Migros Magazin 51 2009 d LU

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«Man braucht jemanden, der einem die Wahrheit sagt.» Der Glaube, traditionell oder esoterisch, ist ein wichtiger Bestandteil Ihrer Show. Im Namen des Glaubens geschehen aber viele Ungerechtigkeiten, auch in Ihrem Land.

Die Bibel wird oft missinterpretiert, das stimmt. Ich habe jahrelang gehört, dass, wer mit der Rute spart, das Kind verzieht. Was so viel heisst, dass man die Kinder schlagen soll. Aber mit der Rute ist der Stab gemeint, der unterstützt und führt, nicht schlägt. Sie wurden als Kind geschlagen?

Ja, meine Grossmutter schlug mich oft. Schlagen war natürlich auch ein Verhalten, das in der Sklavenzeit erlernt wurde. Die Grossmutter der Grossmutter wurde schon geschlagen, und so wird das Verhalten über Generationen weitergegeben. Man durf-

te sich nicht wehren oder wütend werden. Ich hielt es immer für das Schlimmste, dass man keine Gefühle deswegen haben durfte. Es war einfach so. Und diese unterdrückten Emotionen führen dann bei Männern oft zu brutaler Wut und bei Frauen zu Depressionen. Wie gingen Sie damit um?

Glücklicherweise hatte ich einen starken Glauben. Als kleines Kind hatte ich keinen Vater. Ich sagte den Leuten, Jesus sei mein Vater. Ich wusste immer, dass es etwas gab, das grösser als ich und alle anderen war, ich spürte immer eine spirituelle Bindung. Deshalb bin ich nicht wütend und verbittert, was die Vergangenheit betrifft. Auch damals nicht. Ich bedaure auch nichts, denn ich verstehe, dass das alles Teil der göttlichen Bestimmung ist.

Wie haben Sie es geschafft, als prominente Person Skandale zu vermeiden?

Man braucht jemanden, der sich getraut, einem die Wahrheit zu sagen. Der einem auch sagt, wenn man sein Geld sinnlos verprasst. Als ich anfing, habe ich Quincy Jones, Sidney Poitier, die Dichterin Maya Angelou und Bill Cosby angerufen und sie um Rat gefragt, was Ruhm und Reichtum angeht. Und so gebe ich jungen Stars heute auch gerne Auskunft, denn es ist einsam ganz oben. Das habe ich insbesondere auch bei Michael Jackson beobachtet. Auch ihn haben Sie 1993 exklusiv interviewt. Es war die Show mit der höchsten Einschaltquote.

Ja, wir waren auf Neverland, hatten Spass und assen Süsses, bis es uns schlecht wurde. Aber ich wurde einfach den Eindruck nicht los, dass er sehr einsam war. Ich glaube, er hatte niemanden, der ihn genug liebte, um ihm die Wahrheit zu sagen. Die Familie hat zwar eine Intervention ver-

sucht. Es ist halt schon so: Wenn man Geld hat, wird man einfach anders behandelt. Deshalb braucht es wahre Freunde, die einem sagen, dass die Achselhöhle stinkt … Sie haben Staatsoberhäupter und Superstars interviewt. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Die meisten Leuten denken vielleicht, es seien die Prominenten. Aber dem ist nicht so. Vor etwa zwei Jahren hatte ich einen Mann in der Show, der einen Flugzeugabsturz überlebte. Er war in der ersten Klasse und sah wie im hinteren Teil der Maschine die Menschen starben. Er sagte, er hätte gesehen wie ein Licht, eine Aura, aus den Körpern aufstieg – bei den einen heller, bei den anderen dunkler. Er sei nicht religiös, aber er nahm sich vor, sollte er überleben, fortan sein Leben so zu führen, dass er zu seiner Todesstunde ein helles Licht haben würde. Das hat mich wirklich beeindruckt. Hat auch Sie jemand nachhaltig verändert?


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