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IHK Trier: Im Gespräch Dr. Jan Glockauer
IHK TRIER DR. JAN GLOCKAUER
Hauptgeschäftsführer IHK Trier und Honorarkonsul von Luxemburg
Im Gespräch
Die Unternehmen in der Region suchen händeringend nach Personal. Wie kann die IHK ihren Mitgliedsbetrieben Hilfestellung geben?
Wir klären schon seit über zehn Jahren über den Fachkräftemangel auf und haben die Region entsprechend sensibilisiert. Leider stehen wir erst am Anfang einer noch viel größeren strukturellen Herausforderung, die uns dieser Mangel aufzwingen wird. Es gibt weniger Erwerbstätige und mehr Renteneintritte, die Problematik wird sich also weiter verschärfen. Arbeiterlosigkeit ist das neue Thema, nicht Arbeitslosigkeit. Wir müssen versuchen Erwerbstätige, die einfachere Tätigkeiten ausüben, intensiver zu schulen, damit sie höhere Qualifikationen gewinnen und komplexere Aufgaben übernehmen können. Einfache Tätigkeiten müssen stärker automatisiert und digitalisiert werden. Mit unseren vielen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten setzen wir für junge Menschen Anreize in der Region zu bleiben und ihren Lebensmittelpunkt hier zu finden. Es wäre fatal, wenn sie abwandern, weil sie nicht wissen, welche Möglichkeiten auf sie warten. Deshalb müssen wir auch familienfreundliche Arbeitsverhältnisse anbieten, damit vor allen Dingen Frauen, die mehr arbeiten möchten, es aber nicht können, weil flexiblere Betreuungskonzepte fehlen, Lösungen von uns bekommen. Als IHK haben wir seit Jahren auch Erfahrung mit Zuwanderung aus anderen europäischen Staaten, diese Zuwanderung wird auf Dauer nicht ausreichen, weil alle europäischen Industriestaaten dieselben Probleme teilen. Wir müssen daher auf Arbeitnehmer aus Drittstaaten zugehen. Potenzial bieten zudem qualifizierte Menschen im Ruhestand, die vielleicht noch gerne arbeiten würden, wenn es passende Verdienstmodelle für sie gäbe. Für sie brauchen wir einfache arbeitsrechtliche Regelungen, die es ihnen ermöglichen ein oder zwei Tage die Woche zu arbeiten, ohne dass sie und ihre Betriebe mit zu viel Bürokratie überfordert werden. Wir sind mit Unternehmen und der Politik in ständigem Austausch, um diese ganzen Herausforderungen zu lösen.
Viele junge Menschen drängt es zum Studium. Wie kann man auch ohne klassisches Studium durchstarten?
Zur Fachkräftesicherung brauchen wir die gesamte Bandbreite der Qualifikation. Es gibt allerdings viele junge Menschen, die aus unserer Beobachtung mit einer praktischen Ausbildung in einem Unternehmen besser zurechtkommen als an einer Hochschule. Für viele ist der theoretische Ansatz der Universitäten zu trocken und sie wenden sich vom Studium ab, für sie wäre es definitiv zielführender direkt mit einer praktischen Ausbildung zu starten. Wir haben in Deutschland zirka 350 verschiedene Ausbildungsberufe. Als IHK begleiten wir die jungen Menschen während der Ausbildung und im Anschluss mit einer Vielzahl von Weiterbildungsmöglichkeiten, deren Abschlüsse teils mit Bachelor oder Masterabschlüssen vergleichbar sind. Interessant ist, dass viele dieser Absolventen in den Betrieben sogar besser bezahlt werden als Hochschulabsolventen. Wir haben diverse Studien darüber geführt und können das auch nachweisen.
Sie sind Honorarkonsul von Luxemburg, wie entwickelt sich aus Ihrer Sicht der Arbeitmarkt in der Großregion künftig auf beiden Seiten der Grenze?
Wir sind europäische Nachbarn und profitieren voneinander, stehen allerdings auch in einem Wettbewerb um Arbeitskräfte. Wir müssen den Mehrwert unserer Gemeinsamkeiten erkennen, herausarbeiten und verantwortungsvoll mit der Konkurrenzsituation umgehen, das gelingt uns auch. Unsere Großregion ist etwas Besonderes und wir werden die Herausforderungen nur gemeinsam meistern können. Das motiviert mich immer wieder auf´s Neue, Projekte anzustoßen, die uns insgesamt hier in dieser wunderschönen Gegend nach vorne tragen.