Migros magazin 12 2014 d vs

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GENERATION M | GARTEN 8 |

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NR. 12, 17. MÄRZ 2014 | MIGROS-MAGAZIN |

Auf Safari vor der eigenen Haustür: Urs Schaffner entdeckt in seinem Gartenreich täglich Neues.

Bühne frei für die Natur

Urs Schaffner ist in seinem Garten vor allem Kulissenbauer. Auf 400 Quadratmetern hat er eine Bühne geschaffen, die von zahllosen einheimischen Tier- und Pflanzenarten bespielt wird.

W

enn Urs Schaffner (69) von «Requisiten» spricht, gehts nicht um Theater, zumindest nicht im klassischen Sinn. Für den begeisterten Naturgärtner aus Subingen SO sind Requisiten das, was er in seinem Garten der Tierwelt zur Verfügung gestellt hat: Ast-, Laub- und Steinhaufen, Trockenmauern, Wurzelstöcke, Nisthilfen. Was die tierischen Akteure daraus machen, erlebt der Mensch mal als Lustspiel, mal als Drama – Regie aber führt immer die Natur. An diesem feuchtkalten Februartag ist die Gartenbühne nahezu verwaist. Der Nebel wabert von der Aare hinüber ins Quartier, wo Urs Schaffner mit seiner Frau Ruth (67) in einem

Einfamilienhaus aus den 50er-Jahren wohnt. In den kahlen Himbeerstauden krakeelt ein Trupp Stare. «Dieses Jahr sind sie zehn Tage früher als üblich aus Spanien zurückgekehrt», erzählt der pensionierte Werkbetriebsleiter. Er führt ein Gartentagebuch über all das, was auf seinen 400 Quadratmetern kreucht und fleucht. Jahrelang habe immer das gleiche Starenpärchen in der Birke vor dem Haus gebrütet.

Für den Igel gibts einen Laubhaufen, dafür frisst er dann die Schnecken Die Birke ist, da zu gross geworden, inzwischen gefällt. Statt als Kinderstube für Stare wird sie dieses Jahr Insekten wie Balkenschrötern, Ro-

senkäfern und Bockkäferlarven als Futterquelle dienen. «In den vom Bockkäfer vorgebohrten Löchern haben Solitärbienen überwintert», weiss Schaffner, «sie werden demnächst ausfliegen.» Die Bienen sind auf früh blühende Futterpflanzen wie die Kornelkirsche angewiesen. Der Hobbyökologe hat sie mit weiteren heimischen Sträuchern wie Traubenkirsche, Holunder, Schneeball und Pfaffenhütchen in einer Hecke gesetzt. 46 Vogelarten hat diese schon Futter und Nistmöglichkeiten geboten. Mit sechs Meter Höhe der mächtigste Strauch im Garten ist ein Hasel. Er beschattet im Sommer den Sitzplatz. Zu seinen Füssen, zwischen den ersten Bärlauchblättern und Buschwindröschen, schläft ein weiterer Gartenbewohner: Ein Igel hat sich tief unter einem Laubhaufen vergraben, dem ihm die Gartenbesitzer im Herbst aufgehäuft hatten. Im Gegenzug wird er in ein paar Wochen die Schnecken dezimieren, bevor sie sich über Ruth Schaffners Gemüsegarten hermachen können. «Selbst wenn ein Naturgarten manchmal unordentlich erscheint, herrscht ein fragiles Gleichgewicht» sagt Urs Schaffner. «Jedes Lebewesen ist Stück eines Netzes, womit es untrennbar mit den anderen verwoben ist.» Als letzten Sommer beispielsweise die Blattläuse überhand zu nehmen drohten, errichtete er Steinhaufen für Marienkäfer, deren ärgsten Fressfeind. Von den Steinhaufen profitieren


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