90 Besser leben
Migros-Magazin 2, 7. Januar 2008
Die neuen Familienväter
Kinder, Küche, Klatsch: Das ist noch immer Frauensache. Doch die Väter holen auf. Sie kümmern sich vermehrt um die Erziehung, treffen sich auf dem Spielplatz und vernetzen sich. Das tut Kindern und Beziehung gut.
A
chtung!», ruft Jaromir (3) und hüpft von der roten Rolle auf die blaue Matte. Seine Schwester Emma (6 Monate) sitzt plappernd auf dem Schoss ihres Vaters Martin Guggisberg (37). Dieser unterhält sich mit einem Freund. Die Männer sind sich einig: «Wir reden schon gern über die Kinder, aber wir sind froh, dass wir auch über andere Themen wie Ferien oder Wein diskutieren können.» Guggisberg wohnt um die Ecke und geht mit seinen Kindern häufig in die DreirosenFreizeithalle in Basel. «Hierher kommen oft Väter, die Trampolin und Klettermöglichkeiten toll finden», sagt er. Es fällt auf, dass auch an einem Vormittag praktisch gleich viele Väter wie Mütter aus dem Quartier hier sind. Männer also wie Guggisberg, die nicht während der ganzen Woche von ihrem Beruf absorbiert sind. Guggisberg arbeitet im 60-Prozent-Pensum als Physiker und Informatiker an der Uni Basel. So bleibt Zeit für seine Kinder und natürlich für seine Partnerin Beatrice Buess (34). Sie arbeitet zu 50 Prozent als Sozialpädagogin mit drogenabhängigen Frauen. Das Paar möchte nicht anders leben. Buess ist der Meinung, berufliche Anerkennung, Abwechslung und eigenes Geld seien wichtig. Und
Guggisberg würde seine Kinder vermissen, wenn er eine wissenschaftliche Karriere mit Überstunden und Auslandreisen verfolgen würde.
Gelebte Gleichstellung hilft Eltern wie Buess und Guggisberg, die sich Kinderbetreuung, Erwerbs- und Hausarbeit teilen, sind in der Schweiz rar: Nur zwei Prozent der Familien leben dieses Modell. Doch genau diese Paare scheinen besonders zufrieden zu sein: Die Studie «Kinder, Jugend und Generationenbeziehungen» des Nationalen Forschungsprogramms aus dem Jahr 2005 zeigt, dass sogenannte egalitäre Paare überdurchschnittlich stabile Beziehungen führen. Die Leiterin der Untersuchung, Soziologin Margret Bürgisser, erklärt die Gründe: «Diese Paare stehen in intensivem Dialog, ihre Welten sind vernetzt. Dadurch entfremden sie sich weniger.» Meistens seien beide Partner ähnlich gut ausgebildet und hätten einen vergleichbaren Lohn. «Das wirkt Scheidungen entgegen», so Bürgisser. Jedem sein Netzwerk Matthias Huber, Psychologe und Fachberater beim Verein Väternetz.ch, beobachtet den Wunsch nach mehr Vernetzung vor allem bei Männern, die ihre Berufs-
tätigkeit stark zugunsten von Kinderbetreuung und Hausarbeit reduzieren. Je nach Arbeitspensum zeigen sich verschiedene Netzwerkbedürfnisse, wie Huber erklärt: «Väter, die 80 Prozent arbeiten, wollen an ihrem Kindertag mit anderen Vätern etwas gemeinsam unternehmen. Väter mit kleineren Pensen hingegen wollen sich eher mit anderen Männern darüber austauschen, wie Mann alles unter einen Hut bringt: Job und Kinderbetreuung, Haushalt, Zeit für sich selbst und die Partnerin.» In der Schweiz gibt es eine gute Handvoll regionaler Väternetzwerke und ein paar überregionale Initiativen. Nicht gerade viel. Doch Guggisberg meint dazu: «Ich hätte oft gar keine Zeit, neben dem Haushalten abends noch an ein Treffen Ausgeglichenes Paar: Beatrice Buess und Martin Guggisberg sind beide erwerbstätig.
zu gehen.» Kontakt zu anderen Vätern hat er auch so oft. Einige Freunde mit kleinen Kindern im Quartier arbeiten wie Guggisberg teilzeit. Die Väter treffen sich spontan im Park, in der Freizeithalle, auf dem Spielplatz und im Sommer in der «Buvette»-Beiz am Rhein. Damit sich