Pier Luigi Nervi | Ausstellungshalle, Turin (1948) Der italienische Bauingenieur und Architekt Pier Luigi Nervi (1891 1979) schuf in seiner langen und in vielerlei Hinsicht bemerkenswerten Karriere zahlreiche Bauwerke, welche auch heute noch zurecht als Ikonen der Architektur- und Baugeschichte gelten. Durch seine theoretischen, vor allem aber auch durch seine praktischen Forschungen im Bereich von Tragwerken aus Stahlbeton, leistete er einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung dieser Technik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In seiner Tätigkeit fühlte sich Nervi seit seiner Ausbildung an der Universität von Bologna im Prinzip der klassischen Ingenieurstradition verpflichtet. Diese zeichnet sich in erster Linie durch geschlossene, harmonische Tragsysteme sowie möglichst optimal dimensionierte Bauteile aus. Bei Nervi kam schon bald auch ein ausgeprägtes Interesse für die noch junge Technik des Stahlbetonbaus hinzu. Wohl auch geprägt durch die Umstände seiner Zeit, entwickelte er schon bald neue Anwendungsmethoden und Techniken und liess diese auch patentieren. Sein Leben lang entwickelte er seine Erfindungen wie den Ferrozement oder die Fertigbauweise weiter und perfektionierte sie mit jeder erprobten Anwendung noch etwas mehr.20 In bemerkenswerter Weise vereinten sich bei Nervi technisches Verständnis und Innovationskraft, aber eben auch ein ausgeprägtes Gespür für architektonische und gestalterische Fragen.21 Als selbständiger Unternehmer realisierte Nervi so zahlreiche Projekte, bei welchen er sich sowohl für die Architektur, die technische Planung sowie auch die Bauausführung verantwortlich zeigte. Für diese daraus resultierende, unverkennbare Handschrift Nervis bietet die Turiner Ausstellungshalle (1947 - 1948) ein sehr anschauliches Beispiel.
| vgl. Greco et al. 2008, S.13 ff. | Nervi verfasste dazu auch einige architekturtheoretische Schriften wie z.B. „Die Kunst und Wissenschaft des Konstruierens“ (1945), „Die architektonische Sprache“ (1950) oder „Neue Strukturen“ (1963) vgl. Greco et al. 2008, S.208 f. 20 21
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Abb. 1 | Innenaufnahme der Ausstellungshalle in Turin