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Renaissance mit Geschmack
Sauerteig erfährt seit einiger Zeit ein Comeback. Er ist für Hunderte von Aromen verantwortlich, lebt bei guter Pflege ewig und ist Hauptbestandteil der beliebtesten «frisch & handgemacht»-Brote aus den Hausbäckereien der Migros Basel.
Text und Bilder: Moritz Weisskopf
Das Herakles-Brot und das Fougasse Rustique gehören zu den neueren Brotkreationen der Migros Basel, und doch zählen sie schon zu den beliebtesten «frisch & handgemacht»-Spezialitäten der Hausbäckereien. Aussen knusprig, innen weich, stark im Geschmack und lang haltbar. Hauptverantwortlich für diese guten Eigenschaften ist eine Zutat, die sich die beiden Brotsorten teilen: Sauerteig. Er entsteht durch Fermentation: Wasser und Mehl werden gemischt und stehen gelassen. In warmer Umgebung bilden sich mit der Zeit Milchsäurebakterien und Hefepilze. Deren Stoffwechselprodukte lockern den Teig und tragen zu den genannten Eigenschaften bei. Die aktive Sauerteigflora bildet bis zu 300 Aromastoffe, die für den unverkennbaren Brotgeschmack sorgen.
Sauerteig ist Chefsache
Die Herstellung und Pflege eines Sauerteigs sind eine Wissenschaft für sich. «Von entscheidender Bedeutung ist die Temperatur», erklärt Björn Bernauer, stv. Leiter der Patisserie Artisanale der Migros Basel. «Je höher die Umgebungstemperatur ist, desto schneller bildet sich Säure im Teig. An speziell heissen oder kalten Tagen muss man also genau darauf achten, wie und wo man den Sauerteig aufbewahrt». Wichtig sei auch die Sauberkeit der Werkzeuge. Sie dürfen auch nicht aus Edelmetall sein, da diese antibakterielle Eigenschaften haben und deshalb die Milchsäurebakterien beeinträchtigen können.
Hat man aber einmal sein «Anstellgut», quasi die Basis für das Sauerteigbrot, im Griff, bleibt es einem auf lange Bild:
Zeit erhalten. Wenn man einen Teil für die Herstellung von Backwaren entfernt, kann man es mit der Zugabe von Mehl und Wasser wieder auffrischen. Bäcker pflegen und nutzen ihre Sauerteigkulturen oft jahrzehntelang, denn das Backergebnis wird mit zunehmendem Alter der Kultur immer besser. «Es gibt auch Bäckerfamilien, die Sauerteigkulturen weitervererben, oder bei denen nur der Chef selbst damit hantieren darf», so Björn Bernauer.
Aromatisch und bekömmlich Bereits seit mehreren Tausend Jahren wird Sauerteig für die Zubereitung von salzigen, aber auch von süssen Backwaren verwendet. So zum Beispiel für die maltesischen Ftira, das ägyptische BaladiBrot oder in Indien für Bhatura und in Mexiko für Tortillas. Das Faszinierende daran: Die jeweiligen Sauerteige unterscheiden sich hinsichtlich der enthaltenen Mikroorganismen. In der Schweiz werden die ältesten Funde von Brot mit Weizenmehl und Sauerteig um 3550 v. Chr. in Twann BE lokalisiert. Zur ungefähr gleichen Zeit entstanden durch die gleiche Gärungstechnik Wein und Bier. Bäcker nutzten schon früh die Hefe der Bierbrauer für ihr Brot. Als Mitte des 19. Jahrhunderts Presshefe zum ersten Mal im grossen
MigrosBasel
Stil hergestellt wurde, nahm der Siegeszug der Hefe ihren Lauf.
Während Sauerteig in den vergangenen Jahrzehnten zugunsten der weniger arbeitsaufwendigen Backhefe in den Hintergrund gedrängt wurde, erlebt er derzeit eine Renaissance. Das hat nicht zuletzt mit der Rückbesinnung auf regionale Produkte und gesunde Ernährung zu tun, denn das im Sauerteig entstehende Kohlenstoffdioxid lockert den Teig nicht nur auf, sondern verbessert auch das Aroma, den Geschmack und die Haltbarkeit des Brots. Lange geführter Sauerteig macht das Brot aber auch bekömmlicher. «Unser Sauerteig ist im Vergleich mit den deutschen Varianten relativ mild und kommt bei der Kundschaft sehr gut an», sagt Björn Bernauer. «Deswegen werden wir unser Sortiment an Sauerteigbroten auch weiter ausbauen – wir haben noch ein paar Ideen in petto.» MM
Herakles-Brot (kleines Bild links) und Bio Fougasse Rustique (oben) sind die beliebtesten Sauerteigbrote.


Björn Bernauer (links), stv. Leiter der Patisserie Artisanale der Migros Basel, ist Experte in Sachen Sauerteig.

