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Währenddessen in den USA

Während wir hier in Europa darauf warten, dass es endlich eine Regierung gibt, die in der Lage ist, eine einigermaßen sinnvolle Legalisierung einzuführen, hat in den USA mehr als die Hälfte der Bundesstaaten Cannabis bereits legalisiert. Während auf Bundesebene Cannabis weiterhin illegal ist und einige Bundesstaaten, wie etwa Texas, eine Legalisierung auch gar nicht planen, haben die Bürger:innen des benachbarten Colorado das Recht, darüber anders zu denken. Im Übrigen nennt man genau das Demokratie, wenn der Wille der Mehrheit geltend gemacht wird, unabhängig davon, ob die Mehrheit recht hat. In der Demokratie geht es nämlich nicht um die Wahrheit, sondern um den Willen der Mehrheit.

Wenn also die Mehrheit der Ansicht ist, dass der Konsum von Cannabis überhaupt nicht unter Strafe gestellt werden sollte, dann müsste man die diesbezüglichen Gesetze in einem demokratischen Rechtsstaat dementsprechend modifizieren und nicht der Mehrheit erklären, dass ihre Ansichten falsch sind. Die Ermächtigung und die damit einhergehenden Rechte und Mittel wurden dem Staat nicht deswegen erteilt, damit er uns erklärt, was für uns gut wäre, sondern, damit er das organisiert und vollzieht, was wir sagen!

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In den Vereinigten Staaten interessiert es die Leute nicht, was die Republikaner von der Legalisierung oder die Demokraten vom Waffenbesitz halten. Es zählt nämlich, was die Mehrheit denkt. So kann Cannabis in Colorado legal und im benachbarten Texas illegal sein.

Übrigens ist, wenn man in Texas startet und dann durch New Mexico, Arizona, Nevada und Kalifornien ganz bis Oregon reist, nichts davon zu sehen, wie unterschiedlich die Regulierungen von Cannabis in diesen Staaten sind. In Texas gibt es an den Autobahnen ebenso Plakate mit Cannabis-Blättern, nur machen dort Rechtsanwälte Reklame für ihre Dienstleistungen, falls man wegen Konsums angeklagt wird, während in Nevada CannabisShops Werbung dafür machen, wie viel Rabatt man beim ersten Kauf oder als registierte/r Cannabis-Patient:in bekommt.

Trifft man in einer Stadt ein, bemerkt man die Cannabis-Fachgeschäfte dank der strengen Werbevorschriften kaum. Die Schaufenster oder Fassaden der Shops sind meist schlicht gehalten, es ist fast gar nicht zu erkennen, dass es sich dabei um ein CannabisFachgeschäft handelt. Das Design ist überaus vielfältig, vom Shop, der an die Zeit der Hippies erinnert, über den östlichen Laden im buddhistischen Style bis hin zum Cannabis-Shop, der aus einer Bäckerei umgestaltet wurde, gibt es alles. Letzterer existiert wirklich und trägt den Namen The Bakery, und wir sind tatsächlich auf der Hauptstraße von Fort Bragg im Mendocino County an ihm vorbeigelaufen, als wäre es eine Bäckerei.

Was aber in allen Shops fast identisch ist, das ist der Service. Ich war in meinem Leben nur in wenigen Läden, die so kundenorientiert waren und wo ich einen derart umfassenden Service bekommen habe. In Europa ist nicht einmal das unbedingt selbstverständlich, dass die Verkäufer:innen alles über die einzelnen Produkte, Herstellerfirmen oder den Herkunftsort der Produkte wissen, doch wir waren sogar in einem Shop, dessen Eigentümer seine Mitarbeiter:innen regelmäßig zu Konferenzen über medizinisches Cannabis schickt, damit sie über den neuesten Forschungsstand, Therapien und Produkte informiert sind, all das natürlich auf Kosten der Firma.

Währenddessen diskutieren wir hier, mitten in Europa, darüber, ob ein erwachsener Mensch in seinem eigenen Haus zu seinem eigenen Gebrauch überhaupt Cannabis anbauen darf, als ob das auch nur irgendjemanden außer die mit ihm zusammen Lebenden etwas anginge.

text: von G. Holland

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