Was mich oft beschäftigt, wenn ich Rad fahre, lange im Auto oder Flugzeug sitze, ist das Phänomen Zeit. Einerseits ist sie messbar, zugleich aber seltsam gestaucht, manchmal dann wieder gespreizt in der Erinnerung. Ganze Jahre fliegen da nur so vorbei, während ein besonderer Moment leuchtend herausragt in allen Farben und Details. „Die Zeit – jeder kennt sie, aber niemand vermag sie zu erklären“, sagte sinngemäß schon Augustinus Aurelius, der Bischoff von Hippo. Mich fasziniert an der Zeit besonders das Zyklische: Jedes Jahr setzt sich zusammen aus Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Ich sehe das Bild einer Uhr. Die Zeiger bewegen sich kreisförmig, machen auf diese Weise das Wesen der Zeit sichtbar – und wiederholen ihren Zyklus zugleich Tag um Tag. Von „Zyklus“ zum „Cycling“ ist es dann nicht weit. So nennen die Engländer das Radfahren. Und ist nicht auch der Runde Tritt etwas Gleichförmiges, stets Wiederholtes, vergleichbar dem Kreisen der Uhrzeiger? Der Unterschied liegt wohl vor allem darin, dass ich mit dem Tritt in die Pedale etwas in Bewegung bringe: mich selbst, mein Rad und all das, was ich unterwegs beeinflusse, bis hin zum Laub, das ich mit meinen Reifen aufwirbele. Selbst wenn die Strecke, die ich zurücklege, meine Trainingsrunde, Tag für Tag die gleiche ist, so ist doch jede Fahrt anders und einzigartig, abhängig von mir und dem Wetter und diversen anderen Einflüssen. Auch das ist ein Wirken der Zeit. Sie bringt die Dinge in die Reihe, sie unterscheidet sie. Und sie verändert im Lauf der Jahre die Empfindungen. Schmerzlich vielleicht die Erkenntnis, dass jugendliche Kraft und spontanes Regenerationsvermögen abnehmen – um einer bislang nicht geahnten Tiefe des Erlebens Platz zu machen. Was hat mich vor 40 Jahren die wunderschöne Einbettung eines Parcours in die Natur gekümmert, wenn ich ihn nur schnell genug umrunden konnte, dass es fürs Treppchen reichte?! Heute bin ich zwar immer noch „schnell“ – zumindest in meiner Altersklasse –, Pokale, Medaillen, Siege und irgendwelche Palmarès interessieren mich aber eher am Rande. Beim Radfahren finde ich heute Genuss, Erholung, Entschleunigung. Ich liebe das Spiel der Farben, Winde, Temperaturen und Gerüche unterwegs, die große Stille, akzentuiert vom eigenen Atem und dem gleichmäßigen Fließen der Kette über die Ritzel. Diese komplexe Rad-Erfahrung – Sport, Genuss, die Freude an perfekter Technik – all das steckt nun auch wieder im aktuellen CENTURIONProgramm. Und wenn Sie unseren neuen Katalog durchblättern, zeigen allein schon die Bilder, wohin die Reise auf unseren Fahrrädern geht. Das möchte ich gern mit Ihnen teilen. Ich weiß, es ist die richtige Zeit dafür. Ihr Wolfgang Renner
CENTURION Firmengründer & Geschäftsführer