Migros-Magazin-36-2013-d-OS

Page 34

Menschen 34 |

|

Eine Annahme der 1:12-Initiative wäre laut Kielholz fatal für den Wirtschaftsstandort Schweiz.

intervieW

Frustration gegenüber den grossen Unternehmen, die sich da geäussert hat. Die Schweiz muss sich aber schon Gedanken machen, ob sie ein Standort für global tätige, internationale Grossunternehmen sein will oder nicht. Falls sie das will, muss sie eben auch einige Sachen akzeptieren, die einem vielleicht nicht so gefallen. Man kann nicht beides haben. Das sagen Sie auch im Hinblick auf die kommende 1:12-Initiative?

Dort ist es ganz klar. Eine Annahme wäre fatal und würde unsere liberale Wirtschaftsordnung erschüttern. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir würden hier an den Universitäten hochqualifizierte Leute ausbilden, die dann ins Ausland gingen, um Erfahrungen zu sammeln — und nie wieder zurückkämen. Wenn wir hier künftig ein sozialistisches Geschäftsmodell einführen wollen, sollten wir doch gleich direkt darüber abstimmen. (lacht) Sie sind ja ein «Freund der FDP».Wie sehen Sie die aktuelle Situation der Partei?

(tiefes Seufzen)

Oha, das klingt nicht gut.

(lacht) Nicht so schnell, ich habe nur gerade über das Schicksal des Landesrings (ehemalige Partei des MigrosGründers Gottlieb Duttweiler, Anm. der Red.) nachgedacht. Aber als eingefleischter Freisinniger würde ich mir natürlich bessere Wahlresultate erhoffen.

|

Ich bin felsenfest überzeugt, dass es in der Schweizer Bevölkerung ein Segment von 20 bis 25 Prozent gibt, das im liberalen Gedankengut verhaftet ist, ohne gleichzeitig nationalkonservative Vorstellungen zu haben. Die Frage ist, wie und wo man diese Leute mobilisiert. Einige hat die FDP in einer Phase der Unsicherheit an die rechtskonservative Seite verloren, die aber auch bei 25 Prozent limitiert ist und nur temporär mal ein bisschen mehr bekommen kann. Aber auf der anderen Seite verliert die FDP an die Grünliberalen.

Das gab es aber schon immer. Als ich in die Mittelschule ging, war der Landesring im Kanton Zürich grösser als die Freisinnigen. Das Mittespektrum kann auch bis zu 20 Prozent erreichen, und es gibt immer Menschen, die sich dort wohler fühlen und einem bestimmten Ziel verpflichtet sind. Dem Landesring ging es um die Liberalisierung der Wirtschaft und das Ende der Kartellisierung. Mein Vater war ja damals im Vorstand des Schweizerischen Gewerbeverbands und hat Gottlieb Duttweiler offiziell abgelehnt, aber eigentlich doch bewundert. Er war beeindruckt, was Dutti zustande brachte, und fand: Wir sollten auch ein bisschen so sein.

Was kann denn die FDP machen, damit sie bei den nächsten Zürcher Stadtratswahlen wieder mehr als einen Sitz bekommt?

Nr. 36, 2. September 2013 | Migros-Magazin |

«Ich bin überzeugt, dass 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung im liberalen Gedankengut verhaftet sind.» Tja, das rot-grüne Lager hat halt in den letzten Jahren keinen ganz so schlechten Job gemacht. Wenn man sich die Wählerverteilung anschaut, ist die Stadt etwa zur Hälfte bürgerlich und nicht-bürgerlich. Es ist eine Frage der Mobilisierung. Die SVP schafft das schon länger nicht mehr, die FDP nur noch knapp. Zusammen aber brächten sie vermutlich schon drei Kandidaten durch. Wenn man allerdings 90 Prozent der Zeit damit verbringt, sich gegenseitig schlechtzumachen, wird es natürlich schwierig. Die Swiss Re hat eine grosse, weltweite Umfrage zum Thema Risiko gemacht. Haben die Erkenntnisse konkrete Folgen fürs Geschäft?

Unsere Produkte richten wir nicht danach aus. Es zeigen sich darin vor allem Ängste, die sich gar nicht direkt versichern lassen. Es ist aber sehr interessant zu sehen, wie in unterschiedlichen Ländern auch verschiedene Sicherheitsbedürfnisse herrschen. Besonders hoch


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.