KRITISCHER REGIONALISMUS Der Begriff des „Kritischen Regionalismus“ wurde erstmals 1978 von Alexander Tzonis und Liane Lefaivre verwendet.62 Die beiden Architekturtheoretiker waren der Auffassung, dass der von Vorurteilen belastete Begriff des „Regionalismus“ von seiner sentimentalen Konnotation befreit werden muss und führten aus diesem Grund den erweiterten Begriff des Kritischen Regionalismus ein.63 Der Kritische Regionalismus soll dementsprechend regionale Elemente bewusst übernehmen, um einer architektonischen Ordnung zu widerstehen, die man als universalisierend, fremd und unterdrückend e ndet 64 Zudem soll er auch lokale Formen hinterfragen und bei der euinter retation dieser or en auf die s e i schen Bedingungen des Ortes eingehen.65 Mit seinem Buch „Die Architektur der Moderne. Eine kritische Baugeschichte“ greift Kenneth Frampton 1983 den Begriff des Kritischen Regionalismus wieder auf und fasst dessen Merkmale in den folgenden sieben Punkten zusammen:66 1. Der Kritische Regionalismus steht dem Prozess der Modernisierung zwar kritisch gegenüber, verzichtet aber nicht auf die emanzipatorischen und progressiven Aspekte des modernen architektonischen Erbes. 2. Der Kritische Regionalismus manifestiert sich als Architektur, die weniger das Gebäude als freistehendes Objekt betont als den Ort, der durch das Bauwerk entsteht. 3. Der Kritische Regionalismus fasst das Bauen als tektonisches Faktum auf und nicht als szenographische Episoden. 4. Der Kritische Regionalismus ist regional, da er Topographie, Klima und Licht des Ortes berücksichtigt. 5. Der Kritische Regionalismus legt Wert auf Taktilität, nicht nur Visualität (Wahrnehmungen wie Licht, Wärme, Kälte, Feuchtigkeit, Gerüche und Geräusche werden ebenfalls berücksichtigt). 6. Der Kritische Regionalismus will eine zeitgenössische am Ort orientierte Kultur pflegen ohne hermetisch zu werden, weder auf formaler noch auf technologischer Ebene. 7. Der Kritische Regionalismus floriert vor allem in jenen kulturellen Zwischenräumen, die sich in irgendeiner Weise dem Drang nach universaler Zivilisation zu entziehen vermögen.
62
vgl. Valena, 1994, S. 148
63
vgl. Colquhoun, 1993, S.48
64
vgl. Valena, 1994, S. 148
65
vgl. Tommila, 2008, S.1
66
vgl. Fischer, 2016, S.38 -39
29 39