Migros magazin 14 2017 d lu

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18 | MM14, 3.4.2017 | MENSCHEN

Camp in Kanada kämpfte er sich zur alten Form zurück. Er war 21, Topscorer bei Sierre, es hiess: «Dä Furri isch zrugg.» Zehn Spiele lang war er in seinem Element, wieder lag ein Nati-AVertrag auf seinem Tisch. Doch dann: «Eine Sekunde, ein Bodycheck, und es war erneut aus.» Jahrelang durfte er keinen Sport mehr treiben. Zig Therapien und Teilzeitjobs liessen ihn nicht von seinem Plan abrücken. Er wollte es nochmals wissen. Trotz Herzrasen, Augenflimmern und Kopfschmerzen heuerte er im vergangenen Sommer beim HC Winterthur an. Er genoss das Comeback eine schöne Saison lang. Dann ein erneuter Check, und ihm war klar: Das wars. «Hätte man mir als 19-Jährigem gesagt, ich sei zu schlecht, dann wäre es halt so gewesen», sagt er. «Aber ich weiss, ich war gut genug, um den Traum zu leben, für den ich 15 Jahre lang gekämpft hatte.» Furrer hadert damit, dass er nicht alle Karten spielen konnte. Doch er will nicht jammern. Vor Kurzem ist er in eine ganz andere Branche eingestiegen. Seit Februar arbeitet er als Autoverkäufer bei einem Mercedes-Händler. Furrer versuchts mit Humor: «Im Eishockey schaffte ich es nicht in die Nati A. Dafür bin ich bei der Automarke in der NHL angekommen.» 18 Wagen hat er bereits verkauft. Noch immer leidet er an den Folgen seiner Verletzungen. Aber er gewinnt dem Pech auch Positives ab. Hätte er sich nicht verletzt, wäre er nie in Winterthur gelandet und hätte nie seine grosse Liebe, Stefanie Hess (25), kennengelernt. Heute sagt er: «Ich freue mich auf mein neues Leben.»

Thomas Furrer: «Bei der Automarke bin ich in der NHL angekommen.»

Vom ProfiGoalie zum Immobilienmanager: Diego Würmli

Ex-Goalie Diego Würmli

«Fussball war mein Leben – aber ich bin eher der Sicherheitstyp» Jeder dritte Bub spielt in einem Verein Fussball, jeder Jahrgang bringt rund 15 000 neue Spieler. Rund 300 von ihnen schaffen es später in eine U-21 der Super-League-Klubs. Der letzte Sprung in die erste Mannschaft gelingt nur den wenigsten: Etwa drei Nachwuchstalente werden A-Nationalspieler und 10 bis 15 Profifussballer, schätzt Antonio Iacovazzo von der Swiss Association of Football Players, der Schweizer Vereinigung der Profi-Fussballer/-innen. Diego Würmli (31) gewann 2002 mit der legendären U-17-Nationalmannschaft die Europameisterschaft in Dänemark. Er erinnert sich gern an das Turnier: «Wir waren 16 Jahre alt, Teenies, alles war sehr aufregend. Wir wohnten in einem Hotel und konnten das erste Mal die Vorzüge des professionellen Fussballs geniessen.» Mit dabei waren auch die heutigen Profis Philippe Senderos, Tranquillo Barnetta und Reto Ziegler. Als Bub «tschuttete» Diego Würmli pausenlos. Mit 10 Jahren stiess er zu den Grasshoppers, mit 14 zum FC Zürich, mit 18 zum FC Basel in den Nachwuchs. Nebenbei schloss er eine Lehre zum eidgenössisch diplomierten Berufssportler ab, die es heute nicht mehr gibt. Er trainierte mehrmals die Woche als Torhüter, spielte gefühlte 100 Partien im Jahr, kickte in der Freizeit mit Freunden. Nach dem Wechsel zum FC Basel in die U21 erhielt er später auch einen Profivertrag. Eine Zeit lang lief alles nach Plan. Dann muss-

te er seinen Platz immer öfter mit jüngeren Goalies teilen. Einer von ihnen war Yann Sommer. Im dritten Vertragsjahr beim FCB begann er, die Dinge anders zu sehen. Lieber wollte er jetzt den Umstieg ins Berufsleben schaffen, als einer unsicheren Zukunft entgegenzublicken. «Fussball war mein Leben, aber ich bin eher der Sicherheitstyp.» Talentierten Jungen rät er: «Mach es!»

Schnell fand er ein Praktikum in der Immobilienbranche und fühlte sich auf Anhieb wohl. «Jeder wohnt – es ist ein bodenständiger Beruf.» Seither hat er sich ständig weitergebildet und ist unter anderem Immobilienbewerter mit eidgenössischem Fachausweis und für eine börsenkotierte Immobilien-Aktiengesellschaft im Asset Management tätig. Zweimal die Woche spielt er mit dem FC Herrliberg in der 3. Liga Fussball – «mit dem besten Fussballverein der Welt». Zum Spass und für die Fitness. Als Fan unterstützt er lieber den ZSC als einen Fussballklub. «Wenn man für GC, den FCZ und den FCB gespielt hat, kann man sich nicht mehr so gut mit einem einzigen Klub identifizieren.» Jedem Zehnjährigen, der das Talent und den Willen für eine Fussballerkarriere hat, rät er: «Mach es!» Es sei eine tolle Lebensschule. Wehmut empfinde er keine. «Ich konnte immer Schritt für Schritt gehen – so hat es für mich gestimmt.» MM


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