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Stadt, Land, Stutz

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Wettbewerb

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Illustration: Rinah Lang Lisa Stutz (28) sucht die Balance zwischen urban und ländlich. Und pickt von beidem das Beste heraus.

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Man kennt sich

STADT, LAND, STUTZ Spricht man mit Leuten, die aus Überzeugung in einem Dorf leben, hört man immer wieder Argumente wie: Die Bäckereiverkäuferin grüsst einen mit Namen, man kennt den Metzger, und die Wirtin des «Sternen» war damals in der Parallelklasse. Heisst: Man kennt sich. Man fühlt sich wohl. Man ist zu Hause.

Ich kann das gut verstehen und glaube, das ist ein natürliches menschliches Bedürfnis. Wir wollen uns doch alle irgendwie zugehörig fühlen, als Individuen wahrgenommen werden, ab und an ein freundliches Wort austauschen … Mittlerweile gehe ich jedoch davon aus, dass einige dieses Bedürfnis intensiver haben als andere. Ich zum Beispiel schwatze liebend gerne mit der Kassiererin, halte es aber für total überbewertet zu wissen, mit wem sie 2006 im Skilager herumgeschmust hat. Es ist für mich nicht nötig, permanent altbekannte Gesichter um mich herum zu haben. Eigentlich sogar im Gegenteil: Ein bisschen Anonymität und Überraschung finde ich ganz gut.

Zudem ist es ein Irrglaube, dass man sich in der Stadt nicht kennt. Schliesslich kehren die Leute auch da ständig in den gleichen Bäckereien, Quartierläden und Bars ein. Wenn man es nicht schon vorher tat, kennt man sich irgendwann. Auch Städter scheinen menschliche Bedürfnisse zu haben.

Ich persönlich habe meine diesbezügliche Erfüllung am Hauptbahnhof Zürich neben dem Burger King gefunden. Da hat es eine für mich und meinen Arbeitsweg perfekt gelegene Bäckerei. Es gibt Cappuccino to go und eine wahnsinnig nette Verkäuferin. Wir kennen uns seit Monaten, und mittlerweile muss ich nicht einmal mehr meine Bestellung nennen. Stattdessen tauschen wir uns nett aus, bevor ich mit dampfendem Getränk weitergehe. Mein Dorf im Getümmel. MM

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