Migros Magazin 37 2010 d BL

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24 | Migros-Magazin 37, 13. September 2010

Sie wurde geboren, um gebären zu helfen

Hebamme Monika Gerber-Zuber war 22, als sie das erst Mal eine Geburt leitete. Das war 1975. Seither hat sich im Kreisssaal viel verändert. Manchmal kann es Monika Gerber-Zuber (56) selber nicht fassen, wie schnell die letzten 37 Jahre vorbeigegangen sind: «Es wird mir selten bewusst, wie lange ich schon hier bin», sagt die Hebamme, «ich werde älter, ohne dass ich es merke!» Dabei hat sich im Berner «Fraueli», der Universitäts-Frauenklinik, in den letzten knapp vierzig Jahren enorm viel verändert. Als Monika Gerber 1973 mit knapp 19 hier ihre dreijährige Ausbildung begann, präsentierten sich die Gebärzimmer nüchtern und steril: Es gab nichts als ein Bett und medizinische Gerätschaften. Etwas Farbe kam ins Spiel, als die Hebammen später eigenhändig die Wände bunt strichen. Die eigentliche Trendwende aber geschah in den Neunzigern, als die Frauen selbstbewusster wurden und oft natürlich gebären wollten. Monika Gerbers heutiger Arbeitsplatz ist gross und hell – samt Wanne für Wassergeburten.

Rund 3000 Kindern auf die Welt geholfen

War früher ganz klar die Hebamme diejenige, welche die Geburt von A bis Z zu leiten hatte, bestimmen heute zunehmend die Frauen selber: «Meine Aufgabe ist vor allem, die Frau zu betreuen und zu beraten», sagt Monika Gerber, «ich greife nur ein, wenn es nötig ist.» Für sie ganz wichtig: «Ich stelle mir immer vor, was für mich stimmen würde, wenn ich selber in der Situation der betreffenden Frau wäre, und versuche, danach zu handeln.» Bei der Klinikgeburt im Krankenhaus kümmert sich ein ganzes Team um Mutter und Kind. Für sie sei es ein gutes Gefühl, den Arzt wenn nötig in fünf Minuten da zu haben. Trotzdem ist die Hebamme

froh, dass nicht mehr nur die Technik den Takt angibt. So mussten die werdenden Mütter früher oft stundenlang ruhig auf dem Rücken liegen, damit das CTG, mit dem man die Herztöne des Kindes messen kann, saubere Daten lieferte; jede Bewegung störte die Aufzeichnungen. Auch war es nach dem Blasensprung wegen der vermeintlichen Infektionsgefahr verboten, sich ausserhalb des Zimmers zu bewegen. «Für die Frauen hiess es: Zähne zusammenbeissen und durch», sagt Monika Gerber. «Seit den Achtzigern hat man dank Periduralanästhesie auch die Schmerzen besser im Griff.» Ihre eigene Tochter hat Monika Gerber-

Zuber nach mehreren Stunden Wehen in «ihrem» Spital per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. «Das war für mich aber überhaupt kein Drama», sagt sie, «ich war im Gegenteil froh, dass es diese Möglichkeit gibt.» Froh war sie danach auch deshalb, weil es für sie möglich war, im Schichtbetrieb zu arbeiten – nur so liess sich die Kinderbetreuung überhaupt organisieren, sodass sie weiterarbeiten konnte. Knapp 3000 Kindern hat Monika Gerber-Zuber bisher auf die Welt geholfen, darunter auch ihren vier Gottenkindern. Und noch immer empfindet sie jede Geburt als ein kleines Wunder: «Hebamme zu sein, war immer mein Wunsch.»

Nach der Mutter die erste Frau im Leben tausender Männer: Hebamme Monika Gerber-Zuber zeigt Mathusuja und Vithusan (von links) ihr vor drei Tagen geborenes Brüderchen Anusan.


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