24 Stunden im Landkreis Oberhavel

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24 STUNDEN

Tilo Neissner (rechts) und seine Kollegen, wie hier Denny Klepel, beschichten Oberflächen mit Farbpulver.

Fotos (2) und Text: Antje Jusepeitis

Kunstvoll verpulverte Farbe 16:00 Uhr

Gegen 16 Uhr legen die Mitarbeiter bei Pulver Neißner in Liebenwalde eine Schichtpause in der kleinen Werkhalle ein. Denny Klepel lässt die Farbsprühpistole in ihre Halterung zurückgleiten, zieht die Handschuhe aus und trinkt einen Schluck. Sein Chef, Tilo Neißner, fragt, ob alles in Ordnung sei. „Läuft“, sagt Denny Klepel. Nach der Viertelstunde wird er in seiner Spätschicht weitere Teile von Autokarrosserien mit grünem Farbpulver beschichten. „Vorsicht, nicht mit der Kleidung dagegen kommen“, warnt Tilo Neißner Besucher. Solange die Farbe nicht im Spezialofen eingebrannt ist bei 180 bis 200 Grad Celsius, sei sie jederzeit wieder abwischbar. Das ist gleichzeitig ein Vorteil des Pulverbeschichtungsverfahrens für Oberflächen. „Heruntergefallenes Farbpulver können wir wieder aufnehmen und gepulverte Flächen oder Kleidung mit Druckluft einfach ab-

seit über 20 Jahren Oberflächen in höchster Qualität Pulver Neißner Nassenheider Chaussee 19 | 16559 Liebenwalde Telefon 033054 60332 | Fax 033054 61491 info@pulverbeschichtung-neissner.de | www.pulver-neissner.de

pusten“, erklärt Tilo Neißner. Vor 26 Jahren begann der Schlosser, sich mit dem farbgebendem Verfahren als Alternative zum Streichen zu befassen. „Ursprünglich wollte ich mit einem Kumpel zusammen Autofelgen für unsere Autos silbern färben.“ Daraus wurde nie so richtig etwas. Dafür entstand Größeres. Inzwischen ist Pulver Neißner Industr iedienstleister für Schlossereien, We rk stä tten und auch schon für den VW-Konzern. Von 4.30 bis 21.30 Uhr im Zweischichtbetrieb arbeiten 16 Mann und zwei Frauen. „Wir veredeln Teile wie Fahrzeugrahmen, Gartenmöbel, Bootoder Zaunstücke, Maschinengehäuse, eigentlich alles, was aus Metall und transportabel ist.“ Einschränkung: Es darf nicht größer als neun Meter lang, 2,50 Meter breit und zwei Meter hoch sowie maximal eine Tonne schwer sein. Der reine Beschichtungsprozess dauert eine Stunde. Doch das Material muss vorbereitet werden. „Die Oberfläche muss rein sein, frei von Fetten. Deshalb waschen oder sandstrahlen wir.“ Verzinkte Teile werden gesweept – durch feinsten Sandstrahl an der Oberfläche leicht aufgeraut, damit das Pulver besser hält. Im Strahlraum – ähnlich einer Garage aber mit Bitumenwänden – steht ein Mann mit Vollschutz und Atemgerät. Er richtet die Ka-

nüle auf das Material und lässt den grauen Sandstrahl intensiv darüber gleiten. Anschließend transportiert ein Stapler das abgestrahlte Gut zur Waschhalle. Hier wird es zudem phosphatiert: „Mittels wässriger Phosphat-Lösung bringen wir eine sogenannte Konversionsschicht aus fest haftenden Metallphosphaten auf, meist bei Stahl, aber auch für verzinkte oder cadmierte Stähle und Aluminium.“ Das dient dem Korrosionsschutz, isoliert, mindert Reibung und Verschleiß und lässt die Farbe besser haften. Sind die Stücke phosphatiert, werden sie an die Lastentaverne der großen Anlage angehängt. An diesem manuellen Karusell für Gegenstände verpassen ihnen die Pulvereure den gewünschten Ton: Jegliche Farben des Regenbogens sind möglich. Je nach Kundenwunsch. Sein Referenzobjekt und einer der ersten Aufträge sind die

Aus Liebenwalde in die Welt

Bandenbleche am Fußballplatz Sachsenhausen oder Haltestangen für die Berliner Straßenbahn. Dank einer Berliner Künstlerin, die bei Pulver Neißner ihre weltweit ausgestellten, tonnenschweren Skulpturen färben ließ, sind Liebenwalder Arbeiten sogar per GoogleMaps nachweisbar. Pulver Neißners Auftragslage ist gut. Auf dem Werkgelände an der Nassenheider Chaussee 19 schichten Gabelstapler stetig Ware zwischen Vorbereitung, Zwischenstand und Endstand hin und her. Ausreichend Lagerfläche, ein Vorteil gegenüber anderen Anbietern, steht auf dem zwei Hektar großen Areal, das Tilo Neißner 1995 kaufte, zur Verfügung. Auf dem Gelände eines früheren Landwirtschaftsbetriebes und der späteren Landdienst GmbH erzeugt der Liebenwalder den Strom per Photovoltaikanlage weitestgehend selbst. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Gina Siegmund, kaukasischen Schäferhunden und Dudeln – einer Mischung aus Pudel und einem Golden Retriever, lebt er hier auch.


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