kontur58 - Leseprobe

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Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin

Kunst zwischen Feld und Form

Ein Flughafen im Gegenwind

Dunkle Töne verleihen den Festspielen Klang

Ziemlich schräge Typen auf zwei Rädern

Design: Folgt die Form noch der Funktion

Wo Dürers Hase die Cobra grüßt

Gesundes Wachstum, nachhaltige Ernte.

Sicher, kompetent und persönlich –unsere Werte sind so bewährt wie aktuell. Sie schaffen den Boden für nachhaltiges Vertrauen.

Zeitgemäßes Private Banking verlangt exzellentes Wissen ebenso wie Vernunft, maßgeschneiderte Lösungen sowie den Blick für das richtige Maß. raiba-privatebanking.at

Editorial

Gutes Timing besteht darin, die Gunst der Stunde zu nutzen. Es verlangt Gespür, Mut und mitunter Geduld, bis sich der richtige Moment zeigt. In einer Welt, die sich pausenlos beschleunigt, wird die Fähigkeit, zur rechten Zeit das Richtige zu tun, zum eigentlichen Maßstab für Weitblick. Das zeigt sich umso mehr in Phasen der radikalen Veränderung. Was tun? Stillhalten? Bei People´s ist keine Zeit für Warteschleifen, sondern für Lösungen, die nicht auf perfekte Bedingungen warten, sondern aus Verantwortung entstehen. Im Falle der Springreiterin Katharina Rhomberg sind es viele Jahre des Trainings – und plötzlich öffnet sich eine Tür: ein Platz in einem Top-Team wird frei und sie ist bereit. Selbst in der MotoGP, wo Maschinen dominieren, ist Timing keine rein technische Disziplin. Der Hauch eines Zögerns beim Bremsen, ein intuitiver Impuls in der Kurve kann alles verändern.

Manchmal ist auch die Zeit reif für dunkle Töne: Festspiel-Intendantin Lilli Paasikivi bringt verdrängte Traumata, fatale Muster, autoritäre Reflexe auf die Bühne und schafft so eine beklemmende Nähe zur Gegenwart. All das zeigt: Timing ist kein Zufall. Es ist die Kunst, nicht zu früh und nicht zu spät zu sein, sondern wenn es zählt, manchmal garniert mit dem berühmten Quäntchen Glück.

Viel Spaß wünscht Ihnen Ihr kontur-Redaktionsteam

Impressum

Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller: Russmedia Verlag GmbH, A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1

Redaktionelle Leitung: Christiane Schöhl von Norman, christiane.norman@russmedia.com

Redaktion: Christa Dietrich, Ernest F. Enzelsberger, Elisabeth Längle, Stefan Pabeschitz, Angelika Schwarz, Marie Francesca Trankovits

Artdirection: Bernadette Prassl, bernadette.prassl@russmedia.com

Anzeigenberatung:

Russmedia GmbH, A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1 Patrick Fleisch, Thorben Eichhorn, Roland Rohrer, Andrea Oberjörg

Druck:

Vorarlberger Verlagsanstalt GmbH, A-6850 Dornbirn, Schwefel 81

Erscheinungstag: 10. Juni 2025; Nächste Ausgabe: 7. November 2025

Inhalt

Seite 07 | Bregenzer Festspiele. Trauma, Lust und Drama

Seite 13 | St.Gallen-Altenrhein. Ein Flughafen im Gegenwind

Seite 19 | Cabrio. Kein Dach über dem Kopf

Seite 22 | Katharina Rhomberg. Sprung an die Weltspitze

Seite 26 | MotoGP. Ziemlich schräge Typen

Seite 30 | Symphonieorchester. Weithin unüberhörbar

Seite 36 | Hermann Nachbaur. Vom Acker zur Kunst

Seite 41 | Design. Die stille Intelligenz der Dinge

Seite 54 | Expo Osaka. Mit Holz kommunizieren

Seite 57 | Vo Üs. Mit Limo in eine neue Generation

Seite 62 | Audi A6 3.0 TSFI. Prestige ohne Protz

Seite 64 | Nearly Naked. Erotische Anziehungskraft

Seite 66 | Haute Joaillerie. Planke frei für Piratinnen

Seite 72 | Ausstellungen. Alles, was wesentlich ist

Seite 76 | Albertina. Dürers Hase und Cobra im Flow

Seite 80 | Wälderbähnle: Nostalgisches Vergnügen

Freude am Fahren. 100 % elektrisch.

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Carl Maria von Weber

Trauma, Lust und Drama, aber kein Kostümschinken

Warum Gespräche mit dem Regisseur Andreas Kriegenburg und dem Dramatiker Ferdinand Schmalz Themen wie Traumata, fatale Erziehungsmuster, Schuld und die Faszination für das Negative berühren, steht fest. Es geht aber nicht nur um den Bregenzer Festspielsommer. In Vorarlberg weiß man auch längst über ein Schriftstellerpseudonym Bescheid.

Ferdinand Schmalz

geb. 1985 in Graz, ist Schriftsteller und Dramatiker. Bereits im Jahr 2014 realisierte das Bregenzer Theater Kosmos die österreichische Erstaufführung seines Stücks „am beispiel der butter“. Im Jahr 2017 gewann er mit „mein lieblingstier heißt winter“ den Ingeborg-BachmannPreis. Sein Stück „bumm tschak oder der letzte henker“ wird heuer bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt.

VON CHRISTA DIETRICH
Ich konnte sehr schnell zusagen, weil ich von der kraftvollen Musik von Enescu begeistert bin.

Andreas Kriegenburg

geb. 1963 in Magdeburg, ist Theater- und Opernregisseur. Er inszenierte an großen Bühnen wie dem Deutschen Theater in Berlin, der Volksbühne am Rosa Luxemburg Platz, den Münchner Kammerspielen, dem Wiener Burgtheater etc., wurde mehrfach ausgezeichnet und erhielt den Regieauftrag für den „Ring“ an der Münchner Staatsoper. In Bregenz inszeniert er die Oper „Oedipe“ von George Enescu.

Lilli Paasikivi verantwortet als neue Intendantin das Programm der Bregenzer Festspiele bis auf den aus dem Jahr 2024 übernommenen „Freischütz“.

Lilli Paasikivi wollte ihn haben und er hat sofort zugesagt. Somit wird Andreas Kriegenburg im ersten Sommer der neuen Intendantin der Bregenzer Festspiele die 1936 in Paris uraufgeführte Oper „Oedipe“ von George Enescu inszenieren. Es war unter anderem seine Regiearbeit für Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ an der Staatsoper in München, die sie derart überzeugt hatte, dass sie in ihm den geeigneten Künstler für das große Werk nach dem antiken Drama von Sophokles sieht. Kriegenburg ist in erster Linie ein Schauspielregisseur. Auch einige Vorarlberger dürften vor Jahren ans Deutsche Theater nach Berlin gereist sein, um seine intensive Umsetzung des Stücks „Diebe“ von Dea Loher zu sehen. Mit dieser Bühne hatten die Bregenzer Festspiele eine Zeit lang zusammengearbeitet und diese Kooperation führte auch dazu, dass Kriegenburg schon im Jahr 2010 mit seiner Umsetzung von „Herz der Finsternis“ von Joseph Conrad in Bregenz war und dass er hier im Sommer 2021 die Uraufführung von „Michael Kohlhaas“ nach der Novelle von Heinrich von Kleist inszenierte. Nun also eine Oper.

Futter für die Mitwirkenden. „Beim Sprechtheater habe ich die Möglichkeit, einen eigenen Rhythmus zu entwickeln, insofern ist die Vorbereitungsphase für eine Oper ein völlig anderer Prozess“, erklärt Kriegenburg im Gespräch mit kontur. Er habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass Sängerinnen und Sänger oft sehr dankbar sind, von

Im Bühnenbild für „Oedipe“ spielen Elemente wie Wasser, Feuer, Erde, Holz etc. eine große Rolle.

einem Schauspielregisseur „mehr Futter zu bekommen“, der ihnen etwa die psychologische Gefangenheit erläutert, in denen sich die Figuren einer Oper befinden. „Oedipe“ enthält beispielsweise einen zentralen Widerspruch. Der von seinen Eltern aufgrund einer bösen Weissagung verstoßene Ödipus hatte gerade unwissend den eigenen Vater erschlagen, als er die entscheidende Frage der Terror verbreitenden Sphinx danach, was denn stärker sei als das Schicksal richtig mit „der Mensch“ beantwortet. So als könne er seinem Schicksal doch entrinnen. Jedenfalls hatte er mit seiner Antwort die Stadt Theben befreit und die verwitwete Königin Jocaste zur Frau bekommen, seine von ihm nicht erkannte leibliche Mutter. Er maße sich nicht an, die endgültige Interpretation zu haben, denn er wisse nicht, ob sich in dieser Antwort die Arroganz des jungen, drängenden Menschen widerspiegelt, der glaubt, Entscheidungsgewalt oder alles unter Kontrolle zu haben, meint Kriegenburg. „Ödipus holt weniger das Schicksal ein als der Schuldballast, den er von seinem Vater übernommen hat. Er ist auch das Produkt einer bestimmten Erziehung und er ist nicht fähig, Konflikte über das Gespräch und den Kompromiss zu lösen, sondern ist in bestimmten Mustern gefangen. Die Eltern geben die Traumata an die Kinder weiter. Sein Vater Laios hatte sich einst selbst schuldig gemacht und wollte die Konsequenzen nicht tragen.“

Ein wichtiges Motiv in „Oedipe“ sei es, nicht zu merken, welches destruktive Potenzial Menschen in die Welt bringen. „Es ist keine Erzähloper, ich versuche aber ein kompaktes Storytelling zu erreichen, eine nacherlebbare Geschichte über einen Mann mit allen seinen Verstrickungen zu entwickeln.“ In der Oper von George

Eine Sphinx stellt in „Oedipe“ eine entscheidende Frage und erhält hier ein besonderes Aussehen.

Enescu mit dem Libretto von Edmond Fleg erkenne Ödipus zwar seine Schuld, der dritte Akt sei der dramatischste, das Ende hinterlasse für uns aber dennoch einen bitteren Nachgeschmack, weil wir die Geschichte von Antigone kennen, der Tochter von Ödipus, die wiederum vom Schicksal ihres Vaters traumatisiert ist.

Kraftvolle Musik. Dem Schauspiel „Antigone“ hatte sich Andreas Kriegenburg erst jüngst in Nürnberg gewidmet. „Psychologische Tiefen einer Handlung auszuloten, ist bei der Oper ein anderer Aufwand, aber bis zu einem bestimmten Punkt möglich.“ Die Musik schaffe eine emotionale Grundlage, erklärt der Regisseur. Er versuche nicht, die einzelnen Akte miteinander in Verbindung zu setzen, mit seinem Bühnenbildner Harald B. Thor wird er den Akten Elemente wie Feuer, Wasser, Nebel, Asche, Holz und Erde

Intendantin Lilli Paasikivi hat einen Kooperationsvertrag mit dem Wiener Burgtheater abgeschlossen. Die Serie der Premieren im Bregenzer Festspielsommer beginnt mit der Uraufführung von „bumm tschak oder der letzte henker“ von Ferdinand Schmalz.

zuordnen, um so zu versuchen, zum philosophischen Kern der Geschichte vorzustoßen. Er beabsichtige keinesfalls, die Handlung in eine Moderne zu trivialisieren, die Kostüme von Tanja Hofmann sind zeitlos einfach, wobei Andreas Kriegenburg verrät, dass seine spontane Zusage an Intendantin Lilli Paasikivi auch in Erinnerung an die „Oedipe“-Aufführung 2019 bei den Salzburger Festspielen erfolgt sei. Diese „kraftvolle Musik zwischen Modernität und Volkstümlichkeit“ habe ihn begeistert. „Ich bin voller Freude und Lust in die Vorbereitung für Bregenz gegangen.“

Uraufführung. Zu den Neuheiten, die Paasikivi in Bregenz anzubieten hat, zählt auch die nun von Ostern in den Sommer verlegte, auf mehrere Jahre angelegte Zusammenarbeit mit dem Wiener Burgtheater, die heuer mit einer Uraufführung gestartet wird. „bumm tschak oder der letzte henker“ lautet der Titel des Werks von Ferdinand Schmalz. Im Zuge seiner Recherchen zu seinem großen Stück „jedermann (stirbt)“, das in Vorarlberg übrigens einmal vom jungen Theater Unpop realisiert wurde, ist der Autor auf Josef Lang gestoßen, der als Scharfrichter von 1900 bis zum Ende der Monarchie einige Bekanntheit erlangte und zu dessen Beerdigung auf dem Simmeringer Friedhof Tausende Menschen kamen. „Einen Kostümschinken wollte ich sicher nicht schreiben. Was mich interessiert, ist die Faszination der Menschen für dieses Negative, somit hatte ich die Idee, dass ich die Handlung in die Zukunft verlege.“ Sein Josef ist ein Clubbetreiber, den eine autoritäre Kanzlerin als Vollstrecker der wiedereingeführten Todesstrafe engagieren will. Ihr Druckmittel ist eine Erpressung. Josefs Freundin sitzt nämlich bereits in Polizeigewahrsam und erwartet wenig Gutes, wenn er der Aufforderung nicht nachkommt.

Nicht alles in Stein gemeißelt. In Österreich ist die Todesstrafe seit Jahrzehnten abgeschafft. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung in Ländern lebt, in denen es sie noch gibt. Ich bin sicher nicht der Meinung, dass wir vor einer Wiedereinführung stehen. Ein Verfassungsrichter hat mir erläutert, dass es diesbezüglich auch noch internationale Abkommen gibt, aber man darf sich auch nicht sicher sein, dass die Hürden riesengroß sind.“ Wir hätten, so Ferdinand Schmalz, einiges als in Stein gemeißelt angesehen, das nun wieder zur Disposition steht. In Europa werde das Erstarken eines Autoritarismus spürbar und aus den USA werde wieder von mehr Vollstreckungen der Todesstrafe, auch durch Erschießung, berichtet. In der Auseinandersetzung mit Hinrichtungen, die von der Bevölkerung einst wie ein Schauspiel wahrgenommen wurden, hat sich Ferdinand Schmalz mit dem Philosophen Jacques Derrida beschäftigt, der in diesem Zusammenhang von der drastischen Sichtbarkeit der Entscheidung des Staates über das Leben der Bevölkerung spricht und von der Zeugenschaft, die der Staat braucht.

Ich erzähle nicht über einen Henker in der Vergangenheit, die Handlung liegt in der Zukunft.

Zurück zu seinem Josef in „bumm tschak oder der letzte henker“: Dieser besucht seine Freundin im Gefängnis, lässt sich auf die Erpressung ein, um seine Liebe zu retten und wird erkennen müssen, dass dies auch ein Todesurteil für die Liebe ist. Sein Stück wird von Stefan Bachmann, dem Direktor des Burgtheaters, inszeniert. Nach der Uraufführung in Bregenz steht es ab Herbst in Wien auf dem Spielplan. Zu diesem Zeitpunkt kommt bereits ein weiteres Stück von Ferdinand Schmalz auf die Bühne. Jan Bosse inszeniert am Frankfurter Schauspielhaus sein Grusical mit dem Titel „sanatorium zur gänsehaut. eine entfaltung“, der den Inhalt bereits erahnen lässt. Carolina Bigge hat dazu die Musik geschrieben.

Übrigens: Das Bregenzer Publikum hat Ferdinand Schmalz schon vor über zehn Jahren kennengelernt, und zwar bevor er als Gewinner des Ingeborg-Bachmann-Preises große Bekanntheit erlangte. Das Theater Kosmos zeigte im April 2014 die österreichische Erstaufführung seines Stücks „am beispiel der butter“ in der Inszenierung von Stephan Kasimir. Seitdem weiß man, dass Ferdinand Schmalz ein Pseudonym für den 1985 in Graz geborenen Matthias Schweiger ist.

Auf der Seebühne wird heuer erneut die Oper „Der Freischütz“ gespielt. Für 2026 plant Lilli Paasikivi Verdis „La Traviata“.

Fotos: Apollonia Theresa Bitzan, Anja Köhler

EHREN AMT grüßt  STARTUP SZENE

Vorarlberg

Wo Yoga Kunst einatmet?

Samstagmorgen, 8.30 Uhr: Noch bevor die Albertina ihre Türen öffnet, werden im imposanten Musensaal die Yogamatten ausgerollt.

Sabine Harbich führt mit Ruhe, Präzision und einem feinen Gespür für individuelle Bedürfnisse durch die fließenden Abfolgen der kraftvollen Vinyasa-Session. Im Anschluss steht das gesamte Haus für die Besichtigung der aktuellen Ausstellungen offen. Namaste!

Dürers Hase mit Cobra im Flow

Einmal im Monat verwandelt sich die Albertina in Wiens vielleicht schönstes Yogastudio – mit Atem, Anmut und einer Prise Avantgarde führt Sabine Harbich durch die Session. kontur stand auf der Matte.

VON CHRISTIANE SCHÖHL VON NORMAN

Was in New York im Met angesagt ist, wäre doch auch etwas für Wien – dachte sich Sabine Harbich vor rund acht Jahren und startete 2017 mit dieser ungewöhnlichen Idee ihre Yoga Sessions in der Albertina. Seit damals avanciert das prunkvolle Museum einmal im Monat zum wohl stilvollsten Yogastudio der Bundeshauptstadt – dort, wo sonst Feingeister durch die imposanten Räumlichkeiten schlendern, um Meisterwerke von Monet bis Picasso zu bestaunen, erheben sich Cobra und herabschauender Hund zum Sonnengruß. Zwischen barocken Kristalllüstern und innerer Stille leitet Yoga-Trainerin Sabine Harbich im imperialen

Musensaal eine 75-minütige Session. Ihre Stimme führt – so ruhig und präzise, dass man ihr mit geschlossenen Augen folgen kann – und zugleich lässt sie Raum: für Unterschiedlichkeit, Pausen, Ankommen im eigenen Tempo. Ihre Stimme trägt durch die Sequenzen, ruhig und unaufdringlich. Die kunstvolle Umgebung ist nicht bloß Dekor, sondern ein Resonanzraum, der wirkt –nicht laut, sondern beiläufig, aber spürbar. Wer danach bleibt, bewegt sich anders durch die Ausstellungen: mit wacherem Blick, aufgerichteter Haltung, innerlich leicht. Vielleicht ist es der stille Stolz, sich am Morgen aufgerafft zu haben oder das Gefühl, dass Körper und Geist zur Ruhe gekommen sind.

Kali Mudra. Sabine Harbich (l.) mit kontur-Redakteurin Christiane Schöhl von Norman.

Ziemlich schräge Typen

Der Geruch von Gummi, 350 km/h auf der Geraden und die Knie bei extremer Schräglage in den Kurven nur knapp über dem Boden – In der MotoGP wird Präzision zum entscheidenden Faktor, um am Ende nicht als „Loser“ von der Rennbahn zu rollen. Was für das Auge oft kaum noch wahrnehmbar ist, erfassen Sensoren, Transponder und Hochgeschwindigkeitskameras mit absoluter Genauigkeit – ein „Hochleistungsbetrieb“ aus Mut, Maschinen und Millimetern . . .

VON CHRISTIANE SCHÖHL VON NORMAN

Die MotoGP ist ein Ort der Extreme: Bikes donnern mit bis zu 128 Dezibel über den Asphalt (im Reglement ist derzeit noch eine Obergrenze von 130 Dezibel festgesetzt – doch in Zukunft soll es leiser werden), Bremsscheiben erhitzen sich auf rund 800 Grad Celsius und Drehzahlen liegen bei etwa 19.000 pro Minute, während eine Waschmaschine durchschnittlich gerade mal läppische 1400 Umrundungen schafft. Für viele Fans zählt die Königsklasse zu den aufregendsten Sportarten der Welt. Warum? Weil sich Mensch und Material ganz nah an die Grenze des noch Machbaren herangetastet haben.

Adrenalin pur, denn die Rennmaschinen fahren mit über 350 km/h rasend schnell und der Abstand der Fahrer auf der Ziellinie kann mitunter verschwindend gering sein. So ging etwa der Italien-GP 2016 in die Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft ein, weil nur unglaubliche 0,087 Sekunden die ersten zwei Fahrer auf der Ziellinie trennten. Selbstredend, dass die Zeitmessung in solchen Fällen absolut präzise und zuverlässig sein muss

„La Bestia“. Enea Bastianinis Spitzname beruht auf seiner aggressiven Überholtechnik und rigorosen Entschlossenheit.

Expertise. Erfasst werden Positionen, Rundenund Zwischenzeiten, Höchst- und KurvenGeschwindigkeiten

„Um ein Champion zu sein, reicht es nicht aus, schnell zu sein – man muss auch die nötige Entschlossenheit aufbringen“, Enea Bastianini.

Von Strecke zu Strecke. Seit Jahren ist der Schweizer Uhrenhersteller Tissot offizieller Zeitnehmer in der MotoGP-Arena – eine akribische Arbeit, die absolute Messgenauigkeit erfordert. Deswegen wird die gesamte Ausrüstung, samt einem Team von zumeist elf Spezialist(inn)en, in einem Konvoi aus Sattelzugmaschinen von Strecke zu Strecke transportiert. Der Aufbau gestaltet sich, unabhängig vom jeweiligen Parcours, immer gleich: Am gesamten Kurs werden zahlreiche Sensoren befestigt und Hochgeschwindigkeitskameras an der Ziellinie positioniert. „Wir haben drei Zwischensektoren, welche den Parcours in vier Segmente unterteilen. Hinzu kommen zahlreiche Kontrollpunkte: In der Regel überwachen 10 bis 15 Messstellen auf der Strecke die Höchstgeschwindigkeit, etwaige Abkürzungen und die sogenannte Long Lap. In der Boxengasse sind es meist zwölf oder mehr – ebenfalls zur Überwachung der Geschwindigkeit“, gehen die Zeitmess-Spezialisten ins Detail. Einzelne Namen bleiben außen vor – es zählt allein die kollektive Präzision.

Jedes Motorrad ist darüber hinaus mit einem eindeutig zugeordneten Transponder ausgestattet, der ein identifizierendes Signal an die Antennen (Sensoren) rund um die Strecke und in die Boxengasse sendet – auch um aus Sicherheitsgründen dort die Geschwindig-

keit zu regulieren. „Vor einiger Zeit haben wir die Position dieser Transponder an allen Motorrädern vereinheitlicht, um eine verlässliche Vergleichbarkeit zu gewährleisten“, betonen die Expert(inn)en.

Diese Daten vom Rennverlauf werden in einem HochleistungsComputer gesammelt, analysiert und in Statistiken sowie verwertbare Daten umgewandelt: Erfasst werden unter anderem Positionen, Runden- und Zwischenzeiten, Höchst- und KurvenGeschwindigkeiten – alle Werte, die Teams, Journalisten und Zuschauer(innen) zur Analyse brauchen. Sprich, wer etwa zu viel oder an der falschen Stelle schaltet oder bremst, vergeudet wertvolle Zeit. Im Schnitt kommen die Fahrer pro Rennen so auf etwa 500 bis 800 Schaltvorgänge und je nach Kurvenlage betätigen sie 30 Prozent der Rennzeit die Bremsgriffe.

Verbindung von Mensch und Maschine. Parallel werden die Daten automatisch an TV-Sender sowie die digitale Wettkampfanzeige übermittelt, mit der dem Publikum live die aktuelle Position der Fahrer, Rundenzeiten sowie der Abstand zum Führenden durchgegeben wird. Im Zielbereich kommen zusätzlich FotofinishKameras und Videotechnik zum Einsatz, um etwa besonders knappe Zielankünfte, zusätzlich zu den erhobenen sensorischen Daten, auch noch visuell abzusichern. „Diese Ziellinienscanner können bis zu 20.000 Bilder pro Sekunde erstellen“, so die Spezialisten. Obwohl die Technik den Löwenanteil bei der Zeitmessung ausmacht, wird auf das menschliche Auge nicht ganz verzichtet: sogenannte „Spotter“, prüfen als eine Art Back-up zusätzlich noch jeden Durchlauf. „Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Überwachung des Führenden des Rennens. Wir verfolgen, wie viele Fahrer starten, wie viele in jeder Runde auf der Strecke sind und wie viele die Ziellinie bei der karierten Flagge überqueren. Natürlich stellen wir auch sicher, dass alle Transponder und Softwaresysteme korrekt funktionieren.“

Was bleibt, wenn die Flagge fällt. Wenn das Rennen vorbei ist, ist die Arbeit für das Tissot-Team noch nicht zu Ende. Die Daten –Rundenzeiten, Sektorverläufe, Geschwindigkeitsvergleiche – werden analysiert, aufbereitet und an Teams, Medien, Übertragungspartner und die MotoGP weitergegeben. Jeder Fahrer erhält so etwa ein komplettes Feedback zu seiner Leistung wie z.B. Enea Bastianini. Der 27-jährige Italiener ist kein Neuling in der Szene – 2020 gewann „La Bestia“, so sein Spitzname, die Moto2-Weltmeisterschaft, ein Jahr später trat er zum ersten Mal in der Königsklasse an. Seit Anfang dieses Jahres fährt er für das Red Bull KTM Tech3 Team –eine neue Maschine, ein neues Umfeld, an die sich der Tissot Markenbotschafter erst noch gewöhnen muss. Hier helfen die Daten aus der Zeitmessung sowie die Sensoren am Motorrad – und mentale Stärke, wie Bastianini selbst unterstreicht: „Um ein Champion zu sein, reicht es nicht aus, schnell zu sein – man muss auch die nötige Entschlossenheit aufbringen.“

„Jede Schleife auf der Strecke ist via Transponder mit einer eindeutigen

Identifikationsnummer versehen. Die MotoGP-Teams verwenden diese ID und den Abstand zwischen den einzelnen Schleifen, um das Motorrad in jeder Kurve genau zu positionieren und das Mapping des Motorrads entsprechend anzupassen“. Tissot Zeitmess-Team.

Sieben rechts und drei links. Das gesamte Mess-System wird laufend weiterentwickelt und optimiert. Aktuell wird die GPS-basierte Zeitverfolgung getestet – sie ist noch nicht präzise genug für offizielle Wertungen, aber bereits ein nützliches Tool zur visuellen Darstellung von Abständen zwischen den Fahrern auf der Strecke im TV. So ergeben sich für Zuschauer(innen) und Fans neue rasante Perspektiven auf das Rennen.

Apropos rasant: Der Red Bull Ring in Spielberg (vom 15. bis 17. August 2025 ) gilt als schnellste GP-Strecke der Welt – mit 10 Kurven, sieben rechts und drei links. Doch nicht nur hier gilt: Am Ende gewinnt, wer beides im Griff hat: das Gas und die Zeit oder besser ausgedrückt die letzten Tausendstel. Wer die auf seiner Seite hat, weiß niemand so genau wie das Team von Tissot.

Back-up. Spezialisten überwachen zusätzlich jeden Durchlauf.

Geboren am 30. Dezember 1997 in Rimini, Italien

Saison 2025: Red Bull KTM Tech 3 Team

Motorrad: KTM RC16

Anfänge: Mit drei Jahren und drei Monaten steigt er zum ersten Mal auf ein Motorrad, deswegen ist seine Lieblingsstartnummer die 33 Seit 2023 Markenbotschafter für Tissot

MotoGP: seit dem Jahr 2021

Fotos: Tissot, Gold and Goose

Schwungvoll. Eine 16 Meter hohe Schleife aus Holz macht den Österreich-Pavillon weithin sichtbar.

Kommunizieren mit Holz läuft rund

Österreich präsentiert auf der Expo in Osaka seine Holzbaukompetenz. Keine Frage, dass auch Vorarlberg in Japan gut vertreten ist. Wobei die Qualität der Projekte für sich spricht.

Beruhigend zu wissen, dass das für den Bau des ÖsterreichPavillons verwendete Holz nicht im Schredder landen soll, sondern wieder verwendet wird. Auf jeden Fall irgendwo als Dach, heißt es. Tragfähig soll die Konstruktion ja noch lange nach der im Oktober beendeten Expo in Osaka sein, bei der laut offiziellen Prognosen 28 Millionen Besucher erwartet bzw. auf jene Insel gelockt werden, auf der der Mega-Event bis Oktober dieses Jahres stattfindet. Das Motto „Designing future society for our lives“ ist klangvoll, wirkt inhaltlich aber ambitioniert, denn auch auf dieser Expo werden wohl weniger gesellschaftspolitische

Ausdrucksstark. Kapelle Salgenreuthe von Bernardo Bader.

Foto: Expo Austria, Adolf Bereuter

Entwicklungen thematisiert als wirtschaftliche Beziehungen zwischen den knapp 160 teilnehmenden Ländern intensiviert und angekurbelt.

Exportchancen. Dass Österreich nach Exportchancen Ausschau hält, ist logisch, sich bei dieser Gelegenheit über Technologien auszutauschen, gehört zur Routine. Daran zu erinnern, dass Kaiser Franz Josef dem japanischen Kaiser einst, das heißt, im Jahr 1869, einen Flügel von Bösendorfer zukommen ließ, ist eine reizende Idee. Schon damals war die österreichische Delegation in Japan unterwegs, um sich als Land mit viel Kunst und Kultur zu präsentieren. Dass man sich in der Ferne nun erneut als bildungseifriges Kulturland bezeichnet, entbehrt in Österreich selbst nicht einer gewissen Ironie, wird in den Kulturressorts von Bund und Bundesländern doch gerade an allen Ecken und Enden gespart und auch im Bildungs- und Wissenschaftsbereich vieles behindert.

Sei es wie es sei, im Österreich-Pavillon der Expo in Osaka steht auch jetzt wieder ein Flügel. Junge Musikerinnern und Musiker erhalten hier ein Podium und die Architektur dieses Pavillons ist beeindruckend, symbolisiert Offenheit, Qualitätsbewusstsein, Innovation und zumindest das Wissen um die sinnstiftende Kraft von Kunst und Kultur. Die architektonische Gestaltung des Österreich-Pavillon und das Generalthema stammen von BWM Designers & Architects. Johann Moser, Projektleiter bei BWM, spricht von einem „Zeichen für interkulturelle Kommunikation“.

„Ode an die Freude“. Der weithin sichtbare Teil des Pavillons entspricht einer Schleife, deren Errichtung die besondere Holzbaukompetenz des Unternehmens zum Ausdruck bringt. Die 91 Meter lange

und 4,3 Meter hohe Struktur besteht aus einem Ober- und Untergurt, die durch 265 Diagonalstäbe miteinander verflochten sind. Die doppelt ineinander geschlungene Form wird von Stahlpylonen getragen und erreicht eine Höhe von 16 Metern. Die gesamte Struktur ist verschraubt und somit demontierbar und wieder zu verwenden. Auf der Innenseite der Schleife befindet sich ein Notenband mit den ersten Takten der „Ode an die Freude“ aus der 9. Symphonie von Beethoven. Man wählte dieses Musikland-Klischee, so Johann Moser, als Einladung, „um im Innenteil ein viel breiter gefächertes Bild von Österreich zu zeigen.“ Dabei sind auch die vielfältigen Beziehungen ein Thema, dokumentiert etwa durch japanische Firmen mit Sitz in Österreich, durch den Austausch im Bereich von Wissenschaft und Forschung und durch weitere Abkommen. Interaktive Exponate sollen ein breites Publikum für die Ausstellung interessieren.

Holzbauten in Vorarlberg. Es ist nicht lokalpatriotisch, wenn man bei Holzbaukunst an Vorarlberg denkt. Architektinnen und Architekten haben hier Innovatives geleistet, das in einer begleitend zur Expo organisierten Ausstellung im Nakanoshima Museum

Stimmig. Omicron Campus der Dietrich/Untertrifaller Architekten.

Seit Jahrhunderten wird in Österreich mit Holz gebaut. Besonders in den letzten Jahrzehnten wurde hier der Holzbau neu definiert.

in Osaka einige Wochen lang sichtbar blieb. Kuratiert wurde die Ausstellung mit dem Titel „verywood“ von Verena Konrad und Hermann Kaufmann, die Gestaltung entwarf das Atelier Andrea Gassner. „Besonders in den letzten 30 Jahren wurde hier der konstruktive Holzbau neu definiert und er umfasst bereits die gesamte Bautypologie“, betonen die Kuratoren. Wer von Holzbauten spricht, meint somit nicht nur das Einfamilienhaus, sondern auch den mehrgeschoßigen Wohnbau, den Gewerbe- und Industriebau, Bauten für Infrastruktur, Gesundheit, sakrale Bauten, Kulturbauten, Kindergärten und Schulen. Die gewählten Projekte dokumentieren die hohe Qualität des Holzbaues in dieser Ausstellung. Dabei sind unter anderem die Kapelle Salgenreuthe in Krumbach von Bernardo Bader, das Gemeindezentrum Ludesch und das Illwerkezentrum im Montafon der hkarchitekten, die Kaufmann Zimmerei in Reuthe, das Gebäude von Omicrom Electronics und die Mittelschule in Klaus der Dietrich Untertrifaller-Architekten, die Fuchsegg Lodge in Egg von Ludescher+Lutz, die Siedlung Maierhof in Bludenz von feld72, die Revitalisierung von Kriechere 70 in Bezau durch Innauer/Matt und die Denkwerkstätte in Hittisau von Georg Bechter.

Gut zu wissen. Dietrich/Untertrifaller realisierten fortschrittlichen Schulbau.

Superlativ. Illwerke Zentrum im Montafon der hkarchitekten.
Nachhaltig. Gemeindezentrum Ludesch der hkarchitekten.

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