kontur59 Leseprobe

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Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin

Danke Vorarlberg

Wir feiern 20 Jahre

Wenn Krane die Weltwirtschaft tragen

Couture zwischen Bosporus und Ringstraße

Houston, dieser Held hat es geschafft

Special: Vorarlberger Wirtschaftsforum

Kunst von Kusama bis Wautier

Gesundes Wachstum, nachhaltige Ernte.

Sicher, kompetent und persönlich –unsere Werte sind so bewährt wie aktuell. Sie schaffen den Boden für nachhaltiges Vertrauen.

Zeitgemäßes Private Banking verlangt exzellentes Wissen ebenso wie Vernunft, maßgeschneiderte Lösungen sowie den Blick für das richtige Maß. raiba-privatebanking.at

Editorial

Danke Vorarlberg Wir feiern 20 Jahre

Als kontur 2005 zum ersten Mal erschien, ging YouTube gerade online und Facebook war noch ein Studentenexperiment. Vieles hat sich seither verändert – geblieben ist unsere Neugier. Wer wir sind? Eine kleine Redaktion mit großen Ideen und der Leidenschaft für Menschen, die Wirtschaft gestalten, Unternehmergeist leben und Neues wagen.

20 Jahre voller spannender Begegnungen und Interviews, begleitet von der immer wiederkehrenden Frage: „Haben wir gute Bilder dazu?“ – für die Nerven in dieser Zeit mindestens 7305 Tassen Kaffee pro Kopf. Die coolsten Themen? Schwer zu sagen: Vom Familienbetrieb, der Nischenprodukte exportiert, bis zum internationalen Global Player war einfach alles dabei, genauso wie Künstler, Designer und Kreative, die wir auch an den entlegensten Orten außerhalb des Landes aufspürten. Wir haben uns in die Lüfte erhoben, Fabrikhallen besichtigt, sind durch Museen, Ateliers, Start-up-Büros flaniert und haben dort mit Kulturschaffenden, Unternehmern und Machern gesprochen. Dieser Geburtstag ist ein Rückblick und gleichzeitig ein Versprechen: Wir folgen Ideen, wo immer sie entstehen und wenn uns der Kaffee einmal ausgehen sollte, die Geschichten tun es ganz sicher nicht.

Viel Spaß wünscht Ihnen Ihr kontur-Redaktionsteam

Impressum

Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller: Russmedia Verlag GmbH, A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1 Redaktionelle Leitung: Christiane Schöhl von Norman, christiane.norman@russmedia.com

Redaktion: Christa Dietrich, Marion Hofer, Elisabeth Längle, Stefan Pabeschitz, Angelika Schwarz, Gastkommentar: Franz Schellhorn

Artdirection: Bernadette Prassl, bernadette.prassl@russmedia.com

Anzeigenberatung: Russmedia GmbH, A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1 Patrick Fleisch, Thorben Eichhorn, Roland Rohrer, Andrea Oberjörg

Druck: Vorarlberger Verlagsanstalt GmbH, A-6850 Dornbirn, Schwefel 81 Erscheinungstag: 7. November 2025; Nächste Ausgabe: 10. April 2026 kontur online: Das Vorarlberger Wirtschafts- und Lifestylemagazin finden Sie auch auf: Instagram, Facebook & LinkedIn: @konturmagazin und auf kontur-magazin.at

Inhalt

Seite 06 | Buzz Aldrin. Großartige Trostlosigkeit

Seite 10 | Künz. Ein Schiff wird kommen oder ein Zug

Seite 19 | Tao Kreibich. Es ist wie eine Droge

Seite 22 | Gadgets. Der Berg grooved

Seite 26 | Atıl Kutog˘lu Zwischen Bosporus und Ringstraße

Seite 32 | Reisch. Die Magie der Mechanik

Seite 37 | gbd. Visionen auf stabilen Säulen

Seite 41 | Special. Vorarlberger Wirtschaftsforum

Seite 42 | Leere Kassen. Wir verteilen uns arm

Seite 60 | Rochini. Appetit auf exklusives Geschirr

Seite 64 | Zirkuläres Bauen. Nutzen, was schon da ist

Seite 69 | Tristan Horx. Das Spiel mit den Skandalen

Seite 74 | BMW iX3. Neue Klasse, neues Glück

Seite 76 | Montforter Zwischentöne. Richtig laut und unüberhörbar

Seite 81 | Zünd-Stoff. Vorarlberger Stickereien in Westafrika

Seite 84 | Schöne Masche. Gestrickte Geschichten

Seite 87 | Spektakulär inszeniert. Kunst von Kusama bis Wautier

Fotos: Künz
GmbH, Rochini / Moneo Moneo, Moritz Ablinger, Jason Mandella, Barbara Nidetzky, Frederick Sams

Freude am Fahren

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Symbolfoto

Ein Schiff wird kommen oder ein Zug

Rotterdam. Für das moderne

Containerterminal Maasvlakte II liefert Künz 62 Stapelkrane.

Foto: Künz

Krane surren über Schienen oder den Boden und hieven einen Container nach dem anderen an ihren Bestimmungsort.

Wie bunte Bauklötze lassen sich die übergroßen

Metallkästen stapeln – in Rostbraun, Gelb, Grau und Blau.

Auf den Umschlagplätzen dieser Welt sorgt ein Vorarlberger

Familienunternehmen dafür, dass Warenströme im Fluss bleiben: zurückhaltend, effizient und mit einer Präzision, die internationale Maßstäbe setzt.

Künz Holding

Gegründet: 1932

Eigentümer: im Besitz der Gründerfamilie

Geschäftsführung: Günter Bischof, Georg Schuch, David Moosbrugger

Betriebsleistung 2024:

293 Mill. Euro (+ 42,6 %)

Exportquote: 90 %

Mitarbeiter: rund 340 Mitarbeitende im Land und 960 in der Gruppe Foto: Künz GmbH

Fast 90 Prozent der Waren reisen heute in Containern um die Welt. Künz Krane stehen an den Schnittstellen dieser globalen Lieferketten: Sie heben, stapeln und verteilen die bunten Metallboxen vornehmlich an Seehäfen und Bahnhöfen. Geleitet wird das Familienunternehmen von einem eingespielten Führungstrio: Günter Bischof, zuständig für das Kaufmännische, Georg Schuch, verantwortlich für Produktion und Montage, sowie David Moosbrugger, Leiter Technik und Vertrieb. „Wir bündeln unsere Fähigkeiten, jeder hat seinen Fokus, und doch stimmen wir alle Aktivitäten kontinuierlich ab“, unterstreicht Bischof. Diese klare Arbeitsteilung bildet die Grundlage für die Innovationskraft des Unternehmens, die besonders an Bahnhöfen und Seehäfen sichtbar wird. „Die Umschlagbahnhöfe im Intermodalbereich sind derzeit von einem großen Automatisierungsschub gekennzeichnet. Vor etwa drei Jahren haben wir damit begonnen, unsere Produkte in einem sehr hohen Automatisierungsgrad auszuführen, sprich auf Fahrer in der Krankabine zu verzichten und die Krane über Fernsteuerung zu bedienen“, erklärt David Moosbrugger. Mit Marktanteilen von 70–80 % in Europa und 40–50 % in den USA zählt Künz hier zu den führenden Anbietern. Seit Jahrzehnten wird massiv in Software investiert: Die Krane sind in die Terminal-ManagementSysteme eingebunden, optimieren Containerreihenfolgen, minimieren Leerfahrten und sorgen so für einen reibungslosen Materialfluss. „Wir sehen uns im Automatisierungsbereich klar als Vorreiter. Das verschafft uns nicht nur einen Wettbewerbsvorteil, sondern bildet zugleich eine gewisse Eintrittsbarriere für Mitbewerber“, ergänzt Günter Bischof. Mehr als die Hälfte der Entwicklungsstunden fließt inzwischen in diesen Bereich – ein Aufwand, der sich auszahlt, denn die Automatisierung ist längst das Herzstück der Unternehmensstrategie, im Hinterland ebenso wie an den Häfen.

Stapeln am Hafen. An den Ports zeigt sich dieser Fortschritt besonders deutlich: Hier ist die Automatisierung bereits seit mehr als 20 Jahren auf dem Vormarsch. Ein umzäuntes Terrain, strenge Zugangskontrollen und somit naturgemäß weniger Personal haben diese Entwicklung befeuert. Hier konzentriert sich der Vorarlberger Maschinenbauer auf Stapelkrane direkt hinter den Entladezonen der Schiffe, wo künftig auch flexible, gummibereifte RTGs (Rubber Tyred Gantries) zum Einsatz kommen sollen: „Bei den Ports geht es vor allem darum, unsere Produktpalette zu vervollständigen. Im Jahr 2018 haben wir den Freerider RTG eingeführt, der im Eisenbahnbereich aufgrund seiner Merkmale wie Beschleunigung, Geschwindigkeit und Flexibilität, sehr gut angekommen ist. Jetzt treiben wir die Etablierung an den Seehäfen voran. Wir denken in Jahrzehn-

Maasvlakte. Die Stapelkrane erreichen eine Höhe von bis zu sechs Containern und eine Spurweite von 28,1 Metern.

ten, nicht in Monaten“, betont Moosbrugger die Länge der Produktzyklen und führt gleichzeitig die Vorzüge des neuen Portalkrans an, der sich u. a. durch einen aerodynamischen, runden Hauptträger auszeichnet, wodurch Energieverbrauch und Verschleiß minimiert werden. „Das patentierte Hubwerk-System gewährleistet selbst bei voller Last und Geschwindigkeit ein zuverlässiges Handling.“

Seit Kurzem produziert Künz die speziell für den Freerider entwickelten Hauptträger auch in einem eigenen Werk in Polen, zuvor wurden Partnerbetriebe genutzt. Die Entscheidung, die verschiedenen Zuständigkeiten zu bündeln, erwies sich als strategisch: „Wir besitzen alle Kompetenzen, die der Kranbau erfordert, im eigenen Haus. Design, Engineering, Produktion – das sichert Flexibilität und Qualität auf höchstem Niveau“, erläutert Georg Schuch. „Unsere Produktionsstätten liegen ausschließlich in Europa – das erlaubt uns, den Markt aus eigener Kraft zu bedienen. Ein europäischer Kunde erhält ein Produkt, das in Europa gefertigt wird. Damit sichern wir nicht nur die Qualität durch direkte Kontrolle aller Prozesse, sondern auch unsere Innovationskraft: Wir entwickeln neue Lösungen und testen bzw. optimieren sie in der eigenen Fertigung.“

Hauptquartier Hard. Dass der Familienbetrieb seine Produktion bewusst in Europa konzentriert, ist mehr als eine strategische Entscheidung – es ist Ausdruck einer Haltung. Geografischer Mittelpunkt ist bis heute Hard. „Das ist unser Hauptquartier. Da kommen wir her, dort sind wir zu Hause“, so Günter Bischof über die Relevanz des heimischen Standorts. „Das Herz der Technik schlägt hier – auch wenn wir eine Konstruktionsabteilung in der Slowakei sowie Büros in Egg, dem Bregenzerwald und Wien haben. Die entscheidenden Weichenstellungen fallen alle hier.“ Neben Vertrieb und Engineering ist auch eine spezialisierte Fertigung in Hard angesiedelt, ebenso das zentrale Lager. Eine groß angelegte Expansion am Standort sei aber nicht zu erwarten, so der kaufmännische Leiter: „Das ist nicht nur eine Kostenfrage. Es wird schlicht immer schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu finden.“

Stark. Ein europäischer Kunde erhält von Künz ein Produkt, das in Europa gefertigt wird.

Referenzprojekt Rotterdam. Das derzeit größte Projekt im Stapelkran-Bereich an einem europäischen Hafen ist die zweite Phase des Containerterminals Maasvlakte II in Rotterdam. Das Terminal zählt zu den größten und modernsten in Europa. Die Expansion soll die Kapazitäten bis Ende 2027 verdoppeln. Künz liefert für dieses Referenzprojekt 62 vollautomatische ARMGs (Automated Rail Mounted Gantry Cranes) im neuen „single girder“-Design und einen Intermodal Yard Crane. Die Stapelkrane erreichen eine Höhe von bis zu sechs Containern bei einer Spurweite von 28,1 Metern. Hebe- und Fahrgeschwindigkeiten liegen bei bis zu 84 bzw. 270 Meter pro

Der aerodynamische Hauptträger des Freerider RTG reduziert den Energieverbrauch und Verschleiß.

Minute. „Das Einträger-Design ist aerodynamisch, leichter, benötigt weniger Motoren und reduziert den Stromverbrauch – viele Vorteile gegenüber der Konkurrenz“, erklärt Moosbrugger. Schon beim ersten Projektabschnitt 2012 hatte Künz 54 ARMGs und 2 RGCs geliefert; die zweite Phase baut auf dieser bewährten Technik auf, optimiert sie in Leistung, Effizienz und Nachhaltigkeit. Rund 99 % der Bewegungen sind automatisiert, der Rest ferngesteuert. „Dieses Projekt haben wir gegen unseren Hauptkonkurrenten aus China gewonnen. Daran zeigt sich: Auch europäische Hersteller können erfolgreich sein, wenn Innovation und Produktionskosten stimmen – selbst gegen starke asiatische Konkurrenten bei einem Großprojekt“, so der Technik-Chef.

Doch Rotterdam ist nur eines von vielen Referenzprojekten für die Leistungsfähigkeit der stählernen Kolosse aus Vorarlberg. „Das stärkste Argument ist, wenn die Anlagen reibungslos laufen, denn das spricht sich herum – gerade bei den großen Betreibern mehrerer Terminals“, so Günter Bischof. Wer einen Kran bestellt, trifft zudem auf Geschäftsführer, die nahbar und ansprechbar sind. Diese flachen Hierarchien vermitteln Vertrauen und Handschlagqualität.

Bewährt. Ein eingespieltes Führungstrio (v.l.n.r.): David Moosbrugger (Technik und Vertrieb), Günter Bischof (Kaufmännischer Bereich), Georg Schuch (Produktion und Montage).

Globale Ausrichtung. Die Exportquote liegt bei 90 %, sprich, neun von zehn Kranen verlassen Österreich. „Export hat uns groß gemacht“, resümiert Bischof, wobei ihm die aktuellen geopolitischen Entwicklungen noch keinen Anlass zur Sorge geben: „Niemand weiß, was nächste Woche ist, trotzdem gibt es Prognosen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte und man muss Entscheidungen treffen, die sich auswirken – speziell, wenn es um große Investitionen geht.“ Die Entwicklung des Containerumschlags in den vergangenen Jahrzehnten gebe Grund zur Zuversicht: stabil zwischen zwei und vier Prozent Wachstum pro Jahr, selbst bei Verschiebungen von Routen und Warenströmen. Zölle oder geopolitische Spannungen können kurzzeitig Einfluss nehmen, aber: „Die Weltwirtschaft bricht deshalb nicht zusammen – und der globale Güterverkehr blieb bis dato vergleichsweise robust“. Künz profitiere aber auch von der Konjunktur seiner Kunden. Nach der Pandemie seien viele stark gewachsen und hätten in neue Technik investiert: „Das kommt uns zugute. Natürlich gibt es immer wieder Phasen der Zurückhaltung, aber derzeit sind unsere Partner, trotz aller globalen Herausforderungen, überraschend zuversichtlich.“ Dass die Krane fast ausnahmslos ins Ausland gehen, spiegelt sich auch in den

Dieser permanente Optimierungsgedanke, Produkte zu verbessern, ist für uns der Schlüssel zum Erfolg.

Zahlen wider. Die Betriebsleistung 2024 stieg um über 40 % auf 293 Millionen Euro – ein Wachstum, das die Dimension der Produktion spürbar macht. „Gewaltig, diese letzten vier Jahre“, bringt Günter Bischof das Volumen auf den Punkt. „Wir bauen heute doppelt so viele Krane wie noch vor drei Jahren. Jede Woche liefern wir ein bis zwei davon aus. Das ist eine enorme Leistung der ganzen Mannschaft.“ Wenig verwunderlich, dass es bei einem derartig rasanten Wachstum ab und an in der Montage hakt, weil jeder Kran von einem Künz-Montageleiter aufgebaut und in Betrieb genommen werden muss. „In den letzten Jahren sind wir da schon hin und wieder an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen. Was uns aber zugutekommt: Unsere Kunden akzeptieren im Einzelfall auch längere Lieferzeiten, weil ihnen Qualität und Präzision wichtig sind.“ Doch wie hält man überhaupt so ein Tempo durch? Bischof zeigt sich bescheiden: „Es ist eine große Herausforderung. In unserer langen Geschichte gab es immer wieder Wachstumsschübe, bei denen ein Projekt das nächste jagte – manchmal ist dann etwas ins Stolpern geraten. Die letzten Jahre jedoch läuft alles wie am Schnürchen: präzise Planung, eingespielte Teams, praktisch keine Verspätungen oder Pönalen. Fast zu schön, um wahr zu sein.“

Hard. Alle wesentlichen Entscheidungen werden im Hauptquartier getroffen.

Effizient. Künz Containerkran beim Entladen eines Binnenschiffs in Westzaan Amsterdam.

Prinzip der Optimierung. Ergebnisse wie diese kommen nicht von ungefähr. Hinter ihnen stehen auch Entscheidungen, die sich rückblickend als bemerkenswert vorausschauend erweisen – etwa die Entwicklung des runden Hauptträgers, der weniger Strom benötigt und dem Thema Energieeffizienz entgegenkommt. „Wir haben darüber bereits vor Jahren gesprochen, lange bevor Strompreise in Europa ein zentrales Thema wurden. Unsere Kunden hat das damals nicht interessiert – 2022/23 hat sich das mit den steigenden Energiekosten schlagartig geändert“, erinnert sich David Moosbrugger und Georg Schuch ergänzt: „Dieser permanente Optimierungsgedanke ist für uns der Schlüssel zum Erfolg. Man muss hungrig bleiben, um die nächste Verbesserung in Angriff zu nehmen. Wenn wir diesen Drive verlieren, werden wir 2035 nicht mehr so erfolgreich und unabhängig sein wie heute.“

Während weiter Container aus aller Welt über die Meere schippern, zeigt sich hinter den Kulissen: Die Krane, die diese Warenströme mitdirigieren, kommen nicht nur aus dem Land der aufgehenden Sonne, sondern auch aus dem kleinen Vorarlberg. Genauer gesagt aus einem Familienunternehmen, das mit Optimismus, unermüdlichem Antrieb und kompromissloser Qualität auf dem globalen Markt navigiert. Künz beweist: Wer in Europa denkt, konstruiert und automatisiert, kann in seiner Nische gegen Giganten bestehen –nicht mit Pomp, sondern mit Präzision, Leidenschaft und einem charmanten Schuss unaufdringlicher Gelassenheit.

Während Container weiter über die Meere schippern, zeigt sich: Die Krane, die diese Warenströme mitdirigieren, kommen aus einem heimischen Familienunternehmen, das mit unermüdlichem Antrieb und kompromissloser Qualität auf dem Weltmarkt navigiert. Foto: Christian

Holzer, Künz GmbH

Ob Vision, Innovation oder Expansion: Jede Erfolgsgeschichte beginnt mit guter Beratung.

Gutes zieht Kreise. volksbank-vorarlberg.at

Zwischen Bosporus und Ringstraße

Der Designer Atıl Kuto˘glu ist ein Kosmopolit. Orient und Okzident sind die Welten, zwischen denen er wandelt. Beim Treffen im Grand Hotel in Wien erzählt er, wie eine zufällige Begegnung in einer Straßenbahn seine Karriere beflügelte, warum Supermodels wie Naomi Campbell für ihn über den Catwalk liefen und wieso er das Leben gerne durch eine „rosarote Brille“ betrachtet.

VON CHRISTIANE SCHÖHL VON NORMAN

Seine Entwürfe sind fokussiert, fast architektonisch: vielseitig im Stil und auf eine charmante Art zeitlos, aber eben nie langweilig. Schon im Deutschen Gymnasium in Istanbul, einer der angesehensten Schulen des Landes, zeichnet er Modedesigns neben mathematischen Formeln und Aufsätzen über das Glasperlenspiel von Hermann Hesse. Mitschülerinnen lassen seine Skizzen von Schneiderinnen umsetzen, bald organisiert er erste Modenschauen – „mit kulturellem Unterbau, nicht bloß mit hübschen Kleidern“, wie er betont. „Ein bunter Vogel“ sei er gewesen, inspiriert von Pariser Teams der türkischen Modefirma Vakko, wo er erste Praktika absolviert.

Sein Weg führt ihn nach Wien, nicht auf eine Modeschule, sondern an die Wirtschaftsuniversität. Betriebswirtschaft statt Couture lautet zunächst das Credo: „Das Studium hat mir Sicherheit gegeben, so

dass ich den Mut aufbrachte, mein eigenes Unternehmen zu gründen.“ Ein nüchterner Ansatz in einer Branche, die gern vom Mythos der reinen Kunst lebt.

Vorteil einer Demokratie. Dass daraus letztlich mehr wurde als ein akademischer Auslandsaufenthalt, verdankt er einer zufälligen Begegnung: In einer Wiener Straßenbahn spricht er Ende der Achtzigerjahre Bürgermeister Helmut Zilk an, stellt sich vor – und erhält ein Stipendium für seine erste Modenschau. „Das ist der Vorteil einer Demokratie: Man kann den Bürgermeister einfach ansprechen.“ Ohne dieses schicksalhafte Zusammentreffen, ohne die Offenheit der Wiener Gesellschaft, wäre seine Karriere wahrscheinlich anders verlaufen.

Von da an geht es Schlag auf Schlag: Die erste Gala unter dem Titel „Mode in Bewegung“ an der WU Wien bringt ihm die Unterstützung seiner ersten prominenten Foto:

Barbara Nidetzky
Internationales Flair. Klare Linien, starke Farben und eine charmante, fast mühelose Eleganz zeichnen Atıl Kutog˘lus Kreationen aus – entworfen für Frauen, die nach Paris, Wien, New York oder Istanbul jetten.

Stoff mit Stil. Atıl Kutog˘lu und Redakteurin Christiane Schöhl von Norman bei der Charity Fashion Show in Wien

Ich sehe die Welt durch eine rosarote Brille – auch meine Mode vermittelt diesen Optimismus, so dass Frauen sich frei und elegant fühlen.

Fürsprecherin: Dagmar Koller. „Sie saß bei dieser Schau im Publikum und war so begeistert, dass sie mich ab diesem Zeitpunkt öffentlich unterstützt hat – das hat mir sehr geholfen.“ Danach folgen Einladungen zur New York Fashion Week und nach Paris. Supermodels wie Naomi Campbell, Karolína Kurková und Natalia Vodianova laufen in seinen Entwürfen – „nicht wegen MegaGagen, sondern weil ihnen meine Mode gefallen hat“, wie er betont. Auch in diplomatischen Kreisen avanciert der Newcomer zum geschätzten Gast und österreichische sowie türkische Botschafter richten Empfänge aus. Sein Erfolgsrezept? Kuto˘glu or-

chestriert Mozart und den Topkapi-Palast gekonnt in seinen Kreationen, entwirft Kollektionen, „architektonisch, grafisch, reduziert“ – man könnte auch sagen: zeitloser Luxus in Samt, Leder und Musseline.

Tiefere Ausschnitte, mehr Schlitz Der Blick zurück ist ambivalent. Es habe Momente gegeben, in denen er dachte: „Jetzt habe ich es in den Mode-Olymp geschafft“ – aber Mode sei eben auch ein Geschäft, in dem kein Triumph von Dauer sei. Die Finanzkrise 2008, später dann die Pandemie, zwangen ihn zum Rückzug aus dem amerikanischen Markt und verhinderten eine geplante Zweitlinie. „Wir sind gerade dabei, unsere Präsenz in den USA wieder aufzubauen“, zeigt er sich zuversichtlich. „Das Geschäftliche ist das eine. Das Entscheidende ist, dass man den Menschen Freude schenkt.“ Optimismus prägt seine Hal-

Anerkennung. Eben erst wurde dem Designer das Silberne Ehrenzeichen der Stadt Wien für seine beeindruckende Schaffenskraft verliehen. „Meine Lieblingsstadt hat sich bei mir bedankt“, freut er sich. Wenige Tage danach präsentierte er seine Frühjahr/Sommer Kollektion 2026 bei einer fulminanten Charity Show im Hotel Le Meridien.

Fotos:
Klemens
Oezelt, UgurK
Photography, Barbara Nidetzky

tung. „Ich sehe die Welt durch eine rosarote Brille.“ Diese Einstellung verkörpert auch seine Mode, die Fröhlichkeit, Eleganz und Bequemlichkeit ausstrahlt. Groteske Verkleidungen sind ihm ein Gräuel. Auf die Frage, wie seine Ideal-Kundin aussieht, hat er eine klare Antwort: „Meine Kreationen richten sich an die Kosmopolitin, die zwischen Wien, Istanbul und Paris pendelt: Eine Frau, die berufstätig ist, kultiviert und international denkt – garniert mit einem Hauch Orient.“

Die Märkte spiegeln diese kulturelle Vielseitigkeit wider. „Zu meiner Überraschung fanden die Kundinnen in Istanbul meine Wiener Modelle zu brav. Sie wollten tiefere Ausschnitte, mehr Schlitz.“ Diese speziellen Bedürfnisse nimmt er mit Gelassenheit auf, denn die Handschrift seiner modischen Ästhetik bleibt. „Silent Luxury“ nennt er es, reduzierte Schnitte, die Freiheit geben und trotzdem wirken, weil sie etwa auch im Koffer mit auf Reisen gehen und am nächsten Abend in Miami getragen werden können, ganz ohne Knitterpartie.

Mit Disziplin und Unternehmergeist. Für neue Kollektionen reist Kuto˘glu regelmäßig nach Paris und Mailand. Dort besucht er Modemessen, prüft neue Stoffe und Techniken und arbeitet eng mit Her-

stellern aus Frankreich, Italien und der Türkei zusammen. „Manchmal entwickeln wir Stoffe gemeinsam, manchmal sehe ich neue Techniken, die mich inspirieren“, erklärt er. Trotz dieser externen Impulse beginnt jede Kollektion mit einer klaren Idee, einem Thema im Kopf, um das herum sich Formen, Schnitte und Details entwickeln. Die Stoffe sind für ihn Mittel zum Zweck, nicht Ausgangspunkt: Sie unterstützen die Vision, die bereits existiert, und geben den Entwürfen ihren letzten Schliff. Aktuell (Frühjahr/Sommer 2026) ließ er sich erneut von Istanbul und Wien inspirieren: Hagia Sophia, Topkapi-Palast, Wiener Werkstätten, Gustav Klimts Goldelemente. Parallel entwirft Kuto˘glu Kostüme für das Theaterfestival Reichenau, darunter für das Ensemble von Maria Happel. „Theater ist eine andere

Herausforderung, weil man Charaktere einkleidet und nicht Models.“ Zudem denkt er über ein eigenes Parfum und Möbel nach. Sein großes Vorbild ist die vor Kurzem verstorbene Design-Ikone Giorgio Armani. „Mit über 90 Jahren steuerte er noch die Geschicke seines Unternehmens und kreierte über Jahrzehnte Mode, die Bestand hat. Das ist bewundernswert.“ Seine Zukunftsvision von Mode? „Sie soll kreativ bleiben und positiv. Qualität und Nachhaltigkeit sind wichtige Bausteine.“ Das klingt nüchtern und ist doch die Essenz seines Weges, denn Atıl Kuto˘glu hat gelernt, zwischen Kulturen, Märkten und Menschen zu balancieren. Ein bunter Vogel, gewiss, aber einer mit Disziplin, Unternehmergeist und Kleidern, die zeitloser sind als 1001 Nacht und selbstverständlich auch straßenbahntauglich.

Atıl Kuto˘glu

Geboren in Istanbul, folgte er schon früh seiner Leidenschaft und entwirft Mode. Später ist er ein gern gesehener Gast auf der Fashion Week in New York oder den Schauen in Paris. Heute kreiert er architektonische, zeitlose Kollektionen und pendelt zwischen Wien und Istanbul, stets offen für neuen kulturellen Input, spannende Menschen und inspirierende Begegnungen – garniert mit Neugier und Elan.

Ciao Bella, hallo Marianne

Trockenen Fußes

WHEN THE RAIN BEGINS TO FALL

Gute Schuhmarken überdauern die Zeit – wie Superga, die seit ihrer Gründung im Jahr 1911 für italienisches Schuhhandwerk steht. Ihr Modell 2750 ist mittlerweile ein Kultklassiker, der mit seinem schlichten Canvas-Design und der vulkanisierten Gummisohle Generationen von Fashionistas begleitet hat. Doch die Designer aus Turin zeigen, dass ihre Kreativität über den ikonischen Sneaker hinausreicht: Mit der Rubber-Kollektion beweisen sie, dass Funktion und Stil auch bei Gummistiefeln Hand in Hand gehen können. Die Linie kombiniert klassische Silhouetten mit robustem Material. Der Regen kann kommen. •

www.superga.com

Geometrie

BAUHAUS TRIFFT AUF TEEKANNE

Die Ohrringe mit dem klangvollen Namen „Marianne“ interpretieren den Geist des Bauhauses neu – eine Bewegung, die durch klare Formen, Funktionalität und schlichte, zeitlose Eleganz begeistert. Inspiriert von Marianne Brandts ikonischer Teekanne von 1924, spielt die Kollektion mit Gegensätzen: Kreise greifen ineinander, matt trifft auf glänzend, vergoldetes Sterlingsilber verbindet sich mit recyceltem Kunststoff. Das Ergebnis sind Ohrringe, die geometrische Klarheit in zeitlose, tragbare Form übersetzen und eindrucksvoll zeigen, dass Minimalismus und Ausdruckskraft sich stilvoll vereinen lassen. •

www.mymagpie.at

Biotechnologie

MIT DER KRAFT DES OLIVENBAUMS

Auf Mallorca stehen sie, majestätisch und uralt: die Olivenbäume im Trainingscenter von Sophie's Garden, manche mehr als tausend Jahre alt. Mon Olive Longévité überträgt das Geheimnis dieser langlebigen Naturgewächse in einen Stammzellen-Komplex, der den „Hauptschalter“ für Regeneration, Energie und Widerstandskraft in der Haut aktiviert. In Kombination mit Funarine, Stammzellen aus Schweizer Hochlandmoos, hält er die Zellkommunikation aufrecht und sorgt so für eine sichtbar glattere und straffere Haut. So verbindet die Linie jahrtausendealtes Wissen mit moderner Biotechnologie. •

www.sophies-garden.beauty

Fotos: Superga, Sophie´s Garden, My Magpie

Das Spiel mit den Skandalen

Skandal, Shitstorm, Spektakel – Während Algorithmen Empörung zur Währung in der digitalen Welt hochstilisieren, läutet die Generation Z überraschend eine neue Trendwende ein und durchbricht bewusst den Kreislauf aus Aufmerksamkeitsrausch, Aufruhr und Agitation. Wie? kontur hat Trendforscher Tristan Horx zum Interview gebeten.

Wer in den Kommentarspalten auf Social Media unterwegs ist, kennt die beiden Extreme: Entweder fliegen die Beleidigungen so hemmungslos wie Bierdeckel in einer verrauchten Kneipe –früher setzte der direkte Kontakt immerhin noch eine Barriere, dem Gegenüber kränkende Dinge einfach ins Gesicht zu schleudern – oder das moralische Strafgericht tagt in Echtzeit. Beispiel gefällig? Heidi Klum zeigt sich im Korsagenkleid in Venedig – und wird als zu alt und dick beschimpft, während das andere Lager jedwede Irritation über den Auftritt gleich als Beweis für strukturelle Diskriminierung wertet: Stichwort „fatphob“, „bodysha-

Retweet. Wenn große Akteure wie Donald Trump reagieren, wird aus einem belanglosen Tweet plötzlich Weltpolitik.

ming“. Was früher ein Streitgespräch gewesen wäre, ist heute ein Shitstorm. Wie reagieren die namhaften Zeitungen und Magazine? Sie überschlagen sich in Beiträgen über die digitale Empörung. „Dass die Printmedien diesen Trash unterstützen, ist erschreckend“, sagt Tristan Horx. „Wo bleibt da das Ethos im Journalismus?“

Nivellierung von Aufmerksamkeit. Doch die neue Währung lautet eben Shitstorm, Skandal und Spektakel. Der Trendforscher spricht in diesem Zusammenhang von einer „Gesellschaft der abrufbaren Empörung“, befeuert von Algorithmen, die genau wissen, wie man Aufmerksamkeit hackt. „Wir sind an einem Punkt, an dem Maschinen menschliche Gehirne auf Knopfdruck triggern können“, weiß der 32-Jährige. Was Likes bringt, wird hochgespült. Was irritiert, wird skandalisiert. Die Schwelle, aus einer

Internetphänomen „Manfluencer“: Ihre provokanten Thesen funktionieren nach der Logik maximaler Klickbarkeit – nicht, weil sie Orientierung bieten, sondern weil sie Reaktionen provozieren.

Kleinigkeit einen Kulturkampf zu entfachen, ist minimal geworden. Wie schnell das gehen kann, zeigte zuletzt die Werbekampagne von American Eagle mit Sydney Sweeney. Ein Foto, ein Spruch – „Sydney Sweeney has great jeans“ – und binnen Stunden wurde daraus ein globaler Streitfall. Die „Sprachpolizei“ hörte „great genes“ – tolle Gene – und unterstellte rassistische Untertöne. Boykottaufrufe folgten.

Tatsächlich sei, so Horx, die eigentliche Empörung nicht ansatzweise so groß gewesen, wie später suggeriert wurde. „Irgendein Twitter-Bot oder ein -Account mit ein paar Dutzend Followern schreibt etwas Belangloses und greift das Thema auf – und plötzlich reagieren große Akteure, Medien oder Politiker wie der Präsident der Vereinigten Staaten darauf.“ Dadurch werden MiniPosts künstlich aufgeblasen. Am Ende stehen der kleine Tweet und die Reaktion des Präsidenten gleichwertig nebeneinander in den Schlagzeilen, als ob sie dasselbe Gewicht hätten. „Das eigentlich Absurde daran: In der Aufmerksamkeitsökonomie zählt nicht mehr, wie relevant etwas ist, sondern nur, ob es Aufmerksamkeit erzeugt. So wird aus einem Randgeräusch ein Weltereignis – und genau deshalb gewinnen sie in der

Aufmerksamkeitsökonomie“, erklärt Horx die Mechanismen der digitalen Welt. Es zählt also nicht mehr, wie relevant etwas ist, sondern nur, ob es Aufmerksamkeit generiert.

Mainstream Manfluencer. Dieses Phänomen umfasst spannenderweise auch die Geschlechterrollen: Während Frauen in sozialen Medien zunehmend als intellektuelle Stimmen auftreten, hat sich eine neue Spezies von Männern von einer Subkultur zu einer Mainstream-Bewegung ausgewachsen: die „Manfluencer“. „Viele dieser Typen wirken wie aus der Zeit gefallen“, unterstreicht Horx. „Sie verkaufen toxische Männlichkeitsbilder als Lifestyle und reden gleichzeitig so, als hätten sie die Weltformel entdeckt. In Wahrheit sind sie weniger Wegweiser als Symptom, sondern ein bizarrer Auswuchs der Aufmerksamkeitsökonomie, die Zuspitzung und Skandalisierung belohnt.“ Ihre provokanten Thesen funktionieren nach der Logik maximaler Klickbarkeit – nicht, weil sie Orientierung bieten, sondern weil sie Reaktionen provozieren.

Es zählt nicht mehr, wie relevant etwas ist, sondern nur, ob es Aufmerksamkeit erzeugt. So wird aus einem Randgeräusch ein Weltereignis.

Zwar speisen sie sich aus der Orientierungskrise vieler Männer, die in einer brüchig gewordenen Welt nach Halt suchen, doch ihre Antwort ist eine nostalgische Rückwärtsflucht in vermeintlich klare Rollenbilder. Zwischen Crypto-Coaching, Biohacking und Selbstoptimierung kultivieren sie ein Retro-Bild von Stärke, das eher nach 1950 klingt als nach Zukunft. Es ist die bizarre Gegenbewegung und gleichzeitig auch ein Auslaufmodell zu einer zunehmend reflektierten digitalen Kultur.

Notbremse ziehen. In dieser toxischen Gemengelage überrasche nun ausgerechnet die Generation Z mit einer echten Trendwende, stellt Horx in seinen neuesten Forschungsergebnissen fest. „Nach Jahren der digitalen Dauerverfügbarkeit fordern junge Menschen plötzlich: Wir haben

Tristan Horx analysiert, wie Algorithmen menschliche Aufmerksamkeit steuern und warum Empörung die digitale Währung ist.

ein Recht auf eine analoge Kindheit.“ Ein massives Korrektiv, das nicht funktionieren würde, wenn es von außen aufoktroyiert wäre – aber so führen Selbsterkenntnis, Reflexion, aber auch der Druck immer online sein zu müssen, innerhalb dieser Gruppe zu einem Umdenken. Während Algorithmen ihre Aufmerksamkeit monetarisieren, ziehen sie sich demonstrativ für einen abgesteckten Zeitraum aus der digitalen Welt zurück: gehen wandern, schalten das Handy aus, feiern „Digital Detox“.

Gleichzeitig experimentieren sie mit neuen Formen politischer Organisation – manchmal absurd, aber zukunftsweisend wie das aktuelle Beispiel aus Nepal zeigt. Als dort die Regierung kollabierte, kürten junge Leute auf Discord, eigentlich eine Kommunikationsplattform für Gamer, kurzerhand eine Interims-Regierungschefin. In hitzigen Debattenräumen stimmten über 100.000 Nutzer(innen) ab und einigten sich schließlich auf Sushila Karki, die frühere oberste Richterin des Landes. „Natürlich ist Discord nicht der richtige Kanal für Politik“, sagt Horx. „Aber es zeigt, dass der demokratische Apparat digitaler werden muss, weil diese Generation keine Geduld mehr für analoge Rituale hat.“

Radikaler Akt. Es offenbart aber auch, dass eine Generation von User(inne)n herangewachsen ist, die das Digitale nutzt, aber sich ihm nicht mehr ausliefern will, die das laute Getöse satt hat und es hinter sich lässt. Vielleicht liegt genau darin die Hoffnung: Nach Jahren der Dauerberieselung könnte ausgerechnet diese Generation den Lärm beenden. Ihre Trendwende ist kein Aufstand, sondern ein Abschalten –und vielleicht ist genau das der radikalste Akt im digitalen Zeitalter.

Empörung ja, Meinungsfreiheit nein?

Aufreger. Meinungsfreiheit im digitalen Zeitalter: Wenn die Vielfalt der Stimmen verstummt und am Ende nur das Echo der Empörung bleibt.

„Dass die Printmedien diesen Trash unterstützen, ist erschreckend. Wo bleibt da das Ethos des Journalismus?“ – Tristan Horx’ Satz über den Shitstorm-Journalismus wirkt wie eine Nebenbemerkung. Tatsächlich legt er einen Nerv frei: Medien, die jeden Kleiderskandal hochjazzen, tun sich schwer mit echter Meinungsvielfalt.

Das Paradoxe: Belanglose Mini-Skandale werden zu Schlagzeilenlawinen aufgeblasen, während unbequeme Stimmen klein gedrückt werden. Empörung ist anscheinend willkommen, Ambivalenz eher nicht. So entsteht ein doppelter Widerspruch: Trash wird hochgespült, bis er wie Weltpolitik wirkt, und abweichende Meinungen werden aus Angst vor Konflikt oder Shitstorm ausgebremst.

Dauerrauschen oder Debatte. Klassische Medien übernehmen diese Logik, weil sie selbst Reichweite und Klicks brauchen, und unterstützen damit, so Expert(inn)en wie Tristan Horx, die Aufmerksamkeitsökonomie sowie die Mechanik von Twitter, TikTok & Co. – in einem Feld, das sich als Korrektiv und nicht als Verstärker verstehen sollte. Doch Demokratie lebt nicht vom Dauerrauschen der Erregung, sondern von der Fähigkeit, auch das Unangenehme, das Sperrige, das Nicht-Mehrheitsfähige auszuhalten. Medien, die Skandalisierung belohnen und Meinungsvielfalt beschneiden, verwechseln ihre Rolle. Sie werden zu Gatekeepern in eine Richtung – und damit Teil des Problems, das Horx beschrieben hat. Journalismus müsste genau das Gegenteil leisten: Vielfalt sichtbar machen, Differenz aushalten, Widerspruch zulassen. Meinungsfreiheit heißt nicht, dass alle dasselbe sagen müssen, sondern dass alle Unterschiedliches sagen dürfen – auch dann, wenn es unbequem ist.

Große Freiheit? Vielleicht liegt genau darin der wahre Skandal unserer Zeit: Nicht, dass jeder alles sagen kann – sondern dass immer mehr nur noch das gehört wird, was ins bequeme Rauschen passt. Wer Demokratie ernst nimmt, muss das Aushalten wieder lernen. Sonst bleibt vom großen Freiheitsversprechen am Ende nur das Echo der Empörung.

Wie es so kam

Dass es uns seit 20 Jahren gibt, verdanken wir den vielen smarten Persönlichkeiten aus Vorarlberg, die Wirtschaft, Kultur und Kreativbranche prägen und die uns immer wieder antreiben, über den Redaktionsschluss hinaus neugierig zu bleiben. Jede Ausgabe endet, wo die nächste beginnt – ständig im Wandel, immer auf der Suche nach Menschen, die mit ihrem Mut, Business und Ideenreichtum beeindrucken und Spuren hinterlassen.

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Wiener Walzerklänge in Bregenz

K&K Philharmoniker am 8. Jänner mit Strauß im Festspielhaus.

Was kann es Schöneres geben, als sich für einige Stunden in die Welt der Wiener Walzerseligkeit entführen zu lassen?

Am Donnerstag, 8. Jänner, um 19.30 Uhr, macht die „Wiener Johann Strauß Konzert-Gala“ Station in Bregenz.

Freut sich auf sein Publikum in Feldkirch: Dirigent Max Kendlinger

KENDLINGER DIRIGIERT

Atemberaubend schön, konzentriert, präzise und meist ausverkauft – so kennt das Publikum die Konzerte der K&K Philharmoniker, die an diesem Abend unter der Leitung von Max Kendlinger musizieren.

Der charismatische Dirigent ist der Sohn des Gründers der K&K Philharmoniker, Matthias Georg Kendlinger. Mit weit über einer Millionen Besuchern zählt diese Strauß-Gala zu den erfolgreichsten Strauß-Tourneen seit Johann Strauß selbst. Ob in Berlin, Stockholm, Kopenhagen, in Paris oder im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins – immer wieder bedankt sich das Publikum mit Bravos und Standing Ovations. Die „Wiener Johann Strauß Konzert-Gala“ wurde gleich mehrfach im ZDF ausgestrahlt. Wer sich rechtzeitig Karten sichert, den erwartet ein unvergesslicher Abend.

AN DER SCHÖNEN BLAUEN DONAU

Neben den bekannten Strauß-Melodien wie »An der schönen blauen Donau« und

dem „Sperl-Galopp“, erklingen auch Raritäten und große Walzer wie „Dynamiden“ und „Dorfschwalben aus Österreich“.

Freuen darf man sich auch auf Stücke wie die Quadrille „Un ballo in maschera“, die quicklebendige Polka „Wer tanzt mit?“ von Eduard Strauß oder die Polka „Vélocipède“. Natürlich immer dabei: die Zugabe aller Zugaben „Radetzky-Marsch“ von Strauß Vater. Was will man mehr?

Karten

Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen, über die Hotline und www.kkphil.at VN-Abonnenten sparen 20 %

TICKET-HOTLINE: 0900/9496096 (1,09/Min. inkl. MwSt.)

Bestens, alles richtig gemacht

Yayoi Kusama ermöglicht ein Eintauchen in Unendlichkeit. Arbeiten der Künstlerin erreichen Spitzenpreise. Dem Superstar Marina Abramovic ist in Wien zu begegnen und angesichts des Werks von Michaelina Wautier muss die Kunstgeschichte umgeschrieben werden. Es gibt noch mehr – bestens.

Spektakulär. Modenschau von Jacquemus inmitten von Lavendelfeldern.

Das Museumsquartier in Wien war gerade erst eröffnet, als die dort in den ehemaligen Hofstallungen errichtete Kunsthalle große Aufmerksamkeit auf sich zog. Der damalige Direktor Gerald Matt konnte eine Ausstellung mit Arbeiten von Yayoi Kusama eröffnen. Punkte so weit das Auge reicht, an Objekten, an Böden und Wänden und dazu Spiegelinstallationen, die alles noch viel größer und bunter erscheinen ließen. Es war die erste große Ausstellung der international anerkannten japanischen Künstlerin in Österreich. Sabine Folie hatte kuratiert, Kusama war bei der Eröffnung anwesend, erwähnte die Flucht aus der Enge des Elternhauses, die Obsession, mit der sie malte, ihre Wahrnehmung der Umwelt als sei diese mit einem Netz von Punkten überzogen.

Eintauchen. Über zwanzig Jahre liegt das zurück, die Bilder bleiben aber lebendig beim Rundgang durch die Ausstellung, die die Fondation Beyeler nun bis 25. Jänner in Basel/Riehen bietet. Kuratorin Mouna Mekouar hat alles richtig gemacht, denn es ist eine umfangreiche Retrospektive geworden, ein Querschnitt aus 70 Jahren des Schaffens der 1929 geborenen Künstlerin mit rund 300 Werken, von denen viele erstmals in Europa zu sehen sind. Abgesehen von den Rauminstallationen, die ein Eintauchen ermöglichen in eine friedliche Welt, in eine Unendlichkeit und Zu-

Dornbirn und Wien. Herrburger & Rhomberg lieferte die Tischtücher für die Wiener Kunstschau 1908.

Arbeiten der österreichischen Künstlerinnen

Brigitte Kowanz und Eva Schlegel zählen mit der Libelle auf dem Dach des Leopold Museum in Wien zur Architektur.

Seit kurzem spiegeln sie sich in raumgreifenden Installationen im Atrium des Hauses wider.

sammengehörigkeit, die die Punkte symbolisieren, verweist die Fondation Beyeler auch auf die Aufbegehrende Yayoi Kusama. In den 1960er-Jahren arbeitete sie in New York, belebte und beeinflusste dort mit ihren Netzbildern, Performances und Bodypaintings die Avantgardeszene. Dass auf dem Beyeler-Areal die Möglichkeit besteht, die Installation „Narcissus Garden“, dieses Werk mit vielen glänzenden Kugeln, in denen sich die Umwelt spiegelt, zu errichten, hat man erlebnisreich umgesetzt. Auf der Biennale in Venedig kritisierte sie

mit der Installation und dem Verkauf der Kugeln einst Mechanismen des Kunstbetriebs und das Foyer der Eitelkeit. Die Werke der in Tokyo lebenden Künstlerin erreichen mittlerweile Spitzenpreise. Eine Künstlerin, die gut verdient? Bestens.

Begrüßenswert ist es auch, dass die Wiederentdeckung von Malerinnen des Barock nun von großen Museen gefeiert wird. Vor wenigen Monaten präsentierte die Alte Pinakothek in München mit Rachel Ruysch (1664–1750) eine niederländische Künstlerin, die mit ihren perfekt gemalten, prachtvollen Blumenstillleben hohe Preise erzielte. Vom Privatleben von Michaelina Wautier weiß man wenig, nicht einmal das Geburtsjahr, nur das Todesjahr ist mit 1689 bekannt. Lange Zeit wurden ihre Werke zudem Männern zugeschrieben, weil man meinte, dass eine Frau nicht so malen kann. Jedenfalls keine nahezu Nackten, wie sie auf ihrem großen Gemälde „Triumph des Bacchus“ zu sehen sind. Wautier, die bei ihrem ebenso malenden Bruder Charles in Brüssel lebte, muss Aktstudien betrieben haben und legte großen Wert auf ausdrucksstarke Gesichtszüge.

Selbstbewusst. Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich, Statthalter der Spanischen Niederlande, dürfte die Qualität

Fotos: Vitra Design Museum / Alamy/ Aurore Marechal, Fondation Beyeler/ Yayoi Kusama/ Matthias Willi, Christa Dietrich
Gut inszeniert. „Narcissus Garden“ von Yayoi Kusama bei der Fondation Beyeler.

der Werke der Malerin erkannt haben, erwarb einige ihrer Bilder und brachte sie nach Wien. Das Kunsthistorische Museum präsentiert bis 22. Februar das nahezu gesamte erhaltene Werk von Michaelina Wautier und stellt es zu Recht auf eine Ebene mit jenen von Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck. So wie es schon Sabine Haag, die ehemalige Generaldirektorin des KHM, mit dem „Triumph des Bacchus“ getan hat, einem Werk, an dessen rechter Seite sich die Malerin im Übrigen selbst porträtierte. Als freizügige Bacchantin, ein Selbstporträt als selbstbewusste Malerin kam als Leihgabe nach Wien, ebenso wie die „Erziehung Mariens“ mit einem lesenden Mädchen. Erstmals vereint sind die wunderbaren Kinderporträts, die die fünf Sinne Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten versinnbildlichen.

Wenn in Wien nun die Präsenz der Arbeiten von Marina Abramovic (geb. 1946) in der Albertina modern gefeiert wird, sollte erwähnt werden, dass Gerald Matt schon vor über zehn Jahren eine Ausstellung mit Arbeiten der weltberühmten Performancekünstlerin in der Kunsthalle fixiert hatte. Sein Nachfolger hatte aber kein Interesse an der Übernahme des bereits geplanten Programms, somit wurde nichts daraus.

Kürzlich ist ein weiteres, im Kunstforum Wien vorgesehenes Abramovic-Projekt aufgrund der Signa-Insolvenz gescheitert. Die

Albertina modern sprang in die Bresche. Wer die nahezu gleich gestaltete Retrospektive im Kunsthaus Zürich nicht sehen konnte, bekommt jetzt bis 1. März eine weitere Möglichkeit. Zur Eröffnung kam die Künstlerin allerdings nicht nach Österreich, sie realisierte zur gleichen Zeit ein großes Projekt mit neuen Arbeiten in Manchester. Der Rückblick auf die Arbeiten zum Thema, Schmerz, Tod, Liebe, Gewalt, Natur etc. in Wien geschieht aber immerhin nach einem guten Konzept. Die körperbetonten Performances der frühen Jahre sind auf großen Screens präsent, das Werk „Imponderabilia“, das von den Besuchern eines Museums in Bologna Interaktion verlangte bzw. sie dazu zwang, sich zwischen den in der Tür stehenden nackten Körpern von Abramovic und ihres Partners Ulay hindurchzuzwängen, wird nachinszeniert. Das vor dem Hintergrund der Jugoslawienkriege entstandene Projekt „Balkan Baroque“, das ihr 1997 den Goldenen Löwen der Biennale Venedig einbrachte und für das sie stundenlang blutige Tierknochen schrubbte, muss dabei sein wie die Bilder vom Werk „The Artist is Present“ im New Yorker MoMA für das sie fast drei Monate, sechs Tage pro Woche an einem Tisch saß, an dem sich die Besucher ihr gegenüber setzen konnten.

Weitere Künstlerinnen. Bei einem kleinen Abstecher nach Frankreich lässt sich erfahren, dass sich die Fondation Vasarely in Aix en Provence noch bis 15. Februar auch

Superstar. Die Albertina modern präsentiert das Werk von Marina Abramovic.

Späte Würdigung. Die Künstlerin Claire Vasarely erfuhr bislang zu wenig Beachtung.

Die Verflechtung von Kunst und Mode ist im Vitra Design Museum in Weil am Rhein mit Exponaten und Bilddokumenten eindrücklich erlebbar. Die Ausstellung „Catwalk“ lässt die lange Geschichte der Modenschau mit ihrer kulturellen Bedeutung abwandern.

Blütenstaub. Die Begegnung mit Wolfgang Laib in Zürich erinnert an die ersten Jahre des KUB.

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