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DER HAUSMANN
Migros-Magazin 43, 19. Oktober 2009
Ich kanns jetzt! Leider
Am Vortag hatten die Zürcher Landfrauen den Maurer Ueli zu Gast, keinen Geringeren, und ich hätte ihn zu gern gefragt, ob er das mit der Kuh und dem Muni wirklich ernst gemeint oder nur das Kalb gemacht habe, als er begründete, weshalb für die Kinderbetreuung einzig Mütter in Frage kämen: «Zum Kalb schaut ja auch die Kuh und nicht der Muni.» Und natürlich hätte mich auch ein bisschen der Hafer gestochen, ob nun der Herr Bundesrat besser zöpfle oder ich, aber eben: Ihn habe ich um einen Tag verpasst. Item. Ich
also die Schoss angezogen (für meine Berner Verwandtschaft: «Schöibe»), und los gings. Margreth, meine Lehrmeisterin, nahm mich dran. Schlag auf Schlag lernte ich Bürli, Schoggimäuse, Breitmuulfröschli und Bretzeln zu formen, Fünfkornbrote mit Röslein zu dekorieren, Prussiens und Speckbrötli zu backen und – jetzt kommts! – Hefeteig zu zöpfeln. Bekanntlich habe ich eineinhalb Bundesordner voller Rezepttipps erhalten, wie mein Zopf garantiert aufgehe, und er gerät, ebenso bekanntlich, immer noch flach.
Alles Variieren von Zutaten, Knettechnik, Ruhezeit und Backtemperatur war vergebens. Nun also Margreth: Die zeigt mir in zwei, drei Minuten, wie man statt eines flachen einen hohen Zopf flicht, zuerst mit zwei, dann mit vier, fünf und – obacht! – mit sechs Strängen… Und wissen Sie, was? Ich habs geschnallt! Im Hand-, nein im Strangumdrehen! Einzig daran hatte es also gelegen: am Zöpfeln. Himmel, kann es sein, dass ich tausend Hinweise erhielt, mir aber niemand eine schlüssige Anleitung zu richtigem Flechten geschickt hat?! – «Wo hast du denn den her?», fragt meine Liebste, als ich heimkomme, und will nicht glauben, dass ich den perfekten Zopf, den ich mitbringe, selber gemacht habe. Doch am folgenden Samstag sieht sies in der Küche mit eigenen
Augen, und weil Margreth mir eine Broschüre mit tubelisicheren Zeichnungen geschickt hat, muss ich mich nicht mal zum WK anmelden, den sie mir angeboten hat. Ich kanns! Aber … hmm … soll ich nun wirklich die original Vatizüpfe, die seit Jahr und Tag flach ist, und zwar ’tami flach, plötzlich comme il faut flechten, als stammte sie aus der Bäckerei? Was denken die Kinder? Und was denkt sich Goggi selig, meine Grossmutter, die ihrer Lebtag flach zöpfelte und von der ich es gelernt habe? Sie war mein haushälterisches Vorbild. Und sie formte ihre Züpfe schluderig – ungeduldig, wie sie war. Eine Frau, die wäh-
«Im Herzen bin ich auch eine Landfrau.» rend des Zweiten Weltkriegs als berufstätige Witwe zwei Kinder grosszog, mochte keine Zeit verlieren. Tue ich ihr nun unrecht, wenn ich plötzlich Züpfen backe, die wie richtige Züpfen aussehen? Welch Dilemma. Fast wünschte ich, ich hätte es nicht gelernt. Bänz Friedli lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Zürich. Nächste Lesung des Hausmanns: 22. 10., Davos Platz. Diskutieren Sie mit auf www.migrosmagazin.ch
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Bild Siggi Bucher/Zürcher Landfrauen, M. Rinderknecht
Das muss ich Ihnen erzählen! Bei den Landfrauen an der Züspa war ich zu Gast, das ist die Bänz Friedli war bei Herbstmesse hier den Zürcher Landin town. Für einen guten Zweck sollte frauen an der Züspa. ich sie beim Backen unterstützen, was ich gern tat – insgeheim hoffend, ich würde endlich doch noch lernen, wie man einen Zopf dergestalt bäckt, dass er auch wirklich aufgeht. Wir scherzten und fachsimpelten, ärgerten uns gemeinsam, dass neuerdings jeder Zahnstocher einzeln verpackt ist (wer solch einen Stumpfsinn anordnet, stand noch nie in einer Küche!). Kurzum, wir verstanden uns prächtig, schliesslich bin im Herzen auch ich eine Landfrau. Eine der Bäuerinnen, die am Stand eifrig flochten, garnierten und buken, war sogar zugezogene Bernerin, ich musste also nicht mal Untertitel machen, um mich zu verständigen.