recherchierte ich intensiv über Echtheitsmerkmale und kaufte drei Taschen an, um diese gleich wieder zu verkaufen. Als mein Mann und die Kinder aus den Ferien kamen, hatte ich bereits 20 Taschen umgeschlagen.

Und Sie waren von heute auf morgen Unternehmerin. Irgendwann rief mich mein Mann aus Norwegen an und sagte, dass es total seltsam sei, er könne die Hotels plötzlich nicht mehr mit der Mastercard bezahlen. Unser Kreditkartenlimit hatte ich mit den Taschenkäufen schon ausgeschöpft. Es war dann nicht so einfach, ihm zu erklären, dass ich zwar viele Taschen gekauft habe – aber nicht, um die selber zu tragen (lacht). Andere gönnen sich an langweiligen Abenden vielleicht ein Bad, Sie haben eine Geschäftsidee umgesetzt. Aber weshalb gerade Luxushandtaschen? Handtaschen und Accessoires geben die spezielle Note. Auch bei einfachen Outfits. Ich mochte Schmuck und Accessoires schon immer. Geschäftlich sind Taschen super, da sie im Gegensatz zu Kleidern und Schuhen viel weniger grössen-, wetter- und ­saisonabhängig sind. Zudem halten sie meist länger. Und mit Ihrer Geschäftsidee stiessen Sie auf offene Türen. Mit sechs Familienmitgliedern gestartet, mauserte sich Ihr Unternehmen zum ersten und grössten Onlineshop für Secondhand-­Taschen. Nachdem mein Mann, ein Ökonom, aus den Ferien zurückgekommen war, war er gleich begeistert von dieser Idee. Er kniete sich sehr rein, um das Ganze zu optimieren. Dies hat meiner Idee erst den notwendigen Boost gegeben, um luxury-for-you.ch zu dem zu machen, was es heute ist. So schnell zu wachsen, kann aber auch eine Herausforderung sein. LEADER | Juni/Juli 2019


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