22 Die Forsters
Migros-Magazin 14, 31. März 2008
«Ich gehe nie ins Kino»
Marc Forsters Mutter Ulli Forster spielt Golf und macht Skitouren. Kino hat sie nie interessiert, James-Bond-Filme mag sie nicht. Trotzdem wird sie im Bond-Film ihres Sohnes Statistin sein.
U
lli Forster hat nie verstanden, warum ihr Mann Wolf, der ein intelligenter und kultivierter Arzt war, so oft vor der Glotze einschlief, ausser es lief ein James-Bond-Film. «Bond-Filme bringen die Menschheit nicht weiter», sagt die gepflegte Frau. Und jetzt dreht tatsächlich ihr Jüngster, der 39-jährige Marc Forster, den 22. James-Bond-Film. Dabei hat Marc einen IQ von 160 und ist «ein Mann von Welt». Ihren Söhnen habe sie als Lebensphilosophie «liebenswürdige Akzeptanz ohne Aggressionen» mit auf den Weg gegeben. «Jetzt macht er solche Sachen!» Wie es sich für eine Mutter gehört, sorgt sie sich um ihr Kind – «Was passiert, wenn der Film floppt?» Gleichzeitig ist sie glücklich, dass er es geschafft hat – «Ich bete, dass der Erfolg anhält!» Noch nie hat sie ihrem Sohn bei der Arbeit über die Schulter geschaut. Jetzt – ausgerechnet bei den Dreharbeiten für den James-Bond-Film – wird sie zum ersten Mal dabei sein. Mit drei Freundinnen wird sie im April in Bregenz (A) als Statistin auftreten.
Für einmal kommandiert der Sohn Die Begegnung zwischen Mutter und Sohn auf dem Filmset, wo Geheimagent 007 seine Widersacher durch die «Tosca»-Kulisse jagen wird, könnte nicht ganz spannungsfrei ablaufen. Denn es prallen zwei Welten aufeinander: die familiäre und die berufliche. «Zu Hause bin ich der Chef», sagt die Mutter, «bei der Arbeit ist Marc der Chef, zwei Chefs erträgt es schlecht.» Doch die Neugierde ist gross. «Das wird das erste Mal sein, dass ich mich von meinem Sohn dirigieren lasse», sagt die Augsburgerin und lacht. Die gelernte Textileinkäuferin, die mit 18 Jahren kurz als Model arbeitete, strahlt eine grosse Wärme und Herz-
lichkeit aus, wenn sie über ihren Sohn spricht. Dieser schreibt dem Migros-Magazin aus Panama, Zentralamerika, wo er mit 007 Daniel Craig und der über 200-köpfigen Filmcrew am Drehen ist: «Ich freue mich sehr, dass meine Mutter ein erstes Mal dabei sein wird.»
Kontakt vor allem per Mail Der Kontakt zwischen Mutter und Sohn ist rege. Sie mailt ihm mehrmals pro Woche Alltägliches, er fragt am Telefon, ob es in Klosters GR, wo seine Mutter in einer Fünfzimmerwohnung lebt, noch genug Schnee zum Skifahren gebe. Denn eigentlich wollte Marc seine «Muffi», wie Marc und sein Bruder Peter ihre Mutter nennen, nach Ostern besuchen. Doch daraus wurde nichts. Der Druck bei den Dreharbeiten war zu gross. «Marc ist zwar sensibel, feinfühlig, tiefsinnig und lieb, aber in seinem Beruf lässt er sich nicht dreinreden.» Marc soll von der Bond-Produzentenfamilie Broccoli sogar verlangt haben, dass gewisse Leute ausgewechselt würden. Seit Marc praktisch jedes Jahr einen neuen Film dreht, sieht sich die Familie nur noch selten. An der letzten Weihnacht trafen sich Bruder Peter, seine Frau Raffaella, Mutter Ulli, Marcs Berner Freundin Dana Kohler, die als Lehrerin in Zürich arbeitet, und Marc in Südafrika. Der Ort war nicht zufällig gewählt, dort entstanden die ersten Bilder für «Quantum of Solace», den neuen Bond-Film. Ein Zimmer steht zwar für Marc in Klosters bereit, doch er benützt es kaum. Schlimm sei das nicht, meint Ulli Forster. «Wir müssen nicht viel reden», sagt sie, «wir verstehen uns auch so.» Nur ein einziges Mal habe sie mit ihrem jüngsten Sohn eine schwierige Auseinandersetzung gehabt. Da war er 18 und zum ersten Mal in NewYork. Seit er sich mit 12 Jahren im
Ulli Forster in ihrer Fünfzimmerwohnung in Klosters GR. «Es kommt alles zurück, was man im Leben gegeben hat», sagt sie. Sohn Marc, erfolgreicher Regisseur, bezahlt ihr die Miete.