18 Kolumne
Migros-Magazin 12, 17. März 2008
Geldwäscherei
Der Hausmann
Bänz Friedli (42) lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Zürich.
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BIL D BÄNZ F RIEDL I
A
lso doch. «Sälber Seckel!», begrüsste Fisch, offenbar Migros-Magazin-Leser, mich letzten Montagabend zum Training – er wie immer im grünweiss gestreiften Celtic-Dress, ich im blassrosa Juve-Shirt, das die Kameraden «schwul» finden. Hatte ichs noch leise vermutet, mein Libero und Captain, der Fisch, sei es gewesen, der mich mit dem SMS «Gruss aus Dublin vom Konzert der unglaublichen Lucinda Williams» zu solch blankem Neid trieb, dass ich am liebsten: «Du Seckel!» geantwortet hätte – wenn ich mir denn sicher gewesen wäre, wer hinter der Handynummer steckt. Nur hatte eine Trommel Buntwäsche – die geneigte Leserin erinnert sich – meinem alten Handy ein feuchtes Grab bereitet. Seither rätsle ich, welche Nachricht von wem stammt, und antworte meist vage. Statt wochenlang zu rätseln, wer die grossartige Songwriterin in Dublin live erlebt hat, hätte ich ja einfach zurück-SMS-eln können: «Sorry, Handy ’putt! Wer bist du?», findet meine Frau. Sei ja keine Schande, wenn ich alle nicht auf der SIM-Karte gespeicherten Kontakte – all die vielen, die ich in den letzten fünf Jahren gespeichert habe – verloren hätte, sagt sie. Das hat was. Aber wer würde mir glauben, dass ich mein altes Mobiltelefon in die Waschmaschine geschmissen habe? Was zwar stimmt, aber dermassen nach fauler Ausrede klingt, dass ich lieber schweige.
«Von geschleuderten iPods und getumbelten Brillen wurde berichtet.» Bin nämlich gebrannt. Ein einziges Mal tippte ich «Wer bist du?»; ich hatte einen Geburtstagswunsch von Unbekannt erhalten. Die Absenderin war tödlich beleidigt, dass ich sie nicht erkannte. «Du hast mich gelöscht?!??» Ich hatte. Sie war die Ex meines besten Freundes, und meinen besten Freund verlässt man nicht. Aber Sie glauben ja gar nicht, von wie vielen geschleuderten Handys mir in den letzten Tagen berichtet wurde, von wie vielen getumbelten Kugelschreibern, Akkuschraubenziehern, iPods, Brillen … Und keine Hausfrau, welcher der GAU mit dem Papiernastuch nicht schon passiert wäre. Dazu hat Leserin Franziska übrigens einen Tipp: «Wäsche in den Trockner und nur so lange tumbeln, bis die Fuseli davongeflogen sind. Danach hänge ich die Wäsche normal auf, und die ganz hartnäckigen
Fetzchen lassen sich einfach noch abschütteln.» Was natürlich eine Sauerei im Trocknungsraum gibt, Franziska! Aber lassen wir das. Mir selber sind seit letztem Montag – bei aller Vorsicht – zwei fettende Lippenstifte, ein Gummiball und ein Zwanzigernötli in die Wäsche geraten, dazu Kleingeld. Geldwäscherei im kleinen Stil also. Zu klären bliebe noch, wohin das Geld gehört, das ich vor einem Waschgang in einer Hose oder danach in der Trommel finde. In ein Kindersparsöili? Zum Haushaltgeld? In mein Portemonnaie? Auf den Schreibtisch meiner Frau? Das Unglaubliche ist ja: Als Hausfrau oder -mann hat man immer noch ein schlechtes Gewissen. Als ob die lieben Kleinen (und die grosse Liebe) nicht selber schuld wären, wenn sie ihre PokémonKarten und ihr Wechselgeld in den Kleidern vergessen. – Viele schrieben übrigens, ihre Handys hätten nach ausreichender Trocknungszeit wieder funktioniert. Meins nicht. Dennoch bedaure ich kaum, dass es in der Wäsche landete. Stundenlang kein Anruf, kein SMS – einen solch ruhigen Nachmittag habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Diskutieren Sie mit auf www.migrosmagazin.ch Nächste Lesung «Der Hausmann»: 6.4. Basel, AGB, Hauptstelle.