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DER MITTELSTAND. 6 | 2020
Sichere Kanäle für Whistleblower Bisher ist der Schutz von Hinweisgebern in der EU lückenhaft geregelt. Nun schreibt eine EU-Richtlinie Standards zum Schutz von Whistleblowern vor, um Verstöße gegen Unionsrecht wirksamer zu bekämpfen.
Was ist ein Hinweisgebersystem? Der Begriff Hinweisgebersystem bezeichnet ein System zur Informationsgewinnung, welches Fachabteilungen wie Compliance- oder Rechtsabteilungen in Unternehmen einsetzen, um Mitarbeitern, Lieferanten oder Kunden einen vertraulichen Kommunikationskanal zu eröffnen. Dieser kann von dem Personenkreis zum Melden möglicher Rechtsverstöße und anderer Verstöße (zum Beispiel interner Richtlinien) genutzt werden. Zu Hinweisgebersystemen zählen beispielsweise Ombudspersonen, webbasierte Systeme oder kombinierte Mechanismen zur vertraulichen und sicheren Kommunikation von Missständen und Unregelmäßigkeiten. Unterschiede bei Meldekanälen liegen insbesondere in der Anonymitätswahrung, Verfügbarkeit und Kontaktmöglichkeit (mündlich, schriftlich). Der gewählte Kanal hat eine Auswirkung auf
die Hemmschwelle, sich zu melden. Die Hemmschwelle sollte möglichst gering sein, sodass keine zusätzliche Hürde zu überwinden ist. Ziel dieser Systeme ist – neben der frühzeitigen Aufdeckung – die Prävention interner Missstände und Risiken.
Zu Hinweisgebersystemen zählen beispielsweise Ombudspersonen, webbasierte Systeme oder kombinierte Mechanismen zur vertraulichen und sicheren Kommunikation von Missständen und Unregelmäßigkeiten. Vorgaben für einen Meldekanal Eine unabhängige Person muss als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Der Hinweisgeber muss uneingeschränkten Zugang zum Meldekanal haben, der Dialog mit ihm muss gewährleistet sein. Er erhält eine Eingangsbestätigung innerhalb von sieben Tagen. Nach drei bis sechs Monaten erfolgt eine Rückmeldung. Über den Fall wird eine revisionssichere und datenschutzkonforme Dokumentation angelegt.
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D
ie EU–Whistleblowing-Richtlinie soll Hinweisgebern künftig EU-weit einheitliche Standards für ihren Schutz bieten. Die am 23. Oktober 2019 von den Mitgliedstaaten beschlossenen Vorschriften verpflichten Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern dazu, sichere Kanäle einzurichten, über die Hinweisgeber Verstöße gegen das EU-Recht melden können, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 17. Dezember 2021 Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.