SLS 08 „SPIELEND LERNEN –ASPEKTE DES GAME-BASIERTENSOCIAL LEARNING“

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Der Band dokumentiert vereint Erfahrungen, Positionen und Strategien dieser neuen Welt des Lernens, wie sie auf dem ersten Social Learning Summit „SLS 08“ in Berlin von Wissenschaftlern, Experten und Praktikern präsentiert und diskutiert wurden.

SLS 08 „SPIELEND LERNEN – ASPEKTE DES GAME-BASIERTEN SOCIAL LEARNING“ Klaus Siebenhaar, Ralf Schremper (Hrsg.)

Schulischem Lernen und Weiterbildung eröffnen sich in der digitalen Erlebnisgesellschaft neue Horizonte: Im Zeichen von Computer und Web 2.0 scheinen ungeahnte spielerische Zugänge und gemeinsames Lernen in webbasierten Communities auf. Die Impulse für die Bildungsdebatten und vor allem die konkrete Bildungsarbeit in den Schulen und zu Hause sind nachhaltig und stimulierend, denn das Lernen von Morgen beschränkt sich nicht mehr auf Klassenverbände und individuelle Wissenshelfer – es wird als Social Learning die realen Bezüge um eine virtuelle Dimension bereichern, die an keinen Ort und keine Zeit gebunden ist und über das Spiel zu Wissen und Bildung führt.

Klaus Siebenhaar, Ralf Schremper (Hrsg.)

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SOCIAL LEARNING SUMMIT


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Ansturm: Der Social Learning Summit im Deutschen Technikmuseum Berlin weckt groĂ&#x;es Interesse.


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Vorwort Klaus Siebenhaar, Ralf Schremper Spielend lernen – Über „Game- and Storyboard Learning“ und den „Social Learning Summit“ (SLS 08) I.

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Bildungs-Horizonte (Brain.Floor 1)

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Benjamin Jörissen Medienbildung in der digitalen Erlebniskultur

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Zukunft Bildung in der digitalen Erlebnisgesellschaft. Eine Diskussion mit Benjamin Jörissen, Herbert Kubicek, Michael Mangold, Klaus Siebenhaar und Wolfgang Schulz, moderiert von Steffen Damm

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II. „Ich spiele, also lerne ich.“ Neuköllner Schüler testen game-basierte Wissenshelfer und sind begeistert. Ein Erlebnisbericht von Katharina Böttger (Game.Floor) Die teilnehmenden Schulen III. Bildung – interaktiv (Brain.Floor 2)

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Marc Prensky “Games make better …“ Some important aspects of 21st century learning

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Braingame: zukunftsweisende Wissensvermittlung. Eine Diskussion mit Miriam Grochowski, Ralf Schremper, Lea Treese, Peter Vorderer und Michael Wagner, moderiert von Ralf Müller-Schmid

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Klaus Siebenhaar, Ralf Schremper Medien bilden … Eine Zwischenbilanz mit Ausblick (Community.Floor) Anhang Die Referenten und Moderatoren Die Veranstalter Die SLS 08 Partner

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Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS


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„Im Spiel gelangt der Mensch zu sich selbst …“: Der Social Learning Summit bot viele Gelegenheiten, diese These zu überprüfen.


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SPIELEND LERNEN ÜBER „GAME- AND STORYBASED LEARNING“ UND DEN „SOCIAL LEARNING SUMMIT“

Spielend Lernen

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Die Veranstalter Prof. Dr. Klaus Siebenhaar (links) und Dr. Ralf Schremper begrüßen die Kinder beim Social Learning Summit 08. Im Spiel gelangt der Mensch zu sich selbst und damit ins Reich der Freiheit. Das Spiel als eine der elementaren Funktionen des menschlichen Lebens versteht sich zum einen als die „Freiheit von Zweckordnungen“, zum anderen als „freier Impuls“, indem es in lebendiger „Selbstbewegung“ im wahrsten und konkreten Sinn Spielräume eröffnet. „Nun ist es das Besondere des menschlichen Spieles, daß das Spiel auch die Vernunft, diese eigenste Auszeichnung des Menschen, sich Zwecke setzen und sie bewußt anstreben zu können, in sich einzubeziehen und die Auszeichnung der zwecksetzenden Vernunft zu überspielen vermag. Das nämlich ist die Menschlichkeit des menschlichen Spiels, daß es in dem Bewegungsspiel sich seine Spielbewegungen sozusagen selbst diszipliniert und ordnet, als ob da die Zwecke wären, z.B. wenn ein Kind zählt, wie oft der Ball auf den Boden schlagen kann, bevor er ihm entgleitet.“1 Ob Zweckfreiheit, Zweckfingierung („Als ob“) oder die freiwillige Handlung mit festgelegten Regularien – entscheidend bleibt für die Freiheit im Spiel, dass es das „Anderssein“ gegenüber dem „gewöhnlichen Leben“ markiert, indem der „homo ludens“ (Johan Huizinga) Zweck und Ziele in und an dem Spiel selber bestimmt. Neugier, Lust, Freude und Spannung sind die natürlichen Triebkräfte aller spielerischen Bewegung. Im Spiel ist der Mensch bei sich selbst, in dieser identitätsstiftenden Funktion erfüllt sich seine Freiheit: „Denn, um es endlich einmal herauszusa1 Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des gen, der Mensch spielt nur, wo er in volMenschen. 15. Brief.

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Vorwort

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ler Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“2 Diese im Schillerschen Sinn „ästhetische Erziehung des Menschen“ aus dem aufklärerischen Geist des 18. Jahrhunderts findet ihre Erfüllung aber eben nicht zuvörderst in der Rezeption des künstlerischen Spiels, sondern im aktiven eigenen Spiel, das der Zerstreuung, Entspannung, Erheiterung oder auch der kognitiven Entwicklung dienen kann. Dieser natürliche Spieltrieb, der bereits zur frühkindlichen Selbstfindung und somit zur primären Sozialisation des Menschen gehört, behauptet im Prozess der Zivilisation das Eigenschöpferische, fördert kreative Potenziale und sichert individuell wie kollektiv Freiräume.

Spielend lernen als emanzipatorischer und identitätsstiftender Akt hat in der pädagogischen und kulturellen Theoriebildung seit dem 18. Jahrhundert seinen festen Platz. Spätestens mit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wird diese Ahnengalerie der Rousseau, Fröbel, Wyneken, Steiner oder Huizinga durch eine verstärkt medienorientierte Perspektivierung erweitert. In den von Kracauer, Benjamin und vor allem durch Bertolt Brecht entwickelten Kino-, Radio- und Lehrstücktheorien wird das Moment der kulturell-technischen Aneignung, der Interaktivität eingeführt. Die modernen Massenmedien sollten genutzt werden, die oft manipulative „Einwegkommunikation“ zugunsten eines kritischen Dialogs, ja einer aktiven Indienstnahme durch den Rezipienten („selber spielen“, „selber senden“) zu überwinden. Über die damals neuen Medien zu lernen, sich ihrer selbst zu bedienen, eigenproduFür einen breiten Bildungshorizont: Eine Auswahl zierte „Inhalte“ zu schaffen – das von scoyo-Spielen aus verschiedenen Wissensschienen die zukunftsweisenden gebieten. gesellschafts- und kulturpolitischen Zielsetzungen. Diese „linken“ Positionen kritischer Intellektueller und Künstler der Weimarer Republik finden direkt oder indirekt noch ihren Niederschlag, wenn heute über „Games“, „Braingames“, „Serious Games“ u.ä. im Kontext der neuen 2 Hans-Georg Gadamer: Die Aktualität des Schönen. „Tainment“-Kulturen des 21. Jahrhunderts Stuttgart 1977. S. 29 f.. (Entertainment, Edutainment, Infotainment,

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Mediatainment u.ä.) diskutiert wird. Die Bewertung digitaler Lernspiele im Hinblick auf pädagogische Zielsetzungen, sozial erwünschtes Lernen oder einfache Wissensvermittlung vollzieht sich in den tradierten, vertrauten Kategorien von kritisch-emanzipatorisch bis zu flachem „Spaß machen“. Differenzierte Zwischentöne fehlen oft, wenn Lernen ohne spielerische oder Entertainment-Elemente gedacht wird. In einem traditionell „pädagogisch“, „erzieherisch“ ausgerichteten Diskurs werden sowohl popularkulturell-unterhaltende als auch medienbasierte Wissensvermittlungsund Lernkonzepte von vornherein einem besonders kritischen bis latent ablehnenden Prüfverfahren unterzogen. Die schrittweise Integration der sogenannten Tainment-Kulturen einschließlich ihrer medialen Konfigurationen in die klassischen Hochkulturund Bildungsreservate hinein hat zum einen die (im besten Sinne) Spielräume kultureller und bildungsmäßiger Teilhabe erheblich erweitert, zum anderen gewisse Abwehrmechanismen gegenüber vermeintlicher oder auch wirklicher Verflachung verstärkt. Die Konvergenzen zwischen Kulturund Bildungssphären, Unterhaltungs- und Medienindustrien (= „Creative Industries“) haben zugleich das wirkungsästhetische Vermittlungsspektrum wie die Vielfalt an Vermittlungsmöglichkeiten und Transaktionsbeziehungen völlig neu determiniert. Spiele, „Games“ in allen Variationen nehmen innerhalb dieses dynamischen und innovativen Prozesses eine zentrale Rolle ein. Dass dabei Problemfelder wie Sicherheit, Ethik und Moral der Qualität sozialer Auf die Plätze, fertig, los ...: Neuköllner Interaktion und damit von MedienSchüler beim Ansturm auf die Geräte. kompetenz insgesamt die gesellschaftliche, bildungs- und medienpolitische Diskussion beherrschen, liegt auf der Hand. Das von Dieter Baacke und anderen in Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung aufgefächerte Verständnis von Medienkompetenz vollzieht sich auf der technischen, kulturellen, sozialen und reflexiven Ebene. FragestellunSpielend lernen soll Spaß machen. gen der Medienkompetenz fokussieren sich aktuell auf die Schnittstellen von Onlinenutzung und Computerspielen der sogenannten Digital Natives (Marc Prensky). Nicht zuletzt der ungebremste Boom auf dem Computerspiele-Markt

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Vorwort

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(2007: 2,3 Mrd. Euro Umsatz) sowie die zunehmend verwischenden Grenzen etwa zum Film und ein zunehmendes Interesse der Kommunikations- und Medienwissenschaften an diesem Gegenstand haben den bisher vorwiegend (medien-)pädagogisch dominierten Diskurs stimuliert und intensiviert. Mit der Einführung von Begriffen wie „Social Software“, „Serious Games“ oder „Knowledge Management“ geht eine weitere Versachlichung und transdisziplinäre wissenschaftliche Fundierung einher, die neben der Risikoeinschätzung die Chancen und Potenziale interaktiver netz- und gamebasierter Wissensvermittlung erforscht. Der Aufbau und die Pflege sozialer Netzwerke, von „Communities“ also, die den dialogischen Austausch, Teilhabe und Techniken von Wissen befördern, folgen dem Ideal einer „Bottom-up“-Entwicklung von sich selbst bildenden und gebildeten Gemeinschaften, die auf den Erfahrungen des E-Learning, von Web 2.0, von filmischen Animationen und Games aufbauen. Dass dies mit der Entwicklung innovativer digitaler Lernformate und Online-Plattformen der „Creative Industries“ korrespondiert, haben nicht nur die Flut von Wikis oder etwa die Angebote von Nintendo und Microsoft gezeigt, sondern unterstreicht auch die Entdeckung des schulischen Bildungsmarktes. „Ich spiele, also lerne ich“ – mit diesem Claim wird die neue Offensive um den Zukunftsmarkt Bildung überschrieben, und Marc Prensky, Pionier und Vordenker des „Digital Game-Based Learning“, nennt gleich ein Dutzend Lerninhalte, die solcherart Computerspiele vermitteln: Vom Teamwork über Entscheidungen unter Stress, von strategischem Denken, logischen Schlussfolgerungen bis hin zur

Eine Form der Geselligkeit: Beim Spielen kommt man ins Gespräch.

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professionellen Exzellenz an sich und andere reicht das Spektrum dieser erzieherischen Wertschöpfungskette. Für Prensky und andere gilt dieses insbesondere für komplexe Spiele und natürlich für speziell für den Unterricht oder bestimmte Wissensfelder konzipierte Lernspiele. Die wachsende Akzeptanz von Video- bzw. Computerspielen als Bildungsmedium und neuer Kunstform und die ungebrochene Auseinandersetzung um „Violent Video Games“ bleiben dabei die zwei Seiten einer Medaille. Unabhängig aber von der Ächtung rein gewaltverherrlichender Spiele sind die Chancen, ja die Notwendigkeit eines „Game- and Storybased Learning“ für die Sicherung eines selbstgesteuerten und problemorientierten sowie gemeinschaftsstiftenden Lernerfolgs unbestritten. Die Verbindung von narrativen Elementen, Comic-Ästhetik, digitaler Technik und der „Social Web“-Philosophie der „Communities“ offeriert neue Lernformate und -stimuli, die eine ähnlich differenzierte, erkenntnistheoretisch und methodisch fundierte Auseinandersetzung ermöglicht, wie sie bei den „alten“ Medien wie Theater, Film und Rundfunk längst selbstverständlich sind. Während die angloamerikanische Kommunikations- und Medienwissenschaft diese neuen Forschungsfelder beizeiten besetzt hat, sind im deutschsprachigen Raum bisher vorwiegend Kunst- und Fachhochschulen sowie außeruniversitäre Einrichtungen mit dem Thema Computerspiele in seiner ganzen Bandbreite beschäftigt. An diesem Punkt setzt nun der von der BerlinMediaProfessionalSchool (BMPS) der Freien Universität Berlin und der scoyo GmbH, einem Tochterunternehmen der Bertelsmann AG, initiierte jährliche „Social Learning Summit“ an. Gemeinsam mit Schülern, Lehrern, Experten und Wissenschaftlern der Schauen, zeigen, lernen: Momentaufnahmen aus unterschiedlichsten Fachdisziplinen dem Game.Foor 08 soll eine anwendungsorientierte

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Vorwort

Plattform geschaffen werden, um diese neuen digitalen Formen und Formate der Wissensvermittlung und medialen Komplementäre zum Schulunterricht zu testen, zu reflektieren und zu diskutieren. Wissenschaft, Bildung und Kreativwirtschaft wollen mit diesem innovativen Typus einer praxisfundierten Fachkonferenz mit Laborcharakter die Konturen zukünftigen sozialen und kollaborativen Lernens schärfen und zugleich die Möglichkeiten spielerisch-medialer Ansätze erproben – also „Game“, „Brain“ und „Community“ in wechselseitiger Erhellung miteinander verknüpfen. Diese besondere Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und der „Social Learning Summit“, dessen erste „Ausgabe“ 2008 im folgenden dokumentiert wird, versuchen in ihrer Mission den großen Vordenkern von Schiller bis Gadamer in dem einen zentralen Punkt mit den Medien des 21. Jahrhunderts zu folgen: den naturgegebenen „freien Impuls“ menschlichen Spiels im Rahmen der sich „selbst disziplinierenden SpielbeDr. Ralf Schremper (links) im Gespräch mit wegungen“ zu befördern. Dann dem Projektleiter des Campus Rütli-CR2, wird auch klar, dass kein noch so Klaus Lehnert. kreatives, phantasieanregendes digitales Lernspiel den Anspruch erheben kann, Substitut für Schulbildung, Nachhilfe oder schulische Förderprogramme zu sein, sondern „nur“ spielerische Ergänzung zu sein vermag – die dann aber in freier Entfaltung einfach Spaß macht.

Prof. Dr. Klaus Siebenhaar, Freie Universität Berlin, erläutert Studierenden das Projekt Social Learning Summit.

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BILDUNGS-HORIZONTE

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MEDIENBILDUNG IN DER DIGITALEN ERLEBNISKULTUR KEYNOTE

Bildungs-Horizonte

BENJAMIN JÖRISSEN Das Stichwort „digitale Erlebniskultur“ verweist auf verschiedene mediale Entwicklungen, die sich zunehmend miteinander verschränken. Die Ausbreitung des „partizipativen Web“ (also beispielsweise sozialer Online-Netzwerke wie MySpace, Facebook, StudiVZ, SchuelerVZ, werkenntwen.de u.a.), die Verbreitung und Evolution digitaler Spielkultur sowie die Verbreitung internetfähiger, multimedialer Mobilgeräte definieren dabei das gegenwärtige Plateau, wobei u.a. folgende Trends zu beobachten sind: a) nahtlose (bzw. als nahtlos empfundene) Integration digitaler Medien in den Alltag und in die alltäglichen Handlungspraxen; b) zunehmende Medienkonvergenz sowohl auf Nutzerseite als auch auf der Content-Seite; sowie c) zunehmende Individualisierung – d.h. auch aktive Gestaltung der eigenen Medienlandschaft – bei gleichzeitig verstärkter sozialer (z.B. jugendkultureller) Einbettung und Vernetzung. Ich möchte im Folgenden zunächst die These der Erlebniskultur erörtern und dabei die Frage stellen, was sie im Hinblick auf Lernformen und -stile bedeuten könnte (1). Im Anschluss daran möchte ich anhand der Bereiche Digitale Spiele und Internet aufzeigen, warum und inwiefern die Neuen Medien vor allem informell gelagerte Lernund Bildungspotenziale aufweisen, warum also heute verstärkt von Medienbildung die Rede ist (2). Gerade weil die Bildungspotenziale Neuer Medien hoch einzuschätzen sind, drohen sie die Bildungskluft erheblich zu verschärfen. Daher ist die Problematik der digitalen Ungleichheit von großer Bedeutung (3). Handlungsmöglichkeiten im Hinblick auf mögliche Maßnahmen, der digitalen Ungleichheit entgegenzuwirken, werden in einem abschließenden Abschnitt beleuchtet (4). 1) Erlebnis, Gemeinschaft und gemeinschaftliches Lernen Was bedeutet es im Kontext von Bildung und Medialität, von Erlebniskultur zu sprechen? Man könnte den Begriff des „Erlebnisses“, den der Soziologe Gerhard Schulze in seinem 1992 erschienenen Band zur Erlebnisgesellschaft mit nachhaltiger Wirkung in die Debatte einbrachte, insbesondere in Bezug auf die interaktiven Neuen Medien leicht als problematisch empfinden: dann nämlich, wenn man unter „Erlebnis“ einen rein passiven Vorgang verstünde. In der Tat ist die These der Erlebnisgesellschaft ja durchaus kulturkritisch ausgerichtet: „Mehr und mehr überlagern Nebenattribute und Oberflächenreize inhaltliche Tiefenstrukturen“, so attestierte Schulze der jungen wiedervereinten Republik (Schulze 2005, 546). Andererseits aber hält er fest, dass im „Projekt des schönen Lebens (...) ein Reflexionsprogramm angelegt“ sei (ebd., 52). Der Vorwurf der Oberflächlichkeit ist gleichsam das Standardmodell der intellektuellen Kulturkritik seit Platon. Das zweite Zitat zeigt jedoch deutlich, dass Schulze sich nicht gut als Referenz für dieses stereotype Kritikmuster eignet, sondern dass seine Gesellschaftsdiagnose erheblich differenziertere Beobachtungen anzubieten hat.

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Keynote

Was Schulze mit seiner These m.E. vor allem kongenial registrierte, war eine zunehmende Innengeleitetheit von Handlungsentwürfen und -praxen. Worum es den Menschen dabei geht, so Schulze in einem 2005 ergänzten Nachwort des Bandes, sei „Faszination, Konzentration, Sinn, Gefühl, Authentizität“ (ebd., VII). Sichtbar wird spätestens an dieser Stelle, dass „Erlebnis“ nicht per se mit Oberflächlichkeit gleichzusetzen ist. Die – beispielsweise über Popkultur und Lifestyle-Diskurse medial induzierte – Ästhetisierung der Lebenswelten führt letzten Endes dazu, dass Menschen darüber nachdenken müssen, was das für ihren Lebensentwurf Adäquate ist: Worauf will ich mich angesichts knapper Lebens- und Alltagszeit konzentrieren; was sind meine Quellen der Sinnfindung; wann und wo fühle ich mich bei mir (im Sinne einer „authentischen“ Selbsterfahrung)? Dies sind mögliche Anschlussfragen mit stark reflexivem Charakter. Der individualistische Anklang solcher Fragen wird häufig als Sozialitätsverlust ausgelegt. Angesichts von Enttraditionalisierungs- und Globalisierungseffekten läge dies vielleicht nahe, denn traditionale Gemeinschaftsformen verlieren ihre normative Kraft zunehmend (nicht, dass sie etwa verschwinden würden ist damit gemeint, sondern dass sie zu einer wählbaren Option neben anderen, neuen Formen geworden sind, wie an Partnerschafts- und Familienmodellen sehr gut zu beobachten ist). Tatsächlich aber besteht diese Gefahr eher nicht. Im Gegenteil führt das innengeleitete Wahlprinzip zur Suche nach und Bildung von neuen – beispielsweise geschmacks- und interessenbasierten – Formen von Gemeinschaft und Vergemeinschaftung (vgl. Gebauer/Wulf 1998; Wulf ea. 2001; Gebauer 2002). Dies ist im Grunde schon seit Jahrzehnten im Kontext alternativer Lebens- und Gemeinschaftsentwürfe der Fall. Es kann vor diesem Hintergrund kaum als Zufall erscheinen, dass das Internet mit seiner Fähigkeit, beinahe beliebig komplexe Kommunikationsverhältnisse handhabbar zu machen, in jeder seiner Entwicklungsphasen neue soziomediale Gemeinschaftsformen hervorgebracht hat – von der ersten Mailingliste im Jahr 1976 bis hin zur Blogosphere und zu sozialen Online-Netzwerken (vgl. auch Jörissen/Marotzki 2008, 169 ff.). Versteht man die „Faszination“ und das „Gefühl“, von dem Schulze spricht, vor diesem Hintergrund weniger als Sensation und Sentiment, sondern als Engagement und Involvement (i.S. emotionaler Beteiligung), so wird die Bildungsrelevanz dieser Entwicklungen unmittelbar einsichtig.1 Überträgt man diese Diskussion auf die Frage nach Bildung und Lernen unter solchen Bedingungen, so könnte man durchaus im Sinne Schulzes von einer Präferenz für „erlebnisorientierte“ Lernformen und -situationen sprechen. Dies bedeutet zum Beispiel Folgendes: a) Die Bereitschaft zum Engagement für Lehr- und Lernformen hängt zunehmend mit ihrer Faszinationskraft zusammen. d.h. mit ihrer Fähigkeit, 1 Die Wendung auf das eigene Innere ist übrigens, wie ein involvierte Handlungsweisen hervorBlick in die Geistesgeschichte zeigt, keineswegs eine Erfindung des zubringen bzw. den Beteiligten die 20. Jahrhunderts. Sie geht letztlich auf die frühchristliche BekehMöglichkeit zu geben, sich engagiert rungserfahrung zurück, die Augustinus in seinen Confessiones so einzubringen (was geradezu zu einem eindringlich und wirkungsvoll beschrieb, und die ihren Weg nicht Kriterium für didaktische Glaubwürzuletzt über Jean-Jacques Rousseau in die Moderne, ihr Subjektverdigkeit werden kann). ständnis und folglich ihre Bildungsentwürfe gefunden hat. Innerb) Lerninhalte werden von den Indivilichkeit wurde hier nicht als Weg in die Isolation, sondern im duen zunehmend auf ihre lebensweltliGegenteil als Weg zu Gott (und damit im christlichen Sinn als Weg che Relevanz hin befragt (und selektiert). zur Gemeinschaft der Menschen) verstanden (vgl. Taylor 1996).

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– Das klingt nun zunächst, als würde nur noch das gelernt, was unmittelbar pragmatisch oder emotional verwertbar ist. Die „lebensweltliche Relevanz“ ist jedoch selbst eine Setzung der Individuen, die weiter oder enger sein kann. Lernen, und vor allem Bildung – im anspruchsvollen Sinn verstanden als ein komplexes Lernen, das die eigene Welt- und Selbstsicht verändert (vgl. Marotzki 1990; Marotzki/Jörissen 2008) – setzt voraus, dass Individuen in der Lage sind (bzw. in die Lage versetzt werden), die weiteren Horizonte und Anschlussfähigkeiten von Themen zu erkennen. Je mehr Kontexte möglich, geboten oder erlaubt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit hierzu. Offene, informelle und/oder projektförmige Zusammenhänge werden unter der Prämisse der Erlebnisorientierung daher erheblich höhere Potenziale aufweisen als dekontextualisierte Strategien der Wissensvermittlung (strenge schulische Fächertrennung wäre also eher als Negativbeispiel einzuordnen). c) Lernprozesse werden bevorzugt als Moment sozialer Situationsvollzüge gesucht und gestaltet (oder erwünscht). Die Idee, dass Lernhandlungen in sozialer Isolation stattfinden müssen (Einzelarbeiten statt Teamarbeiten, klassisches Beispiel: schulische Hausaufgaben), findet nur noch bedingt und punktuell Akzeptanz. Die darin zum Ausdruck kommende Tendenz ist bereits seit langer Zeit in der Diskussion. So bildet sie im Grunde den Kern jeder reformpädagogischen Idee. Im „Mainstream“ ist die Debatte um das sogenannte informelle Lernen, mit dem wir es hier zu tun haben, bereits seit dem Faure-Bericht der UNESCO (Faure 1972); allerdings erhält das informelle Lernen erst in jüngerer Zeit die ihm entsprechende Aufmerksamkeit (Wenger 1998; Dohmen 2001; Overwien 2004). 2) Medienbildung – Bildungspotenziale interaktiver Medien Im Hinblick auf Bildung werfen die eingangs erwähnten Entwicklungen in der zunehmend medienkonvergenten, digitalisierten Medienkultur viele Fragen und Verunsicherungen auf. Defensive und kulturpessimistische Befürchtungen (wie sie gesellschaftliche und zumal mediale Umbruchphasen schon seit der Antike begleiten) mögen dabei teilweise unvermeidbar sein; sie führen jedoch in eine Position der politischen und pädagogischen Handlungsunfähigkeit und vergrößern letztlich nur den ohnehin bestehenden medialen „Generational Gap“. Demgegenüber steht das Konzept der Medienbildung für einen ressourcen- und chancenorientierten Blick auf interaktive und partizipative Medien, der vor allem im Hinblick auf die immer wichtiger werdenden informellen Lern- und Bildungsräume die Potenziale der Neuen Medien differenziert sichtbar macht. Die damit verbundene These ist nicht neu. Sie lautet zunächst, dass Medien in modernen Gesellschaften eine zentrale Rolle für die Orientierung von Individuen spielen. Diese These hat Niklas Luhmann, bezogen auf die Massenmedien, plausibel erläutert (Luhmann 1996). Sie gilt nicht weniger für die digitalen interaktiven Medien, die dabei ein erheblich größeres Gestaltungspotenzial bieten, denn der Selektionszwang ist in interaktiven Medien, insbesondere im Internet, ungleich höher als beim alten Leitmedium, dem Fernsehen. So kann man theoretisch den Fernseher einfach einschalten, ohne aktiv einen Kanal auszuwählen. Mit dem Computer und dem Internet geht dies nicht. Hier muss zu irgendeinem Zeitpunkt gehandelt werden, muss eine

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Wahl getroffen werden – und zwar eine, die bereits Orientierungen voraussetzt, welche nicht trivial sind (z.B. die Kenntnis von Internetadressen). Wenn man daher, wie oben diskutiert, den Begriff des Erlebnisses als rein passiven Modus der Weltbegegnung versteht (oder missversteht), dann würde dieser auf interaktive Medien kaum zutreffen, denn diesen geht es um Handlungs- und Aktionsräume. Eine „digitale Erlebniskultur“ ist dementsprechend grundsätzlich durch den Zwang zu Suchbewegungen – selbst in den Fällen einer bestehenden konsumistischen Grundhaltung – geprägt. Wir sehen hier neue Orientierungszwänge, insbesondere im Vergleich zu früheren Medienkulturen, die wir positiv bewerten. Dass – um diesem naheliegenden Einwand zu begegnen – eine intelligente und reflektierte, also kritisch-selektive Nutzung des Fernsehens höhere Bildungspotenziale aufweisen konnte als heute etwa der unkritische Konsum von Youtube-Videos ist damit Dr. Benjamin Jörrissen von der Universität nicht in Frage gestellt. Auch hochMagdeburg. gradig komplexe Medien(verbünde) weisen eine Bandbreite von Nutzungsstilen auf (Wagner/Theunert 2006). Allerdings schließt das Fernsehen – für sich genommen – aktive Mitgestaltung aufgrund der medialen Struktur (kein Rückkanal der Informationsübertragung) aus. Es geht an dieser Stelle der Diskussion zunächst einmal darum, zu verstehen, welche Nutzungsmodi ein Medium aufgrund seiner medialen Struktur hervorbringen kann – bei interaktiven Medien sind dies naheliegenderweise Interaktionen und Kommunikationen, bei Massenmedien Selektionen und Rezeptionsakte. Die Spannbreite reicht also von passiv- und aktiv-rezeptiven Haltungen, die eben von der Nutzung der Massenmedien her bekannt sind bis hin zur aktiven Einwirkung, Mitwirkung und (Mit-) Gestaltung. Was das Verhältnis von „alten“ und „neuen“ Medien betrifft, gilt es allerdings, die neuesten medienkonvergenten Integrationstendenzen – sowohl auf technischer Ebene als auch auch der Ebene medienkonvergenter Nutzungsweisen (Schuegraf 2008) – im Blick zu behalten. Klassische und Neue Medien werden in ein neues und dynamisches Verhältnis gebracht. Dementsprechend haben wir es zunehmend mit einer individualisierten, aktiven medienkonvergenten Gestaltung medialer Alltagswelten zu tun, die sich quer durch alle medialen Bereiche, von Radio bis zum iPhone, zieht. Die Medialisierung der Alltagswelten geht – ohne dass hier ein kausaler Zusammenhang konstatiert werden soll – offenbar mit einer Präferenz für „erlebnisorientierte“ Modi des Lernens, des Wissenserwerbs und auch der Wissenskommunikation einher: Infotainment, Dokutainment und Edutainment sind Phänomene, welche die Art unseres kulturellen Umgangs mit Wissen heutzutage tiefgehend prägen. Wo genau werden in diesem Zusammenhang in den aktuellen Diskussionen Lern- und Bildungspotenziale gesehen? Ich möchte dies kurz anhand der Medienbereiche der digitalen Spiele und des Internet vorstellen. a) Digitale Spiele. Der Diskurs über Lernaspekte digitaler Spiele reicht bis in die 1980er Jahre zurück (Fromme 2006). Er wird mit den sich gegenwärtig etablierenden

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Digital Game Studies auf eine breitere Basis gestellt. Dabei ist die Lernrelevanz digitaler Spiele nicht in erster Linie auf formelle Lernsettings i.S.d. „Game-Based Learnings“ oder der aktuellen Versuche, „Serious Games“ als Lernmedien zu entwerfen, bezogen. Vielmehr geht es um die Spielen strukturell immanenten Lern- und Bildungspotenziale. Dass Spielen generell eine bildungs- und sozialisationsrelevante Tätigkeit ist, ist wohl kaum zu bezweifeln. Digitale Spiele bringen jedoch neue Formen des Spiels hervor, die teilweise außerordentlich komplex sind. In diesem Sinne verweist der Medienpädagoge Henry Jenkins auf die kulturelle Komplexität von Spielen, die oft erheblich ist.2 Matthias Bopp verweist darauf, dass Computerspiele eine „immersive Didaktik“ aufweisen, dass also Spielverläufe eine eingebettete didaktische Struktur aufweisen (Bopp 2004). Jesper Juul hebt an Digitalen Spielen den Aspekt hervor, dass sie oft hochkomplexe regelgeleitete Welten darstellen, deren Regeln jedoch nicht von vornherein bekannt sind (Juul 2005). Die Spieler begeben sich in eine Welt, deren Regeln sie erst rekonstruieren müssen; ja bisweilen sind nicht einmal Spielziele von vornherein bekannt. Die Spieler müssen daher notwendigerweise Regelkompetenzen erwerben. Das heißt, sie müssen über verschiedene Spiele hinweg immer wieder neue Strategien suchen und finden, wie die Regeln des Spiels rekonstruiert werden können. Johannes Fromme, der hier als letzter Vertreter der Digital Game Studies genannt sei, hebt sich von den Vorgenannten dadurch ab, dass er nicht nur von Lerneffekten der Computerspiele spricht, sondern ihre strukturimmanenten Bildungspotenziale hervorhebt, beispielsweise indem er Distanzierungsmomente aufzeigt, die eine ständige (Um-)Rahmung und Einklammerung des Spielgeschehens – ähnlich wie im Brechtschen Theatermodell – bewirken, oder indem er auf die spezifische Fähigkeit von Computerspielen verweist, neue Erfahrungen zu vollziehen, wie beispielsweise Zeitund Raumverhältnisse zu erleben, die in der physischen Welt nicht möglich sind – wodurch eine Dezentrierung stattfindet, die Zeit und Raum ihrer vermeintlichen Selbstverständlichkeit entheben (Fromme 2008; Fromme/Jörissen/Unger 2008). Ein häufiger Einwand gegen diese Forschungsergebnisse besagt, dass es fraglich sei, ob ein Transfer dieser Erfahrungen und Regeln auf die „reale Welt“ gelingt oder überhaupt wünschbar sei (siehe dazu auch das Transkript der ersten Podiumsdiskussi2 Dies gilt evidenterweise für die riesigen Online-Rollenspielon). Gegen diesen Einwand sind mindewelten wie etwa World of Warcraft. Aber bereits das unter Kinstens zwei Argumente anzuführen. Erstens dern seit einiger Zeit sehr beliebte Pokémon-Universum beispielsgeht es gar nicht um den Transfer beweise besteht aus hunderten fiktionaler Lebewesen mit jeweils stimmter Regeln eines bestimmten Spieles eigenen Eigenschaften, die in Zugehörigkeiten zu Elementen auf die – an dieser Stelle immer so genannangeordnet sind (Wasserwesen, Feuerwesen, Pflanzenwesen etc.), te – „wirkliche“ Welt (im übrigen: auch der die in jeweils unterschiedlicher Weise entwicklungs- und evoluSpielvollzug ist Teil der „wirklichen Welt“). tionsfähig sind, die trainiert werden können, jeweils spezielle Vielmehr geht es um die besagten StrateStärken und Schwächen aufweisen, und die in verschiedene kleine gien der Rekonstruktion von Regularitäten Narrationen eingebunden sind. Pokémon repräsentieren – unter komplexer Umgebungen. Im Erwerb soldem gemeinsamen Erscheinungsbild des japanischen Verständcher Strategien – und nicht in den rekonnisses von „Niedlichkeit“ (kawaii) – sehr unterschiedliche Fähigstruierten Regeln und Gesetzmäßigkeiten keits- und Charaktereigenschaften, die im sportlichen Kampf eines bestimmten Spiels, das immer nur gegeneinander antreten. Sie repräsentieren eine Welt, in der buneine mehr oder weniger komplexitätsredute Verschiedenheit über einfache Freund/Feind-Zuordnungen zierte Weltversion sein kann, selbst – liegt dominiert, und in der Stärken, Schwächen und Chancen auf alle der Wert. Überhaupt auf die Idee zu gleichermaßen verteilt sind.

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kommen, dass komplexe Umwelten verborgene Regeln enthalten, ist von hohem Wert. In der Geschichte der Soziologie hat es immerhin bis in die 1960er Jahre gebraucht, bis dieses Wissen um „Frontstage“ und „Backstage“, also Vorder- und Hinterbühne sozialer Zusammenhänge seine volle Tiefe erhalten hat (Goffman 1996). Ein Wissen um diese alles Soziale strukturierende Differenz wird im Spiel natürlich nicht auf theoretische Weise erworben, jedoch praktisch erfahren. Zweitens sind immer mehr Computerspiele Multiplayerspiele, die also mit teilweise Tausenden von anderen Spielern über Internetverbindungen gemeinsam gespielt werden. Die Erfahrungen, die hier aus Konflikten und Kommunikationen im Umgang mit anderen Spielern zustandekommen, sind aus unserer Sicht ausgesprochen wertvoll. Im Kontext der Counterstrike-Spielercommunity – einer um das Jahr 2002 herum siebenstelligen Zahl von Spielern dieses öffentlich hochumstrittenen Egoshooters – konnten wir in ethnographischen Feldstudien die sozialisierenden und gemeinschaftsbildenden Aspekte dieser Spielerkultur im Detail aufzeigen (Bausch/Jörissen 2004; Jörissen 2004; Bausch/Jörissen 2005). b) Damit zum zweiten medialen Bereich, dem Internet. Die Rede vom sogenannten „Web 2.0“, zeitweilig in aller Munde, ist inzwischen schon fast wieder passé. Nicht etwa deswegen, weil das „Mitmachnetz“ eine Modeerscheinung gewesen wäre, sondern deswegen, weil es binnen allerkürzester Zeit Normalität geworden ist. War es in den 1990er Jahren noch sehr wenigen vorbehalten, aktiv Inhalte ins Netz einzustellen oder dort gar neue Strukturen bereitzustellen, so ist dies in Zeiten von Flickr, Youtube, Weblogs und Wikis im Prinzip allen Menschen, die das Web überhaupt bedienen können, die also „surfen“ können, möglich. All diese verschiedenen Bereiche sind für sich genommen komplex und bedürfen eigener Detailanalysen. Ich möchte mich an dieser Stelle auf das Phänomen der sozialen Online-Netzwerke beschränken. Einerseits deswegen, weil diese Seiten den (zahlenmäßig) größten Erfolg des partizipativen Internet ausmachen. Weltweit existieren hunderte Millionen Accounts in sozialen Netzwerken wie MySpace, Facebook, Orkut, StudiVZ, Beebo u.v.a.m.. Andererseits deswegen, weil soziale Netzwerke als sozialisations- und bildungsrelevante soziale Arenen einerseits, als sozialer Raum zur Entfaltung informeller Lernkulturen andererseits bereits gegenwärtig eine wichtige Rolle einnehmen. Sie sind Orte, an dem Menschen lernen, Identitäten zu artikulieren, mit anderen auszuhandeln und nicht zuletzt in diesen öffentlichen Räumen auch zu managen, d.h. ein Bewusstsein darüber zu entwickeln, welche Aspekte der Persönlichkeit einem allgemeinen Publikum sichtbar gemacht werden sollten und welche nicht (Boyd 2004; Boyd/Heer 2006). Bisweilen können diese Erfahrungen wenig erfreulich sein – etwa wenn Lehrer oder Eltern die Seiten von Jugendlichen aufsuchen, was von diesen dann – naiverweise – als Einbruch in die eigene Privatsphäre aufgefasst wird. Sehr wichtig ist an dieser Stelle der Gedanke des Kinder- und Jugendmedienschutzes, um traumatische Erfahrungen vermeiden zu helfen (z.B. CyberMobbing oder sexuelle Belästigung). Wichtig ist aber andererseits auch, nicht in eine bewahrpädagogische Haltung zu verfallen. Verbote von Netzwerkaktivitäten sind glattweg sinnlos – erstens sind sie wirkungslos angesichts der Möglichkeit, Zweitprofile verdeckt anzulegen (oder auf ein anderes, weniger bekanntes soziales Netzwerk auszuweichen). Zweitens aber spricht nicht wenig dafür, in sozialen Netzwerken die Kommunikationsform der Zukunft zu sehen, die mit Leichtigkeit an die Stelle von Telefon, Fax, Email und

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Instant Messenging treten wird, sobald mobiler Internetzugriff (bezahlbarer) Alltag geworden ist. Netzwerkkompetenzen werden daher zunehmend in beruflichen Kontexten gefordert.3 Soziale Netzwerke sind Orte, an denen Alltagskreativität entwickelt und entfaltet werden kann (Burgess 2007). Sie sind aus Sicht der Medienbildung ein Ort der Partizipation und der Artikulation. Damit stellen sie prinzipiell einen deliberativen Raum dar, der von Kommunikationen, Interaktionen, Aushandlungsprozessen, von kulturellen und subkulturellen Inszenierungen, aber auch von Partizipation auf mikro- oder mesopolitischer Ebene geprägt ist. Jüngstes Beispiel für mesopolitische Effizienz sind die Schülerdemonstrationen für bessere Bildungsverhältnisse, an denen im November 2008 in mehr als 30 deutschen Städten nach Meldungen mehr als 70.000 SchülerInnen teilgenommen haben. Eine entsprechende Gruppe im sozialen Netzwerk SchuelerVZ hatte binnen weniger Tage tausende Mitglieder. In der Dynamik der Online-Kommunikation ist dies ausreichend, um über diesen und andere Kanäle große Aufmerksamkeiten (virale Effekte) hervorzurufen. Weitere Beispiele wären die prominente „Causes“-Funktion auf Facebook, über die u.a. große bürgerpolitische Akteure wie Avaaz zu (digitalen) Unterschriftenaktionen aufrufen. Abgesehen von diesem generellen Potenzial sozialer Netzwerke ist es allerdings von der konkreten Gestaltung und Implementation eines Netzwerkes abhängig, welche Handlungsweisen – ob eher freizeitlich, eher beruflich, eher informell kollaborations- und lernorientiert etc. – dort einen bevorzugten Ort finden. Die Spannbreite und qualitative Verschiedenheit ist enorm hoch, und es ist – angesichts der Neuheit dieses Feldes – Aufgabe gegenwärtiger und zukünftiger Forschung, differenzierte Beobachtungen und Analysen zu entwickeln. Die Lernpotenziale insbesondere sozialer Netzwerke werden indes bereits deutlich erkannt. Die Studie „Learning Delphi 2008 – Weiterbildung und Digitales Lernen heute“ (MMB 2008) berichtet, dass aus der Sicht von Entscheidern in Unternehmen soziale Netzwerke als hochgradig potente Lerntechnologie eingeschätzt werden. 87 % der befragten Experten waren dieser Auffassung, und stellten somit soziale OnlineNetzwerke – noch vor den Wikis – auf Rang eins der Liste. 3) Digitale Ungleichheit – partizipative Ungleichheit – verschärfte Bildungskluft

Im vorangegangenen Abschnitt wurden vor allem die Potenziale und Möglichkeiten digitaler Medien vorgestellt. Die vorgestellten Bereiche sind sowohl im Sinne der oben entfalteten These der Erlebniskultur „erlebnisorientiert“ als auch zugleich lern- und bildungsrelevant, da sie große Orientierungspotenziale aufweisen. Nun verwies ja bereits Schulzes Analyse der Erlebnisgesellschaft 3 Insofern ist es fatal, wenn das Social Networking pauschal auf verschiedene „Milieus“, also verschiedeverdammt und aus schulischen Räumen verdrängt wird. Maßnahne Stile erlebnisorientierten Handelns. Im men wie diese, die von US-amerikanischen Schulen bekannt sind, Anschluss daran wurde oben erwähnt, dass würden als Breitenwirkung auf lange Sicht eher einen Akzeptanzdie enorme Plastizität der Neuen Medien verlust der Schule als ein Zurückdrängen von netzwerkbasierten eine große Bandbreite von Nutzungsstilen Kommunikationen bewirken. ermöglicht. In Zeiten, da die „Digitale Kluft“ 4 Lt. Gerhards/Klingler benutzten bereits im Jahr 2007 kaum mehr besteht4 – Zugang zum Interbeispielsweise bereits 93 % der Jugendlichen das Internet; davon net haben heutzutage die allermeisten 83 % intensiv. Menschen – entstehen neue Ausschlüsse.

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Die neue Möglichkeit der aktiven Partizipation in Netz produziert neue Nutzungsstile, nämlich die der Nichtpartizipierenden, der eher passiv und der aktiv Partizipierenden. Zwar spricht man heute von den sogenannten Digital Natives (vgl. etwa Palfrey/Gasser 2008), doch sind die Chancen, die sich für die jungen Generationen mit den Neuen Medien verbinden, außerordentlich ungleich verteilt. Darauf verweisen einstimmig alle aktuellen Nutzungsstudien (vgl. etwa KIB 2007; Schell 2007; Theunert/Wagner 2007; Theunert 2007; van Eimeren/Frees 2007). Das Problem lässt sich folgendermaßen auf den Punkt bringen: Gerade weil Digitale Medien aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften hochpotente Bildungsund Lernmedien darstellen, verschärfen sie die Kluft zwischen denen, die an diesen neuen Möglichkeiten teilhaben und teilnehmen können auf der einen Seite, und denen, die aus verschiedensten Gründen dazu nicht in der Plattform Deutsches Technikmuseum Berlin: Lage sind, auf der anderen. Wer Dr. Benjamin Jörrissen leitet mit seiner Keynote beispielsweise das Potenzial der die erste Podiumsdiskussion ein. Neuen Medien zur Informationsbeschaffung und Informationskritik auf den verschiedenen verfügbaren Kanälen des „Web 2.0“ einmal erlebt hat – von der obligatorischen Googlesuche und WikipediaLektüre über Nutzung spezieller „vertikaler“ und semantischer Suchtechnologien, Suche in der Blogosphere, Finden von Ansprechpartnern in sozialen Netzwerken, Nutzung kollaborativer Bookmarking-Services wie Delicious.com oder Diigo.com, Literatursuche auf Seiten die CiteULike.com, Nutzung von Microblogging-Diensten wie Friendfeed.com für die Suche nach aktuellsten Beträgen, Suche nach medialen Exemplifizierungen auf Flickr oder Youtube, Suche nach wissenschaftlichen Präsentationen auf slideshare.net, nach Texten auf Seiten wie scribd.com, nach Quellen auf books.google.com usw. – kann nachvollziehen, welchen enormen Informations- und Wissensvorsprung die Einen gegenüber den Anderen genießen (und dabei sind die Lern- und Bildungseffekte durch aktive Partizipation, also Erstellung von Inhalten, noch gar nicht angesprochen). Vor diesem Hintergrund der Potenziale der Neuen Medien sind die Nutzungsdifferenzen, wie sie etwa von Wagner und Theunert aufgezeigt wurden (Wagner/Theunert 2006), als hochproblematisch aufzufassen. Sie stellen aus dieser Perspektive evidenterweise nicht weniger als ein Politikum dar. Denn die Frage ist, wer derzeit in der Lage ist, die Kluft abzumildern, wer beispielsweise in der Lage ist, Kinder und Jugendliche bei ihren Schritten in völlig andersartige soziomediale Umwelten zu unterstützen und zu begleiten. Was das „Web 2.0“ und soziale Netzwerke betrifft, wirkt sich die bestehende Generationenkluft in dieser Hinsicht sehr negativ aus. Gerade einmal 8 % der 40- bis 54-Jährigen sind laut einer aktuellen Allensbacher Studie Mitglied in Onlinecommunities oder Sozialen Netzwerken (ACTA 2008). Das Durchschnittsalter der Lehrer in Deutschland betrug in der letzten Erhebung des Bundesamts für Statistik 48,1 Jahre. Auch im häuslichen Umfeld ist wenig Unterstützung vorhanden. Die von

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der Computerzeitschrift „Chip“ in Auftrag gegebene Studie „Kids am Computer“ berichtet, dass 47 % der Schüler ab elf Jahren zu Hause um Rat gefragt werden, wenn es um Computer geht.

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4) Handlungsmöglichkeiten und -bedarfe Daraus wird ersichtlich, dass gemeinsame Maßnahmen im großen Maßstab – Wirtschaft, Wissenschaft, Politik – erforderlich sind, um solche digitalen Bildungs- und Lernräume zu gestalten, die helfen, die Partizipationskluft zu vermindern. Dazu gehört auch, dass gemeinsame mediale Räume geschaffen werden, in denen Kinder, Jugendliche und ihre pädagogischen Bezugspersonen, etwa Eltern oder Lehrer, gemeinsam die Möglichkeiten, Chancen, Grenzen und Gefahren der Neuen Medien erfahren können. Die Expertenkommission „Bildung mit Neuen Medien“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hebt entsprechend in ihren Strategievorschlägen die Notwendigkeit, neue Anwendungen für die Wissensgesellschaft zu initiieren, neue Technologien, innovative „Communities“ und Infrastrukturen zu schaffen, hervor (BMBF 2007). Hier bietet sich insbesondere die Schule als Fokus an. Wiederum im Auftrag des BMBF kommt die Studie „Digitale Schule – wie Lehrer Angebote im Internet nutzen“ zu dem ermutigenden Schluss, dass „allgemeinbildende und berufsbildende Schulen […] ein großes Potenzial für die Nutzung von Online-Medien“ bieten, „das noch lange nicht ausgeschöpft wird“ (mmb 2008). Die insgesamt gute Ausstattung an Schulen und die zunehmende Bereitschaft der Lehrkörper bestätigten „das große Potenzial für entsprechende Web-Angebote“; inbesondere sei dabei das Modell der „Public-Private-Partnerships“ zu präferieren. Ähnliche Modelle und Versuche existieren in anderen Ländern bereits; so etwa in England, wo die Becta (British Educational Communications and Technology Agency) als staatliche Organisation mit privaten Anbietern kooperiert und beispielsweise in London über 2500 Schulen mit einer Lehr-Lern-Management-Umgebung ausstattet. Aber auch in kleinerem Maßstab bahnen sich entwicklungsfähige Kooperationen an. Wichtig ist im Sinne der hier angeführten Studien nicht der große Maßstab – Veränderungen müssen sich als Einsicht vollziehen. In diesem Fall geht es um die Einsicht, dass die Aufgaben der Zukunft im digitalen Bildungsbereich nicht von einer Seite allein gelöst werden können. Nötig ist die Verschränkung von bildungswissenschaftlicher Medienexpertise, unternehmerischem Innovationsgeist und politischem Gestaltungswillen. Die Kooperation der BerlinMediaProfessionalSchool mit dem Lernsoftware-Hersteller scoyo ist ein Beispiel dafür, wie Medienkultur und Bildungsanliegen in gemeinsamen Entwürfen zusammengebracht werden können. In ähnlicher Weise arbeiten wir an der Universität Magdeburg im Rahmen der Kooperation mit dem gemeinnützigen sozialen Online-Netzwerk-Anbieter OpenNetworx an einer kostenfreien Lösung, datensichere soziale Netzwerke für Schulen anzubieten, die vielfältig verwendet werden können. Das hier geplante SchoolNetworx-Netzwerk ist gedacht als Teil und Erweiterung von Schulkultur in die Online-Welt, als Ort der Kommunikation und Koordination der Schule, als Ort des informellen gemeinschaftlichen Lernens, der Kollaboration etwa zu Projektthemen – vor allem aber als Ort, wo Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler die neuen medialen Welten gemeinsam und auf verantwortliche Weise erkunden und erfahren können.

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ACTA 2008: Allensbacher Computer- und Technik Analyse: Mediennutzung und Mediennutzer unter Typologischen Aspekten. WWW: http://www.acta-online.de/praesentationen/acta_2008/acta_2008_Mediennutzung.pdf Bausch, Constanze/Jörissen, Benjamin (2004): Erspielte Rituale. Kampf und Gemeinschaftsbildung auf LAN-Partys. In: Ders., Bildung im Ritual. Schule, Familie, Jugend, Medien. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 303-357. Bausch, Constanze/Jörissen, Benjamin (2005): Das Spiel mit dem Bild. Zur Ikonologie von ActionComputerspielen. In: Wulf, Christoph/Zirfas, Jörg (Hg.): Ikonologie des Performativen. München: Fink, S. 345-364. BMBF (2007): Web 2.0: Strategievorschläge zur Stärkung von Bildung und Innovation in Deutschland. WWW: http://www.bmbf.de/pub/expertenkommission_web20.pdf Boyd, Danah (2004): Friendster and Publicly Articulated Social Networking: Conference on Human Factors and Computing Systems (CHI 2004). Vienna: ACM, April 24-29, 2004. Boyd, Danah/Heer, Jeffrey (2006): Profiles as Conversation: Networked Identity Performance on Friendster. World Wide Web: http://www.danah.org/papers/HICSS2006.pdf [October 18, 2007]. Burgess, Jean (2007): Vernacular Creativity and New Media. World Wide Web: http://eprints.qut.edu.au/archive/00010076/01/Burgess_PhD_FINAL.pdf [October 21, 2007]. Dohmen, Günther (2001): Das informelle Lernen. Die internationale Erschließung einer bisher vernachlässigten Grundform menschlichen Lernens für das lebenslange Lernen aller. Bonn. Faure, Edgar/Herrera, Felipe/Kaddura, Abdul-Razzak u.a. (1972): Learning to Be: The World of Education Today and Tomorrow. Paris: UNESCO. Fromme, Johannes (2006): Socialisation in the Age of New Media. In: MedienPädagogik 11 (2006). World Wide Web-Version: http://www.medienpaed.com/05-1/fromme05-1.pdf [July 16, 2007]. Fromme, Johannes (2008): Virtuelle Welten und Cyberspace. In: Gross, Friederike von/Marotzki, Winfried/Sander, Uwe (Hg.): Internet – Bildung – Gemeinschaft. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwiss, S. 169-201. Fromme, Johannes/Jörissen, Benjamin/Unger, Alexander (2008): (Self-) Educational Effects of Computer Gaming Cultures. In: R. Ferdig (Ed.): Handbook of Research on Effective Electronic Gaming in Education. Hershey: Idea Books Reference, S. 757-775. Gebauer, Gunter: Sport in der Gesellschaft des Spektakels. St. Augustin, 2002 Gerhards, Maria/Klingler, Walter (2007): Mediennutzung der Zukunft. Eine Trendanalyse auf der Basis heutiger Datenquellen. In: media perspektiven 6 (2007), S. 295-309. World Wide Web-Version: http://www.ard-werbung.de/showfile.phtml/06-2007_gerhards.pdf?foid=21989 [October 16, 2007]. Goffman, Erving (1996): Rahmen-Analyse: Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen. Frankfurt/M.: Suhrkamp. Jörissen, Benjamin (2004): Virtual Reality on the Stage. Performing Community at a LAN-Party. In: Hernwall, Patrik (Hg.): Envision. The New Media Age and Everyday Life.. Stockholm: Stockholms Universitet, S. 23-40. Jörissen, Benjamin/Marotzki, Winfried (2008, im Druck): Strukturale Medienbildung – eine Einführung. Begriffe – Methoden – Analysen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt/UTB KIB = Kompetenzzentrum Informelle Bildung (Hrsg.) (2007): Grenzenlose Cyberwelt? Zum Verhältnis von digitaler Ungleichheit und neuen Bildungszugängen für Jugendliche. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Luhmann, Niklas (1996): Die Realität der Massenmedien. Opladen: Lese und Budrich

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Literatur


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Eine Diskussion mit Benjamin Jörissen, Herbert Kubicek, Michael Mangold, Wolfgang Schulz und Klaus Siebenhaar, moderiert von Steffen Damm. Steffen Damm: Es sind eine Reihe von Stichworten gefallen, die für die Diskussion von Bedeutung sind. Kaum hat man sich daran gewöhnt, dass wir in einer Erlebnisgesellschaft leben, müssen wir uns schon wieder daran gewöhnen, dass wir in einer digitalen Erlebnisgesellschaft leben. Das bezeichnet eine Gesellschaftsformation, in der eine wachsende Zahl an Erlebnisangeboten medial vermittelt wird. Das ist der Eingangsbefund. Wie steht es vor diesem Hintergrund um die Bildung? Müssen digital vermittelte, auf Bildung bezogene Inhalte einen Erlebnischarakter aufweisen, um überhaupt wahrgenommen zu werden? Welche Möglichkeiten, welche Chancen, aber auch welche Risiken birgt diese Entwicklung? Was bedeutet Bildung eigentlich im Zeitalter der Digitalisierung? Über diese Fragen wollen wir gerne diskutieren. Herr Siebenhaar, Sie hatten am Jüdischen Museum mit Fragen der technikgestützten Informationsvermittlung in einer klassischen Kultur- und Bildungseinrichtung, dem Museum nämlich, zu tun. An dieser Stelle will ich anknüpfen, vor allem deshalb, weil wir uns auch hier in einem Museum befinden. Speziell das Jüdische Museum war und ist in der allgemeinen Diskussion immer wieder mit dem Vorwurf der „Disneyfizierung“ von klassischen kulturellen Inhalten konfrontiert gewesen. Klaus Siebenhaar: Ich glaube, die Diskussion, die um das Jüdische Museum seit der Eröffnung vor sieben Jahren geführt worden ist, hält ungebrochen an und wird uns auch noch einige Jahre beschäftigen. Viele diagnostizieren im Augenblick eine neue Renaissance des Bildungskonservatismus, und wir haben schon viele Zitate aus amerikanischen Studien gehört – ich glaube, das neueste Zitat ist von einem Kollegen: Mark Beuerlein aus Kalifornien, der über die „dümmste Generation“ spricht, und er meint die Jugend in der digitalen Erlebnisgesellschaft. Die Diskussion, um das mal an diesem konkreten Einzelfall – er ist wirklich beispielhaft – kurz zu skizzieren, kreist ja immer wieder um die gleichen Muster. Es sind die Muster, die wir vor 50 Jahren im Zusammenhang mit Micky Maus, meinem wesentlichen Sozialisationsfaktor, geführt haben. Hier ging es auch darum, ob diese geistige „Flachware“ den Menschen sozusagen auf immer verdirbt – die typische Haltung einer Schriftkultur gegenüber einer Bildkultur. Das ist die Grundlage all unserer Diskussionen, so einfach ist das. Und es waren seinerzeit ganz ähnliche Argumente, wie wir sie jetzt im Zusammenhang mit „Serious Games“, „Egoshootern“ u.ä. hören, die gleichen Rufe nach Jugendschutz und nach Verboten; der Appell der Lehrer und an die Lehrer, dafür zu sorgen, dass Micky Maus-Hefte nicht heimlich in der Schule oder zuhause gelesen werden, kurzum: die „Disneyfizie-

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ZUKUNFT BILDUNG IN DER DIGITALEN ERLEBNISGESELLSCHAFT


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rung“ des Lebens. Es geht auch, zumindest in Deutschland und in Frankreich, um Amerikanismus als die Verderbnis der abendländischen Hoch- und Schriftkultur durch die Kulturindustrien, wie es Adorno in der „Dialektik der Aufklärung“ beschrieben hat. Das ist der kulturhistorische Hintergrund, und so war es auch im Jüdischen Museum. Da natürlich zusätzlich mit weiteren Tabus besetzt. Es gab einen Aufschrei des Entsetzens in den deutschen Feuilletons, als man ein Ausstellungskonzept, das eines neuseeländischen Ethnologen, der das Te Papa Museum in Auckland entwickelt hatte, sah, das so multimedial war wie kein anderes zuvor. Im Jüdischen Museum findet man all den Multimedia-„Zauber“, den man heute – und das kann ich nur empfehlen – in solchen Kontexten einsetzen sollte, um eine der zentralen Missionen zu erfüllen, nämlich viele jugendliche Besucher, nicht nur über Ausflüge oder sonstige Veranstaltungen zugeführte Schulklassen, sondern wirklich viele Freiwillige, auch Non-Visitors, zu erreichen. Und es funktioniert! Das Jüdische Museum hat den höchsten Anteil an jugendlichen Besuchern aller Hochkultureinrichtungen in Deutschland. Es ist empirisch gesichert, weil das Jüdische Museum die einzig fest implementierte Besucherforschung in einer deutschen Kultureinrichtung hat. Monatlich werden qualifizierte Untersuchungen durchführt. Derzeit sind 45 % der Besucher unter 29 Jahren. Das ist in Europa vergleichsweise selten zu finden. Auch die qualitativen Interviews zeigen, dass gerade der Einsatz multimedialer und digitaler Techniken einen unglaublichen Anreiz für Jugendliche darstellt, sich mehr oder minder freiwillig mit der Materie zu beschäftigen. Das Learning Center im Keller des JMB ist rein multimedial, digital ausgestattet und mittlerweile auch bei Lehrern sehr beliebt. Dies als ein erstes konkretes Beispiel für den Diskurs, mit dem wir uns hier und heute und wahrscheinlich auch noch ein paar Jahre beschäftigen müssen. Damm: Herr Mangold, Sie verfügen ebenfalls über Erfahrungen im Museumsbereich. Deckt sich das mit Ihrer Einschätzung? Michael Mangold: Ich habe jetzt nicht damit gerechnet, dass Sie mich auf den Museumsbereich ansprechen. Es ist auch deshalb schwierig, weil wir als ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe – eine Einrichtung sind, die per se schon einmal beansprucht, etwas ganz anderes zu machen, etwas wo Kunst und Kultur von vornherein einen neuen Platz besetzen möchten, der sich nicht einfügen will in das klassische Verständnis von Bildung und Kultur. Deshalb haben wir von Anfang an ein Museum anderen Typs aufgebaut – es ist weltweit das älteste Kunstmuseum mit interaktiven computergestützten Werken – , in dem wie selbstverständlich Kinder und Jugendliche präsent sind und ihren Eltern zeigen, wie die Dinge funktionieren. Sie stellen die größte Personengruppe dar, beleben das Haus und machen deutlich, dass es eine sehr lebendige Alltags- und Medienkultur gibt. Das ist auch eine wunderbare Überleitung zu dem, was ich mir für unsere Diskussionsrunde vorab überlegt habe: Wir haben es mit einem Begriff von Bildung und Kultur zu tun, der es uns heute insgesamt in der Debatte ziemlich schwermacht, weil wir uns nicht die Kraft nehmen, zu klären, was wir darunter verstehen. Ich würde sagen, um die Bildung steht es in Deutschland wahrhaftig nicht gut, wenn man etwa die OECD-Studien und die Entwicklung der öffentlichen Ausgaben im Bildungsbereich ansieht. Um die Bildung steht es definitiv nicht gut. Um das Lernen hingegen steht es

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Der institutionalisierte Begriff von Bildung und Kultur verweist auf das klassische Verständnis, wie es im Humboldtschen Bild des Menschen zum Ausdruck kommt. Es erhebt einen umfassenden Anspruch, richtet sich auf die Individualität und die Reflexionsfähigkeit sowie auf Wertvorstellungen – alles ganz wichtige Anliegen. Diese institutionalisierte Bildung ist in der Tat in Deutschland in einer sehr bedrohlichen Verfassung und das schon sehr lange. Wer sich dessen vergewissern möchte, der kann sich den OECD-Report von 1971 ansehen, dessen deutsche Ein aufmerksames Publikum folgt der PodiumsAusgabe (1973) unter dem Titel diskussion zum Thema „Zukunft Bildung“. „Bildungswesen: Mangelhaft“

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insgesamt schon wesentlich besser. Das heißt, es besteht ein deutlicher Unterschied, der damit zu tun hat, dass Bildung und Kultur institutionalisiert sind, das Lernen hingegen über die Institutionen hinausreicht und insbesondere in den letzten Jahren bedeutsame Entwicklungen genommen hat.


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veröffentlicht wurde. An dieser Beurteilung hat sich zwischenzeitlich grundsätzlich leider nicht viel geändert. Es ist aber nicht nur der föderale Staat, der dazu beigetragen hat, dass Bildung in Deutschland in eine auch den Staat und die Wirtschaft auf Dauer ernsthaft bedrohende Situation geraten ist. Sondern es hat auch etwas damit zu tun, dass sich ein großer Akteur in Deutschland, nämlich die Wirtschaft selbst – und ich rede nicht von Einzelunternehmen, von Vorreitern, von verantwortungsvollen und -bewussten Unternehmen, sondern der deutschen Wirtschaft insgesamt – in den letzten 20 Jahren in erheblichem Maße aus der Bildungsverantwortung zurückgezogen hat. Das lässt sich durchaus in Geldeinheiten ausdrücken. Wir haben das im Jahr 2000 im Rahmen der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute (ARGE) – in welcher führende Repräsentanten der Wirtschaftswissenschaften vertreten sind – einmal näher erläutert. Es ist also wirklich ein überprüfbarer Fakt, dass eine große Transformation der Verantwortung und der finanziellen Lasten für Bildung stattgefunden hat: Weg von der Wirtschaft, welche sich dieser Kosten entledigte und den Ball dann einfach ins Spielfeld zurückwarf. Die Kosten mussten schlussendlich im Wesentlichen die privaten Haushalte, sprich: die Beschäftigten, übernehmen. Der Staat musste beispielsweise bei der Lehrlingsausbildung einspringen. 60 bis 70 % der Lehrlingsausbildung in Ostdeutschland sind nach wie vor staatlich finanziert. Kurz und gut: es hat sich eine ganz neue Situation in der Aufgabenverteilung ergeben, die politisch überhaupt nicht diskutiert wurde. Auch in der Fachwelt ist sie kaum diskutiert worden, wie überhaupt die Bildungsökonomie über Jahrzehnte einen schlechten Stand gehabt hat. Ich möchte damit sagen: wir haben wirklich eine sehr „vertrackte“ Situation, die wir auch noch nicht richtig im Zusammenhang erkannt haben. Einerseits haben wir eine institutionalisierte Bildung, die nicht zuletzt darunter leidet, dass sich einer der Akteure seiner Verantwortung zunehmend entzieht. Andererseits haben wir einen großen Bereich außerhalb dieser institutionalisierten Bildung, der insbesondere mit den Neuen Medien in Beziehung steht und für die Bildung noch immer nicht richtig erschlossen ist, weil der klassische Bildungsbegriff uns im Wege steht. Damit meine ich die ganze Bandbreite des alltagskulturellen und vorwiegend informellen Lernens. Während also der traditionelle Bereich in einer krisenhaften Situation ist, ist ein neuer Bereich des Lernens und der Bildung durch unsere Vorstellungen blockiert. Aber nochmals zur Entwicklung der institutionalisierten Bildung: Der Rückzug der Wirtschaft aus wichtigen Bereichen der Bildung bedeutet für das Individuum, dass es sich zunehmend selbst organisieren und seine Ausbildung über Jahrzehnte hinweg strukturieren muss. Was damit jedoch dem Individuum zugeordnet wird, übersteigt in der Regel seine Möglichkeiten. So ist es schon für einen akademisch Gebildeten sehr schwierig, einen adäquaten Bildungsweg zu ermitteln und die zugehörigen Schritte selbst zu organisieren. Es ist in der Tat die Verantwortung für die Bildung, die in ein Ungleichgewicht geraten ist, wobei zu bemerken ist, dass die damit sich auflösende Verantwortungsteilung in nicht geringem Maße zum wirtschaftlichen Erfolg in der deutschen Nachkriegszeit beitrug, sich also offenkundig durchaus bewährte. Die veränderte Situation zwischen Staat, Wirtschaft und den privaten Haushalten in Bezug auf die Bildung wird

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jedoch bis zum heutigen Tag nicht diskutiert und deshalb kann man sie auch politisch nicht wieder neu justieren. Aber, ich bin ein Berufsoptimist und habe deshalb auch gesagt: um das Lernen selbst steht es gar nicht so schlecht und die Bedeutung der Alltagskultur und der Neuen Medien habe ich ja schon angedeutet. Zu dieser Aussage komme ich, weil im Verborgenen das, was der Pädagoge nicht unmittelbar sieht, und was auch der Ministeriale im Bildungsministerium kaum wahrnimmt, sehr ermunternd ist. Es hat sich nämlich im Zusammenhang mit den Neuen Medien wirklich in atemberaubender Geschwindigkeit etwas entwikkelt, was das Lernen angeht. Es hat sich ein ganz neuer Bereich aufgetan, der autonom, gewissermaßen aus sich selbst heraus, neue Formen des Lernens beinhaltet und bei näherer Betrachtung auch ein Stück weit emanzipatorische Neigungen und Tendenzen zum Ausdruck bringt. Hier kommt offenkundig wieder die Aufklärung zum Vorschein. Es hat sich in ganz autoKontroverse Diskussionen vermitteln Anregungen. nomer Weise wieder ein altes emanzipatorisches Grundbedürfnis, das nicht auszulöschen ist, aus der Deckung gezogen. Es ist aber bislang nicht als solches erkannt worden, denn es herrscht immer noch das Bild vor: wer im Internet spielt, wer im Internet kommuniziert, der kann ja nichts Ernsthaftes machen. Wir haben nach wie vor einen Begriff von Bildung, der sehr durch dieses protestantische Pflichtgefühl geprägt ist, durch Kant, der morgens den Senf reibt und die Füße in kaltem Wasser hat. Die Entbehrung und der Verzicht, das ist also der prägende Zugang zur bereits genannten institutionalisierten und daher „eigentlichen“ Bildung. Das hat uns in der Tat den Blick für einen ganz wichtigen Bereich verstellt, der jetzt erst allmählich ernstgenommen wird, auch im Rahmen von Veranstaltungen wie dieser. Ich glaube, dass es allerhöchste Zeit ist, dass auch die Bildungspolitik diese autonomen Entwicklungen in den Neuen Medien anerkennt, unterstützt, wirklich stärkt und dies nicht nur in einem instrumentellen Sinne. Zunächst muss jedoch erst einmal verstanden werden, was da überhaupt alles passiert. Die Internetforschung ist ja noch recht gering entwickelt. Wir müssen uns jedoch bereits heute mit diesen Entwicklungen ins Benehmen setzen und sie daher genauer verstehen. Siebenhaar: Die Unterscheidung zwischen formellem und informellem Lernen ist eine wichtige, auch innerhalb unseres Generalthemas. Seriöse Studien haben längst herausgefiltert und konstatiert, dass 30 % des tatsächlichen Lernens, des Lernerfolgs, in den traditionellen Bildungsinstitutionen stattfindet und 70 % außerhalb. Das informelle Lernen bewegt sich sehr stark außerhalb der klassischen Bildungsinstitutionen. Darauf möchte ich noch einmal hinweisen. Die kulturkritische Diskussion, auch die bildungskritische Diskussion in Bezug auf Neue Medien, die wir führen, wird ja mit der alten Deutungsmacht der klassischen Bildungsinstitutionen geführt. Das ist ganz wichtig festzuhalten. Von denen kommt der Hauptwiderstand gegenüber dem, was

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wir Digitale oder Neue Medien nennen. Und dieser Widerstand ist auch verständlich, denn es geht um Kontrolle. Es geht um Deutungsmacht und Kontrolle gegenüber Inhalten und vor allen Dingen gegenüber Lernenden. Die Neuen Medien müssen suspekt sein, weil sie die Kontrolle durch die klassischen Bildungsinstitutionen sozusagen unterlaufen. Das ist letztlich ihr subversiver Gehalt und unter anderem deshalb führen wir diese Diskussion. Damm: Wobei man nicht übersehen kann, dass es eine interessengeleitete Diskussion ist und keine, die in einem luftleeren Raum stattfindet. Es ist nicht ganz einfach, zu bilanzieren und zu summieren, was wir bislang zusammengetragen haben. Es steht, denke ich, vollkommen außer Frage – das deckt sich sicherlich auch mit Ihren eigenen Erfahrungswerten – dass wir es heutzutage mit einer enormen Kompetenzerweiterung im Zusammenhang der Mediennutzung zu tun haben. Das ist offenbar nicht strittig. Strittig ist die Frage, die Herr Mangold gerade anspricht: Was resultiert daraus für den Zustand, für die Beschaffenheit der Bildung, der Bildung breiterer Bevölkerungsschichten? Haben wir überhaupt noch ein Verständnis? Gehen wir in Bezug auf die Charakterisierung dieses Bildungsbegriffes von den richtigen Kategorien aus? Herbert Kubicek: Ich fand es sehr gut, dass der Vortrag mit dem Begriff der Erlebnisgesellschaft angefangen hat und bin dann etwas skeptisch geworden, als plötzlich aus der Erlebnisgesellschaft die Wissensgesellschaft wurde. Das ist auf jeden Fall keine automatische Entwicklung, sondern man kann sogar eher sagen, das sind zwei konkurrierende Entwicklungen oder zwei Pole der Entwicklung. Und diese Diskussion, die wir jetzt führen, unterscheidet sich gar nicht von der, die man in den 70er und 80er

Dr. Steffen Damm, Dr. Michael Mangold, Prof. Dr. Klaus Siebenhaar, Prof. Dr. Herbert Kubicek, Dr. Wolfgang Schulz, Dr. Benjamin Jörissen (von links).

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Jahren über andere neue Medien geführt hat, und die damals schon zu einer unproduktiven Polarisierung geführt hat. Den Kulturkritischen, auf die Sie abstellen, stehen noch immer diejenigen gegenüber, die die Technik als Heilmittel und Ausweg aus den sozialen Problemen sehen. Und beides ist natürlich sachlich nicht angemessen. Mein Gebiet der Angewandten Informatik besteht darin, zwischen Anwendungskontexten der Informationstechnik zu differenzieren. Das ist heute auch noch nicht hinreichend scharf benannt worden. Die entscheidende Frage ist: Kann ich aus einem Kontext, in dem eine Technologie eingesetzt wird, auf Effekte dieser selben Technologie in einem anderen Kontext valide schließen? Ich glaube, da wird im Moment zu viel an positiven Projektionen vorgenommen. Natürlich muss man viel lernen und eine gewisse Medienbildung erwerben, wenn man diese Spiele beherrschen will. Sie können das nicht, ich kann das nicht, aber die entscheidende Frage ist doch: Zu was befähigt das, was man für das Spielen und beim Dr. Michael Mangold (links), Spielen lernt, an KomplexitätsbeProf. Dr. Klaus Siebenhaar. wältigung, an kognitiven und taktilen Fertigkeiten, in anderen Bereichen? Was kann man damit sonst noch anfangen, wohin kann man diese Fähigkeiten transferieren? Die Regelkompetenz in einem Spiel hilft mir überhaupt nicht, die Regeln in einem Betrieb zu erkennen und einzuhalten, in dem ich mich um eine Stelle bewerbe oder ein Praktikum absolviere. Deswegen ist auch die Beherrschung der Regeln in einer „Social Community“ um Spiele herum keine Bildung in einem allgemeineren Sinn, die Jugendliche dann im Kontext betrieblicher „Social Communities“ in die Lage versetzt, dort das betrieblich verwertbare Wissen so einzusehen und einzubringen, dass es in diesem völlig anderen Regelsystem positiv zu Buche schlägt. Regeln sind sehr stark kontextabhängig und deswegen müssen wir sehr viel stärker zwischen den verschiedenen Kontexten differenzieren. Ein großes Problem ist ja, dass es heute nicht mehr ein großes, von vielen gemeinsam geteiltes Bildungsideal gibt, das über allen Kontexten steht. Wir erleben eine Differenzierung ganz unterschiedlicher Bildungsmuster und -anforderungen und ob man jetzt wirklich aus dem einen Bereich etwas Tragfähiges transferieren kann, das muss man immer wieder abwägen. Erst wenn diese Differenzierung vorgenommen worden ist, können wir auch verlässlichere Aussagen treffen, was man aus bestimmten Klassen von Spielen tatsächlich mitnehmen kann, und an welcher Stelle man sagen muss: Ja, erleben kann ich da viel, aber Bildung im Sinne von verallgemeinerbarem Wissen und Fertigkeiten war das nicht. Und ein letzter Satz noch: Als Ökonom muss ich sagen, es ist nun einmal so, dass das Bildungssystem eine starke Anbindung an das Beschäftigungssystem hat. Das mag man kritisieren, aber das ist heute so. In den Projekten, die wir als Stiftung Digitale Chancen mit Jugendlichen aus bildungsfernen Schichten durchgeführt haben, ist es uns nicht gelungen, deren Medienkompetenz beim Chatten zu erweitern um

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Kompetenzen, die im Beschäftigungssystem über die Einstellung der Jugendlichen entscheiden. Das ist, glaube ich, die größte Herausforderung, wenn wir Jugendarbeitslosigkeit und ähnliche Dinge tatsächlich ernstnehmen.

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Damm: Herr Schulz, wie schätzen Sie diese Situation ein? Und eine Zusatzfrage gleich angeknüpft: Ließe sich vor dem Hintergrund aktueller Gegebenheiten vom Anforderungsprofil eines diversifizierten Bildungsspektrums wieder so etwas wie eine Restitution des Kanons, der ja offenkundig verlorengegangen ist, ableiten? Wolfgang Schulz: In dem ersten Punkt bin ich, glaube ich, sehr nah bei den Herren, die sich dazu schon geäußert haben. Was wir hier erkennen, ist ein ganz normaler kultureller Aneignungsprozess. Es kommt etwas Neues, das wird von bestimmten Menschen erst mal überbewertet, davon sind wir Wissenschaftler auch nicht frei, dass man als erstes sieht: „Wunderbare Phänomene, ganz spannend!“ So haben wir auch alle angefangen, uns mit allen möglichen Verästelungen von „Social Networks“ auseinanderzusetzen, und das ist auch tatsächlich spannend. Dann kommt automatisch die Haltung der etablierten kulturellen Institutionen hinzu, die ihrerseits natürlich auch von Interessen geprägt ist. Und wir wissen aus den Aneignungsprozessen früherer Zeiten: Beide Teile gehen daraus nicht unverändert hervor, sondern es wird die traditionellen Bereiche betreffen. Sie werden versuchen, das Neue zu integrieren, soweit es sinnvoll ist. Wenn die Institutionen funktionieren, geschieht das auf eine funktionale Art und Weise. Und auch die „Social Networks“ werden von der Konfrontation mit der realen Welt und den Anforderungen nicht verschont bleiben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es irgendwelche Arabesken, die es da im Augenblick gibt, in einiger Zeit nicht mehr geben wird, weil der Nutzen einfach nicht mehr da ist, der im Moment eher in einer Anfangseuphorie besteht.

Ich finde auch bedeutsam – und das bestätigen uns auch alle, die mit schulischer Bildung zu tun haben – das Verhältnis von formaler und informaler Bildung neu zu betrachten. Da sind große Synergien denkbar, es gibt aber auch Konfliktpotenzial, und ein Konfliktfeld ist z.B. Zeit. Sich wirklich kreativ in sozialen Netzwerken einzubringen, ist unglaublich zeitintensiv. Jeder, der mit Kindern zu tun hat, die das machen, weiß das. Wenn sie den Ranzen zuhause hinlegen und sich erst mal vor den Computer setzen, sich dabei durchaus bestimmte Fähigkeiten aneignen, dann vernachlässigen sie möglicherweise andere Dinge. Und diese werden zumindest von Seiten der Eltern wegen der formalen Bildung gefordert, die sagen: „Das müsstest du jetzt aber eigentlich erledigen.“ Dieser Konflikt ist zu lösen und das ist nicht trivial, denn mein Eindruck ist – und darüber forschen wir auch in diesem Projekt über Web 2.05 –, dass ein gewisses Zeitbudget nötig ist, um sich dort tatsächlich Geltung zu verschaffen. Es geht auch um dieses Ausprobieren von Identitäten und Dingen, von denen Herr Jörissen gesprochen hat. Um das wirklich sinnvoll tun zu können, kann man sich nicht einfach mal einen Charakter bei Second Life angucken, einmal herumlaufen, feststellen, da ist keiner und wieder gehen. Dann hat man nicht soviel Kompetenzen erworben. Das muss man schon anders machen. Daraus entstehen 5 http://www.hans-bredow-institut.de/de/forschung/ Zeitkonflikte, über die man ganz konkret jugendliche-web-20 sprechen muss.

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Der dritte Punkt, den man dazu noch anführen kann, knüpft unmittelbar daran an: Wie gut sind wir in der Bundesrepublik bei der Lösung der Fragen aufgestellt? Mein Eindruck ist – auch wenn wir mit dem Föderalismus im Medienbereich keine so schlechten Erfahrungen gemacht haben –, dass das kompetenzmäßige Auseinanderklaffen in Bezug auf politische Verantwortung hier sehr eklatant ist. Wenn wir mit Vorschlägen zum Thema kommen, beispielsweise: auch Eltern zu informieren, sobald man etwas über soziale Netzwerke an den Schulen weiß. Oder: Wie gehen wir eigentlich damit um, dass sich Kommunikationsstrukturen an der Institution Schule in einer Weise verändern, mit der Lehrer und Eltern zum Teil nicht zurechtkommen? Gibt es Handreichungen? Haben wir Ideen dafür und würden sie an das Bundesfamilienministerium adressieren, mit dem wir sehr intensiv zusammenarbeiten, dann würden wir vermutlich hören: „Wenn wir das fördern, kommen die Länder, kommen die Bildungspolitiker und reklamieren ihre Kompetenz. Wir können außerschulische Bildung unterstützen, aber diese Sache, das können wir nicht.“ Das verstehe ich auch, das hat auch seine Funktionalität. Mit der Grenze der formalen Bildung sind natürlich auch Politikfeldgrenzen abgesteckt. Das macht das System in Deutschland aber ausgesprochen unflexibel. Der vierte Punkt, den ich gerne noch einbringen will, ist einer aus dem ganz traditionellen Medienbereich. Er hat mit den Differenzen zu tun, die wir in der Diskussion auch unterstellen, wie z.B. die Unterscheidung in unterhaltende und nicht unterhaltende Dinge. Was ich als Jurist, der sich in dieses Feld begeben hat, von unseren Nutzungsforschern schon sehr früh gelernt habe, ist, dass man sehr stark darauf achten muss, wie Nutzerinnen und Nutzer konsumieren. Auch die Tagesschau kann, wenn Sie eine bestimmte Haltung haben, wenn Sie sich mit Leuten davorsetzen und gucken, wie häufig z.B. ein bestimmtes Wort fällt, mithin in einer bestimmten Rezeptionssituation zur Comedy werden. Und Sie können aus der Lindenstraße unglaublich

Die Teilnehmer der Diskussionsrunde kommen ins Gespräch.

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viel über bestimmte soziale Praktiken lernen; vielleicht auch darüber, wie Krankheitsund Gesundheitssysteme oder die Börse funktionieren. Das wird ja auch schon systematisch eingesetzt, in den USA stärker als hier, z.B. in der Gesundheitskommunikation. Das ist sicherlich eine Betrachtung, die man aus dem traditionellen Medienbereich in den Bereich, mit dem wir uns hier befassen, übertragen kann. Zu Ihrer zweiten Frage: Die Diskussion um die Phänomene und wie man sie integriert in schon Bestehendes gibt es ja auch zum Thema Journalismus im Netz, vor allem die Frage: Zerstört das den traditionellen Journalismus? Dadurch sind wir jetzt stark darauf gekommen, dass man den traditionellen Journalismus nicht auf seine Produkte verengt sehen darf, sondern dass die Institutionen dahinter, an die ich Erwartungen adressieren, die ich normativ einbinden, auf die ich mit demokratischen Prozessen Einfluss nehmen kann, eine große Rolle spielen. In einem zweiten Schritt wird häufig deutlich, wie wichtig die Institutionen sind. Und das ist hier in diesem Bereich sicherlich ganz stark die Schule. Nicht nur sie, viele andere Institutionen ebenfalls, aber die Schule eben auch. Dementsprechend glaube ich, ist es wichtig – da komme ich auf meine Frage nach der auseinander driftenden Fragmentierung der Politik, einen ganz zentralen Punkt, noch einmal zurück – , dass man es schafft, über die Lernziele einen breiteren Diskurs zu initialisieren. Und dass diejenigen, die Erkenntnisse haben, über Neue Medien beispielsweise, diese Erkenntnisse als Angebot an diejenigen adressieren können, die sich mit diesen Lernzielen auseinandersetzen und sie redefinieren. Und das, glaube ich, das funktioniert bislang nicht optimal. Und dann kann man vielleicht auch in eine Richtung kommen, die mit dem „Kanon“ angesprochen wurde: Worauf lernen wir eigentlich hin, zumindest in den formalen Systemen? Dass muss vorsichtig angepasst werden, denn die Institution muss bewahrt werden. Damm: Herr Jörissen, die spielerische Aneignung, Verbesserung der kommunikativen Kompetenz etc., keineswegs Singularisierung, sondern das Schaffen von Gesprächsplattformen – das sind alles sehr positive Befunde, die wir hier zusammentragen können. Auf der anderen Seite passiert das aber doch alles auf der Basis vorgegebener Navigationsmöglichkeiten. Wir beobachten das auch an der Universität immer wieder: Es wird sehr eindimensional recherchiert, und das, was man neudeutsch – oder vielleicht auch gar nicht neudeutsch – als „nosing around“ bezeichnen könnte, dieses eigenständige Trüffeln, auch auf die Gefahr des Scheiterns hin, fällt unter solchen Vorzeichen ja doch eher weg. Das scheint doch eher ein Verhalten innerhalb der Buchkultur zu sein. – Geht uns etwas verloren, während wir gleichzeitig diese skizzierte Kompetenz zugewinnen? Wie beurteilen Sie das? Benjamin Jörissen: Gerade was das „nosing around“ angeht, würde ich sagen, geht uns nicht sehr viel verloren. Das ist eher so, wenn man im Vergleich zur literalen Kultur einen kulturellen Verlust zu verzeichnen hat, die ja eine lineare Kultur ist, dann ist das die Fähigkeit, Linearitäten mit einem langen Atem zu verfolgen. Ich glaube, das ist es, was nicht mehr sehr gut funktioniert. Gleichzeitig glaube ich auch, dass durchaus ein – wir nennen das tentatives Verhalten – also ein Als-ob-Verhalten, ein Ausprobieren, ein Gucken, ein Rumspringen und so weiter, gegeben ist. Sie müssen bedenken, wenn Sie von Navigationssystemen sprechen, dass die Menschen tatsächlich nicht nur

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innerhalb eines Bereiches in den Medien unterwegs sind, selbst bei Spielen nicht, die ja da die stärkste Struktur vorgeben, sondern sehr, sehr viele Grenzerfahrungen machen. Sie gehen in die „Community“, in das Netzwerk und so weiter. Sie sind also in völlig unterschiedlichen Strukturen unterwegs. Ich muss vielleicht dazu noch einfügen, dass diese Perspektive, unter der wir das jetzt im Besonderen sehen, die Medienbildungsperspektive, wie wir sie in Magdeburg pflegen, potenzialorientiert ist. Es geht uns nicht darum zu sagen: Das wird überall so benutzt. Sonst wären wir durch die Einführung irgendeiner Technologie plötzlich alle superschlau. Unsere Auffassung ist – insofern wir sehen, dass sehr viel Kulturkritik eben an den Neuen Medien hängt – dass übersehen wird, was möglich ist. Die Aufgabe ist es sozusagen, zu zeigen, was strukturell an Möglichkeiten darin steckt. Damm: Auch das ist, im Grunde genommen, ein kulturhistorisch verbürgtes Muster. Herr Siebenhaar hat ja ausgeführt, dass einschlägig aufgerufene Muster in der Auseinandersetzung und der kritischen Bewertung solcher Prozesse zu beobachten sind, so dass man sagen kann, dass mit dem Aufkommen neuer Medien, zumal im 20. Jahrhundert, immer wieder auch ähnliche Hoffnungen verknüpft worden sind, dass nämlich eine hoffnungslos unterforderte menschliche Kognition dadurch auf wundersame Weise erweitert werde. Dass wir, die wir uns tendenziell doch eher linear orientieren in der Welt, plötzlich collagenhaft und vernetzt zu denken in der Lage sind. Diese Hoffnungen sind mit dem Kino und mit anderen Massenmedien immer wieder verknüpft gewesen, aber sie sind auch immer wieder zu Grabe getragen worden. Jörissen: Auf der anderen Seite muss man sehen, dass wir gerade kulturgeschichtlich – und das hat Michel Foucault ja sehr schön gezeigt – eine Geschichte der Linearisierung des Denkens vorfinden, die eigentlich nicht älter ist als die Renaissance. Das Denken vorher war gar nicht so. Wir haben da gelernt, in dieser Weise in logischen Abfolgen überhaupt zu denken und nicht mehr in Analogien, Vergleichen und so weiter die Welt zu erfahren. Das hat sicherlich ein anderes Subjektmodell impliziert als das, was wir heute wollen. Aber das ist nicht der einzige Weg. Im interkulturellen Vergleich sieht man das auch. Linearitäten, die wir in der europäischen Kultur pflegen und auch schätzen – und Reflektion ist eine lineare Rückkopplungsschleife – funktionieren nicht überall so. Beispielsweise da, wo Körperlichkeit eine ganz andere Rolle spielt als bei uns, wo der Körper traditionell eher abgeschaltet werden muss, damit das Gehirn in eine Richtung denken kann. Es gibt eben andere Arten, andere Kulturen des Denkens. Es ist nicht gesagt, dass mit neuen Medien so etwas passiert, aber es ist sicherlich so, dass die Linearität des Denkens teilweise aufbricht. Ich sehe das in meiner Medienpraxis jedenfalls ganz deutlich. Alleine durch diese ständige „Distraction“, also diese ständige Ablenkung, die dem sich selbst vergewissernden Subjekt, das so seine Wege geht, ständig einen Unterbrecher gibt, mit der Folge, dass es wieder woanders hingucken muss. Da kommt z.B. wieder eine E-Mail rein etc.. Das ist ein Problem, mit dem man zurechtkommen muss. Damm: Das Problem der Aufmerksamkeitsökonomie. Jörissen: Ja, richtig. Aber es ändert auch die Art des Denkens. Man verknüpft die Dinge ja letztlich auch, die man so den Tag über macht. Das verändert auch die Welt.

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Kubicek: Wir haben jetzt in der Betrachtung auf das aktiv Gestaltende, das Produzierende gegenüber dem Konsumierenden und da gerade auch auf die Jugendlichen hingewiesen. Wenn ich noch einmal auf meine Kontextrelevanz kommen darf: die Stiftung Digitale Chancen organisiert im Rahmen eines EU-Projektes gerade einen „Youth Protection Round Table“. Wir sprechen international mit denjenigen, die sich für Jugendmedienschutz verantwortlich fühlen. Bisher stand im Vordergrund, wie man die Jugendlichen vor Gewalt verherrlichenden oder pornographischen Seiten schützen soll und kann. In diesem Jahr verlagerte sich der Schwerpunkt auf die Frage des unangemessenen oder unbedachten Verhaltens in „Communities“, z.B. das „Bullying“, das Verunglimpfen von anderen, und auf das Problem, das oft nicht bedacht wird, dass das, was man in einem Kontext von sich preisgibt, später in einem anderen Kontext ganz andere, nicht erwünschte Folgen haben kann. Bildungs- und Medienkompetenz muss sich also auf die Abschätzung der Folgen des eigenen Handelns in zukünftigen, anderen Kontexten erweitern. Aber wie kann man das vermitteln, wenn es um gegenwärtig noch völlig unbekannte Kontexte geht, wenn also z.B. ein Schüler beurteilen soll, wie sein Partyfoto später von einem Arbeitgeber bei einer Bewerbung beurteilt wird, wenn er noch nie Erfahrungen mit dem Arbeitsleben und mit Bewerbungen gemacht hat? Vor diesem Hintergrund darf man die aktive Nutzung von „Communities“ nicht per se als Ausdruck hoher Medienkompetenz bewerten. Wie jede neue Freiheit braucht auch diese Kommunikationsfreiheit differenzierte Regeln, die sich gerade erst herausbilden und die sicherlich auch noch differenzierender Forschung bedürfen. Siebenhaar: Ich möchte gleich anknüpfen. Ich hatte vor relativ kurzer Zeit ein Schlüsselerlebnis auf einer Tagung, bei der es um soziale Netzwerke und Plattformen, also SchülerVZ, Facebook, MySpace etc. ging. Und es waren zum Glück zwei 16-jährige

Gekreuzte Beine, geneigte Köpfe: Der Brain.Floor will zum Mitdenken anregen.

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User dabei, die den erschrockenen Jugendschützern sagten, aus welchen Gründen sie „Communities“ nutzen und warum sie kein Problem damit haben, sich im Netz so zu präsentieren, dass uns die Ohren ab- und Augen herausfallen. Als wir dann versuchten, kritisch dagegenzuhalten, war die zweite entwaffnende Antwort, sie hätten gar nichts dagegen, wenn ihnen vermittelt würde, was dahinter an kulturkritischen, den Persönlichkeitsschutz betreffenden und den anderen Kontexten stünde. Aber dann müssten sie von uns erwarten, dass wir uns unsererseits mit ihrer Medienkompetenz auseinandersetzen. Das kann man, glaube ich, nicht nur erschüttert zur Kenntnis nehmen, sondern das ist auch eine Chance. Im Augenblick sind wir ja in einer Phase – und das gilt auch für mich als Hochschullehrer in Bezug auf meine Studierenden –, dass ich nicht ansatzweise die Medienkompetenz habe, die heute meine Studierenden selbstverständlich mitbringen. Ich habe allerdings im Kopf die Kulturtechniken und das ganze Arsenal, das wir auch Reflexion, Interkontextualität und so weiter nennen können. Ich will sagen, das, was schon für das Verhältnis zwischen Eltern und Jugendlichen angedeutet wurde, gilt auch zwischen Hochschullehrern und Studierenden. Wir sind in einer ganz neuen, wie ich finde auch sehr herausfordernden Phase des gemeinsamen oder des wechselseitigen Lernens: Medienkompetenz und Kulturtechniken so zusammenzubringen, dass es wirklich zu einem produktiven Dialog und auch zu einer kritischen Selbstreflexion auf beiden Seiten kommt. Das bedeutet konkret, mehr Offenheit gegenüber den Chancen und Möglichkeiten der Medien von unserer Seite, und zugleich die durchaus vorhandene Bereitschaft bei denen, die diese hochentwickelte Medienkompetenz mitbringen, von den alten Kulturtechniken auch zu lernen. Das sehe ich als eine der großen Chancen vor dem Hintergrund von Lernen und Bildung. Inwieweit die Eltern mitspielen, wird auch im Hinblick auf die Einführung solcher neuen Wissensmittler wie scoyo oder anderer ein entscheidender Punkt sein. Ich habe heute auch mit großem Interesse gesehen, wie die Schüler nicht nur an den PCs saßen, sondern wie sich die nicht so kundigen Lehrer teilweise daneben setzten, um auf diese Art und Weise spielerisch dazuzulernen. Ich will das jetzt nicht idealisieren, in Deutschland darf man ja nicht allzu harmonisch und hoffnungsfroh sein, aber das ist auf jeden Fall ein großes Thema, finde ich. Kubicek: Und ein neues. Wir haben an der Bremer Uni in der Informatik-Ausbildung seit den 70er Jahren ein projektorientiertes Studium. Statt mehrerer Vorlesungen arbeiten die Studierenden über vier Semester im Umfang von zwölf Stunden pro Woche in einem Projekt an einem konkreten Thema. Das kommt bei den Studierenden sehr gut an, aber einige Kollegen halten lieber ihre Vorlesungen und stellen sich nicht so gerne den weniger berechenbaren Verläufen solcher Projekte … Siebenhaar: Herr Kubicek, da sind Sie natürlich ein Innovator und Sie haben sich doch bestimmt auch einiges von Ihren Kollegen anhören müssen. Wir wollen jetzt nicht über den Sündenfall Praxis im universitären Kontext reden. Da habe ich langjährige, umfangreiche Erfahrungen mit einem Fach wie Kulturmanagement. Ich habe es bestens überlebt, wie Sie sehen, aber es geht um solche innovativen Ansätze, die man erstmal in diesen etablierten Systemen durchsetzen muss. Kubicek: Ich wollte nur sagen, dass man die Erfahrungen, die man mit ähnlichen Ansätzen in der realen Welt gemacht hat, durchaus noch einmal aufarbeiten und

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anschließend Schlüsse daraus für die jetzt etwas veränderten Verhältnisse ziehen sollte. Allein zu sagen, statt Vorlesungen veranstalte ich Projekte, das ist selbst noch kein wirklicher Fortschritt, das ist nur eine Veränderung. Wie man gute Projekte macht, ist die eigentliche Herausforderung und durchaus eine schwierige Frage. Der muss man sich stellen. Mangold: Es wurden so viele wichtige Punkte genannt, dass ich einfach noch einmal kurz an ein paar Stellen etwas schärfen möchte. Wir machen uns Vorstellungen über die Medien, so wie sie heute aussehen, und sind hier in dieser Runde insgesamt auch durchaus optimistisch. Das ist auch wirklich eine sehr wichtige und sehr gute Grundhaltung. Es besteht aber immer das Problem, dass wir uns ein Bild von einer Sachlage machen und dieses Bild anschließend erstarrt. Das ist immer so, da machen wir es uns einfach. Schon vor rund 400 Jahren formulierte der große Erneuerer der Wissenschaften, Francis Bacon, in seinem Werk Novum Organum (1620), dass wir es uns im Denken in vielfacher Weise einfach machen, dass wir in unserer Erkenntnistätigkeit träge sind, dass wir schnell zu Verallgemeinerungen neigen und dadurch letztlich falsche Vorstellungen entwickeln. Also, es gibt große Geister, die das schon vor uns festgehalten haben, und da lagen sie auch nicht falsch. Ich will auf Folgendes hinaus: Wir machen uns jetzt ein Bild von einer Mediensituation, die sich in einer atemberaubenden Geschwindigkeit entwickelt. Wir kommen daher nicht umhin, selbige fortwährend zu überprüfen. Und wir müssen nicht nur kritisch und aufmerksam beobachten, sondern wir müssen auch einen Maßstab zur Bewertung dessen finden, was wir da vorfinden. Diesen Maßstab haben wir gegenwärtig noch nicht so richtig. Wir müssen einen normativen Maßstab finden, und wir müssen auch sagen, was wünschenswert ist. Auch der Staat hat bis zum heutigen Tag keinen klaren Maßstab für die Bewertung der Entwicklungen im Internet. Kurz und gut, wir kommen alle nicht umhin, die Entwicklungen mit großer Aufmerksamkeit zu verfolgen und auch einen Maßstab an sie zu richten. Es passiert nämlich Fürchterliches – ohne diese Übertreibung jetzt zurückzunehmen – mit den Medien, wenn unsere Einschätzung über sie erstarrt. Das Fernsehen beispielsweise ist so letztlich zu dem geworden, was wir ihm irgendwann einmal, ab den 60er, 70er Jahren zugesprochen haben, nämlich eine echte Katastrophe. Das Fernsehen ist ursprünglich mit einem Demokratisierungsauftrag angetreten. Das von den Briten in der Besatzungszone eingesetzte Medium sollte Deutschland demokratisieren und aufklären. Wir wissen alle, dass das Fernsehen sich sehr weit von diesem Auftrag entfernte. Ich habe in einer ganzen Reihe von Arbeiten aufgezeigt, dass es auch Gegentendenzen gibt, die man nicht unterschätzen darf, daher wären Ansatzpunkte für ein anderes Fernsehen vorhanden, sie wurden aber nicht erkannt. Daher ist in der Tat das Fernsehen insgesamt als Medium verkommen. Es ist vollends zu dem geworden, was wir ihm schon lange zusprechen, weil wir aufgehört haben auf dieses Medium konstruktiv einzuwirken und emanzipatorische Momente im Fernsehen gar nicht mehr für möglich gehalten haben. Die deutschen Intellektuellen haben sich um dieses Medium ab einem bestimmten Zeitraum nicht mehr gekümmert. Deshalb wurde es auch zu dem, was es nunmehr ist. Das heißt, es ist ... Ich errege Widerspruch. Siebenhaar: Alexander Kluge, sage ich, ist auch heute noch in Feindesland.

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Mangold: Ja, ja, in Feindesland bei RTL! Das ist die List der Vernunft! Also, was ich damit sagen möchte: Wir haben den Auftrag, einen inhaltlich normativen Anspruch an die Dinge zu richten. Dieser Anspruch ist beim Fernsehen wirklich verlorengegangen und ab einem bestimmten Zeitpunkt hat man den Auftrag auch nicht mehr an das Fernsehen gerichtet, dann wurde es vollends desaströs. Die Fernsehverantwortlichen büchsen Ihnen aus, wenn Sie sie auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag, auf Bildung und Kultur hinweisen.

Wie steht es um die Bildung …? Antworten, versuchsweise.

Siebenhaar: … Public Value … Mangold: … oder das Thema Integration. Ich habe die Ehre, beim Thema Medien und Integration in einer Arbeitsgruppe der Kanzleramtsrunde zum Integrationsplan mitzuwirken. Das ist eine ganz schwierige Sache. Da wollen die Fernsehverantwortlichen nicht festgenagelt werden, da müssen sie aber festgenagelt werden. Und wir müssen diesen Anspruch auch an das Medium Internet – das heute Web 2.0 und morgen Web 3.0 und irgendwann einmal ganz anders heißt – richten. Die Erstarrung von Wahrnehmungen, die diesem Phänomen unterliegen, wird schnell in eine Faulheit des Denkens übergehen, die wir uns nicht leisten dürfen. Der Gegenstand, um den wir uns zu kümmern haben, ist nämlich nicht unabhängig von der Vorstellung, die wir uns über ihn machen. Er wird schließlich zu dem, was wir uns vorstellen. Gegenwärtig ist das nicht sehr beruhigend. Damm: Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich Sie auffordern, Anmerkungen zu machen, Fragen zu stellen, was auch immer Ihnen unter den Nägeln brennt.

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Publikum: Ich möchte gerne direkt anschließen. Die meisten Web 2.0- oder Internetangebote, die wir jetzt haben und die auch von Schülern und Studierenden genutzt werden, sind private Angebote. Wie kann man sicherstellen, dass diese nicht ihre eigenen Interessen weiterverfolgen? Ausgerichtet auf Werbung, haben private Unternehmen oder die private Wirtschaft eine spezifische Zielführung und damit auch andere Inhalte als die Institutionen, die bis jetzt für Bildung – auch von der Politik her geleitet – zuständig waren. Wie kann man in diesen Bereichen sicherstellen, dass die Leute nicht von der Wirtschaft oder Einzelinteressen geleitet werden? Was nutzt uns dann diese neu erworbene Medienkompetenz an der Universität oder in der Spitzenforschung? Wir sind in Deutschland, Dienstleistungen und Wissenschaft stehen oben an. Aber was bringt uns eine von der Wirtschaft geleitete Basis? Kubicek: Privat und privat kann ganz unterschiedlich sein. Greenpeace ist, wenn Sie so wollen, auch ein privatrechtlicher Verein, im Gegensatz zu staatlichen Institutionen. Wir haben auch bei den „Communities“ sowohl gemeinnützige, NGO-ähnliche Betreiber, als auch kommerzielle. Und genau dies zu unterscheiden, erfordert wiederum eine Kontextkompetenz, die über die rein technische Nutzungskompetenz hinausgeht und jemanden in die Lage versetzt einzuschätzen, wer hinter den jeweiligen Angeboten steht, um sich dann daraus sein eigenes Urteil zu bilden, um sich vor diesem Hintergrund angemessen zu verhalten. Im Moment würde ich nicht sagen, dass es eine Überkommerzialisierung dieser Web 2.0-Angebote gibt. Gemeinnützige, selbst organisierte Angebote sind genauso präsent, und der einzelne Nutzer oder die Nutzerin muss hinreichend kompetent sein, um zu entscheiden, was möglicherweise für Konsequenzen entstehen. Ob die Profildaten weiterverkauft werden oder nicht, zum Beispiel. Publikum: Können Sie mir einige gemeinnützige Webseiten oder nichtprofitable Webseiten nennen, die Jugendliche gerne besuchen? Sie meinten, es gibt welche. Jörissen: Netzcheckers wäre ein Beispiel. Aber das ist natürlich ein Beispiel, das nicht so verbreitet ist wie das kommerziell betriebene SchülerVZ. Siebenhaar: Die massenwirksamen Angebote sind alle kommerziell. Mich hat die Naivität auch vieler unserer Studierenden erschüttert, die glaubten, sich auf einer NonProfit-Plattform praktisch in aller Offenheit präsentieren zu können, ohne Konsequenzen. Oder die – für mich verlogene – Diskussion um StudiVZ und die Änderung der Nutzungsbedingungen. Holtzbrinck hat hierfür geschätzte 85 Millionen Euro ausgegeben, doppelt soviel wie für die ZEIT, um das nur mal in die entsprechenden Dimension zu bringen. Irgendwann werden sie es refinanzieren müssen, denn Holtzbrinck ist keine gemeinnützige Organisation, sondern ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Und ein solches finanziert sich über Werbung oder ähnliches. Ein anderer Punkt ist die Frage des Datenschutzes. Da habe ich, ehrlich gesagt, sehr viel mehr Befürchtungen gegenüber google – und nicht nur ich, das teile ich mit vielen Millionen – als im Hinblick auf SchülerVZ oder StudiVZ. Die haben so gut wie keine Forschung auf dem Gebiet, sonst würden sie ganz anders agieren. Sie sind noch nicht so weit. Eigentlich sind sie für privatwirtschaftliche Unternehmen auf dem Gebiet fast noch unterentwickelt. Gut für die Nutzer, aber für mich stellt sich die Frage des Datenschutzes wie auch des Persönlichkeitsschutzes. Was passiert mit den gesammelten Daten?

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Schulz: Ich würde an dieser Stelle gerne anknüpfen wollen. Ich kann im Prinzip, als Grundhaltung, nicht nachvollziehen, warum jetzt kommerziell produzierte Produkte grundsätzlich schlechter sein sollen und mit öffentlichen Mitteln finanzierte besser. Wir haben im Moment einen gewissen Trend, in diese Richtung zu denken – aus traurigem Anlass aus einem anderen Sektor – aber das will für unsere Frage noch nichts heißen. Wenn Sie sich beispielsweise die Qualität der Tageszeitungen ansehen, ist nun völlig unstreitig, dass da in einem publizistischen und ökonomischen Wettbewerb qualitativ hochwertige Inhalte entstehen. Das als ersten Punkt. Der zweite Punkt dazu: es gibt natürlich bestimmte Bereiche, bei denen wir uns aus gutem Grund nicht einfach vertrauensvoll zurücklehnen und sagen können: „Das wird ökonomisch schon funktionieren“, sondern die beobachtet werden müssen. Dazu gehört der Bereich der Massenmedien, über den sich eine Gesellschaft beobachtet und bei dem wir nicht wollen, dass es Einzelne gibt, die diesen Spiegel nach ihrem Maßstab verzerren können. Der Bereich der „Bildungstools“ ist sicher auch einer, an den wir gesellschaftliche Erwartungen adressieren müssen. Die können wir zum Teil auch brutal durchsetzen, indem wir beim Korrigieren von Examensarbeiten gucken, dass z.B. nicht nur in bestimmten Seiten rumgegoogelt wird, sondern auch Quellen wahrgenommen werden, die da nicht zu finden sind. Und das machen wir auch. Da setzt sich dann die alte Institution auf sehr traditionelle Weise durch. Ob man die Zeit hat, das immer zu machen, ist wieder eine andere Frage, aber im Prinzip gibt es diese Option. Und ansonsten gibt es breitgefächerte Möglichkeiten, diesen Erwartungen zur Geltung zu verhelfen, je nachdem, worum es geht. Da kann man die Qualität selbst kontrollieren, da geht es um Transparenzfragen. Wenn wir die Qualität der Produkte nicht erkennen können, dann kann man über Mechanismen von Zertifizierung, Labeling und Dingen dieser Art nachdenken. Wenn es um Jugendschutz, Datenschutz geht – also eher die Verletzung von anderen Interessen, die eine Rolle spielen – dann gibt es zum einen rechtliche Regelungen, die auch in diesem Feld schon gelten und zum anderen natürlich die Erwartungen an die verantwortlichen Player, dass sie sich um diese Dinge erkennbar kümmern. Ich finde, der Punkt ist wichtig: bei solchen Produkten gibt es eine besondere gesellschaftliche Erwartung. Ob das mit den Qualitätsanforderungen im Rundfunk wirklich so bergab gegangen ist, dazu können wir ja vielleicht auf einem anderen Podium noch einmal diskutieren. Also: Ich verstehe die Position, würde das aber anders akzentuieren. Einig sind wir uns, glaube ich, darin, dass diese Erwartung adressiert und eingefordert werden muss, und das würde ich auch im Bildungsbereich ganz eindeutig so sehen. Mangold: Ich möchte für die Dinge, die da gegenwärtig im Web passieren und von denen wir offenkundig wirklich zu wissen glauben, eine Lanze brechen. Es ist nämlich so, dass diese eigentlich authentische Web 2.0-Kultur hochempfindlich gegen kommerzielle Bestrebungen ist. Wir haben an der der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG) und bei uns am ZKM mehrere Veranstaltungen mit den Protagonisten des Web 2.0 durchgeführt und dabei Ärger bekommen, sobald nur ein paar Fragen zu kommerziellen Anwendungen im Publikum aufkamen. Nur diese Verknüpfungen waren wirklich schon völlig ausreichend, um den Zorn heraufzubeschwören. Ich möchte damit sagen, wir sprechen über eine ganz eigene Kultur, die hier entstanden ist und die sich gegen Kommerzialisierungen verwehrt. Davon kann man halten,

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Diskussion

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was man will, aber man muss diesen Sachverhalt erst einmal zur Kenntnis nehmen. Und in dem Augenblick, in dem man eingreift, verändert man diese Kultur, bevor sie überhaupt verstanden wurde. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, darauf aufmerksam zu machen, dass wir daher bereits dabei sind, mit der Kommerzialisierung etwas zu affizieren, das wir noch nicht richtig verstanden haben. Deshalb noch einmal: die originäre Web 2.0-Kultur schirmt sich sehr empfindlich ab gegen irgendwelche Werbebanner, und das sollte ernstgenommen werden. Publikum: Ich nehme diese Veranstaltung als eine wahr, die Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Anwender zusammenführen möchte, um gemeinsam die Medienbildung zu reflektieren, zu fördern und bestenfalls Weichen zu stellen. Nun vermisse ich hier aber die Vertreter der Politik. Es wurde ja auch schon geäußert, dass man natürlich die Bildungsministerin Prof. Dr. Klaus Siebenhaar, Prof. Dr. Herbert ansprechen könnte, aber die habe Kubicek und Dr. Wolfgang Schulz (von links) im aufgrund der föderalen Struktur ja Gespräch. gar keine Macht. Wer sind eigentlich die Ansprechpartner für die Bildung, die bei uns an den Schulen verortet ist, die den Bildungsauftrag haben und die der einzige Garant dafür bei uns sind, dass der grundgesetzliche Auftrag der Chancengleichheit wirklich durchgesetzt wird. Bei allem anderen spielt ja eher der Zufall eine Rolle und das Portemonnaie und der Bildungshintergrund der Eltern. Das ist eine Sache, die mir die ganze Zeit durch den Kopf geht: Wie schaffen wir das, dass die Chancengleichheit in diesem Bereich gewährleistet werden kann? Kubicek: Das Problem ist, dass die Verantwortlichkeiten nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch noch einmal innerhalb der Länder verteilt sind. Der Schulträger, in der Regel die Kommune, ist verantwortlich für die technische Ausstattung, also Computer, Server, Software etc.. Und da gibt es große Unterschiede zwischen Gymnasien auf der einen Seite und Grundschulen auf der anderen Seite. Dies ist eine unmittelbar kommunalpolitische Entscheidung. Für die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer sind wiederum die Landesschul- bzw. Bildungsministerien zuständig. Beides muss natürlich zusammenpassen, und da gibt es schon die ersten Probleme. Für die digitalen Lernmedien gilt es, sich nach den Lehrplänen richten, die die Länder erlassen. Bereitstellen müssen sie teils die kommunalen Schulträger, teils die Länder, Landesbildstellen, kommunalen Medienzentren u.a.m.. Es macht durchaus Sinn, auf der kommunalen Eben anzufangen, weil da entschieden wird, welche Maßnahmen ganz konkret vor Ort getroffen werden. Sie haben ein soziales Gefälle angesprochen. Chancengleichheit unter den Jugendlichen setzt vor allem voraus, dass die Rechner- und Medienausstattung der Grundschulen und der Hauptschulen verbessert wird. Da muss man nicht unbedingt auf Änderungen der Lehrpläne warten, weil mittlerweile Lehrerinnen und Lehrer vor Ort auch genü-

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gend Gestaltungsfreiheit für Projekte haben, in denen neue Medien im inhaltlichen Zusammenhang eingesetzt werden können und deren Nutzung erlernt werden kann

Publikum: Danke für diese Information. Die Senatsschulverwaltung ist nämlich, denke ich, schon mal eine ganz gute Ebene. Siebenhaar: Ja, und zwar die Linie. Dort, wo die Entscheidungen fallen – oder auch nicht. Publikum: Ich möchte noch einmal auf die Wirtschaftlichkeit zurückkommen. Ich war gerade überrascht über die Aussage: „Das halten wir jetzt erst mal raus, das spielt keine Rolle, ob da ein kommerzielles Unternehmen Inhalte bereitstellt oder nicht.“ Wenn ich von Bildung spreche, dann muss ich doch schauen, in welchen Umfeldern ich mich bewege und auch Schüler sich bewegen und was sie da tun. Ich möchte mich einer Aussage der ersten Keynote anschließen: Die Bildung, mithin die Verantwortlichkeit für die Bildung, wird immer mehr auf den Einzelnen verlagert. Systeme ziehen sich immer weiter zurück. Ich selbst muss für mich schauen: wie komme ich weiter? Wie kann ich lebenslang auf dem Laufenden bleiben? Dann ist es doch wichtig, in welchem Umfeld ich mich bewege und auf was ich vertraue. Vielleicht habe ich das falsch verstanden. Siebenhaar: Da ging es doch aber zunächst einmal um Plattformen, nicht um Bildung. Damm: Die Diskussion war nicht die, dass es einerlei und egal ist, sondern dass es nicht von Hause aus von übel ist. Das sind zwei Paar Schuh. Schulz: Da kann ich einen Punkt nennen. Wir sind ja jetzt selbst in der Falle, dass wir den Bereich der formalen und informalen Bildung hier ständig hin- und herdiskutieren. Ich wollte auf jeden Fall nicht so verstanden werden – und ich glaube, hier auch sonst keiner – dass der Bereich der formalen Bildung an Bedeutung insofern verliert, als dass die Schulen nicht mehr die wichtigsten Institutionen und Bildungsagenten in diesem Feld sind. Vielmehr sind und bleiben sie es, so auch, welcher Kanon mittels welcher Lehr- und Lernmittel gilt. Das sollte hier gar nicht in Abrede gestellt werden. Nur dass Inhalte, die bildende Funktion haben, nur oder besonders gut von den Institutionen hergestellt werden können, die irgendwie staatlich eingebunden sind, und eher schlecht von denen, die im Bereich des Kommerziellen tätig sind, das kann ich nicht grundsätzlich erkennen. Diese Frage muss man stellen, und diese Frage ist wichtig, natürlich. Je mehr wichtige Sachen in einem kommerziellen Umfeld gelernt werden, desto stärker wird eine Rolle spielen: inwieweit kann ich sicher sein, dass das nicht inhaltlich von wirtschaftlichen Interessen geleitet ist. Aber wir hatten ja schon angedeutet, dass es da Regulierungsmechanismen gibt. In anderen Bereichen haben

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Diskussion

Siebenhaar: Als Veranstalter fühle ich mich natürlich angesprochen: Die Senatsschulverwaltung haben wir eingeladen und ich denke, unter uns sitzt auch der eine oder andere. Wir wollten die Diskussion auf dem Podium zunächst einmal in diesem Dialog von Wirtschaft und Wissenschaft, noch ohne Politik, führen. Aber dass dies der nächste Schritt ist, das ist vollkommen klar.


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wir das auch und müssen mit diesem Problem, soweit es denn eines ist, auch umgehen. Also: Wir wollten das nicht in irgendeiner Art und Weise trivialisieren und auch mitnichten die Schule und den staatlichen Auftrag kleinreden, im Gegenteil. Publikum: Also kleinreden hatte ich so auch nicht verstanden, aber ich würde tatsächlich behaupten, dass mehr und mehr Lernwelt außerhalb des institutionellen Lernens vorhanden ist, nämlich gerade in den Welten, von denen wir sprechen, den digitalen Welten. Dort geschieht weit mehr Lernen, und daher ich würde auch mehr Priorität darauf setzen zu schauen, was da passiert. Das tun Sie, die Sie da sitzen, ja auch alle. Aber ich bin schon sehr kritisch mit manchen Bildungsangeboten. Schulz: Bleiben Sie das. Publikum: Der Titel der Veranstaltung ist ja „Social Learning Summit“. Dieses soziale Lernen, das für mich ein ganz wichtiger Aspekt der aktuellen digitalen Medien, Web 2.0 etc. ist, wo und wie kommt das zum Tragen? Damm: Das ist eine gute Schlussfrage. Da kann ich gleich die zweite Diskussionsrunde ankündigen: „Spielend lernen“, wo es im engeren Sinne genau um diesen Aspekt gehen wird. Wir haben erst einmal versucht, in dieser Runde, den ordnungspolitischen, den kulturellen, den technologischen Rahmen unter dem Stichwort der digitalen Erlebnisgesellschaft zu setzen. Den muss man kennen, den muss man zur Kenntnis nehmen, den muss man auch kritisch durchleuchten, um die zweite Runde entsprechend würdigen zu können, wo es eben um neue Formen des spielbasierten Lernens und die damit verbundenen Chancen, auch die Risiken, die kritischen Implikationen und die zukunftsweisenden Perspektiven geht. Seien Sie gespannt auf die zweite Runde und den zweiten Keynote-Speaker, der uns aus einer anderen Welt die Zukunft aufzeigen will.

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NEUKÖLLNER SCHÜLER TESTEN GAME-BASIERTE WISSENSHELFER UND SIND BEGEISTERT. EIN ERLEBNISBERICHT Berlin ist multikulturell, in Neukölln ganz besonders, und wie politisch korrekt man es auch formulieren mag: Die Initiatoren des Game.Floor genannten Testparcours werden per Handschlag von Schülerinnen und Schülern aus vielen Ländern, mit und ohne Kopftuch erwartungsfroh begrüßt. Freitagmorgen, kurz vor 10:00 Uhr im Deutschen Technikmuseum Berlin-Kreuzberg. Die Atmosphäre „Wer hat noch nicht …?“: Begrüßung und ist ruhig und doch spannungsgeEinteilung der Schülerinnen und Schüler. laden. Alles ist vorbereitet für den Game.Floor des Social Learning Summit (SLS 08). Die verschiedenen Spielflächen und Terminals warten nur darauf, genutzt zu werden. Noch sind die weißen Hocker und Sitzsesselsäcke leer, das Buffet unberührt, und die Computer summen nur leise vor sich hin. Allein die Techniker, die umherlaufenden Organisatoren und die flackernden Bildschirme weisen daraufhin, dass hier gleich etwas Besonderes geschehen wird.

Erste Kontaktaufnahme: Die Geräte und Spiele werden aufmerksam inspiziert.

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Leise hört man schon im Hintergrund Stimmen von fröhlichen, aufgeweckten Schülerinnen und Schülern, die den spannenden Weg durch das Deutsche Technikmuseum Berlin gehen und noch nicht wissen, was sie erwartet. Die Stimmen werden lauter, als die 32 Sechstklässler mit ihren Lehrern und Betreuern der Konrad Agahd und Rixdorfer Schule Neukölln die obere Etage des Kommunikationsraumes betreten. Strahlende Augen, offene Münder überall – die Begeisterung über das üppige Frühstücksbuffet ist nicht zu übersehen. Kakao, Säfte, Obstspieße, Joghurt und Windbeutel, für jeden ist etwas dabei. Aber nicht nur die Freude bei den Kindern ist groß, auch die der Lehrer, der anwesenden teilnehmenden Beobachter und Mitarbeiter der scoyo GmbH. Etwas scheu, aber neugierig gehen die Blicke zu dem, den Vormittag dokumentierenden Filmteam. Fernsehassoziationen scheinen trotz Neuer Medien immer noch zu stimulieren. Plötzlich hallt eine kräftige und fröhliche Stimme aus den Boxen und lenkt die Aufmerksamkeit der jungen Gäste von dem Buffet auf Sylke Gandzior, die Kinderradio erfahrene Moderatorin des Vormittags. Mit ihrem spielerischem Charme und jugendlichen Redewendungen eröffnet und erklärt sie den Game.Floor und zieht die Kinder sofort in ihren Bann. Gekonnt kontern sie ihre Sprüche mit Gegensprüchen, das Stimmungsbarometer steigt weiter. Aber nicht nur Sylke Gandzior folgen die Schüler mit aufmerksamen Blicken. Sehr beeindruckt zeigen sie sich auch von der Begrüßung durch scoyo-Geschäftsführer Ralf Schremper

Ein offener, wacher Geist ist Voraussetzung für jede Art von Lernerfolg.

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Game.Floor

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und BMPS-Direktor Klaus Siebenhaar. Gestärkt, hoch motiviert, neugierig und voller Erwartung auf das, was jetzt kommt, stehen die Kinder vor der Treppe, die sie noch von den zwei Spielflächen des Game.Floors trennt. Als der Startschuss fällt, stürmen sie mit großem Jubel die Treppe herunter auf die wartende Filmkamera zu und verteilen sich schnell vor den sechzehn verschiedenen Terminals der beiden Spielflächen. Acht Schüler beginnen in Zweierteams an den Xbox-Terminals der ersten Spielfläche und versuchen ehrgeizig, möglichst viele Punkte bei der Olympiade des Spiels „Beijing 2008“ zu gewinnen. Alle geben ihr Bestes. Zwei Mädchen klatschen in die Hände, als sie das nächste Level erreichen, ein anderes Team springt vor Freude von den Sitzsäcken auf. Weitere acht Schüler stellen ihre Medienkompetenz unter Beweis und erwerben mit dem Internet-ABC ihren Internetsurfschein, den sie stolz und mit den Urkunden wedelnd ihren Lehrern präsentieren. Die restlichen sechzehn Schüler verteilen sich an den scoyo-Terminals auf der zweiten Spielfläche. Sie klicken sich mit viel Freude und großer Konzentration durch die Deutsch- und Mathewelten der neuen digitalen Lernplattform. „Da macht Lernen viel mehr Spaß Zwei von vielen „Gewinnern“. als in der Schule“, hört man aus allen Ecken des Raumes. Die begeisterten Gesichter, der Ehrgeiz, die selbst gewählte Disziplin und das große Engagement zeigen allen Beteiligten, wie viel Freude junge Menschen beim Lernen und Vertiefen der im Curriculum vorgeschriebenen Lerninhalte haben können. „Fertig!“ Nach 45 Minuten lassen sich die Schüler ihre erworbenen Punktezahlen von den Ruhige und konzentrierte Atmosphäre: mit Betreuern der Station auf ihrem Schülerinnen. Laufzettel eintragen. Die Spielflächen werden gewechselt. Und wieder klappern die Joysticks, jubeln die Teams und strahlen die Gesichter aller Beteiligten.

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Ausgelassene Freude bei der Siegerehrung am Ende des Game.Floor.

Teamwork: Zusammen macht das Lernen mehr SpaĂ&#x;!

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Betriebsamkeit auf zwei Etagen: Im Technikmuseum ist jede Menge los.

Sch端ler und Betreuer an den scoyo-Terminals.

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So viel Aufregung und Konzentration machen hungrig, und deswegen kommt das Mittagsbuffet nach knapp zwei Stunden auch genau zur richtigen Zeit. Während sich die Schüler auf die Spaghetti und den Kartoffelbrei stürzen, werden die Punkte der einzelnen Teams ausgewertet und die Urkunden für die Siegerehrung bereitgelegt. Die Schüler können es gar nicht erwarten, zu erfahren, welche Teams die ersten drei Plätze beim Wettbewerb belegt haben. Endlich, Sylke Gandzior setzt dem Warten ein Ende und hält die Urkunden und Preise für die Gewinner schon in der Hand. Gespannt sitzen die Schüler auf dem Boden und schauen erwartungsvoll zu ihr nach oben. Die Gewinnerteams erhalten jeweils einen Gutschein für ein kostenloses scoyo-Abonnement für mehrere Monate. Aber die anderen Schüler gehen auch nicht leer aus: Jeder erhält einen Gutschein für das Deutsche Technikmuseum Berlin für die ganze Familie. Aber noch viel mehr nehmen Beim spielerischen Lernen ist Multikulti selbstverdie Schüler sowie die Lehrer und ständlich. teilnehmenden Beobachter mit nach Hause: die Erinnerung und die spielerische Erfahrung an einen wunderschönen Vormittag, der allen gezeigt hat, wie viel Freude Lernen bereiten kann. Katharina Böttger (BerlinMediaProfessionalSchool, Freie Universität Berlin)

Wer sammelt die meisten Punkte? So wie hier sah es während des Game.Floor an vielen Terminals aus.

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WETTBEWERBSTERMINALS

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BEIM SLS 08

Wissen, wie’s geht! Zeigen, wie’s geht! Das Internet-ABC ist ein spielerisches und sicheres Angebot für den Einstieg ins Internet. Als Ratgeber im Netz bietet es konkrete Hilfestellung und Informationen über den verantwortungsvollen Umgang mit dem World Wide Web. Die werbefreie Plattform richtet sich mit Erklärungen, Tipps und Tricks an Kinder von fünf bis zwölf Jahren, Eltern und Pädagogen – ob Anfänger oder Fortgeschrittene. Hinter dem Projekt steht der gemeinnützige Verein Internet-ABC, dem zwölf Landesmedienanstalten angehören. Zentrales Ziel der Vereinsarbeit ist es, Kinder und Erwachsene beim Erwerb und der Vermittlung von Internetkompetenz zu unterstützen. Xbox 360 Um das Thema der Spiele herum bietet Xbox 360 einen einzigartigen 360-Grad Entertainment-Ansatz: Neben Blockbuster-Games, Arcade-Spielen mit vielen beliebten Klassikern, Film-Downloads und einer riesigen Online-Community kann das System auch als Media Center für Bilder, Musik und Filme dienen. Zum Launch im Dezember 2005 war Xbox 360 weltweit die erste High Definition Konsole auf dem Markt und ist in diesem Bereich seitdem mit deutlichem Abstand Marktführer.

Lernen in lockerer Atmosphäre: Game.Floor-Impression.

Games Die Xbox 360 erweckt phantastische Welten zum Leben. Von Gewitterwolken, die über Gebirge ziehen über winzige Grashalme, die sich im Wind bewegen, bis hin zu lebendigen Charakteren setzt die Xbox 360 neue Maßstäbe für die Spielegrafik. Alle Xbox 360 Games bieten High Defintion Qualität mit AntialisingFilter (Verfahren zur Bildkantenglättung), einer Grafik auf Filmniveau und Mehrkanal Surround Sound.

Jugendschutz-Einstellung Die Jugendschutz-Einstellung der Xbox 360 hilft Eltern, die Spielgewohnheiten und Kontakte ihrer Kinder sowohl im off- als auch im online Modus zu kontrollieren. Eltern können genau festlegen, welche Games ihre Kinder mit wem und wie lange spielen. So läßt sich einstellen, dass Spiele ab einer bestimmten Altersfreigabe der USK (etwa „Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG“) von der Konsole nicht abgespielt werden. Darüber hinaus kann die tägliche oder wöchentliche Maximalspielzeit festgelegt werden.

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So spannend wie im richtigen Leben: „Beijing 2008“ fesselt alle. Beijing 2008 Beijing 2008™ erscheint erstmalig für die Next-Generation-Konsolen und bietet eine ebenso unterhaltsame wie fesselnde olympische Erfahrung. Die hochdetaillierte Grafik fängt die Spannung der Wettkämpfe perfekt ein, in denen nur Sekundenbruchteile über Sieg oder Niederlage entscheiden. Die innovative Spielmechanik verlangt den Spielern dabei Bestleistungen in Sachen Zeit, Tempo und Koordination ab. Die teilnehmenden Schulen Konrad Agahd Schule Anerkannte Modellschule für Computer- und Onlinekompetenz, eEducation Masterplan-Modellschule Die Konrad-Agahd-Schule ist eine Ganztagsgrundschule im offenen Betrieb mit zur Zeit 15 Klassen. Die VHG-Betreuung (verlässliche Halbtagsgrundschul-Betreuung) findet bis 13.30 Uhr im Schulgebäude statt, die Hortbetreuung bei Bedarf bis 18.00 Uhr im schuleigenen Hort. Der Unterricht findet in festen Klassenverbänden statt. Besonderen Wert legen wir auf Leistung, Ordnung, soziales Verhalten und Sauberkeit. Wir achten darauf, dass speziell in den unteren Klassen die Zahl der unterrichtendenLehrer so begrenzt ist, dass jedes Kind seine feste Bezugsperson hat. Für Kinder mit sprachlichen Defiziten steht eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Seit September 2001 ist die Konrad-Agahd-Grundschule anerkannte Modellschule für Computer- und Onlinekompetenz. Die wichtigsten und für unsere Schule profilbildenden Bereiche unserer Arbeit mit Computern waren und sind: Computerpflichtunterricht, Internetrecherchen im Rahmen des Fachunterrichts, Kieler-Lese-Rechtschreibaufbau und Einsatz von Computern im Förderunterricht zur Minderung von LRS, Arbeitsgemeinschaften und Förderunterricht in diversen Fächern, Einbindung

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von Unterrichtsmaterialien aus dem Internet. Der zukunftsweisende Einsatz dieser neuen Medien für die computerunterstützte Unterrichtsarbeit wurde an unserer Schule nur möglich durch den Einsatz und zusätzliche Arbeitsstunden engagierter Kollegen. Dabei haben wir uns das Ziel gesetzt, diesen Bereich noch wesentlich zu erweitern. Hierbei geht es nicht nur um die Anwendungskompetenz für einen Computer und der dazugehörigen Software, sondern auch und verstärkt um die Erschließung des Onlinebereiches und der Onlinekompetenz, sprich des Internets. So soll zukünftig die Anwendung beispielsweise im Bereich der Sprachförderung eine noch wichtigere Rolle spielen. Alle Kollegen der 14. Grundschule verfügen über PC-Erfahrung und haben regelmäßig Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen unterschiedlicher Träger (Lisum, Cids, VHS, eigenfinanzierte Privatkurse) besucht. Bei aller Begeisterung sind wir davon überzeugt, dass „Everyone's a winner!“ diese neuen Medien nicht zum Selbstzweck werden dürfen, sondern immer als Ergänzung zum normalen Unterricht zu sehen sind. Desweiteren: Erfolgreiche Teilnahme am Road-Ahead-Price 2000 der Firma Microsoft – beste Grundschule Berlins, bundesweit unter den besten 5 Grundschulen / Multimediaprojekt im Rahmen des Microsoft-Partnerschulen-Programms, Erstellen einer regelmäßig erscheinenden Schülerzeitung im Rahmen einer AG, Erstellen und Pflegen der schuleigenen Homepage, 2. Platz für Partner@Schoolim D21-Best-Practice-Wettbewerb 2002. Masterplan Modellschule Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat im Februar 2007 die Berliner Schulen aufgefordert, sich als „Masterplan-Partnerschule“ oder „Masterplan-Modellschule“ zu bewerben. Mit einem überzeugenden schuleigenen Medienkonzept und bedingt durch eine langjährige Erfahrung im IT-gestützten Unterricht wurde die Konrad-Agahd-Schule für das Schuljahr 2007/08 zur „Masterplan-Modellschule“ gewählt. Zur Unterstützung ihrer Arbeit erhält die Schule einen NotebookPool, die Bereitstellung eines Content-Managementsystems, den Zugang zueinemLernmanagementsystem sowie weitere technische und organistorische Unterstützung. Darüberhinaus verpflichtet sich die Schule an ausgewählten Projekten wie eTwinning, Intel II und Roberta teilzunehmen. Gleichzeitig soll die Schule ihre Erfahrungen und Kompetenzen im Medieneinsatz mitanderen Schulen teilen und so zum Multiplikator werden. Die Modellschulen werden in besonderer Weise gefordert, weil von ihnen die modellhafte Erprobung inhaltlicher und technisch-logistischer Masterplanvorgaben erwartet wird. Konrad-Agahd-Schule Thomasstraße 39, 12053 Berlin www.agahd.de

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Rixdorfer Schule Neukölln Zwischen Sonnenallee und Karl-Marx-Straße liegt die Rixdorfer Schule. Kann man in dieser Lage in Berlin, im Norden Neuköllns, eine gute Schule machen? Wir glauben ja. Der Norden Neuköllns ist ein Bezirk mit vielen Problemen, die Rixdorfer Grundschule liegt mitten drin. Was reizt uns, hier zu leben, zu arbeiten und zu lernen? Rund um die Sonnenallee und Karl-Marx-Straße gibt es eine Vielzahl kleiner Läden: Türkische Gemüsehändler und Abis Ägyptische Pizzeria an der Ecke, der Bäcker und die Fleischerei in der Nähe. Nicht weit entfernt verschiedene Supermärkte und Fachgeschäfte, dazwischen Schülerläden, Kitas, Kirchengemeinden mit ihren stadtteilbezogenen Angeboten. Aus dieser Umgebung kommen die Schüler unserer Schule – aus einem richtig bunten Kiez mit all seinen Sonnen- und Schattenseiten. Menschen vieler Nationen haben sich entschieden, hier zu leben. Manche haben es nicht einfach – wir wollen ihnen helfen, sich hier zurecht zu finden. Wir mögen diese Mischung und fühlen uns hier wohl. Zwischen den großen Hauptverkehrsstraßen Karl-Marx-Straße und Sonnenallee gibt es nur wenig Platz für Kinder, sprich Spielplätze. Gott sei Dank, ist unser Schulhof recht schön, so dass viele Kinder sich hier gerne aufhalten und spielen, auch in ihrer Freizeit. Schulprofil: Gebundene Ganztagsschule und VHG-Klassen / Jeweils ein Klassenzug in unserem Haus wird zweisprachig deutsch-türkisch unterrichtet / Schwerpunkte in den Bereichen Soziales Lernen, Leseförderung und Informationstechnik / Förderung der Schüler in geeigneten Projekten, z. B. das „eXplorarium“ an (ein E-learning-Projekt mit verschiedenen Online-Lernräumen) / Masterplan-Partnerschule 2007 / Teilnahme am Projekt „Ein Quadratkilometer Bildung“ im Neuköllner Reuterkiez . Leitbild: Im Leitbild artikulieren wir die Grundideen, nach denen sich unsere Schule ausrichten will, nach innen wie nach außen (Corporate Identity). Es ist unser „pädagogisches Grundgesetz“. Auf einem Studientag haben die Eltern, Erzieher und Lehrer ihre gemeinsamen Visionen und Leitsätze herausgearbeitet. Die ersten Buchstaben der Themen des Leitbildes ergeben das Motto: PRIMA RIXI KLIMA! Projekte Rechte Interkulturalität Methodenkompetenz Aktivitäten

Respekt Integration Flexibilität Interessenvielfalt

Kooperation Lebensort I u. K – Techniken Miteinander Achtung

Weitere Angebote: Interkulturelle Moderation (türkisch, serbokroatisch, arabisch); Streitschlichterausbildung in den 5. Klassen; Soziales Lernen als Unterrichtsfach; Schülerzeitung „Rixi Times“ (Bundespreisträger 2005); Demokratieerziehung: Partizipation von Schülern, Eltern, Lehrern an der Entwicklung einer Hausordnung; Aushandlungen zwischen allen Beteiligten auf Augenhöhe; verschiedene Arbeitsgemeinschaften, z.B. Theater, Sport, Kunst, Basketball; „Fußball trifft Kulturen“ ein Projekt mit Herta BSC; Lehrer-Erzieherteams im Ganztag; Deutsch als Zweitsprache (DaZ). Rixdorfer Grundschule Donaustraße 120, 12043 Berlin www.die-rixdorfer.de

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Eintreffen der Neuköllner Schülerinnen und Schüler im Deutschen Technikmuseum: Abläufe werden erläutert, Namensschildchen verteilt.

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Gespannte Erwartung: Mal was anderes, als die Schulbank zu drücken …! Finden diese beiden Boy-Groups.

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Gleich geht's los …: Die Schülerinnen und Schüler werden im Technikmuseum begrüßt.

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Hereinspaziert ...!: Prof. Dr. Klaus Siebenhaar, Dr. Ralf Schremper (oben) und die Moderatorin des Game.Floor, Sylke Gandzior, begrüßen die jungen Teilnehmer.

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Mittendrin, statt nur dabei: Ohne Mikro w채ren Sylke Gandzior (oben), Prof. Dr. Klaus Siebenhaar und Dr. Ralf Schremper sicher schwer zu verstehen.

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Noch kurz was zur Stärkung, und dann ran an die Buletten …! Die Teilnehmer des Game.Floor nehmen unter fachkundiger Anleitung von Lehrern und Betreuern vor den Spielgeräten Platz. Unten rechts: das Spiel „Beijing 2008“.

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Ein Raum voller Möglichkeiten: Der Trubel legt sich, die Konzentration steigt. Schülerinnen und Schüler machen sich mit der Technik vertraut.

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Konzentrierte Workshop-Atmosph채re (oben): Beim Spielen ist die Aussicht auf das Gel채nde des Technikmuseums Nebensache. Game-basiertes Lernen bedeutet auch, sich 체ber seine Erfahrungen auszutauschen.

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SchĂźlerinnen und Lehrer beim Game.Floor. Man sieht, dass es den jungen Mediennutzern SpaĂ&#x; macht.

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„Schlaumäuse“ am Werk: Aufmerksamkeit und Heiterkeit - kein Widerspruch beim spielenden Lernen.

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Bequemlichkeit ist nur beim Sitzen O.K.: Game-basiertes Lernen bringt die Gedanken in Schwung. Hier zum Beispiel beim Sportspiel „Beijing 2008“ (Mitte, unten).

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Manchmal haben die jungen Mediennutzer den etwas älteren etwas voraus: Native User der ersten und zweiten Generation im Dialog.

Am Ende des Game.Floor winken die Preise – aber Gewinner sind alle!

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"And the winner is ‌!" Jubel bei der Siegerehrung.

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Einige der Game.FloorPreistr채ger und Preistr채gerinnen.

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„GAMES MAKE BETTER …“ SOME IMPORTANT ASPECTS OF 21ST CENTURY LEARNING KEYNOTE Bildung – interaktiv

MARC PRENSKY I’d like to start by making a couple of comments on the discussions earlier – as I understood them, so please forgive me if I didn’t fully understand them. Most of what I talk about these days is not games per se (although I do talk about that and I will in a minute). I talk about learning and thinking about how learning should change in this century and in this time of change which is really what the discussion here was about. One of the things that I observe is that a lot of what we do, and have always done is “top down”, and that’s really a part of the problem, because we really need in the future to balance the top down with the “bottoms up”, that is to say, with input from the the people we are educating. We were lucky to have some students here in the very beginning and a few of you saw them and they were wonderful, and they ran around and played the games that were available for them, but I think that we really need to go much further. If you have this session again next year, my recommendation would be that you should all come and bring with you the smartest kid you know, because if we don’t have this discussion here with the students in the room, so that they can participate and they can tell us their opinions, so that they can say: “Well, you may feel that way, but we, as young people feel this way”, we’re going to miss out, and we’re not going to be able to get where we want to go. So that’s a strong recommendation. Wherever I have done it, it has worked. I almost always have panels of students in my talks and I interview them and have the audience back and forth and we learn enormous amounts from each other. A second thing, and I think this was starting to be alluded to, is that in this huge time of change that we’re going through---and the change is only going to get faster-- we are moving quickly from a new paradigm of students being taught (and this is not everywhere but I think it is happening, and everywhere there is more or less agreement on what it should be) – from, “the sage on the stage” as we say, to the students teaching themselves with our guidance, and with their peers. In this model the “sage on the stage” becomes the “guide on the side” -That pedagogical model is much more engaging for the students. We don’t know exactly how to get there as yet, but it’s pretty much what Einstein, your colleague and compatriot meant, when he said, “I never tried to tech my students anything, I only tried to create an atmosphere in which they can learn”. Of course in that quote we also have all the issues that you alluded to before in your question, about what to teach. And, we have no idea, right now. That is totally in flux, it’s changing, and we need to figure that one out. But as for how to teach, we’re slowly getting there, evolving to a new pedagogy. I call it “partnering” – I just met Miriam from Microsoft who is here from their “Partners in Learning” – I call it “partnering” with your students, because I totally agree with –Pro-

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fessor Doctor Siebenhaar -- who said that education is splitting in two. Our kids are enormously quick and school is becoming only a minor part of their learning particularly about the future. Most of it is happening what I call broadly “after school” -- that’s certainly where our kids are learning most about the future. And so we have really to take that into account in what we are doing. I want to start with a video .This is a group similar to the one we had here this morning, in New York. We’re watching an algebra game and the speaker is the head of technology for the New York City Schools. The students are learning how to compete better in Algebra. (video over). So you’ve seen the students’ enthusiasm for games here earlier today, you saw it in New York; this is spreading around the world. Eight years ago now, I wrote a book called Digital Game-Based Learning, where I had a vision of the engagement of games combined with the content of schools and business. I found maybe fifty games in the world, that I included in that book. Well, I was really early, because now there are probably five thousand of these “serious games” around the world. I have a company that’s been making some of them – we call ourselves “-Games2train ”. We do serious training in a game environment. An important thing to understand about games is that they are all, educational. Will Wright who created the games “The Sims,” “Sim City” and now “Spore”, is probably our best game designer (or one of the top two or three) says: “Why are we talking about ‘educational games’ – as if all games weren’t educational.” That’s what I’m going to try to talk about today – how all games are educational. My last book Don’t Bother Me Mom, I’m Learning, was about how computer and video games are preparing our kids for 21st century success, giving them skills and how we can help. It’s really, first, about how games produce just what we’re looking for: learning with engagement; but second, and even more importantly, , it’s a game about how adults, who don’t play games, can understand this learning, because so often we don’t and we pooh-pooh it and we think it’s not real, and we need to learn to value it. So I’m going to talk about complex games. Complex games – and I’m going to say what “complex” means in a second – are, in fact, the “engaging educational system”. Increasingly, the traditional educational system is less and less engaging for our students, and that’s a huge problem, so another change that we’ve seen is in the complexity of games. For a long time people said to me, especially in a higher level: “Don’t use games, games are trivial.” I remember people from Deutsche Bank coming in, when I worked there, saying: “You can do all that stuff. We love it, but please don’t call it a game!” And so I thought about this, and I told them over and over: “Games are not trivial, they’re not trivial.” But suddenly it occurred to me that they were right. They were right, because when they grew up, (and when I grew up and when some of you grew up), games were trivial. There were little card games and board games that we played on a rainy day, and they didn’t teach you a whole lot. We still have those games. But we now call them mini-games, or casual games. They take five minutes up to maybe one hour or two to play to the end. They are pretty trivial, or at least you can learn no more than one or two things from them.

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But that is totally different, than what the kids play today. The kids play something that I have to call a “complex game”. It doesn’t matter if it’s a sports game or a war game, or a racing game, or any kind of game that you want – an adventure game – it’s complex, and it has multiple goals and multiple levels and multiple skills and it doesn’t take one or two hours to master, it takes 200 hours. It takes more time than a course in school. And so that’s really what we’re talking about, that’s where the kids are learning, and it’s very important not to confuse the two, because if you only look at the mini games or casual games, you will say, there’s not much there, and you’ll be right. But now there are whole courses, that are totally games. ”Econ 201”, an entire microeconomics college course, is a game from start to finish. Of course if you only listened to the press, you’d think, that computer and video games were the worst thing in the world for our kids. But the truth – and the writers are not telling the truth, because in many cases they don’t know the truth, they don’t play games – the truth is that the games produce learning with engagement. And almost every game does, certainly every complex game does. If you don’t believe me, and if you’re a sceptic (and I’m sure that there are lots of them in this room) the results are in! Vom alten zum neuen Lern-Paradigma: Auszüge And they’re not in from fancy acaaus der Keynote von Marc Prensky. demic studies! That’s not what I’m talking about. The results that games work come from individuals who are now in their twenties or early thirties, who attribute their success in life as executives, as doctors, as lawyers, as sports managers, as workers and military people, directly to the fact that they played these games. And that’s really important. Gamers make better executives. How do we know? Because Stephen Gillett is an executive, a very successful one, who goes around and talks on how guild building leadership and management skills learned in MMPORPG's transcend into the real world of a start-up company. He says: “I remember my parents yelling at me for playing games. But they never knew I had a 300 person guild to manage”. If you think managing a 300 person guild of people, who are from 8 to 80, is easy, it certainly is not. Gamers make better doctors. Butch Russer teaches laparoscopic surgery, that’s where they put the little camera in you and do the things through a tiny hole, and he had a

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clever idea, he said, “Gee, laparoscopic surgery, a two handed controller and a screen – video games are two handed controller and a screen!” “I wonder,” he said, “whether the doctors who played video games growing up, make better surgeons!” So he got money from our National Institute of Health, he did the double-blind studies, he went through it all, and guess what he found: the surgeons who played games make 37% fewer mistakes in surgery! This practice works! So next time you go for laparoscopic surgery, you know what to ask your doctor: “Do you play ‘Super Monkey Ball’?” Because that’s what he uses to warm them up, he says, half an hour with ‘Super Monkey Ball’ makes them a better surgeon. Gamers make better lawyers. Ashley Lipson, a friend of mine, is a very successful lawyer and law professor and an author of many law books. But he grew up in the malls, playing video games! He realised one time, that in the U.S. legal system – and I don’t have any idea what your legal system is like, but you will know ours through television. In a courtroom if you think that the testimony is not right or allowed, and you’re the lawyer, you go: “I object!” Right? – Perry Mason, you’ve all seen that! You have just two seconds to do that. It’s a twitch reaction, and then you have to know why, and you have to give the right reasons, so that the judge will allow it. So Lipson made a game called “Objection!” And he has several versions of this that are designed for lawyers to use for practice! It takes all the laws of the 50 U.S. states and the military into account, because they’re all different. These are the reviews from law journals: “Addictive and thrilling”, "...cerebral, realistic and intense.”, “Speed of recognition and correct analysis, not mere memorization is the key to the game.” Lawyers use it the night before trials, and law schools use it to teach their students! Gamers make better sports players and managers. How many of you play sports games? How many of you play any kind of game in this room – complex games? Well, we’re going to have a great discussion! If you played any of the sports games, such as one of the biggest sellers of the world, the Madden NFL football and FIFA soccer, you’d discover that you can learn about the game – not the physical stuff, unless you’re using the Wii – but the strategy of the game. You learn not only the strategy to be a superstar player, but you also learn to be a coach, to be an owner, and to have your own franchise, and those are the modes that are in the games, so that kids are learning all that kind of stuff! Gamers make better workers. A book came out from Harvard Business School Press a couple of years ago called Got Game. It discussed how gamers have amassed thousands of hours of rapidly analysing new situations, interacting with characters they don’t really know, and solving problems quickly and independently, or in teams – that’s business! So, they have better attitudes for business! They’re not afraid to fail, they take risks. All the things that they learned in games, such as Winning Matters, Work in Teams, Take Responsibility, Be a Hero, Immerse Yourself in Data, Make the Tough Calls, Take Different Perspectives, and Make Things Better, help make them better business people. Gamers make better military people! Gamers and military people share a certain kind of intensity, which may be what we want in the infantry men of the future. It’s sad that we have to fight, but in case we do, games can help. The military says, “No more studies. We know. These games work”. The U.S. Military has more games than anyone else: for training the soldiers in tactics, and the officers in thinking and strategy. So why is this all happening? Because one of the things that the games do really well, is they let you role play an expert. If you do that a lot of times, you’ll become good- Behind

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Rollercoaster Tycoon III or IV, there is a real rollercoaster designer, who says, “I use the game to test my designs. I’m not going to move thousands of tons of earth every time I have an idea. I use the game!” Simulation, which is part of many of our games, can condense lots of years of experience, into several hours. And gaming makes it fun. There is a difference between games and simulations, which is that one is about a thing, and the other is about experience. There are different ways we would use a sim for practicing something hard and getting insight. We use a game for motivation and engagement; but mostly we combine them! The kids tell us why they like games: “I love getting the level-ups”, “I love knowing I’m getting better”. When you play almost any game, if it’s too hard to play it in the one mode, you can learn it in another mode, go back to the hard mode and be good at it, which means that you have learned. You can do that in 15 minutes. It’s the learning in the games, that really engages the people, and that’s why they play them. That’s why the kids are playing them: they’re engaging intellectual stuff. Learning is the real reason, why people play, but we don’t talk about that! If you talked about games being full of learning, then Microsoft and Sony and all those other companies would go out of business. They don’t want you to talk about that. The only company that’s kind of moving in that direction is Nintendo, because they had to reinvent themselves. So they went out for a bigger audience, learning for adults, learning for kids. But most companies don’t want to hear about it. They say, “We’re an entertainment company”, but they’re really in the business of learning! Will Wright says: “You know what a game is? A game is a hard problem that kids pay us 50 Dollars to get. And when they solve the problem, they throw it away and buy a harder problem!” So, it’s really silly. What do they learn? Well, from these complex games kids learn to cooperate, collaborate, work in a team, which requires working effectively with others. They learn to make effective decisions, and do it very much under stress; they learn to take prudent risks; they learn to make ethical and moral decisions, which we typically don’t think of these games, but the questions they’re always being asked, “Just because I can do this in a game, should I?” Well, that’s the same question, we ask in life. They learn scientific deduction, and to quickly master and apply new skills and information. They also lean about thinking laterally and strategically. Through games they learn persistence, which is very hard for us to get these days. They also gain understanding of foreign environments and cultures and managing business and people. That’s a list of stuff we should want our kids to know! Now, there’s no curriculum in there, but that needs to be worked in. If our kids know all those skills, and they don’t know some dates, when certain things happened, they will be better off, I guarantee you. So games are good for our kids’ education. So good, that I’ve been feeding them to my son, since he was very young [funny picture] and he loves them. He’s been on my lap since he was one, playing games like “Freddy Fish”. Now he plays the games all by himself and he won’t let me help him until he needs help. The good news is that there are lots of games: The supply of games that you can call educational is up. First there are hundreds of mini-games. They may not teach you a lot, but they can teach you one or two things. They are all over the web, on tons of

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sites. Second, our commercial games are becoming more educational. The acronym COTS (Commercial Off-the-Shelf Games) is used a lot in the military and other places. There are lots of those, like: “Civilization IV”, which is really about starting a civilization from zero, building it up until it conquers the planet, and “Europa Universalis”. The newest one is “Spore” from Will Wright, where you start up as a one celled animal, in the primeval muck, and you build up until you have a creature that comes out of the water and you build up a society and you rule the planet and you go off into space and you have to rule the universe. Then, your creature competes with everybody else’s creatures on these different planets. There is a commercial game for every period in history. There are economics and physics games like the “Rollercoaster Tycoon”; keyboarding games – my favorite one, if you want to learn how to type, is “The Typing of the Dead”. The zombies come at you and in order to defeat them you have to type quickly and accuZeitgemäße Formen der Wissensvermittlung rately. There are also a lot of custom, complex, educational games. Recently I counted over a thousand of them. There are micro-economics courses, ethics games, a better business game from British Telecom, and management games like “Virtual Leader”. There are games about interpersonal relationships; current affairs games such as “Darfur is Dying”. “Food Force”, about the UN distributing food, was downloaded a million times in the first month it was online. There is a game about the Middle East; a game about CAD CAM Engineering, a game about the environment, that is a multi player game that kids play on handhelds. There are games about ethnography – about being somebody from another culture and seeing what happens. There are games about history – in Asia, “Eyewitness” is about the Nanking massacre, (according to the Chinese, the Japanese don’t quite see it the same way); for European history – there is “Making History: The Calm and The Storm”, a game to see if you can prevent World War II; “Surviving the Spanish Inquisition”. There is “Tropical America”; for U.S. history they took an existing game and they modified it so that it became a game not about medieval dungeons, but about the U.S. right before the American Revolution. In that game you can talk to the different people and they take different points of view. There are medical Games – the whole field of what we call now “Games for Health” is huge on several levels! Also, there are: political science, terrorism games, persuasion and propaganda games. You can play “America’s Army”, but you can also play “Under Siege”, and play a Palestinian. So, if you want to teach kids two points of view, they’re there! There are games about public health – “Catch the Sperm” from Switzerland, and “Super Shagland” from The Netherlands, where the game is to get shagged, but you have to get to the end with as many condoms as possible and as little alcohol in your body as possible. I love you Europeans!

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There are lots of these games listed on Social Impact Games, www.socialimpactgames.com, a site I put together, that lists many of them, and we try to make it more and more up to date because they keep coming out. There are simulations like “Sim City” and all the Tycoon games, from running an airline, to airport, casino, circus, everything you can imagine, one is even running a trailer park. That’s what we all are going to do pretty soon if the stock market is not going to improve. Science simulation – this stuff is all online, so that everybody can use it. There are more and more incentives, the tools for making the stuff, for coming out and being distributed. The models are there, using games in class, using contests; all these things exist. Grants are coming out from foundations like Macarthur, the U.S. government, other governments, and the European Commission. There is still a lot of work to do, because we don’t have enough complexity in the games and we don’t have enough coverage of the things we would like to teach. We need both of those. We need more, but the supply generally is up! The demand is up as well! That’s the other side of this: so the supply and the demand, they’re both up (unlike our stock markets again). If you talk about partnering with students, today is a good day to do it, because kids who grow up in a day like today, will be really scared thinking that’s the only way life is. Some of us, who’ve been around for a while, know that there are cycles and that what goes down today will come up later. But our kids are telling us that they want more games – we saw it this morning, we saw it on the video. There is a program called “Project Tomorrow”, which interviews 300,000 kids every year in the U.S. and in North America, Mexico and Australia. The kids in grades 6 – 12 say that games make things easier to understand, they would be more engaged, they

Rede und Veranschaulichung gehen in Marc Prenskys Keynote zur zweiten Diskussionsrunde Hand in Hand.

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learn more and they do more practice. Not bad. Their teachers say they’re becoming interested in increasing students’ engagement –addressing different learning styles, focusing on student-centred learning, problem solving and critical thinking skills. Half the teachers say they would be interested in doing this. Now we don’t know how to do that yet, we’re just at the very beginning of this, but the kids love it. Sitting in our colleges in the U.S. at least, a third of the kids are playing these games anyway! Some of you may have your mobiles out playing games for all I know, because that’s where the games are these days. The kids want them because they’re bored in schools; they’re bored with being talked to. That’s what they tell me all around the world. I think it was in The Netherlands where they said to me: “Prensky dares speak what we dare not say.”, but that’s what they say and the games are a language they know and they’re used to. They tell us they grew up interacting through Marc Prensky, Autor und Game-Designer. the games. That’s how they learn. Mobile phones are the fastest growing game platform. And it’s not just the boys; I’ve had girls telling me, “I’m a closet gamer”. You saw them; there were a number of girls this morning playing. There’s lots of separation between the adults and the kids in terms of how we learn, and that is so important, because the kids are really used to being engaged in game playing, in random access, in multitasking and in having things personalized. They don’t want to think about a bunch of different tools. Kids should teach each other. Somebody in every class knows it, so let the kids teach each other. They all love it and are good in doing that, so let us not waste our precious time and that from our teachers teaching that kind of stuff. Let them learn it – let’s have a partnership. We’ve heard this a little bit in the first discussion, where the students do what they do well, which is: use the technology, create stuff with the technology and find the information, try to make sense of it, and the teachers do what they do well: they add quality, they add context, they add value, they add rigour. That’s what our teachers know how to do, and that’s what they should do. Then the kids continuously iterate to make it better and better and more rigorous and higher quality. Games empower our students; they let students create; they let them learn tools, especially programming, which is the most important thing that kids could learn these days, given that our machines, within their lifetime, will be a billion times more powerful. Programming is the key tool in literacy – that’s the one thing we should be teaching them, because here is that kind of thing that they are going to see. This is a billboard which says “Now Hiring”. If you are not able to read that, you’re kind of dead in the water. Programming lets them deal with complexity, and have fun as they learn. The game designers have figured out better ways for kids to learn and people to learn than

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the teachers have, and they have done it instinctively. Games have motivators; they have learning; they have practice machines; they have persistence inducers; they have creativity switches; they have emotional rushes, and this is all the stuff we really want. I am going to end here, but I have isolated ten rules of game engagement. The kind of things that we can take out of the games, like focusing on engagement, having Be-a-hero-goals, having kids make frequent decisions, not sucking the fun out. Supply is up, demand is up, but is the usage up? It’s not. It’s still a challenge. You don’t hear anything like “we’re all doing it” when you’re talking about games. What you hear is, “we’re doing trials”, “we’re about to launch”, “we want more classes” and “a few teachers”, “a few districts”, “a few schools”, and “after school”. We have these big barriers, which is mostly the educational and the political establishment as we’ve heard. “There’s not enough money”, “there’s not enough time”, and “there’s not enough knowledge”, “there’s not enough of technology”, “there’s not enough security” and “there’s no connection to the curriculum”, and I’m sure you can add dozens more; you hear them every day. The barrier busters are education and sharing, making it easy to use and hopefully free, making it a good use of educational time, connecting to the curriculum and connecting it to the exams, that are becoming so important. Or, just going around the barriers: it’s easier to beg forgiveness than ask permission, as we say in the States. The best things are happening after school – we already discussed that. Robotics clubs, game playing, internet, and so most people are bypassing the school. They just go straight for the kids for learning. For example, the doctor, whom we’ve seen: he’s doing great stuff, he’s going straight to the internet. Schools are in a big danger of becoming totally uninteresting to kids. We have to learn if we want to keep the kids, since we’re going to make them go to school. Kids basically go to school, so they can be safe while their parents work, that’s why we have schools, and I can prove that to anybody who wonders if that’s the real reason. If we weren’t forcing our kids to go to school so that their parents can work and know their kids are in one place, we could do education in much better ways than sending kids to schools! Especially with all the technology tools! A lot of this could be done independently. If we’re going to keep them in schools, we better be careful not to suck the fun out, because otherwise they will rebel. So the bottom line is : “What can I do?” The best way to bust the barriers is to make the case that it’s not about games, it is about engagement! It’s about 21st century learning, with tools of the 21st century. We can engage our students, and it’s important for us to understand that we can’t do it by doing things to them. We can’t just hand them games – maybe they’d be happy for a little bit – we have to do it with them. That’s why, next year I’d like to see, if I come back, a kid in every other seat. No one says it’s easy, but we have to try. This is a picture of me in Hawaii. I’m talking to this kid in the back, who had lots of good ideas. The principal called me aside afterwards and said, “You know, that kid you were talking to? – He hasn’t said a word in three years.” So, it’s scary. All educators, teachers, and everybody else have to learn to feel the fear, and do it anyway. A wise person once told me that this is the definition of courage. So I hope that we all will have the courage to do what’s right for our kids. Let’s go do it! Thanks a lot.

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Eine Diskussion mit Marc Prensky, Miriam Grochowski, Ralf Schremper, Lea Treese, Peter Vorderer und Michael Wagner, moderiert von Ralf Müller-Schmid. Ralf Müller-Schmid: Marc Prensky, thank you very much for that brilliant lecture. I think we are going to try to take things a bit further in our discussion. Auch von meiner Seite einen schönen guten Tag ans Publikum. Mein Name ist Ralf Müller-Schmid, ich bin Redakteur für Medien und Wissenschaften beim Deutschlandradio Kultur hier in Berlin. Ich möchte mich bei Herrn Siebenhaar für die Gelegenheit bedanken, dieses Panel moderieren zu dürfen. Ich habe heute schon viel über das Bild der Wissenschaft über das Fernsehen gelernt. Man freut sich als Radiomensch, wenn man so etwas hört. Ich glaube, wir sollten keine Sekunde mit langen Vorreden verschwenden und gleich dort anfangen, wo Marc Prensky den Ball jetzt sehr weit in die gegnerische Hälfte geschossen hat. Zu unserem Thema. Anknüpfend an den „ökonomischen Kämpfer“, der sich wie im Egoshooter „Warcraft“ das Reich der Mikroökonomik erobert hat, möchte ich gleich an Herrn Schremper die erste Frage richten, der mit scoyo eine interaktive Bildungsplattform in den digitalen Orbit „schießt“. Können Sie sich vorstellen, auch in dieser Art und Weise zu arbeiten, wie sie Mister Prensky hier sehr pointiert dargestellt hat? Ralf Schremper: Ja absolut. Wir haben heute ja gesehen, wie die Kinder, die hier scoyo getestet haben, „engaged“ waren. Vielleicht sind die deutschen Kinder nicht so emotional wie die amerikanischen in New York, aber genau den Weg, den Marc Prensky aufgezeigt hat, versuchen wir zu gehen. Dies mit der Besonderheit, dass wir unseren Content curriculumbasiert aufbauen und die Lücke, die Herr Prensky auch auf seinem letzten Slide gezeigt hat, anfangen zu schließen. In der Tat, wir haben auch ein 3DSpiel im Geschichtsumfeld produziert und testen es gerade. Müller-Schmid: Und da schießt sich jemand den Weg zum Wissen frei? Schremper: Nein, da schießt keiner, sondern sammelt Dinge und beantwortet Fragen. Müller-Schmid: Ich könnte mir vorstellen, dass solche Formen der „Egoshooter-Engines“, mit denen Marc Prensky auch eines seiner bekanntesten Bildungsprogramme produziert hat, im Kreise der Bildungspolitiker nicht unbedingt als ein idealer Zugang zu videogestützter Bildungsvermittlung angesehen wären. Merken Sie im Umgang mit Bildungspolitikern die Skepsis, die allem Digitalen, allem Game-basierten entgegenschlägt? Schremper: Es gibt immer wieder solche Wellen. Wir haben es heute schon gehört,

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Diskussion 2

BRAINGAME: ZUKUNFTSWEISENDE WISSENSVERMITTLUNG


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dass zunächst in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Comics verdammt wurden, später war es dann das Fernsehen. Ich glaube, das ist eine ganz normale Diskussion. Das ist bei jedem neuen Medium so. Und genauso wie es eine Übertreibung an Euphorie zu Beginn gibt, gibt es dann eine starke Untertreibung an der Sinnhaftigkeit dieser neuen Medien. Und irgendwann kommt man dann auf ein normales Niveau, und ich glaube im Bereich der Online-Bildung machen wir gerade die Schritte in die Normalität. Marc Prensky: If I can just add three short things: First, Socrates was against writing because Socrates said people will lose their memories. So people are always fighting the next technology. Secondly the engagement didn't come in that math game that I showed until they added the competition part. That is really what got the kids working on it. And the third is: One time I made a game for bankers and they raised Dr. Ralf Schremper, Prof. Dr. Peter Vorderer und the same question: would it be a Miriam Grochowski (von links). first person shooter. I like your term Ego Shooter, because we like to shoot peoples egos in the States, but what the lawyers finally helped us to come up with the head of the banks lawyers, he said “why don't we just shoot ideas out of our cell phones?”. And that was the game. So it doesn't have to be about hurting people. It just has to be the same principle of zapping things but it doesn't have to be negative and killing, blood and those kind of things. Müller-Schmid: Herr Vorderer, wie stellt sich das aus der Sicht der empirischen Forschung dar? Funktioniert ein solcher Transfer wirklich? Kann man sagen: „Egoshooter“, „First-Person-Shooter“, das ist spannend, das macht Spaß, wir übertragen diese Form einfach auf Ökonomie, Mathematik und Geschichte und vermitteln, dass Bildung ganz viel Spaß macht? Peter Vorderer: Dass der Wettbewerb eine wichtige Kategorie beim Lernen ist und auch ein zentraler Faktor, damit die Spielenden Spaß haben, das ist schon richtig. Aber in der Diskussion werden zwei Dimensionen vermischt. Es gibt nämlich zum einen eine inhaltliche Dimension, und da können es sogenannte Egoshooter sein oder es können sogenannte Serious Games sein. Die andere Dimension bezieht sich hingegen auf die Form, in der ein Angebot präsentiert wird. Und das ist der entscheidende Punkt: „Egoshooter“ sind nicht erfolgreich darin, Schülern oder Lehrern etwas beizubringen, weil sie als „Egoshooter“ und mit einem bestimmten Inhalt daherkommen, sondern sie sind deshalb erfolgreich, weil es ihnen gelingt, sich an das Niveau und an die Fähigkeit des einzelnen Spielers optimal anzupassen. Das machen sie entweder automatisch, oder der Spieler kann selbst das „level of difficulty“, das Anspruchsniveau wählen. Das ist die entscheidende Größe. Es kommt nicht darauf an, ob da geschossen wird oder ob Autos verkauft werden, sondern es kommt darauf an, dass das, was

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gemacht wird, eine Herausforderung für den Spieler darstellt. Wenn keine Herausforderung da ist, passiert das, was auch in der Schule passiert: dass sich die meisten langweilen. Wenn die Herausforderung indes zu groß ist, dann sind viele verängstigt und schalten ab bzw. beschäftigen sich mit anderen Dingen. Weil ein digitales Spiel im Gegensatz zu herkömmlichen Lehrmethoden die Möglichkeit hat, sich an das Anspruchs- und Leistungsniveau des Einzelnen anzupassen, wird es als Herausforderung begriffen. Das Problem ist, dass dies bisher in erster Linie mit gewalttätigen Inhalten verknüpft wird. Deshalb haben wir – insbesondere in Deutschland – auch eine Diskussion über die unbestreitbare Gewalt in den populärsten Spielen. Die Aufgabe für Serious Games besteht eigentlich darin, diese Lernprinzipien auf andere Inhalte zu übertragen und sie mit anderen Inhalten zu füllen. Schremper: Es entspricht genau unserer Erfahrung, dass das Trägermedium gar nicht entscheidend ist, sondern die Diskussion zunehmend um die Inhalte geht. Diese Spiele haben einen großen Vorteil, den wir noch nicht diskutiert haben, nämlich das mit den Spielen verbundene „Story Telling“. Es ist, glaube ich, ziemlich nachvollziehbar, dass man sich die Dinge so sehr viel leichter merken kann. Bei den empirischen Tests, die wir durchgeführt haben, um herauszufinden, wieviel Kinder denn überhaupt damit lernen können, war das ein ganz wesentlicher Aspekt. Die Menschen stellen sich Dinge einfach multimedial vor – wir wissen, dass es textuelle, audio-orientierte und visuelle Menschen gibt. Wenn man möglichst viele Dimensionen zusammenbringt, ist die Chance, das Personen in der Masse lernen, höher, als wenn man es nur auf einen einzigen Kanal reduziert. Müller-Schmid: Herr Wagner, ich möchte noch einmal unser Lieblingsthema „Spore“, ein evolutionsbiologisches Spiel, was in diesen Tagen mit Sicherheit jeder vor Augen hat, aufgreifen. Nächstes Jahr ist das Darwin-Jahr, da wird von jedem Abiturienten, jeder Abiturientin erwartet, dass er/sie sich einigermaßen mit Evolutionsbiologie auskennt, und wenn ich mich recht entsinne, war „Spore“ auch ein Spiel, an das hohe Erwartungen geknüpft waren. Es basiert auf einem selbstorganisierenden Prozess, es hat eben nicht diesen Top-Down-Effekt, den Marc Prensky angesprochen hat, sondern es wird auf dem Level der „Community“ etwas organisiert, und insofern wird dort nicht von oben herab gelernt, sondern man organisiert sich, man tauscht sich aus und man versucht, in der Evolution die Nase ein Stück weit vorn zu haben. Funktioniert das so? Michael Wagner: Nicht so ganz. Wir haben uns intensiv mit der Frage beschäftigt, inwieweit solche Spiele im Unterricht einsetzbar sind. Wir leben in einer Informationsüberflussgesellschaft. Wir haben so viele Informationen, dass wir gar nicht mehr wissen, was wir damit machen sollen. Also ist das Letzte, was wir momentan brauchen, noch mehr Informationen, noch mehr „Content“. Was wir brauchen sind Kontexte, in welchen diese „Contents“ entsprechend aufgearbeitet und vermittelt werden. Da das die Kernkompetenz der Lehrer und Lehrerinnen ist, war für uns der Zugangspunkt zu schauen, inwieweit kommerzielle Spiele benutzbar sind, um derartige Kontexte herzustellen, mit denen dann die Lehrer in der Schule in ihrem regulären Curriculum Dinge umsetzen können. Damals bestand die Hoffnung, dass man „Spore“ unter anderem zur Demonstration evolutionärer Prozesse nutzen könnte. Das hat sich leider

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nicht in dieser Form bewahrheitet, weil der Prozess, der in „Spore“ durchlaufen wird, nicht wirklich einem klassischen evolutionären Prozess entspricht. Ein Punkt, der mir an dieser Stelle noch interessant erscheint – und dies wird oft ein bisschen überschätzt – ist, wie der Transfer vom Spiel in die Wirklichkeit passiert. Auch in Deutschland beobachte ich oft, dass man sagt: da wird „Counterstrike“ gespielt und automatisch wird alles transferiert. Das ist nicht der Fall. Dieser Transfer ist viel komplizierter, als wir uns das überhaupt vorstellen können. Es war für uns damals sehr erfrischend zu sehen: wenn sich z.B. herausstellt, dass ein Lehrer ein gewisses Lernziel hat und dieses Lernziel just genau mit so einem Spiel vermittelbar ist, wird zumindest in Österreich der Einsatz desselben auch in Betracht gezogen. Gleichzeitig muss man natürlich auch sagen, dass man mit der Auswahl der Spiele sehr vorsichtig sein muss. Ich würde jetzt nicht einfach „Counterstrike“ verwenden, nur damit man ein Spiel verwendet hat. Das muss schon einen Sinn haben und wenn es einen Sinn hat, muss man sich natürlich auch nach seinen Alternativen fragen, denn man wirft damit natürlich viel mehr Fragen auf, als man beantworten kann. Insofern glaube ich, dass die Verwendung von kommerziellen Spielen bzw. spielerischen Ansätzen in Zukunft wichtig und eine sehr große Herausforderung für die Lehrer und Lehrerinnen ist. Es bringt aber die Lehrer und Lehrerinnen genau dort hin, wo sie herkommen, nämlich in die Kreation, die Erzeugung von Unterricht und Kontexten, in denen man Lernen kann, in denen man engagiert ist, in denen es Spaß macht zu Lernen und sich nicht mehr, so wie wir es in den letzten 20, 30, 50 bis 100 Jahren gehabt haben, im Herunterbeten von irgendwelchen Inhalten erschöpft. Prensky: Can I make one point about transfer? You are absolutely right, but we assume that anything is going to transfer and for most people who are not the very brightest people it doesn't. Nothing does. You have to make the explicit transfer as a skill and you have to teach transfer from whatever to whatever. So in the games we have to learn how to do that and build that in. I agree with you. Müller-Schmid: Frau Treese, wie sieht das aus der Sicht von Nintendo aus? Wir haben von beispielsweise „Commercial of the Shelf“ gehört, also von ganz normalen, im Handel erhältlichen Computerspielen, die dann zu Bildungszwecken umfunktioniert werden. Es gibt eben auch Projekte wie scoyo, die ganz gezielt der Bildung dienen sollen. Wo ist Nintendo da anzusiedeln? Versuchen Sie das, was Sie ohnehin schon machen, auf den Bildungsbogen aufzusatteln, oder gehen Sie andere Wege? Lea Treese: Ich habe schon nach der ersten Diskussionsrunde und den Fragen aus dem Plenum Angst gehabt, dass ich mich outen müsste, dass ich einem Wirtschaftsunternehmen angehöre, denn natürlich wollen wir Geld mit den Produkten verdienen, die wir verkaufen. Wir sind kein Bildungsunternehmen, und es ist auch nie unser Ansatz gewesen zu sagen, wir haben jetzt Bildungsprodukte, mit denen wir z.B. in Schulen gehen. Es kam auch schon die Thematik auf, wie man die Menschen dahin lenken kann, dass sie die „richtigen“ Inhalte lernen. Aus meiner Sicht, der einer Kommunikationswissenschaftlerin, muss man sich da die eigenen Grenzen aufzeigen. Die Menschen wollen sich nicht immer lenken lassen. Vielmehr lag für uns der Grund, neue Produkte zu entwickeln, die letztlich in Richtung Bildung gegangen sind, in den Bedürfnissen der Konsumenten.

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Müller-Schmid: Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen, wenn ich an den Wunschzettel meines fünfjährigen Sohnes denke.

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Treese: Es ist gar nicht mal der Fünfjährige, es ist vielleicht auch der imaginäre Wunschzettel des Opas gewesen. Wir sind ein japanisches Unternehmen, und in Japan ist uns der demographische Wandel, den wir auch in Deutschland erleben, zehn Jahre voraus. Nintendo hat festgestellt, dass in Japan der Markt begrenzt ist, das heißt, es

„Gehirnjogging“ durch Dialoge: Dr. Ralf Müller-Schmid, Prof. Dr. Michael Wagner, Dr. Ralf Schremper, Prof. Dr. Peter Vorderer und Miriam Grochowski (von links) im Gespräch. gibt irgendwann nicht mehr Leute die „Gamer“ sein wollen und deshalb hat man versucht, Erwachsenen-Zielgruppen für sich zu gewinnen. Darüber sind eigentlich erst die Inhalte in die Spiele hereingekommen. Das heißt, die potenziellen Konsumenten sind gefragt worden: warum spielt ihr nicht? Abgesehen von allen technischen Hürden war da ganz stark die Frage nach Inhalten, die Erwachsene, die ältere Erwachsene interessieren, die Frage nach einem Mehrwert – was in Deutschland auch immer sehr wichtig ist – und nach Kurzweiligkeit. Deshalb sind Produkte wie „Gehirnjogging“ auf den Markt gekommen: „Dr. Kawashimas Gehirnjogging“, das inzwischen recht bekannt ist, ist ein Titel, der eigentlich mit einem klassischen Videospiel bis auf den Spaß nichts mehr gemein hat. Und ich denke, das sollte man nicht außen vorlassen. Das Wort „Engagement“ ist jetzt sehr oft gefallen, und ich denke, Spaß ist doch die Basis des Ganzen. Ohne Spaß habe ich keinen Grund, mich einem Thema so lange zu widmen. Wir kommen somit von einer ganz anderen Seite. Für Erwachsene sind Videospiele interessant geworden, und auf einmal sprechen uns auch Lehrer an und sagen: unsere Kinder „daddeln“ doch sowieso auf dem Nintendo DS, vielleicht können wir dann auch mal ein Mathematiktraining oder Gehirnjogging in den Unterricht

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einbauen. Von daher ist es für uns eine ökonomische Entscheidung gewesen, also eine Entscheidung für das Wachstum der Firma, die Inhalte sind jetzt da und denen müssen wir uns jetzt stellen.

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Müller-Schmid: Frau Grochowski, bei Microsoft müssten die Dinge doch anders liegen, weil Microsoft ein Unternehmen ist, das immer schon mit Erwachsenen zu tun hatte. Warum jetzt das Interesse an Bildung bei diesem ja wirklich global angelegten Konzept Partners in Learning. Was steckt dahinter? Miriam Grochowski: Es gab mehrere Ansätze. Zum einen natürlich die gesellschaftliche Verantwortung, derer sich auch Microsoft bewusst ist. Microsoft will sich daher engagieren und weiß natürlich, dass es Software und Betriebssysteme auf den Markt bringt, aber warum sollte man nicht zeigen, worin die Mehrwerte dieser Technologien bestehen. Für uns ist der Bildungsbereich ein sehr wichtiger. Das weltweite Programm Partners in Learning ist entstanden, um bei Erwachsenen anzusetzen, nämlich bei den Lehrern, um ihnen die Kompetenz zu vermitteln, mit digitalen Medien umzugehen und dieses Wissen und die Kompetenz dann an Schüler weiterzugeben. Denn wir machen uns nichts vor: wenn der Lehrer nicht fit ist, digitale Medien im Unterricht einzusetzen, dann wird er es auch nicht tun, weil er die Angst hat, dass der Schüler per se fitter ist. Das ist eine sehr große Herausforderung, weil wir natürlich sehen, dass Lehrer zum einen im Durchschnitt eher älter sind. Wir haben es nicht mit den jungen, gerade von der Universität gekommenen Referendaren oder jungen Lehrern zu tun. Zum anderen herrscht heutzutage noch die Mentalität einer geschlossenen Klassentür: Keiner möchte sich eigentlich hinter die Tür schauen lassen. Deswegen haben wir verschiedene Programme initiiert. Zum einen eine Plattform für Lehrer, auf der wir informieren, wie man Technologien im Unterricht einsetzen kann, und zwar auch spannend einsetzen kann, so dass auch für den Schüler wieder der Spaß kommt. Denn wir wissen ja – die Studien kennen Sie alle –, dass digitale Medien ein ergänzendes Medium sind. Müller-Schmid: Wie sieht das konkret aus, wenn Sie versuchen, mit einem Lehrer einer deutschen Schule Kontakt aufzunehmen. Da können Sie ja nicht einfach mit ein paar Microsofttragetaschen hereinspazieren und sagen, sie möchten gerne zum Direktor. Grochowoski: Das kommt immer auf das Programm und die Initiative an. Wir gehen manchmal sogar den Weg über das Ministerium, welches uns Schulen vermittelt, aber interessanterweise kommen auch sehr viele Schulen auf uns zu. Einige sind schon sehr innovativ und sagen, sie würden gerne einmal etwas von ihrer Arbeit im Unterricht zeigen, um andere Lehrer auch daran teilhaben zu lassen. Wir nutzen dann diese Gelegenheit natürlich, um Referenzstudien anzufertigen, die wir dann auf unseren Online-Plattformen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Müller-Schmid: Herr Schremper, kommen die Lehrer auch auf Sie zu? Schremper: Wir sind jetzt schon in Gesprächen mit vielen Lehrern. Insbesondere auch deswegen, weil ein Großteil des „Content“, den wir erstellen, in Kooperation mit

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Müller-Schmid: Wobei das natürlich etwas zu harmonisch klingt. Wir haben ja in dem ersten Panel ein paar Zahlen darüber bekommen, wie groß die digitale Kompetenz der deutschen Lehrer und Lehrerinnen ist. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, befinden sich da ca. 40 % auf relativ dickem Eis, während sich die anderen eher unsicher fühlen. In Großbritannien sind es dagegen 60 %, die man als digital kompetent bezeichnen würde. Schremper: Das ist aber typisch für den Unterschied UK und Kontinentaleuropa. Wir haben in vielen Studien gesehen, dass das ganze Internetthema – und zwar in der Breite der Gesellschaft – in UK sehr weit voran geschritten ist. Von daher ist überhaupt nichts Spezifisches in dem Verhalten von britischen Lehrern zu deutschen Lehrer, sondern es ist letztlich der grundsätzliche Unterschied zwischen UK und Kontinentaleuropa. Müller-Schmid: Trotzdem, ich will da nachhaken, ist es nicht auch so, dass mancher Lehrer, der dann gerade so eine Präsentation oder eine Bildungswebsite sieht, denkt: die sägen ja an dem Ast, auf dem ich sitze. Herr Vorderer, wie ist das, dieser Eindruck liegt doch wirklich nahe? Vorderer: Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Ich habe vorhin in der Pause mit dem Kollegen Issing von der Freien Universität Berlin gesprochen. Da er es viel besser einschätzen kann als ich, glaube ich ihm, wenn er feststellt, dass die LehramtsStudierenden viel zu wenig Berührung mit dieser Thematik haben. Sie gehen in den Lehrerberuf und wissen viel zu wenig davon. Und ich halte es schon für problematisch zu sagen, man überlässt es dann den Schülern, ihre Mitschüler auszubilden. Ich glaube, da muss etwas getan werden, und das betrifft dann tatsächlich vor allem unsere Ausbildungsinstitutionen und unsere Studiengänge. Dass dies bisher so eine geringe Rolle gespielt hat, ist ein großes Problem für die Lehrer. Ich glaube gar nicht, dass es darum geht, dass die Lehrer wissen müssen, was im Detail passiert, sondern dass sie grundsätzlich eine offene Einschätzung und Haltung dazu entwickeln müssen. Ich glaube, dass Lehrer erkennen sollten, dass es sich hier um ein mehrschichtiges Phänomen handelt. Ein Beispiel: Ich habe immer das Gefühl, ich gehe auf zwei Arten von Tagungen. Auf der einen Art Tagung höre ich immer, dass die Spiele der Untergang des Abendlandes sind. Auf der anderen Art Tagung höre ich, dass die Welt eine viel bessere wäre, wenn alle spielen würden. Die Realität ist mit Sicherheit komplexer, komplizierter und eben vielschichtiger, weil in bestimmtem Maße beides zutrifft, beides aber auch nicht absolut gültig ist. Schremper: Aber es spricht doch viel dafür, dass letztlich Medienkompetenz ein ganz normales Standard-Lernfach im Curriculum wird. Vorderer: Da muss man vielleicht noch etwas zu Medienkompetenz sagen. Das war mir vorhin auch ein wenig zu verkürzt dargestellt: Medienkompetenz wird gerne ein bisschen betrachtet als: den Kindern beibringen, wie sie mit den Geräten umgehen sollen. In der Pädagogik, das sage ich als Außenseiter, liegt die Diskussion um

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Lehrern erstellt wird. Sie sind für uns ein ganz integraler Bestandteil unserer ContentWertschöpfungskette.


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Medienkompetenz inzwischen an ganz anderer Stelle: darum geht es gar nicht mehr, die Schüler können das schon lange. Dass die Kinder in der Regel besser und geschickter mit den Medien umgehen können als die Eltern, das ist nichts Neues. Deswegen spielen in der Medienpädagogik und in der Medienkompetenzforschung ganz andere Dinge eine Rolle, über die wir uns Gedanken machen müssen und die wir den Kindern und Jugendlichen vermitteln müssen. Wo sind an ihrer Stelle Begrenzungen, wo sind sie bereit, Kontrolle abzugeben, wo sind sie dann aber auch wieder in der Lage, die Kontrolle wieder herzustellen? Da kommen wir zum Thema der Abhängigkeit z. B. von „Online Games“. Es gehört zur Medienkompetenz dazu, dass man weiß, dass man irgendwann wieder aufhören muss. Genau wie es zu Medienkompetenz dazugehört, den Konsum auch genießen zu können. Jemand, der weiß, man könnte irgendwann davon süchtig werden und deshalb nach einer halben Stunde wieder aufhört, ist für mich nicht medienkompetent. Vielmehr muss der- oder diejenige wirklich lernen, was es bedeuten kann, das Spielen zu genießen, es zu erfahren, dieses Engagement zu erleben, sich dann aber in einer anderen Situation auch wieder da herauszunehmen. Das vermitteln wir meiner Ansicht nach nicht. Es ist nicht damit getan, den Kindern zu sagen, es gibt diese und jene Spiele und da drückt man diesen Knopf und da drückt man jenen Knopf, denn das wissen sie besser als wir. Müller-Schmid: I have another question to Marc Prensky: in your talk you imply a very strict contradiction between top-down-teaching and bottum-up-experience in gamebased-learning. And I wonder and I am sure, that the kids like that very much, but where is the place for the teachers in that picture? Prensky: Oh the place for the teachers is very important. Because it is not top-down or bottom-up, it is a balance of the two. And we will only succeed if each does, what he

„… it is a balance“: Marc Prensky erläutert seinen Standpunkt.

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Vorderer: Plus it is not only the teacher and the student; you can also have different levels of teachers and different levels of students. I was teaching a class at USC last summer, which was a PhD class in combination with a BA class. Both classes were dealing with video games. The bachelor students were better than the PhD students in knowing games and Prof. Dr. Peter Vorderer, Miriam Grochowski, working with them. The PhD stuLea Treese und Marc Prensky (von links). dents knew better how to run a study on games. But they had to ask the bachelors students, which games would be appropriate and what´s new on the market and what to do with these. And the bachelor students could learn from the PhD students how to do research. And this can also happen at a High School. You often do have different levels of expertise among your students. It is not a binary thing of a senior teacher who knows everything, and a student who is supposed to learn it all but who in fact already knows so much already. You do have people with different levels and different dimensions of expertise and they need to be brought together. I like Marc Prensky’s idea very much. Müller-Schmid: Herr Wagner, am Schluss hatten wir den Eindruck, dass es im Grunde schon für jeden Lebensbereich bis hin zur fröhlichen Empfängnisverhütung das passende Videospiel gibt. Wir haben also schon sehr viele Spiele, und es werden immer mehr, aber haben wir auch gute Spiele? Sind die Videospiele denn wirklich schon so gut, dass sie Ideen und Praktiken überbieten, die wir in der Bildung seit mehr als 200 Jahren – spätestens seit Humboldt – entwickelt haben? Wagner: Das ist eine schwierige Frage, wir haben sicher jede Menge sehr gute Spiele, das ist überhaupt keine Frage, und wenn sich jemand die Mühe macht, und das ist mühsam, wirklich für einen bestimmten Unterrichtsgegenstand oder für ein bestimmtes Lernziel nach Spielen zu suchen, dann wird er in der Regel fündig werden. Aber es ist wie bei jedem anderen Medium auch, die Qualität der Angebote – es sind nicht nur gute Spiele da. Also ich weiß nicht, ob ich das hier so sagen darf, aber ein Kollege hat einmal gesagt: „Jede Generation hat ihr Recht auf ihre Scheiß-Musik“. Es ist einfach vieles auch schlecht, und es wird auch genutzt, weil es schlecht ist. Das ist aber nicht ein Fehler des Mediums, sondern das liegt in der Natur des Menschen.

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or she does best. The students use the technologies very well. We don't have to teach them and in many ways we can't. It is just like a film critic or a book critic can teach us about literature or about film without knowing how to make a film. The teacher does not need to know how to use the technology unless they want to, they need to know what it can do and so in partnering with the students. The student is the active doer but the teacher is the thinker, reflector, context giver, quality provider, that is a much better role I think for a teacher than to be the talker.


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Und insofern würde ich sagen, Lehrer und Lehrerinnen, die das einsetzen wollen, werden hundertprozentig fündig werden. Das haben wir gesehen. Das ist nicht immer leicht, manchmal ist es ein bisschen schwieriger, manchmal ist es ein bisschen leichter. Aber es gibt wirklich genug sehr gute Spiele.

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Treese: Wir reden im Moment über den Inhalt der Spiele, und ich finde das ganz spannend, da wir durch den Inhalt der Spiele lernen. Vielleicht kann man über Spiele, Com-

Zuhören, mitdenken, weiterdenken: Das Publikum des zweiten Diskussionsrunde. puterspiele auch noch etwas anders lernen? Wir sitzen ja auf dem Social Learning Summit, und die Frage ist: muss es denn wirklich darum gehen, Curriculumsstoff aus der Schule abzubilden, oder können die Schüler nicht auch etwas ganz anderes lernen? Heute morgen waren ja auch die Kinder da, und ich denke, für sie war nicht nur wichtig, die Inhalte dieser Software kennenzulernen, vielmehr war der Austausch mit den Erwachsenen auch deswegen so angeregt, weil die Kinder wahrgenommen worden sind. Wagner: Das muss ich klarstellen. Es geht nicht um Curriculumsinhalte, sondern es geht um ganz andere Typen von Kompetenzen, die auch Marc Prensky sehr eindringlich beschrieben hat. Wir haben festgestellt, dass die Spiele sich in erster Linie, und zwar fächerübergreifend, einsetzen lassen, wo es wirklich um soziale Kompetenzen geht. Und weil wir gerade auf dem Social Learning Summit sind: es hat sich gezeigt, dass durch den Einsatz von Computern soziale Kompetenzen sehr stark gefördert werden können, wenn sie richtig eingesetzt werden. Ich stimme Ihnen vollkommen zu und es würde mir leid tun, wenn der Eindruck entstanden ist, dass es darum geht, Inhalte zu vermitteln. Ich glaube, es geht wirklich darum, Skills zu vermitteln. Die Inhalte heutzutage sind überall vorhanden. Die brauchen wir in der Schule nicht mehr

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zu vermitteln. Was wir brauchen sind die Skills, dass wir in unserer Gesellschaft mit Inhalten auch umgehen können und auch ganz andere Fähigkeiten. Dafür sind die Spiele gut.

Müller-Schmid: Ich will den Bogen noch ein wenig weiter spannen. Herr Schremper, wie betreiben Sie Qualitätssicherung? Wie man die Qualität der Lehre an Schulen und Hochschulen sichern kann und wie man überhaupt in die Klassenzimmer hereinkommt, ist in der analogen Bildung ja im Moment ein großes Thema. Man sollte meinen, auf einer Website ist das ganz einfach: die können immer alle ansehen – aber natürlich ist das nicht wirklich so. Daher noch einmal die Frage: Qualität im Bildungsinternet, wie lässt die sich sichern? Schremper: Fast genauso wie bei sonstigen Bildungsmedien. Wir hatten heute bei der ersten Podiumsdiskussion den Eindruck – zumindest wurde dieser kreiert – es würden in der Schule nur öffentlich-rechtliche Güter gehandelt werden, das ist natürlich nicht so. Fast alle Lernmaterialien, die in Schulen verwendet werden, werden von privatwirtschaftlichen Unternehmen erstellt, inbesondere Bildungs- oder Schulbuchverlagen. Müller-Schmid: Aber sie – die Bildungsmedien – werden von einer Behörde beurteilt. Schremper: Sie werden von einer Behörde beurteilt, weil sie in der Schule eingesetzt werden, das ist richtig. Bei uns ist es so: wir haben einen Inhaltserstellungsprozess, der sich auf zwei Ebenen abspielt. Wir haben festgestellt, dass die Entertainmentkomponente grundsätzlich von anderen Leuten gemacht werden muss als die curriculumsnahe Komponente, weil es einfach sehr unterschiedliche Skills sind. Wir versuchen, die beiden Stränge zusammenzuziehen. Wie ich vorhin schon gesagt habe, machen wir das im Wesentlichen gemeinsam mit den Lehrern und lassen uns von ihnen die Reviews erstellen. Müller-Schmid: Frau Grochowski, wie ist das bei so einem Global Player wie Microsoft? Softwarefirmen wissen, dass es unterschiedliche Urteile über Produkte gibt. Es gehört zum Teil auch zum Charme von Software dazu, dass der eine sie fürchterlich findet und der andere sie liebt. Aber in Bildungsangelegenheiten sind offenbar robustere Standards gefragt. Jetzt wollen sie ein „Global Network“ in Education aufbauen, aber in Japan sehen die Dinge doch anders aus als in China, Südamerika oder Europa; lassen sich die pädagogischen Anforderungen überhaupt über einen Kamm scheren? Grochowski: Da muss ich ganz offen mit Jein antworten. Wir sind ein weltweites Programm, und wir haben Programme und Projekte, die in 101 Ländern umgesetzt werden, aber jedes Land muss das Programm natürlich an die lokalen Begebenheiten anpassen. Sicherlich hat Deutschland ganz andere Anforderungen als z.B. UK, obwohl es nicht sehr weit weg ist. Dennoch müssen wir an einer Stelle sehr viel sensibler vorgehen als in anderen Ländern, auch mit der Ansprache von Lehrern, mit Projekten, die wir beispielhaft umsetzen, mit den Impulsen, die wir geben. Wir müssen sehr eng mit

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Treese: Ich hatte Sie nicht falsch verstanden, ich wollte nur den Bogen ein wenig weiterspannen.


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Lehrern zusammenarbeiten, denn das sind die härtesten Kritiker. Deswegen ist es für uns so wertvoll, die Impulse aufzufangen, die von den Lehrern selber kommen. Zum Beispiel wenn sie sagen: wir machen hier ein ganz innovatives Projekt, mit dem wir große Lernerfolge erzielen – vielleicht auch einmal einen ganz anderen Ansatz als normal im Unterricht üblich wählen – und wir würden Ihnen das gerne einfach einmal vorstellen und es mit ihnen weiterentwickeln. Die Lehrer wünschen sich mithin Technologie und Expertise, die wir in dem Fall dann auch sehr gerne geben. Müller-Schmid: Ich hatte heute den Eindruck, dass ein wichtiges Kriterium für die Qualität von Unterricht und Lernen die Freude ist, die man daran hat. Was wir heute Morgen und auch in den Bildern aus den Vereinigten Staaten gesehen haben, war überwältigend und nur wer Kinder hat weiß, dass es natürlich ein edler Traum ist, sich vorzustellen, dass sie so morgens mit der selben Geschwindigkeit in Richtung Schule los ziehen, wie sie sich hier auf die Computer gestürzt haben. Dürfen wir aber „Fun“, Unterhaltung und Bildung wirklich kurzschließen? Jeder von uns weiß, es gibt bestimmte Inhalte, die sind schwierig, die sind hart. Glauben Sie wirklich, dass es möglich ist, sozusagen über einen neuen formalen und technologischen Zugang diese Hürden zu nehmen und dann nur noch glückliche Schüler zu haben? Prensky: One of the metaphors that I think we can use to your question is, that these games are in a sense intellectual sports. And we all have a sense of how sports are learned individually in groups. Sometimes hard practice, sometimes certainly a lot of coaching. But often people really want to do sports and they really have enthusiasm and want to do it. So I think it is a good metaphor to use for these kind of games. We should set goals. One of the differences between games and education are the goals that students have. Education we say: learn the material, master the subject, understand. In Games we say: be a hero. Be a hero, do something good. Help yourself, help the world, help your friends. We need to find “be a hero“-goals for education. And one of the ways through which it is possible to do it, is through the games. Müller-Schmid: Herr Vorderer, in den USA begegnen wir einem Modell von Bildung, das sehr stark über Wettbewerb und Differenz läuft, hierzulande ist dagegen einer der stärksten Ansprüche an Bildung, dass sie „Gleichheit“ ermöglichen soll. Wenn man es auf Seiten der USA so darstellt, dann passen auch die „Egoshooter“ sehr gut ins Bild, denn man will Erster sein, man will Bester sein und Bester sein wollen heißt, es gibt eine Nummer zwei, drei bis hin zum letzten. Das passt nicht so richtig hierzulande in unsere egalitäre Auffassung dessen, was wir von Bildung erwarten. Vorderer: Das passt auch nicht in die Kultur: Ich glaube nicht, dass man hier erfolgreich mit einer Aufforderung „be a hero“ wäre. Mit den „Heros“ haben wir ja so unsere Probleme in Deutschland, und das aus guten Gründen. Aber das dahinterstehende Problem ist ein viel grundsätzlicheres. Alle Kinder, ob in Amerika oder in Europa, wachsen im Prinzip die ersten Lebensjahre ohne eine Trennung zwischen Fun, Entertainment, Engagement und Lernen auf. Das ist für Kinder in den ersten Jahren das Gleiche. Sie haben Spaß, weil sie lernen und sie lernen darüber, dass sie Spaß haben. Es sind schon unsere Bildungsinstitutionen – in Europa mehr als in Amerika, aber in

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Amerika eben auch – die das ganze sozusagen fein säuberlich trennen. Wir sagen: hier ist das, was du machen musst und hier ist das andere, was du machen darfst, wenn das, was du machen musst, erledigt ist. In der Psychologie sprechen wir von einer „Overjustification“. Es gibt die intrinsische Motivation, etwas zu machen, was einem Spaß macht. Muss man es aber machen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen und nicht mehr nur aus freien Stücken, dann macht es auf einmal weniger Spaß. Und das ist die Situation, die wir haben. Ich kann mich noch gut an meine Schulzeit in Deutschland erinnern, als ein Roman, den ich wirklich geliebt habe, im Deutschunterricht besprochen wurde. Da hatte ich dann keine Lust mehr, ihn zu lesen. Und so ein bisschen ist das in fast allen Bereichen. Ich glaube, dass tendenziell Unterschiede zwischen den USA und Europa existieren, aber sie sind nicht so dramatisch. Ich lebe zurzeit in den Niederlanden, und meine 13-jährige Tochter lernt Lateinvokabeln, und es gibt sicherlich Spannenderes, als Lateinvokabeln zu lernen. Sie lernt sie über ein Spiel, das von der Schule angeboten wird und das einbezieht, wie viele Fehler sie macht. Die Zusammenstellung der neuen Vokabeln richtet sich danach, wie gut sie in der Abfrage war. Das sind intelligente Systeme, die auch auf den Lernfortschritt des Einzelnen individuell und speziell reagieren. So macht es Spaß. Prensky: May I just defend my country again. I can understand what you say about America. The kind of competition that we are often talking about is not one to three – it’s your personal best, it’s a competition against yourself and this I think, is what education should be about. Which is helping each student to reach their potential, which won't be equal for everybody but whatever the highest that you could go is where you ought to be going and anything that pushes you to go further on your own to beat your personal best is a good thing. Vorderer: Spiele machen beides: sie geben Rückmeldung darüber, wie gut man im Vergleich zu anderen ist, und sie geben Rückmeldung darüber, wie gut man im Vergleich zu sich selbst zu einem früheren Zeitpunkt ist. Prensky: Absolutely. Müller-Schmid: Herr Wagner, das große Wort von Friedrich Schiller „Der Mensch ist nur da Mensch, wo er spielt, nur da ist er ganz Mensch“. Haben Videospiele das Potenzial, dieses klassische Ideal einzulösen, diesen eigentümlichen Widerspruch zwischen Mühe und Freude am Lernen zu nivellieren? Wagner: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich denke, dass diese ganze Diskussion um die neuen digitalen Medien uns zumindest klarzumachen beginnt, dass die fundamentale Interaktionsform des 21. Jahrhunderts das Spielen ist. Es ist nicht immer so sichtbar wie bei Computerspielen; es ist manchmal etwas versteckt. Ich habe in den Vereinigten Staaten einmal einen sehr interessanten Vortrag über „Serious Games“ gehört, über die Interpretation von „Wikipedia“ als „Massive Multiplayer Online Game“. Denn im wesentlichen hat es genau die gleichen Grundzüge wie ein „Massive Multiplayer Game“. Man sammelt Punkte als Editor, man schaut, dass man möglichst viele Seiten auf der Featureseite hat. Genau genommen, ist es im wesentlichen ein Spiel. Sehr viele Dinge, die wir heute machen, sind Spiele. Wenn sie eine Seite auf

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Facebook oder MySpace betreiben, dann ist dies in gewisser Weise ein Spiel. Es ist ein soziales Spiel, sie spielen mit anderen Leuten. Diese spielerische Form ist eine ganze zentrale Interaktionsform, die über diese neuen Medien jetzt plötzlich ganz massiv in die Gesellschaft hereinbricht. Und das hat sicher auch damit zu tun, dass die Gesellschaft selbst noch gar nicht wirklich erkannt hat, wie diese digitalen Medien anzuwenden sind. Häusiger hat vor hundert Jahren geschrieben, dass Kultur aus dem Spiel entsteht und dieses Spiel kann jederzeit wieder vollständig ausbrechen. Und es bricht natürlich immer genau dann aus, wenn etwas Neues in die Gesellschaft hereingetragen wird, mit dem die Gesellschaft momentan noch nicht umgehen kann. Ich meine, dass es langfristig – ich weiß nicht ob die nächsten hundert oder zweihundert Jahre – aber zumindest die nächsten 20 bis 30 Jahre so weitergehen wird. Der Trend des Spiels wird sich verstärken und die Ideen der intrinsischen Motivation und des spielerischen Lernens, das was wir in der frühen Jugend machen, werden wir auch in das hohe Alter hinein tragen. Müller-Schmid: Ich möchte einem der Gastgeber, Herrn Schremper, die Gelegenheit geben, auf die nächsten zehn Jahre zu blicken. Was meinen Sie: wird uns in zehn Jahren eine Implementierung digitaler Technologien in den Schulunterricht gelungen sein? Schremper: Wenn man sich vergegenwärtigt, wie sich andere Medien über die letzten Jahrzehnte entwickelt haben, dann gab es immer irgendwann einen „Inflection-Point“ an dem sie plötzlich normal waren. Ob das jetzt in dem Fall digitale Medien in der Bildung, in der Schule, innerhalb von zehn Jahren möglich ist, oder sogar erst innerhalb von 20 Jahren, kann ich nicht sagen. Innerhalb von 20 Jahren bin ich mir ziemlich sicher. Vielleicht auch innerhalb von zehn Jahren, aber dass es kommen wird, ist völlig unstrittig. Fraglich ist nicht nur die Geschwindigkeit, sondern sind auch die Schmerzen, die man auf diesem Weg aushalten muss. Darauf bin ich gespannt. Ich glaube, wir sind gerade in der Phase, wo durch die Kritik an Computerspielen alles schlecht geredet wird und hoffe, ähnlich wie ich das für die Aktienmärkte hoffe, dass es bald wieder aufwärtsgeht. Müller-Schmid: Es bleiben auf jeden Fall Unsicherheitsmomente. Ich hoffe jedenfalls, da spreche ich für uns alle, dass wir diesen Weg möglichst schmerzfrei und genussvoll gehen. Publikum: Es gab vor ungefähr 15 Jahren ein Buch in New York von Perelman „Schafft die Schulen ab“, “School is out“ war der amerikanische Titel. Jetzt könnte man sagen: Spiele statt Schule. Ich hoffe aber nicht, dass wir das so verstehen müssen, sondern vielmehr, dass Spiele vielleicht eine Methode sind, Lernen in der Schule zu ermöglichen und mit mehr Spaß zu versehen. Denn es gibt ja seit Jahren schon Dinge wie projektorientiertes oder problemorientiertes Lernen, das nicht nur virtuell am Bildschirm vollzogen wird, sondern wo die Schüler selbst in Gruppen an den Gegenständen lernen können. Ich würde sagen, der Einsatz von Spielen ist eine Bereicherung, eine didaktische Methode, für die die Schule sicher offen ist. Wenn man zurückblickt: zu dem Zeitpunkt, als das erwähnte Buch erschien, hieß es noch, dass die Grundschule auf keinen Fall Computer braucht. Heute haben die Schulen alle diese neuen Technologien. Leider werden die Lehrer noch nicht alle entsprechend ausgebildet. Hier ist

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mit Sicherheit noch ein Defizit zu verzeichnen, aber ich glaube, man muss das Neue mit den bestehenden Methoden verbinden.

Vorderer: Da spielen verschiedene Dinge eine Rolle. Der neue „Hype“ kommt natürlich auch von denjenigen, die diese Inhalte zur Verfügung stellen. Ich finde es immer ein bisschen problematisch, wenn man so tut, als würde es in der Absicht geschehen, die Gesellschaft damit zu beglücken. Ich bin Ihnen für Ihre offenen Worte innerhalb dieser Diskussionsrunde dankbar. Sie wollen einfach Geld verdienen, deshalb haben wir diese Spiele und aus keinem anderen Grund. Wir haben überhaupt nur Spiele, weil das US-Militär sie entwickelt hat, und wir haben jetzt „Serious Games“, weil das USMilitär gemerkt hat, dass es damit unglaublich viel Erfolg hat. Wir denken jetzt sozusagen noch weiter und fragen, wie wir diese für andere Kontexte und für andere Absichten nutzen können. Ich möchte diesen Punkt nutzen, um die Diskussion ein bisschen zu öffnen. Sie scheint mir zu sehr auf die Schule konzentriert zu sein. Und zwar in Richtung auf die Frage, die Herr Schremper schon beantwortet hat, die Frage zu den nächsten zehn Jahren: Ich glaube auch, das es in der Schule so lange dauern wird, aber es wird andere Bereiche geben, da werden wir Entwicklungen viel früher sehen. Wenn man sich anguckt, was sich im Gesundheitsbereich im Moment tut, auch in Deutschland, in Europa und in Amerika sowieso, dann stellt man fest, dass die erfolgreichsten Interventionsmaßnahmen im Moment digitale Spiele sind. Und diese werden innerhalb kürzester Zeit – es wird keine zehn Jahre dauern – flächendeckend eingeführt werden, weil es einfach wesentlich effektiver und auch kostengünstiger ist. Und in Zeiten leerer Kassen wird sich dieses Angebot aus rein ökonomischen Grün-

Prof. Dr. Michael Wagner, Dr. Ralf Schremper, Prof. Dr. Peter Vorderer (von links).

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Müller-Schmid: Ich möchte das Statement zugespitzt als Frage an Herrn Vorderer weitergeben. Ist auch vieles am digitalen „Hype“ alter Wein in neuen Schläuchen?


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den verbreiten. Zum Beispiel in vielen anderen Ausbildungsbereichen. Es gibt so viele Berufe, bei denen man einen Großteil der Kompetenzen über Computerspielen lernen kann. Und das werden die Innovationsbereiche sein, die jetzt in den nächsten Jahren vorn an stehen. Die Schulen sind einfach ein bisschen langsamer. Das liegt natürlich auch daran, dass sie von konservativeren Behörden beaufsichtigt werden, die versuchen, sozusagen die Tore zu schließen. Treese: Ich glaube, es geht auch nicht darum, die Schule abzuschaffen. Wir sitzen ja nicht hier und propagieren das Video- oder Computerspielen rund um die Uhr. Ein Computerspiel ist eines von vielen Medien, die den Weg in die Schule finden und einfach eine Möglichkeit, den Spaß in der Schule zu erhöhen. Ich habe als Sextanerin mit dem Lateinlehrer Lehrer Wolfgang Aust nimmt Stellung. noch „Gaudeamus igitur“ gesungen und das war der Spaßeffekt. Vielleicht konnte man mich damals damit begeistern, die Schüler heute sicher nicht mehr. Ich musste im Lateinunterricht natürlich auch Vokabeln pauken, aber es gab eben diese kurze Phase des Singens, in der mehr Spaß mit dabei war. Auf eine solche Art lassen sich auch Videospiele in den Unterricht mit einbauen. Ich glaube, was Sie gesagt haben, Herr Vorderer, ist ganz relevant. Die Lebensräume zwischen Schule und außerschulischen Leben vermischen sich. Vielleicht wird die Schule ein bisschen lustiger und der Bereich außerhalb der Schule etwas ernster. Wir stellen jetzt schon fest, dass die Spiele im privaten Leben ernsthafter und dass Spiele mit Mehrwert gesucht werden. Es gibt Videospiele, die körperliche Ertüchtigung fördern, also bei denen man sich bewegen muss, um zu steuern, und die haben ihren Weg nicht nur in die Universitäten und Schulen gefunden, sie werden tatsächlich auch in Krankenhäusern eingesetzt, einfach weil sie eine extrem hohe Motivation bieten. Gerade kranke Patienten, die motiviert werden müssen, sich wieder zu bewegen, haben viel größere Ziele vor sich, wenn Sie in einem Videospiel ein neues Level erreichen müssen. Statt einfach nur den Schmerz im Arm zu spüren, wenn sie diesen 20-mal von hinten nach vorne bewegen sollen. Auch hier konvergieren Lebensräume. Prensky: The one thing that I would say: I totally agree with the gentleman who said, it is one method, and it is very important. But at the same time when I hear, when people who make comments like that, is because it is only one method I don't have to use it because I use other methods. So if you are saying it is one method and we should use it appropriately, I am with you. If you are saying it is one method and I think we have other ones so we don't really have to worry about this one, then I am not with you. Wagner: Ich fand die Frage extrem wichtig und gut und mir sind zwei Bemerkungen an der Stelle wichtig: Die erste Bemerkung ist, dass wir uns noch ein bisschen davon

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lösen müssen, dass Spiele rein digital sind. Man sieht ja auch schon an dem was Nintendo gemacht hat, dass das eigentlich nicht mehr der Fall ist. Es ist auch für einen Lernerfolg wichtig, dass Spiele in der Realität verankert sind. Spiele sind eben nicht nur digital. Der zweite Punkt, der mir wichtig ist, ist, dass wir uns von dem Mythos verabschieden sollen, dass man den Schülerinnen und Schülern ein Spiel in die Hand geben kann, und dann lernen sie es selbst. Diese Idee, dass wir Schule auf einer DVD oder Blueray schreiben, die man Kindern, wenn sie geboren werden, in die Hand drückt und ihnen mitgibt, das spielt ihr durch und dann seid ihr fertig, das ist nicht der Fall. Ganz im Gegenteil. Ich finde – und das zeigen uns auch die Beobachtungen – dass der Einsatz dieser komplexen didaktischen Methoden die Rolle der Lehrerin/des Lehrers eher noch verstärkt. Wir brauchen diese Prozessbegleitung. Lehrer werden also nicht abgeschafft. Publikum: Man kann das „Social Learning“ auf verschiedene Weise verstehen. Ist es einmal – das hatten wir auch auf dem ersten Podium – soziale Kompetenzen zu lernen? So verstehe ich es eigentlich nicht. Ist es zum zweiten das „sozial verträgliche Lernen“? Mich interessiert aber vor allem der Aspekt des sozialen Lernens in einer Gruppe. Und auch der Mehrwert der Gruppe. Das kam mir in der Diskussion bei den Spieleaspekten ein bisschen zu kurz. Auch umfeldbedingt denke ich sofort an soziale Software, Web 2.0 ist soziales Lernen. Es klang auch beim Nutzungsverhalten bei der ersten Keynote an. Vielleicht könnten Sie den Aspekt des „Social Learning“ noch etwas kommentieren? Schremper: Das ist eine ganz wichtige Frage: Was ist das soziale Lernen? Für mich sind es zwei Aspekte. Zum einen, dem Web 2.0 Gedanken folgend, die Tatsache, dass man durch internetbasierte Angebote in der Lage ist, die „Community“-Funktionalitäten zielorientiert einzusetzen. Also nicht nur zu versuchen, eine „Social Community“ nachzubauen, sondern sich zu überlegen, wo kann ich bestimmte Funktionalitäten von Web 2.0 nutzen, um diese letztlich in sinnvollem Lernkontext zu verwenden. Das zweite ist das Thema kollaboratives Lernen, wo man gemeinsam mit anderen Nutzern Aufgaben lösen kann. Da, glaube ich, ist der Markt heute noch relativ klein. Publikum: Ich bin lange Zeit Lehrerin gewesen. Ich bin mit Huizinga („Homo ludens“) im Studium groß geworden. Ich spiele selbst außerordentlich gerne und würde gern noch einen Aspekt betonen: Warum dauert es eigentlich in den Schulen so lange, um solche Medien zu nutzen? Das ist die schlichte Anfälligkeit der Medien. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Maschinen dauernd kaputt sind und wir haben keinen ordentlichen Support in den Schulen. Wir machen diese Erfahrungen eigentlich mit allen neuen oder irgendwann mal neugewesenen Medien. Das ist zum Beispiel auch der Grund, warum das Medium Film selten eingesetzt wird. Weil die Vorführgeräte immer noch dauernd ausfallen. Wie macht man sie störunanfälliger? Es ist kein Zufall, dass das Schulbuch überlebt, da kann ruhig mal jemand hineinschreiben, und alles Mögliche damit veranstalten, dadurch bricht der Unterricht nicht zusammen. Aber wenn irgend jemand anfängt, an den Steckern zu spielen und dieses oder jenes mit den Laptops zu probieren, dann fällt unter Umständen das Netz komplett aus und die ganze wunderbare Vorbereitung einer Unterrichtsstunde und die wunderbare neue Lehrerrolle findet sich an ihrem archaischen Anfangspunkt. Das heißt, man muss bei

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der Betrachtung dieser Frage schlicht und einfach sagen: Wenn man die neuen Medien mit all ihren Möglichkeiten für die Schulen nutzen will, muss man sich etwas einfallen lassen. Von daher glaube ich, muss man sehr stark in den Blick nehmen: Wie können diese Technologien tatsächlich auch für den Einsatz mit jungen Kindern in großen Lerngruppen praxistauglich gemacht werden. Wagner: Ich finde das eine sehr interessante Beobachtung und würde es gerne vor der Situation in der Universität rückspiegeln, in der es eine ähnliche Situation gibt. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass die Entwicklung des Einsatzes von Medien und speziell von neuen Medien eine sehr junge Entwicklung ist. Wir haben, zumindest in Deutschland, die letzten zehn bis fünfzehn Jahre erst wirklich richtig angefangen damit umzugehen. Wir haben in dieser Zeit die Personalstruktur, die wir dafür bräuchten, überhaupt noch nicht angepasst. Wir haben sozusagen – und ich rede von den Universitäten und Sekretariaten – noch eine Überversorgung von Personal. Das geht auf Zeiten zurück, wo jeder Professor seine eigene Sekretärin haben musste, damit sie seine Briefe schreibt. Die braucht sie heute nicht mehr schreiben, da er das alles per E-Mail erledigt. Und gleichzeitig ist der/die Professor/in mit neuer Technologie ausgestattet und hat ständig Probleme, weil sie nicht geupdatet und versorgt werden kann. Die gleiche Situation schildern sie aus der Schule, das leuchtet mir völlig ein. Ich kann mit neuen Medien und mit Spielen und Computern nicht arbeiten, wenn ich nicht mindestens das Personal habe, was damit umgehen und es aufrecht erhalten kann. Dass dieses Problem auftaucht liegt daran, dass dieser Prozess wahnsinnig schnell vonstatten ging. Jetzt erleben wir es als großes Problem und wir sind sehr behäbig, Personalstrukturen zu verändern. Wir bräuchten z.B. wesentlich mehr EDVPersonal in der Schule. Schremper: Oder man folgt dem amerikanischem Weg. Da ist es im Wesentlichen wieder auf die Verlage zurückverlagert worden. In den USA ist es so, dass die Schulbuchverlage, um überhaupt Schulbücher und Bücher verkaufen zu können, de facto die Infrastruktur mit anbieten müssen. Wagner: Und wenn Microsoft die Computer in ihre Schule stellen will, dann sollen sie auch dafür sorgen, dass sie laufen. Prensky: There is one other answer to that, which is to use the students - in the same way that we used to use the students to clean the blackboards, or to fix the chalk or to do anything else. They know how to do this and as much as I hear teachers say what you said what it breaks down, what do I do to solve that problem, I hear the students complain “I could fix that in one second if the teacher would let me“. So we have to balance again what the students can do and I think we should give them much more chance to be your partner, and then it would work. Müller-Schmid: Ich finde, wir sollten Marc Prensky mit seinem Optimismus hier das letzte Wort lassen. Vielen Dank für das Gespräch.

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MEDIEN BILDEN … EINE ZWISCHENBILANZ MIT AUSBLICK

Community.Floor

KLAUS SIEBENHAAR, RALF SCHREMPER

Wenn es stimmt, was der Philosoph Hans Blumenberg einst konstatierte, dass Bildung kein Arsenal, sondern ein Horizont sei, dann hat der SLS 08 in diesem Sinne Wege und Perspektiven aufgezeigt, die ins Offene weisen. Die Möglichkeiten der Wissensvermittlung im Zeichen von Computer, Digitalisierung und Web 2.0 sind so groß und weit, dass sie soziale Barrieren, festgefügte Bildungsmauern oder geschlossene Türen überwinden und öffnen helfen, so dass ungeahnte spielerische Zugänge und gemeinsames Lernen in webbasierten Communities – neue Horizonte also – aufscheinen. Die Impulse für die Bildungsdebatten und vor allem die konkrete Bildungsarbeit in den Schulen und zu Hause sind nachhaltig und außergewöhnlich stimulierend, denn das Lernen von Morgen beschränkt sich nicht mehr auf Klassenverbände oder individuelle Wissenshelfer, es wird als Social Learning die realen Bezüge um eine virtuelle Dimension bereichern, die an keinen Ort und keine Zeit gebunden ist und über das Spiel zu Wissen und Bildung führt. Der

Geselligkeit als Teil eines umfassenden Bildungs-Prozesses.

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Konzepte f端r das Lernen von morgen: Social Learning.

Kein Arsenal, ein Horizont: Der Social Learning Summit macht es vor.

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Community.Floor

Social Learning Summit (SLS 08) als diskursive, reflexive, aber auch spielerische und im besten Sinn „gesellige“ Veranstaltung will und wird Teil dieses umfassenden Prozesses sein, um Schüler, Lehrer, Produzenten, Wissenschaftler, Bildungspolitiker und Studenten eine Plattform zur Erprobung und zum Austausch zu bieten. Wiewohl jeder der Beteiligten um die gesellschafts- und bildungspolitische Bedeutung und Brisanz des Themas wusste, sind nur über diese Mischung aus Laboratorium und Akademie die gewünschten Lern-Förderergebnisse bei Schülern zu erzielen.

Wie geht Chemie? Die scoyo-Familie erklärt’s. Das konnte im ersten Versuch dem SLS 08 gelingen, weil alte und neue Medien, traditionelle Kulturtechniken und avancierte Kommunikationskulturen in der anregenden, besucherfreundlichen Atmosphäre des Deutschen Technikmuseums Berlin auf höchst produktive, spielerisch-anspruchsvolle Art und Weise zueinander gefunden haben. Es gehört zu den Anliegen der Initiatoren, dies multimedial zu bezeugen und allen, die nicht dabeisein konnten, etwas von dieser produktiven Stimmung zu vermitteln. Nicht zuletzt deshalb ist der erste Social Learning Summit sowohl im klassischen Medium des Buchs als auch als DVD, auf diversen Online-Plattformen und in Blogs facettenreich und authentisch dokumentiert. Die Zusammenarbeit mit Forschungsinstitutionen, den Schülern der Konrad Agahd Schule und der Rixdorfer Schule Neukölln mit Lehrern und Experten geht auf allen Kommunikationsebenen weiter, neue Schulen und Bildungsträger werden hinzukommen – die Social LearningCommunity wächst, denn der Community.Floor ist ein Bildungsspielplatz für alle!

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Bildung macht reich – das kann man gar nicht frßh genug lernen.

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Dar端ber reden: Der Community.Floor bietet reichlich Gelegenheit zum Austausch der Meinungen, oben: Till Walz und Bernd Otten.

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Marc Prensky im Gespräch mit Dr. Ralf Schremper und Dr. Gunnar Bender, unten: Dr. Martina Lucht im Gespräch mit René Meyer-Brede.

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Angeregte Unterhaltungen, von morgens bis Mitternacht: Die Teilnehmer des Social Learning Summit im Gespr채ch. Rechts Mitte: die scoyo-Mitarbeiter.

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Auch f端r das leibliche Wohl war gesorgt: Entspanntes Plaudern nach einer erfolgreichen Veranstaltung.

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Zum Ausklang: Zuhรถrer, Referenten, Organisatoren und Techniker beim Community.Floor.

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DIE REFERENTEN UND MODERATOREN

Dr. Steffen Damm Wissenschaftlicher Assistent Institut für Kultur- und Medienmanagement, Freie Universität Berlin Sylke Gandzior Fernseh- und Radiomoderatorin, Medientrainerin, Berlin Miriam Grochowski Bereichsleiterin Partners in Learning Microsoft Deutschland GmbH, Berlin Dr. Benjamin Jörissen Wissenschaftlicher Mitarbeiter Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Prof. Dr. Herbert Kubicek Wissenschaftlicher Direktor Stiftung Digitale Chancen; Professor für Angewandte Informatik, Universität Bremen; Geschäftsführer Institut für Informationsmanagement Bremen GmbH (ifib) Universität Bremen, Berlin/Bremen Dr. Michael Mangold Gründer und Leiter Institut für Medien, Bildung und Wirtschaft am ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe Dr. Ralf Müller-Schmid Redakteur Kultur und Gesellschaft, Deutschlandradio Kultur, Berlin Marc Prensky Autor, Game-Designer, New York Dr. Wolfgang Schulz Direktor Hans-Bredow-Institut für Medienforschung, Universität Hamburg Lea Treese Pressereferentin Nintendo Deutschland, Frankfurt a. M. Prof. Dr. Peter Vorderer Chair Department of Communication Science, Scientific Director Center for Advanced Media Research Amsterdam, VU University Amsterdam

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Prof. Mag. Dr. Michael Wagner, MBA Professor für Technologieunterstütztes Lernen und Multimedia, Department für Interaktive Medien und Bildungstechnologien; Leiter Fachbereich Applied Game Studies, Donau-Universität Krems Die Herausgeber Prof. Dr. Klaus Siebenhaar Direktor des Instituts für Kultur- und Medienmanagement und der BerlinMedia ProfessionalSchool, Freie Universität Berlin Dr. Ralf Schremper Geschäftsführer scoyo GmbH, Hamburg

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Die Referenten

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DIE VERANSTALTER

BerlinMediaProfessionalSchool (BMPS) der Freien Universität Berlin Die BerlinMediaProfessionalSchool ist ein unabhängiges, transdisziplinär arbeitendes medienwissenschaftliches Kompetenzzentrum mit Einbindung in den universitären Kontext der Freien Universität Berlin, starker medienpraktischer Vernetzung und internationaler Ausrichtung am Medienstandort Berlin. Ein Kreis von medienwissenschaftlich forschenden und lehrenden Hochschullehrern der Freien Universität sieht sich dabei dem Dialog und der Diskussion zwischen Medienwissenschaft und Medienpraxis in besonderer Weise verpflichtet. Auf drei Säulen ruht deshalb unsere Schule der besonderen Art: 1) dem Forumsgedanken, wo mit und ohne Medienpartnern, Colloquium, Kongresse, Vorlesungsreihen oder auch nur Gesprächskreise zu relevanten Medienentwicklungsthemen den Schwerpunkt bilden; 2) dem Forschungsgedanken, den angewandte Forschungsprojekte in transdisziplinären Teams und im Verbund mit anderen Universitäten, für Verbände oder die Medienwirtschaft einlösen werden; 3) dem Fördergedanken, der sich vor allem auf den wissenschaftlichen Nachwuchs einschließlich qualifizierter Masterstudenten der unterschiedlichen etablierten Studiengänge konzentriert. Über so genannte Masterkollegs mit speziellen Schwerpunktthemen, mittelfristig auch über ein Graduiertenkolleg sollen sie an die medienwissenschaftliche Praxis herangeführt werden. In der Einheit von Bildung und Ausbildung begründet sich deshalb eine zentrale Leitidee der BMPS. Das schließt ausgewählte Aspekte der Weiterbildung für spezielle Zielgruppen ein. Kontakt: Freie Universität Berlin BerlinMediaProfessionalSchool (BMPS) c/o Institut für Kultur- und Medienmanagement FB Philosophie und Geisteswissenschaften Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin Koordination: Diana Düver Ass. jur., M.A. E-Mail: bmps@ikm.fu-berlin.de www.bmps.fu-berlin.de

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Die scoyo GmbH ist ein Tochterunternehmen der Bertelsmann AG und entwickelt eine Online-Plattform mit innovativen, digitalen Lernformaten. scoyo vermittelt Spaß am Lernen, weckt die natürliche Neugier der Kinder und motiviert sie, spielerisch die Welt des Wissens zu erkunden. Die Lernprogramme auf scoyo spiegeln die wichtigsten Schulfächer für die Klassen 1 bis 7 wider. Altersgerechte Animationen und Spielabläufe, die sich individuell den Bedürfnissen des Schülers anpassen, fördern die Aufmerksamkeit und das Erinnerungsvermögen. Während die Talente des Kindes verstärkt werden, kann scoyo bei schulischen Schwächen wertvolle Hilfestellung leisten. Die Lerninhalte vermitteln auf spielerische Art neue Erkenntnisse und vertiefen bereits erworbene Fähigkeiten. Mit scoyo können Kinder außerhalb der Schule ihr Wissen auf die Probe stellen und erweitern. Dabei basiert der vermittelte Lernstoff auf den staatlich vorgegebenen Lehrplänen deutscher Schulen. Die Lernplattform entspricht inhaltlich wie didaktisch höchsten Ansprüchen. scoyo sieht sich als spielerische Ergänzung zum Schulunterricht, die Spaß macht und nachweisbar Erfolg bringt. Weitere Informationen über scoyo bieten die Internetseite des Unternehmens, sowie das Unternehmensblog: www.scoyo.de, www.scoyo.de/blog Was ist scoyo? > scoyo ist eine internetbasierte Lernplattform für Kinder von der 1. – 7. Klasse, die dem jungen User das Lernen neuartig vermittelt. > scoyo ist ein außerschulisches Förderungsangebot, welches sich am schulischen Lehrplan anlehnt. > Die Lerninhalte sind bundeslandspezifisch aufgearbeitet. > scoyo fördert die individuellen Talente der Kinder auf spielerische und interaktive Weise und hilft Wissenslücken zu schließen. > scoyo motiviert die jungen Nutzer spielerisch über ein Punktesystem. > scoyo bietet Lerninhalte für die Schulfächer Deutsch, Mathe, Sachkunde, Englisch, Chemie, Kunst, Biologie und Physik. Um die didaktische Qualität und die Zielgruppenrelevanz (Schulform und Altersstufe) der Lernspiele sicherzustellen, entwickelt scoyo die Inhalte in Zusammenarbeit mit anerkannten Universitäten und Experten. > scoyo hat eigene Charaktere und Comic-Welten entwickelt, um Wissensvermittlung in einer spannenden und unterhaltsamen Umgebung stattfinden zu lassen, in der Kinder sich wiederfinden und in der sie Spaß haben. > scoyo ist werbefrei und finanziert sich durch Abonnements. Kontakt: scoyo GmbH Stresemannstraßte 163, 22769 Hamburg E-Mail: presse@scoyo.com www.scoyo.de

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Die Veranstalter

scoyo GmbH Die neue Lernplattform für Kinder


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DIE SLS 08 PARTNER

klicksafe Initiative zur Förderung der Medienkompetenz Als deutscher Beitrag zum „Safer Internet Programm“ der Europäischen Union ist klicksafe die zentrale Anlaufstelle für all jene, die sich über einen sichereren Umgang mit dem Internet informieren möchten. Das Projekt bietet Eltern, Pädagogen und Heranwachsenden praktische Hilfestellung zum Surfen im Netz. Bereits bestehende Informationsangebote und Initiativen werden bundesweit vernetzt. Die Plattform informiert mit grundlegenden Infos und aktuellen Meldungen ausführlich über Sicherheitsthemen im Internet. Zudem erstellt klicksafe viele praktische Materialien (Flyer, Broschüren) und bietet Qualifizierungenfür Lehrer und Referent/innen von bspw. Elternabenden an. www.klicksafe.de

„Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“ Ziel der Bildungsinitiative „Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“ ist die Förderung der Sprachkompetenz von Vorschulkindern im Alter von vier bis sechs Jahren mit Hilfe moderner Medientechnologie. Die Kinder können mit Hilfe einer eigens entwikkelten Software spielerisch untersuchen, wie Schrift und Sprache funktionieren und sich zum Beispiel darin üben, Buchstaben mit bestimmten Lauten zu verknüpfen. Die Erzieherinnen werden für das Programm umfassend geschult. Hintergrund der Initiative sind die mangelhaften Sprachkenntnisse an Deutschlands Kindergärten und Schulen. Repräsentativen Untersuchungen zufolge weisen, in der Altersgruppe der 22 % der deutschen und 51 % der Kinder mit Migrationshintergrund Sprachprobleme auf. Da Sprachkompetenzen aber der Schlüssel für weitere Bildung sind, sind derartige Zahlen grade für ein Land wie Deutschland alarmierend, da die Bildung der Bürgerinnen und Bürger der Haupt-Wettbewerbsfaktor in einer globalisierten Welt sind. Deshalb hat Microsoft schon vor fünf Jahren die Bildungsinitiative „Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“, zur Förderung des Schriftspracherwerb bei Vorschulkindern, ins Leben gerufen. Die mehrfach preisgekrönte Schlaumäuse-Lernsoftware wurde hierbei in Zusammenarbeit mit dem Cornelsen Verlag, einem der führenden Verlage für Bildungsmedien in Deutschland erstellt. Prof. Barbara Kochan und Dipl. Päd. Elke Schröter von der ComputerLernWerkstatt (CLW) an der Technischen Universität Berlin haben als wissenschaftliche

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Experten das den Schlaumäusen zu Grunde liegende Konzept des entfaltenden Lernens entwickelt. Sie forschen in der CLW seit über 25 Jahren zum Thema frühkindlicher Schriftspracherwerb mit Hilfe des Computers. Seit Beginn an steht das Programm unter der Schirmherrschaft des Bundesfamilienministeriums – 2003 – 2005: Bundesfamilienministerin Renate Schmidt, SPD, seit 2006 Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Die Besonderheit der Software liegt in ihren multimedialen Möglichkeiten, die stumme Schrift zum Sprechen zu bringen und Geschriebenes vorlesbar machen. Die Software ist so gestaltet, dass schrifterfahrene und schriftunerfahrene Kinder gleichermaßen von den Lernspielen profitieren. Sie bietet Werkzeuge, mit denen die Kinder das Sprachmaterial selbstbestimmt untersuchen können, bevor sie sich für eine Lösung entscheiden. Durch den selbstbestimmten Gebrauch dieser Werkzeuge können die Aufgaben auf jedem Lernniveau bearbeitet werden, so dass die Kinder Lernfortschritte machen können. Hierbei vermittelt die Software das Verstehen von Alltagssprache und sachkundlichen Themen, Wortschatzerweiterung z.B. im Bereich Präpositionen, Farbadjektive, Natur/Umwelt, mathematische Begriffe, Verkehr; Verstehen und Unterscheiden von Lauten (Anlaute, Endlaute etc,; Reimwörter); Entwickeln von phonematischer Bewusstheit; Sprachverständnis; Anbahnung der Lautsynthese, erstes Lesen; Orthografisches Schreiben. Dass man vier bis sechsjährige Kinder tatsächlich spielerisch zum Lernen motivieren und ihre Sprachkompetenz entscheidend verbessern kann, zeigt der in diesem Jahr veröffentlichte Evaluationsbericht der Bildungsinitiative „Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“ im Raum Darmstadt. In über 86 Einrichtungen wurden die Erzieherinnen und Erzieher nach dem Nutzen und der Wirkung der Schlaumäuse-Lernsoftware befragt. Die Ergebnisse sind durchweg positiv: Denn sie belegen, dass die Vorschulkinder mit dem Lernprogramm nicht nur ihre Sprach- und Schriftfähigkeiten stärken konnten, sondern auch ihre Konzentration und ihre Medienkompetenz entscheidend gesteigert haben. Die Evaluation bestätigt: Die Schlaumäuse-Lernsoftware schafft eindeutig mehr Chancen für Vorschulkinder. Durch den großen Erfolg der Initiative ist die Zahl der Schlaumäuse Kindergärten mittlerweile weit über die 200, von Microsoft in der Pilotphase ausgestatteten Kindergärten, hinaus gewachsen, so dass Inzwischen bundesweit rund 60 000 Kinder in Kindergärten mit den Schlaumäusen spielen. www.schlaumaeuse.de

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Die SLS 08 Partner

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Das Projekt „Ein Netz für Kinder“ und fragFINN Das von der Bundesregierung im Mai 2007 initiierte Projekt „Ein Netz für Kinder“ hat eine große Gruppe von Gründungsmitgliedern aus Wirtschaft und Verbandsseite auf den Plan gerufen. Als Gründungsmitglieder haben sich AOL Deutschland Medien GmbH, Arcor AG & Co. KG, Bauer Verlagsgruppe, Cybits AG, Deutsche Telekom AG, 1&1 Internet AG, Egmont Ehapa Verlag, GMX GmbH, Google Deutschland GmbH, Lycos Europe GmbH, Microsoft Deutschland, O2 Germany, Ragnar Tessloff GmbH & Co. KG, Super RTL, Vodafone D2 GmbH und WEB.DE GmbH in einem Gemeinschaftsprojekt zusammengeschlossen, um gemeinsam mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. eine sogenannte Whitelist mit kindgeeigneten Inhalten zu erstellen. Als weiteres Projektmitglied unterstützt seit kurzem das Unternehmen Symantec (Deutschland) GmbH das Projekt. Mitgetragen wird das Projekt von vier Verbänden: Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V., ecoVerband der deutschen Internetwirtschaft e.V., Bundesverband Digitale Wirtschaft sowie dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM). Ziel der Projektpartner ist, durch die Schaffung und gezielte Förderung dieser Whitelist einen Bereich im Internet zu schaffen, der für Kinder unbedenklich ist und das leichte Auffinden interessanter und vielfältiger Inhalte ermöglicht. Kinder sollen durch ein umfangreiches kindgerechtes Angebot davon abgehalten werden, für sie ungeeignete Angebote aufzurufen und gleichzeitig mit Hilfe der positiven Angebote Medienkompetenz erwerben, indem sie einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit dem Medium erlernen und die Netzstruktur begreifen. Der Maßstab für die Aufnahme in die Whitelist soll ganz bewusst deren Unbedenklichkeit sein. Damit kann ein einfaches Prüfverfahren und ein schnellerer Ausbau des Surfraums erreicht werden. Die Whitelist wird auf der Projektwebsite fragFINN.de visualisiert und bietet Kindern mittels einer Suchfunktion die Möglichkeit, den kindgerechten Surfraum nach Interessenlage zu durchsuchen. Mit dieser gesamtgesellschaftlichen Initiative aus Politik und Wirtschaft soll das Vertrauen von Kindern, aber auch von Eltern und Schulen, in das Internet gestärkt werden. Die Kernzielgruppe des Projekts sind Kinder von 8 – 12 Jahren. Angestrebt wird dabei, die Whitelist so umfangreich aufzubauen, dass Kinder die Grenzen des Surfraums nicht spüren. Die Liste wird stetig erweitert, regelmäßig durch ein Team von Medienpädagogen überprüft und gepflegt.

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Mit Hilfe einer speziellen Kinderschutzsoftware bzw. anderen technischen Lösungen können PCs so konfiguriert werden, dass Kinder sich nur auf diesen überprüften Seiten bewegen können. Einerseits können die Unternehmen die Whitelist in ihre eigenen Angebote integrieren, in dem sie z.B. eigene Portalseiten erstellen oder Filtersysteme entwickeln. Andererseits werden weitere technische Schutzmechanismen in Form der Kinderschutzsoftware zentral von der Initiative angeboten, die durch den Endnutzer eingesetzt werden können. So entsteht ein geschützter Surfraum für Kinder, der nach Außen abgeschirmt ist. Im Rahmen der Initiative „Ein Netz für Kinder“ soll zudem für den Zeitraum von drei Jahren eine gezielte finanzielle Förderung qualitativ hochwertiger Internetangebote für Kinder durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stattfinden. Das Projekt wird mittlerweile von zahlreichen gesellschaftlichen Initiativen unterstützt. Durch einen intensiven Austausch mit Institutionen des Jugendschutzes, Aufsichtbehörden im Medienbereich sowie staatlichen Stellen aus Bund und Ländern wirken alle Beteiligten an der Weiterentwicklung der Initiative mit. Die Projektpartner streben langfristig eine möglichst breite Basis der Zusammenarbeitund eine ständige Erweiterung des Unterstützerkreises an. Auch in Schulen soll durch das „Netz für Kinder“ die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass Internetangebote und die Vermittlung von Medienkompetenz gezielt in den Unterricht integriert werden können, ohne dass Kinder den Gefahren, die mit dem Internet einhergehen, ausgesetzt sind.

FTWild Kommunikation FTWild Kommunikation ist eine Full Service Agentur von der Konzeption bis zur Umsetzung aller Projektphasen, u.a. in den Bereichen Events, Messen und Medien. Das Leistungsspektrum umfaßt Event-Inszenierungen von Marken und Produkten an den verschiedensten, auch ungewöhnlichen Orten, und Designkreationen ebenso wie multimediale Messeauftritte und Medienproduktionen von Videos und Soundcreations bis zu Portalen und Datenbanklösungen. Für den „Social Learning Summit“ hat FTWild die SLS 08 Welt gestalterisch, räumlich und technisch inszeniert. www.ftwild.de

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1. Auflage 2009 © B&S SIEBENHAAR VERLAG, Berlin und bei den Autoren Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung, Layout und Satz: VISULABOR® Fiedler, Latzko Fotos, incl. Umschlagfotos: Philipp Birau Abbildungen: S. 78, 81 M. Prensky S. 8, 106, 107 scoyo GmbH Druck und Bindung: enka-Druck GmbH, Berlin Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, des auszugsweisen Abdrucks sowie der Einspeicherung in elektronische Systeme. Printed in Germany ISBN 978-3-936962-28-4 www.siebenhaar-verlag.de


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