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MIERSCHER KULTURHAUS IM GESPRÄCH MIT PEGGY KIND

IM GESPRÄCH MIT PEGGY KIND

ZUM SCHWERPUNKTTHEMA INKLUSION IM MIERSCHER KULTURHAUS

Claude Mangen (Direktor) und Peggy Kind (Interview, Verantwortlich für inklusive Projekte )

In der aktuellen Saison gibt es viele Veranstaltungen mit inklusivem Charakter. Was werden die Mitwirkenden und die Zuschauer erleben?

Unsere neue Saison steht unter dem Themenschwerpunkt INKLUSION Kultur. Grenzen los! Dieses kulturelle Angebot soll nicht nur für Zuschauer:innen mit und ohne Behinderung zugänglich sein, sondern auch Künstler:innen mit und ohne Beeinträchtigung erlauben, in unseren Produktionen mitzuwirken. Wir möchten das Thema Behinderung aus seiner Ecke nehmen und es als Selbstverständlichkeit ins Programm einbinden; es sichtbar gestalten und ihm eine Plattform geben, in der jeder Mensch sich wiederfinden kann.

Unsere Veranstaltungen mit inklusivem Charakter sind deshalb künstlerisch vielfältig und wenden sich an ein breites Publikum.

Wir bauen zum Beispiel eine Brücke zwischen Tanz und körperlicher Behinderung, respektiv psychischer Gesundheit: Im Tanzlabor Tanzen, Schwingen, Räumen Schäumen… Träumen arbeiten drei professionelle Künstler.innen mit einer Gruppe von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, um auf lange Sicht ein künstlerisches inklusives Ensemble zu gründen. Im Rahmen der Semaine de la Santé mentale bieten wir mit LUCODA Luxembourg Collective of Dance über sieben Tage ein intensives Programm mit Workshops, Bühnenperformance und Gesprächsrunde zum Thema Tanz und psychische Gesundheit an.

Inklusion ist auch eine Frage der Darstellung und der Repräsentativität – weshalb wir das Theaterstück Irreparabel vom Deutschen Nationaltheater Weimar und dem Theater Erfurt im März zeigen. Es erzählt die Geschichte von zwei jugendlichen Außenseitern mit einer körperlichen Behinderung, respektiv einer unheilbaren Krankheit, und wendet sich an ein junges Publikum. Um auch hörgeschädigten Kindern Musik zugänglich zu machen, und hörenden Kindern eine neue Sprache zu verbildlichen, planen wir im März die Wiederaufnahme unserer Kinderproduktion D’Mina an déi vergiesse Melodie mit einer Schauspielerin in Deutscher Gebärdensprache. Im Juni freuen wir uns auf den Besuch zweier inklusiver Theaterkompanien aus Nancy – la Cie Tout va bien! & La Mue du Lotus – welche unsere Zuschauer:innen auf einen spannenden Spaziergang in die Natur mitnehmen.

Auch die inklusive Bildende Kunst ist in dieser Saison vertreten. In der Ausstellung Vis à Vis Reloaded experimentieren Künstler:innen mit und ohne Beeinträchtigung aus dem luxemburgischen Künstlerkollektiv cooperationsART mit Malern oder Bildhauern aus der nationalen Kunstszene und lassen neue Werke entstehen.

Auch unsere Kommunikation haben wir in dieser Saison inklusiv gestaltet: alle inklusiven Projekte, sowie unsere praktischen Informationen, sind auf Deutsch und in Leicht zu lesen geschrieben. Zugang zur Information ist nämlich die Grundlage zur Inklusion und Selbstbestimmung.

Es gibt ein landesweites Netzwerk für mehr Inklusion in der Kultur, inwiefern bringt sich das Kulturhaus in dieses Netzwerk ein?

Seit mehr als 15 Jahren ist Inklusion ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Programmes des Mierscher Kulturhauses. Wir haben im April 2021 auf eigene Initiative dieses Netzwerk gegründet. Mit einer Vielzahl von kulturellen und sozialen Institutionen, sowie Künster:innen aus Luxemburg möchten wir die Inklusion im Bereich der Kultur vorantreiben und ihr eine größere, landesweite Reichweite geben. Im Januar 2023 werden wir unser erstes gemeinsames Programm als Netzwerk vorstellen und veröffentlichen.

Barrieren sind manchmal im Kopf, aber auch häufig in der Infrastruktur zu bewältigen. Wie sieht es im Mierscher Kulturhaus aus, sind die Räume für Menschen mit körperlichen Einschränkungen gut zu erreichen?

Inklusion ist ein Prozess der Selbstbestimmung und des Empowerments; das Mierscher Kulturhaus arbeitet ständig daran, seine Zugänglichkeit in allen Hinsichten (noch) besser zu gestalten. Unsere Infrastruktur ist technisch gesehen rundum ausgestattet, um Menschen im Rollstuhl zu empfangen und wir sind dabei, das diesbezügliche Eurewelcome-Label zu beantragen. Inklusion geht aber weiter als nur ein räumlicher Zugang. Wir pflegen eine zuvorkommende Willkommenskultur und garantieren einen personalisierten Empfang für Menschen mit den verschiedensten Bedürfnissen; unser Personal wurde diesbezüglich bei Info Handicap geschult. Wir bieten auf Anfrage eine Induktionsschleife für Menschen mit einem Hörapparat und möchten unsere Kommunikation in Einfacher Sprache in den kommenden Jahren weiterhin ausbauen. Es gibt aber noch so viele Sachen, die wir im Bereich der Inklusion umsetzen möchten und hoffen in diesem Kontext auch auf die benötigte politische Unterstützung.