Migros-Magazin-19-2013-d-LU

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SAISONKÜCHE 88 |

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GABRIELLA BINKERT

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NR. 19, 6. MAI 2013 | MIGROS-MAGAZIN |

Die Herrin im Münstertal

Kaum ist der Winter vorbei, steht der Sommer vor der Tür. Nicht so im Val Müstair. Hier nimmt sich alles Zeit. Der Frühling zum Blühen und die Naturpark-Direktorin Gabriella Binkert zum Kochen.

H

eikel, das finde ich sehr heikel, Plain in Pigna als Bündner Ofenrösti zu bezeichnen», begrüsst die Naturpark-Direktorin Gabriella Binkert «Saisonküche»-Köchin Lina Projer. «Voll im Ofen — so heisst es wörtlich übersetzt — ist natürlich eine eigenartige Bezeichnung für ein Gericht. Belassen wir es doch bei Plain in Pigna», sagt Gabriella Binkert. Im Val Müstair (Münstertal) sprechen die Einheimischen Jauer und schreiben Vallader, zwei rätoromanische Dialekte. Nicht etwa als Sprachkulisse für Touristen, sondern als tief verwurzelte, heimische Kommunikation. Im Abseits steht die Region deswegen nicht. Im Gegenteil. Heute bleiben die Unterländer, auf dem Weg ins Südtirol, oft länger im Tal und lassen sich von den Naturschönheiten und der deftigen Küche verzaubern.

Die Bauern stellen 80 Prozent ihrer Produkte in Bioqualität her «Die hat es tatsächlich in sich», sagt Lina Projer. «Ich habe mich gestern an Trockenfleisch, Alpkäse, Gerstenbrot und Rindsragout mit Polenta gelabt und zum Schluss ein Stück Bündner Nusstorte vertilgt. Mein Magen verdaut immer noch.» — «So schwer war das nun auch wieder nicht, aber sicher gut», erwidert Gabriella Binkert. «Stimmt es eigentlich, dass bei euch 80 Prozent der Bauern ihre Produkte in Bioqualität herstellen, wie den gestern gekauften Bergkäse, den wir für die Plain in Pigna verwenden?», fragt Lina Projer, den Käse raffelnd. «Klar doch, jedes einzelne Prozent stimmt», erwidert die Direktorin. Gabriella Binkert hat den Bekanntheitsgrad des Val Müstair wesentlich gesteigert. Die ideenreiche Weltbürgerin, die Rumantsch, Deutsch, Italienisch, Französisch, Englisch und Spanisch

AUFGETISCHT

Gabriella Binkert Becchetti (53), Naturpark-Direktorin und Politikerin Ihr Vater war Kulturminister von Nigeria und ihre Sanktgaller Rheintaler Mutter begeisterte Motorradfahrerin. Gabriella Binkert ist Naturpark-Direktorin der Biosfera Val Müstair, SVP-Gemeinderätin in Sta. Maria und Unter-

nehmerin. Wöchentlich pendelt sie zwischen ihrem Agriturismo am Gardasee und ihrem Maiensäss im Val Müstair. Dabei hält sie sich an die Tempolimiten, aufs Gaspedal drückt sie erst als Hobby-Rallyefahrerin.

n Was haben Sie auf Vorrat? Heublumensalsiz, Bergkäse, Wein und Schokolade. n Wie oft kochen Sie pro Woche? Einmal im Monat, sonst bin ich der «Casserolier» meines Manns Corrado. n Kochen ist für Sie … … Entspannung und Leidenschaft zugleich. n Was würden Sie nie essen? Ein Ragout von einem Schafsbock, und Milch trinke ich nicht. n Mit wem würden Sie gern mal essen gehen? Mit George Clooney, aber nicht, bevor ich mit ihm vor dem Essen eine Runde mit dem Motorrad gedreht habe.

Wie von Hodler gemalt: die Zutaten zu Plain in Pigna, wohlgeordnet und zum Verarbeiten bereit.


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