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NR. 21, 21. MAI 2012 | Migros-Magazin |

InterMezzo

Na, das ist doch was, diese Adresse. Denn schliesslich ist die Migros eine nationale, bodenständige Institution – und laut einer grossen Publikumsumfrage des Marktforschungsinstituts GfK erst noch jene mit dem besten Ruf in der Schweiz. Wie hat es ein Journalist einmal (spasseshalber?) gesagt: «Das einzige, was die Schweiz überhaupt noch zusammenhält, ist das feine Netz der Migros-Filialen.»

Eine Komödie zum ZehnJahre-Jubiläum Das Freilichttheater Gurten zeigt im Sommer «Holzers Peepshow».

Regisseurin Livia Anne Richard und Markus von Känel beim Dreh zum

D

ie Regisseurin Livia Anne Richard führt seit zehn Jahren Regie auf dem Gurten. Im Gespräch mit dem Migros-Magazin gibt sie Auskunft über die Komödie, die es im Jubiläumsjahr zu sehen gibt.

Was bringt Sie dazu, nach «Dällebach Kari», «Einstein», Steinbeck und Dürrenmatt auf dem Gurten ein Stück über eine Bauernfamilie zu inszenieren?

Zunächst ist «Holzers Peepshow» nicht in erster Linie ein Stück über eine Bauernfamilie. Der Autor Markus Köbeli zeigt in seinem Stück, was geschieht, wenn man mit der Aufgabe konfrontiert wird, über sein eigenes Sein nachzudenken. «Peepshow» bedeutet hier, dass die Familie Holzer davon profitieren will, dass Touristen vor ihrem Bauernhof regelmässig halt machen. Der Hof der Holzers ist nicht im Tal oder auf dem Gipfel. Er ist in der Mitte, dort, wo nichts passiert. Und der Hof läuft nicht mehr besonders gut. Der Junior sucht aus dieser Notsituation heraus nach neuen Einkommensquellen. Die Familie Holzer soll den

Touristen «echtes Bauerntum» vorspielen. Mich fasziniert daran, dass so dem Publikum ein Spiegel vorgehalten wird. Was würde ich tun, wenn ich plötzlich mich selbst spielen müsste? Wer bin ich? Machtsich«HolzersPeepshow»überBauern lustig?

Nein, im Gegenteil. Das Stück hat einen liebevollen Umgang mit den Bauern. Es beginnt damit, dass die letzte Kuh versteigert wird. Das ist nicht witzig. In der Schweiz verschwinden täglich zwei bis drei Bauernhöfe. Das ist ja eigentlich ungeheuerlich. Die Holzers verdienen ihr Geld mit dem, worunter sie gleichzeitig leiden: mit den Auswirkungen der Globalisierung. Schlussendlich landen sie im Tourismus. Die Holzers sind eine Schweizer Bauernfamilie, die in einer Randregion lebt. Was ist für Sie typisch schweizerisch?

Sturheit, Präzision, Sauberkeit, Pünktlichkeit, Bescheidenheit, mehr Sein als Schein – die Liste liesse sich beliebig erweitern. Die Holzers repräsentieren mit

ihren drei Generationen die Schweiz ziemlich gut. Die Tochter möchte mit dem Bauerntum eigentlich nichts mehr zu tun haben. Der Sohn würde den Hof übernehmen, wenn es möglich wäre. Die Eltern halten stark an älteren Werten und Massstäben fest. Der Vater ist sehr einsilbig. Das ist vielleicht auch typisch schweizerisch: Zuerst denken, dann reden, bloss nichts riskieren. «Holzers Peepshow» ist eine intelligente Komödie. Sie haben sich bisher auf dem Gurten nicht mit diesem Genre beschäftigt, sondern sich auf Aussenseiter konzentriert oder auf Menschen, die sich sehr stark exponieren.

Das sehe ich anders. Ich glaube, man kann heutzutage in der Schweiz kaum deutlicher am Rand stehen, als wenn man einen Kleinbauernbetrieb führt. Das hat beinahe etwas Exotisches. Eine Komödie hat – im Gegensatz zum Schwank – durchaus auch eine tragikomische Seite. Das Stück hat einen tragischen Hintergrund. Wie die Familie Holzer damit umgeht, das macht es zur Komödie. Ich unterscheide diese Genres nicht. Man


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