Migros Magazin 23 2008 d NE

Page 8

8

Bodybuilding

war ich zu muskulös. In der Rangliste figurierte ich unter ferner liefen.» Inzwischen war Rahel Ruch nach Zürich gezogen und arbeitete dort als Fitness-Instruktorin. Aber sie wusste nicht, wies weitergehen soll – zumal ihr Job die Stimme so sehr belastete, dass sich auf den Stimmbändern Knötchen bildeten. Immerhin: Die Weiterbildung zur Ernährungsberaterin hat sich wie von selbst ergeben, weil sie sich ja selber intensiv damit auseinandersetzt. Die Rettung kam gleich in doppelter Form: Einerseits riefen die Bodybuilding-Verbände eine neue Sportart ins Leben, die sogenannte Figurenklasse, ein Mittelding zwischen Bodybuilding und Fitness. Hier wollte Rahel Ruch mitmachen und wurde 2004 Europameisterin. Anderseits lernte sie an einem BankdrückenWettbewerb Marcel Steinmann kennen, Bodybuilder und Personaltrainer für Kraftsportler. Vier Monate nach dem ersten Treffen zog sie zu ihm nach Reitnau. Seither leben sie zusammen mit der feissen Tigerkatze Whisky in der neuen Reiheneinfamilienhaussiedlung oberhalb des Dorfs. Marcel sei der ruhige Pol in der Beziehung. «Ich bin eher die Chaotin, der Wirbelwind, dauernd in Bewegung», sagt sie.

Brutal entwässerter Körper Schliesslich entschied sich Rahel Ruch, definitiv ins Bodybuilding einzusteigen. Sechsmal wöchentlich hartes Training, ausgeklügelt ausgewogene Ernährung, arbeiten in Zürich als Personaltrainerin, Körpergewicht reduzieren, Körper entwässern, jede Faser des Körpers auf den Moment des Wettkampfs auf Höchstform trimmen, kurz: absolute Disziplin! «Diese Disziplin und das Wissen um die Ernährung und den eigenen Körper unterscheidet ernsthafte Bodybuilder von solchen, die bloss Muskelberge anhäufen und so das Image der Bodybuilder als hirnlose Dumpfbacken bestätigen», sagt sie. Ihr Einstieg in die Welt der professionellen Bodybuilder ist geglückt, siehe die drei Weltmeister- und der Miss-Universe-Titel. Jetzt hat Rahel Ruch den Verband gewechselt. «Im Oktober will ich an den Wettkämpfen in Barcelona Weltmeisterin im internationalen Verband der Bodybuilder (IFBB) werden. Und im Jahr darauf den vierten der vier grossen Verbände knacken.» Dann wäre sie eine Art Champion aller Verbände, vergleichbar mit den Boxern, auch wenn es im Bodybuilding weit mehr Verbände gibt. Aber eben nur vier massgebende. Im Juli beginnt sie mit den Vor-

Migros-Magazin 23, 2. Juni 2008

«Vor der WM liegt nicht einmal mehr das Nutella-Brötli drin, das ich mir sonst sonntags gönne.» Bodybuilder kochen anders: Eiweiss und Kohlenhydrate sind alles, Fett ist tabu.

Stark wie Schwarzenegger

Ein starkes Paar: Bei Marcel Steinmann und Rahel Ruch zählen nur Muskeln.

bereitungen: noch härter trainieren, auf die Minute genau und aufs Gramm abgewogen essen, Posen einstudieren, das Körpergewicht um neun Kilo reduzieren. «Für die drei Wettkampfminuten auf der Bühne in Barcelona muss alles perfekt stimmen. Da liegt nicht mal mehr das Nutella-Brötli drin, das ich mir sonst sonntags gönne.» Text Christian Hug Bilder Joschi Herczeg

Mehr als Eiweiss und Anabolika: www.migrosmagazin.ch zu Tendenzen und Gefahren im Bodybuilding.

Bodybuilding fristet in der Schweiz ein Schattendasein: Lizenzierte Frauen gibt es nur wenige, und die Männer haben auf den internationalen Bühnen kaum eine Chance. Was daran liegt, dass diejenigen Wettkämpfer, die international mithalten können, an nationalen Wettkämpfen nicht mehr teilnehmen. International mischen Schweizer und Schweizerinnen aber durchaus in den vorderen Rängen mit Rahel Ruch an vorderster Spitze mit. Gekämpft wird in verschiedenen Kategorien. Die wichtigsten: Bei den Frauen in den Gewichtsklassen bis und über 55 Kilo Körpergewicht, bei den Männern in den Klassen bis 80, bis 90 und über 90 Kilo. Junioren und Athleten ab 40 Jahren treten in eigenen Kategorien an. Grob unterteilt messen sich Bodybuilder heute nach drei verschiedenen «Philosophien»: Die Natural Bodybuilder, die auf jeglichen Einsatz von chemischen Hilfsmitteln verzichten. Die «normalen» Bodybuilder halten sich an die Liste der verbotenen Dopingmittel des Internationalen Sportverbandes (IOC). Und die grössten Muskelprotze konsumieren nach Gutdünken das eine und andere verbotene Hilfsmittel. Zu Letzteren gehörte übrigens auch Arnold Schwarzenegger: Im Wettkampf wirken Rahel Er ist bis Ruchs Muskeln viel heute der ausgeprägter: Dann ist ihr Übervater aller Körper entwässert Bodybuilder und von Fett befreit. geblieben.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Migros Magazin 23 2008 d NE by Migros-Genossenschafts-Bund - Issuu