Regionalismus als Anspruch und Methode - junge Architekten in Graubünden um 1990

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REGIONALISMUS

Regionalismus tritt als Phänomen in diversen Fachgebieten wie Architektur, Literatur, Kunst oder in der Politik- und Sprachwissenschaft auf. Der architektonische Regionalismus versucht, die formalen Merkmale einer Region zum Thema zu machen und ihre Verwendung in verbindlichen Formeln festzulegen.38 Die Schwierigkeit liegt dabei in der klaren Bestimmung der „regionalen“ Merkmale. Denn angesichts der Unterscheidung in geogra schen olitischen wirtschaftlichen oder kulturellen egionen verschwimmt die räumliche Abgrenzung einer Region stark und erschwert somit eine klare Determination.39 Das Bestreben des Regionalismus hingegen ist immer das Gleiche. Einerseits beabsichtigt er „authentische“ Architektur zu schaffen, die die regionale Kultur weiterträgt und bei den Bewohner ein Gefühl von Identität erzeugt.40 Auf der anderen Seite ist Regionalismus auch eine Ideologie, deren Zielvorstellung oft im Wiederspruch zum (national)polititschen und gesellschaftlichen System steht.41 Innerhalb des Regionalismus wird unterschieden zwischen dem rationalen, nutzungsorientierten „Regionalen Bauen“ und dem formalen, emotional geladenen „Regionalistischen Bauen“(Abb.11).42

REGIONALES BAUEN

nter de Begriff des egionalen Bauens wird das unreflektierte spontane „Bauen ohne Architekt“43 verstanden, welches aus der Notwendigkeit, den unmittelbaren Beobachtungen und den überlieferten Erfahrungen heraus entstanden ist.44 Allerdings spielt auch die jeweilige Arbeits- und Wirtschaftsform eines Ortes sowie das Klima, die vorhandenen Baustoffe und Ressourcen, die Topographie, die Religion und die Politik eine entscheidende Rolle.45 Ein wichtiges Merkmal des Regionalen Bauens ist gemäss Friedrich Achleitner, dass sich das Regionale Bauen in keinem bewusst sthetischen sich selbst reflektierenden ustand be ndet 46 urch diesen unreflektierten ustand ist das egionale Bauen besonders tolerant und offen gegenüber usseren Einflüssen s e iell gegenüber jenen, die eine Verbesserung mit sich bringen.47 Adolf Loos beschreibt dieses Phänomen mit den folgenden Worten «Achte auf die Formen, in denen der Bauer baut. (...) Aber suche den Grund der Formen auf. Haben die Fortschritte der Technik möglich gemacht, die Formen zu verbessern, so ist immer die Verbesserung zu verwenden».48 Somit ist auch das Regionale Bauen einem kontinuierlichen Veränderungsprozess unterworfen.

38

vgl. Achleitner zitiert durch: Dosch,

39

auch bekannt unter dem Begriff „verna-

40

vgl. Fischer, 2016, S.17

41

vgl. Colquhoun, 1993, S. 48

42

vgl. Fischer, 2016, S.12

43

vgl. Achleitner, 1997, S.104

44

vgl. Achleitner, 1994, S. 104

45

vgl. Dosch, 2005, S.502

46

vgl. Achleitner, 1994, S.104

47

vgl. Dosch, 2005, S. 502

48

Loos, 1913, S.329

2005, S.503

kuläre Architektur“

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