Mehr Umsatz durch Freunde

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Betrieb

Malermeister Volker Geyer erzielt inzwischen die H채lfte seines Umsatzes durch systematisches Online-Marketing.

Mehr Umsatz durch Freunde Social Media War fr체her die Empfehlung von Nachbarn und Freunden ein zuverl채ssiger Tipp, sind heute Facebook & Co. als Vermittler gefragt. Wie Sie die neuen Medien aktiv zur Kundengewinnung nutzen. Text Frank Pollack Foto Tim Wegner

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as für ein Flop, dachte sich Volker Geyer, als nach einigen Wochen in seinem neu angelegten Xing-Profil immer noch nichts passiert war. Keine Anfragen, keine Kontakte – und schon gar kein Neugeschäft. Dabei sollten doch genau darin die Chancen des „sozialen Netzwerks für berufliche Kontakte“ liegen, wie die Eigenwerbung bereits 2007 versprach. Heute steht der Malermeister aus Wiesbaden über Xing.de mit rund 1500 Unternehmern und Führungskräften in Verbindung. Sie interessieren sich für seine beruflichen Aktivitäten – und er für ihre. „Etwa ein Drittel der Kontakte sind Architekten, Raumgestalter oder ebenfalls Handwerker“, weiß der Inhaber der Aperto – Handwerk & Wohnen Ltd., einem Malerbetrieb mit vier Beschäftigten. „Ein weiterer sehr großer Teil sind Berater, Marketing- und Medienexperten.“ Viele der Online-Bekanntschaften wurden inzwischen zu Auftraggebern, Partnern und Freunden, freut sich Geyer: „Den meisten wäre ich ohne das Online-Netzwerk vermutlich nie begegnet.“ Welchen Stellenwert Social-Media-Anwendungen heute haben, verdeutlichen die aktuellen Zahlen des „Bundesverbands Informationswirt-

schaft, Telekommunikation und neue Medien“ (Bitkom). Von den inzwischen fast 60 Millionen deutschen Internetnutzern verbringt fast ein Viertel seine Online-Zeit in sozialen Netzwerken, von den 50- bis 69-Jährigen sind heute bereits 60 Prozent aktive Social-Media-Nutzer. Neben dem Marktführer Facebook gibt es jedoch interessante Alternativen, die von verschiedenen Zielgruppen für unterschiedliche Zwecke genutzt werden.

Online finden, persönlich treffen Auf Wer-kennt-wen, dem derzeit drittbeliebtesten Netzwerk in Deutschland, tauschen sich beispielsweise zahlreiche Interessengruppen aus. Ihre Themen reichen vom energiesparenden Heizen über Lebensmittelsicherheit bis hin zur Berufsbildung. Viele treffen sich nicht nur im Netz, sondern auch im realen Leben, so wie auch bei Xing, dem beliebtesten Business-Network in Deutschland. „Wer internationale Märkte erobern möchte, sollte auf LinkedIn aktiv werden“, rät die Berliner Social-Media-Beraterin Sandra Holze. Die Expertin empfiehlt Unternehmern, „zunächst nur auf einem, höchstens zwei Netzwerken zu starten, Erfahrungen zu sammeln und die Akti-

k Einsteigertipps So starten Sie bei Facebook & Co. mit System Mit dem Einstieg ins Social-Media-Geschäft ist es wie mit der eigenen Homepage: Wer einmal „drin“ ist, will es nicht mehr missen. Sandra Holze, Ex-

pertin für Online-Kommunikation, zeigt in sieben Schritten, wie Sie den Einstieg in die sozialen Netzwerke schaffen, ohne sich darin zu verfangen.

Schritt 1: Ziele formulieren Kunden gewinnen, neue Mitarbeiter suchen, Geschäftskontakte aufbauen, Image verbessern: legen Sie fest, was Ihr Betrieb mit der Präsenz in sozialen Netzwerken erreichen will. Je vielfältiger die Ziele, desto mehr Aufwand müssen Sie treiben. Planen Sie Ihre Kapazitäten realistisch, und starten Sie mit dem Ziel, das für Sie am wichtigsten ist.

Schritt 4: Themen festlegen Verfolgen Sie, worüber andere Nutzer in Foren und Netzwerken in Ihrer Branche diskutieren, und nutzen Sie die Anregungen für Ihren Themenplan.

Chart: handwerk magazin

Schritt 2: Zielgruppe beschreiben Ehepaare um die 50, deren Kinder aus dem Haus sind und die ihr Eigenheim jetzt ohne Ärger und Stress modernisieren wollen: Je plastischer Sie Ihre Zielgruppe und deren Wünsche vor Augen haben, desto glaubwürdiger und erfolgreicher können Sie den gezielten Kontakt suchen. Schritt 3: Netzwerke auswählen Beobachten Sie, in welchen Netzwerken Ihre potenziellen Kunden vor allem aktiv sind, und schauen Sie auch, wo sich Ihre Wettbewerber tummeln. Steigen Sie zunächst in einem, höchstens zwei Netzwerken ein, um sich nicht zu verzetteln.

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Warum Surfer Netzwerke nutzen Über Freunde informieren

71 Neue Freunde finden

37 Tagesnachrichten verfolgen

28 Berufliche Kontakte pflegen

20 Über Produkte Informieren

14 0

10

20

30

40

50

60

70

in Prozent, Mehrfachnennungen möglich; Quelle: Bitkom Social-Media Studie, 2012

Kontaktbörse: Sich über Freunde zu informieren ist für die meisten der Hauptzweck im Netzwerk.

„Sympathie ist in sozialen Netzwerken der beste und wichtigste Verkäufer.“

Schritt 5: Profil anlegen Veröffentlichen Sie nicht nur anonyme Firmendaten, sondern stellen Sie die im Netzwerk aktiven Autoren vor. (Achtung bei Facebook: Kontaktdaten nicht automatisch hochladen lassen. Datenschutz!) Schritt 6: Nutzen bieten Ziel Ihrer Präsenz ist es, Besucher neugierig zu machen und zu begeistern. Bieten Sie hilfreiche, nützliche und unterhaltsame Informationen wie etwa Expertentipps. Die Menschen in sozialen Netzwerken suchen nicht nach Sonderangeboten. Schritt 6: Regeln beachten Bleiben Sie stets sachlich und höflich, auch bei konträren Meinungen. Beteiligen Sie sich auch an fremden Diskussionen, und verzichten Sie zugunsten persönlicher Erfahrungen auf Allgemeinplätze.

Sandra Holze, Expertin für Online-Kommunikation in Berlin.

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vitäten dann auszudehnen“. Denn obwohl die Nutzung der Netzwerke (siehe Tabelle unten) überwiegend kostenfrei sei, dürfe der Aufwand nicht unterschätzt werden. „Social Networking verlangt, kontinuierlich am Ball zu sein, nicht nur, wenn gerade Zeit ist.“

wroom auf www.malerische-wohnideen.de sowie ein eigener Videokanal auf youtube.de. Überall präsentiert Aperto seine Stärken multimedial: spezielle handwerkliche Techniken, ausgewählte Projekte, Kundenmeinungen und mehr. Hier können Internetbesucher nicht nur erleben, wie etwa eine Himmelsbemalung oder ein fugenloses Bad entsteht. „Besucher nutzen die Kommentarfunktionen, um mit uns ins Gespräch zu kommen“, freut sich Geyer. Das Geheimnis der zielgenauen Verbreitung von Informationen liegt im Funktionsprinzip: Während man bei Suchmaschinen wie Google, Yahoo und Co. nur findet, wonach man aktiv sucht, ver-

Geben und Nehmen ist gefragt Mit dem technischen Einrichten eines Profils ist es jedoch nicht getan. „Nur wer selbst aktiv wird und anderen Aufmerksamkeit schenkt, der bekommt auch etwas zurück“, weiß Malermeister Volker Geyer. Die Basis seiner Erfolgsstrategie bilden drei Elemente: ein Weblog, ein virtueller Sho-

k Soziale Netzwerke Die wichtigsten Anbieter auf einen Blick Facebook oder Stayfriends, Twitter oder LinkedIn – welches Netzwerk für ein Unternehmen das richtige ist, hängt vor allem von der Zielgruppe sowie

den Möglichkeiten für eine eigene Firmenpräsenz ab. Die Tabelle zeigt, bei welchen Anbietern sich ein eigenes Profil für Handwerker lohnen kann.

Charakteristik

Besonderheiten

Reichweite in Deutschland1 Hauptnutzer / Registr. Aktive Trend Zielgruppen Nutzer Nutzer

Facebook

Weltgrößtes soziales Netzwerk

Personalisierungsmöglichkeiten, Apps, häufig Kritik von Datenschützern

51 %

45 %

n

fast alle Bevölkerungs- ja gruppen, besonders 14- bis 29-Jährige

StayFriends

(Schul-)FreundeSuchmaschine

Profil nach Schulen sortiert, kostenfrei, nur sehr eingeschränkt nutzbar

27 %

17 %

.

Generation „ü30“

kein Firmenprofil, nur Werbung mgl.

Wer-kennt-wen Freunde- und InteressenNetzwerk

Verbindungen öffentlich einsehbar, Wohnortsuche

19 %

12 %

.

diverse Interessengruppen, auch Generation „ü30“

teilweise2

FreundeVZ

Offenes FreundeNetzwerk

Ergänzend zu SchülerVZ, StudiVZ, Interessengruppen können gegründet werden

8%

4%

.

Fach- und Hochschulabsolventen

kein Firmenprofil, nur Werbung mgl.

Google+

Ambitionierter FacebookKonkurrent

Viele „Zweitaccounts“ zu Facebook, Webfunktionen (z.B. gemeins. Videos schauen)

6%

3%

n

breite Nutzervielfalt, besonders 14- bis 29-Jährige

ja

Xing

Berufliches Marktplatz für Aufträge, Kontakt-Netzwerk durch lokale Gruppen, auch aus Deutschland Treffen vor Ort möglich

9%

4%

.

Berater, Personaler und Führungskräfte

ja, ab 5,55 Euro / Monat (Premium)

Twitter

Kurznachrichtendienst für bis zu 140 Zeichen

alle Postings öffentlich, Abo ohne Zustimmung möglich

6%

3%

m

Junge technikbegeisterte Großstädter

teilweise2

LinkedIn

Größtes berufliches Netzwerk weltweit

Kontaktvermittlung auf persönliche Empfehlung

1 %3

1 %3

m

vor allem ausländische Führungskräfte

teilweise2

Lokalisten

Wohnortbasiertes Networking

Anzeige von News und Menschen aus der Region

5%

1%

.

Junge Großstädter

nein (Partygänger)

Firmen-Profil sinnvoll?

1) bezogen auf alle Internetnutzer, Quelle: BITKOM-Studie „Soziale Netzwerke”, 2011, 2) wenn Hauptnutzergruppen wichtige Kundengruppen sind bzw. werden sollen, 3) Hochrechnung nach Daten des Anbieters

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sorgen soziale Netzwerke ihre Mitglieder (fast) ohne deren Zutun mit Informationen, die sie mit hoher Wahrscheinlichkeit interessieren. „Das zufällige Finden bekommt System“, nennt das Expertin Sandra Holze. Einerseits, indem der Nutzer Inhalte abonniert oder Freundschaften schließt. Andererseits durch Informationswege über Freundesfreunde mit ähnlichen Interessen. Und schließlich durch Algorithmen, mit denen inzwischen viele Anbieter berechnen, welche Inhalte zu wem passen könnten. Für Volker Geyer ist die daraus resultierende Diskussion um den Datenschutz ein Grund, umsichtig zu agieren. So offen er sein Unternehmen präsentiert, Informationen über Kunden kommen nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung ins Web. Denn durch die Vernetzung verbreiten sich Nachrichten geradezu schneeballartig. Was so manchem Jugendlichen bei unbedachten Partyeinladungen schon zum Verhängnis wurde, ist für Unternehmen bei geschickter Anwendung ein Schlüssel zu neuen Kunden.

Foto: Rainer Lebherz

Kekse für jeden Geschmack Darauf bauen auch Bäckermeister Jörg Schmid und sein Partner Sebastian Reza. Im Sommer 2011 starteten die beiden die kekswerkstatt.de. In dem Onlineshop können Naschkatzen ungewöhnliche Keks-Kreationen von „Schoko-Chili-Kirsch“ bis „Apfelstrudel“ ordern oder aus rund 50 Zutaten ihr ganz individuelles Knuspererlebnis mixen. „In unserem Businessplan waren Facebook, Twitter, Google.plus feste Größen“, gewährt Initiator Sebastian Reza einen Blick hinter die Kulissen, „denn die Social Networks helfen uns, unsere Philosophie der individuellen Kundenbetreuung für jedermann sicht- und erlebbar zu machen.“

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So beantworten die Keksmacher auf ihrer Facebook-Seite binnen weniger Minuten die Frage von Surferin Jenny, ob der Triple-Choco-Keks „einen dunklen Teig“ habe. Sie nehmen Anregungen für neue Produkte entgegen, machen auf Events aufmerksam und lassen alle vier Wochen einen „Keks des Monats“ wählen. Mehr als 1500 bekennende Fans hat die Kekswerkstatt so schon auf Facebook gewonnen, fast ebenso viele bei Google.plus. Gut 300 folgen dem Startup auf Twitter. An beinahe jedem Werktag melden sich die Macher hier zu Wort, „meist mehrmals“, erklärt Bäckermeister Jörg Schmid. Das trug dazu bei, dass allein in den Adventswochen des vergangenen Jahres 1500 Päckchen mit dem süßen Naschwerk Schmids Bäckerei in Gomaringen verließen. Texte, Bilder und Videos produzieren die Keksmacher fast ausnahmslos selbst. So wie auch Volker Geyer. Der Malermeister investiert etwa drei Stunden pro Tag in seine Online-Kommunikation. Nicht zu viel, wie er rausgefunden hat: „Vor Jahren habe ich genauso viel Zeit mit Ausschreibungen verbracht – und da kam viel weniger raus.“ 쏋

Social Media als Erfolgsrezept: Bei Bäckermeister Jörg Schmid (re.) und Sebastian Reza kann sich jeder seine Wunschkekse backen lassen.

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

Online exklusiv Wie Sie Ihre Online-Kommunikation als Unternehmer erfolgreich gestalten, steht unter handwerk-magazin.de/04_2012 Social-Media-Tipps für Handwerker Umfrage: Nutzen Sie Facebook & Co.? Ähnliche Beiträge zum Thema finden Sie hier: handwerk-magazin.de/marketing

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