Migros magazin 50 2013 d aa

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INTERVIEW

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«Wir können uns verbessern» Verspätungen, Pannen, schlechtes Image: Trotz Negativmeldungen sucht SBB-Personenverkehrschefin Jeannine Pilloud unverdrossen den Kundenkontakt.

«Stellwerkstörung» ist das Wort des Jahres 2013. Jeannine Pilloud, was genau ist eigentlich eine Stellwerkstörung?

Stellwerke sind verantwortlich dafür, dass Weichen und Signale sicher gestellt werden. Wenn es dort zu einem Ausfall kommt, zum Beispiel durch einen Kurzschluss, funktioniert das nicht. Das Problem ist vergleichbar mit einem Sicherungsausfall zu Hause: Da müssen Sie auch zuerst im Sicherungskasten nach dem Rechten sehen. In letzter Zeit wird Stellwerkstörung oft als Begründung für Verspätungen angegeben. Ist dies ein Oberbegriff für allerlei Probleme?

Nein. Erstens haben wir auf unserem Netz eine hohe Bautätigkeit, was einen Einfluss auf die Stellwerke hat. Und zweitens werden die Stellwerke in der Schweiz laufend modernisiert. Statistisch gesehen haben wir nicht viel mehr Störungen als vor einem Jahr. Aber es waren mehr Passagiere davon betroffen. Von wie vielen Störungen sprechen Sie?

Es gibt in der Schweiz total 535 Stellwerke mit täglich rund 500 Millionen Schaltungen, die 16 bis 17 für Passagiere spürbare Störungen verursachen. Oder anders gesagt: Passagiere sind alle zwei Tage von Stellwerkstörungen betroffen. Sind Sie mit diesem Wert zufrieden?

Ich will nicht ausweichen. Aber eine 100-prozentige Zuverlässigkeit ist technisch unmöglich. Wir können nur die Wahrscheinlichkeit einer Störung und deren Einfluss auf die Passagiere minimieren. Die Probleme häufen sich also, weil das Netz modernisiert wird?

Genau. Wahrscheinlich haben wir uns mit den baulichen Veränderungen zu

viel zugemutet. Eine Option wäre gewesen, Züge ausfallen zu lassen. Wir wollten aber den Fahrplan durchziehen. Es ist eine grosse Herausforderung, Bautätigkeiten bei voll laufendem Betrieb zu realisieren. Besonders im Grossraum Zürich gab es viel Unverständnis. Was unternehmen Sie nun?

Für Zürich haben wir eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die unter anderem sicherstellt, dass wir genügend Züge haben. Der Hauptbahnhof wird täglich von über einer halben Million Pendlern benützt. Da braucht es wenig, bis Verspätungen entstehen. Können Sie die Passagierströme optimieren?

Wir versuchen es, indem wir den Kunden besser aufzeigen, wo genau der Zug hält – was bis anhin mit der Sektorenanzeige geschah. Neu testen wir an Pilotbahnhöfen Lichtanzeigen, welche die Zugslänge angeben. Sie pendeln fast täglich von Zollikon am Zürichsee nach Bern. Wann waren Sie letztmals persönlich von einer Störung betroffen?

Ich fahre mit der S-Bahn meist morgens um 6.35 Uhr ab und steige im Hauptbahnhof Zürich auf den 7.02-Uhr-Zug nach Bern um. Am ehesten erlebe ich, dass die S-Bahn im Bahnhof Tiefenbrunnen stehen bleibt und ich meinen Anschluss verpasse. Was geht Ihnen dann als Passagierin und Verantwortliche durch den Kopf?

Tatsächlich fühle ich mich sehr verantwortlich. Am wichtigsten ist mir, dass die Kunden rasch informiert werden … … finden Sie es gut, wie die SBB informieren?

Wir können uns verbessern. Sehr gut funktioniert die Information in den

NR. 50, 9. DEZEMBER 2013 | MIGROS-MAGAZIN |


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