DOLCE VITA | MM34, 17.8.2015 | 45
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1 Drei Longobardi-Generationen, vereint
für das Familienfoto auf dem Firmengelände in Scafati: (von links) Enza, Anna, Enrico, Carlo (†), Enrico, Nello, Agnello und Naomi. 2 Firmengründer Carlo Longobardi
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Ob «triturati» (geschnitten), «passata» (passiert) oder «pelati» (geschält): In der Dose stecken nur gekochte Tomaten, ganz, gehackt oder passiert. Umso wichtiger ist der Familie die natürliche Beschaffenheit ihrer Produkte. Nello Longobardi: «Für die Qualität einer Tomate sind die Züchtung und der Boden die entscheidenden Faktoren.» In jeder Produktionsphase wird kontrolliert
Hochwertige Tomaten sind das Ergebnis eines langen und aufwendigen Prozesses, vom Anbau bis zur Fabrik, wo ein neuer Wegabschnitt beginnt, der schliesslich beim Konsumenten endet. «In jeder Phase – ob beim Waschen, bei der Sterilisierung oder Sortierung – kontrollieren wir die Qualität», sagt Nello Longobardi. So entstehe ein Produkt, mit dem sich im übrigen eine komplette Familie günstig ernähren könne: «Für vier Personen zum Beispiel kann man eine unserer 500-g-Dosen nehmen und dazu eine Schüssel Pasta anrichten. Fertig ist das Gericht.»
Nicht nur die Tomate zählt bei den Longobardis zur Familie, sondern auch die Migros, wie der Firmenchef betont: «Die Migros hat unsere Geschichte mitgestaltet und uns immer unterstützt. Wir konnten uns stets direkt mit dem Management austauschen und haben uns dadurch weiterentwickelt und verbessert. Und das auf allen Ebenen.» Es war Nellos Onkel Carlo Longobardi, der vor 50 Jahren den Migros-Verantwortlichen ein brandneues Konzept präsentierte: geschälte Tomaten aus der Dose. Bis dahin war die Tomatenkonserve in Italien eine rein familiäre Angelegenheit gewesen, die in Handarbeit erledigt wurde. Die damals neuartige Dose aus Weissblech war die erste Konserve der Migros aus Italien und avancierte in den folgenden Jahren zum Kultprodukt der italienischen Küche in der Schweiz. Zusammenarbeit von Tradition und Vertrauen geprägt
Bevor er im Februar 2015 im Alter von 78 Jahren verstarb, hatte Carlo Longobardi im
Interview mit dem MigrosMagazin von seinem Vater Aniello Longobardi erzählt. Zitat: «Vor der Industriali sierung in den 60erJahren versorgte mein Vater die Migros bereits mit Obst und Gemüse. Er kannte Gottlieb Duttweiler persönlich und lieferte seine Produkte selbst in den schwierigsten Zeiten.» Dank Aniello Longobardi, dessen Name noch heute das Emblem des Unternehmens ziert, ist die Zusammenarbeit zwischen der Familie und der Migros eine Geschichte von Tradition und Vertrauen. Als gegen Mitternacht der Mond die Bucht von Neapel in ein silbernes Licht taucht, ist die Tagesproduktion längst etikettiert, verpackt und liegt bereit für den Transport in die Schweiz. Da zaubert Nello Longobardi einige Tomaten und Mozzarella hervor. Doch bevor wir sie gemeinsam verspeisen dürfen, lässt er noch einmal seiner Begeisterung für den Goldapfel freien Lauf und ruft in feierlichem Ton: «Diese Frucht! Sie ist Leidenschaft pur, sie feiert das Leben!» MM
im Interview mit dem Migros-Magazin, kurz vor seinem Tod im Februar 2015.
Wissenswertes
Pomi d’oro, der goldene Apfel Ihren italienischen Namen pomi d’oro, zu Deutsch goldener Apfel,
trägt die Tomate zu Recht. Denn obwohl sie erst vor etwa 400 Jahren, damals noch als gelbe Frucht, aus Südamerika in die Mittelmeerregion gekommen ist, hat es den Anschein, als gehöre sie schon seit ewigen Zeiten zur mediterranen Welt – ganz besonders zum sonnenverwöhnten Süditalien. Kennt man die Herkunft der Tomate nicht, könnte man vermuten,
dass ihre sinnlichen Rundungen sogar griechischen Ursprungs sind und ihre scharlachrote Farbe von einer etruskischen Göttin stammt. Beisst man dann in das aromatische Fruchtfleisch, tauchen Bilder eines orientalischen Kults vor dem inneren Auge auf. Dabei ist sie doch nur eine Aztekin. Möglicherweise eine Inkafrau, die sich im Lauf der Jahrhunderte so gut integriert hat, dass sie zur Globalisierung der italienischen Kulinarik beigetragen hat wie keine andere Frucht.