86 | Migros-Magazin 7, 15. Februar 2010
NEUE SERIE: DAS PUDELHAUS
Der grosse Wurf
Zwanzig Beine mehr: Die Geburt von fünf Welpen hielt unsere Tierkolumnistin Dagmar Steinemann und ihre Familie auf Trab.
E
ine Geburt ist immer ein besonderes Ereignis. Mein Mann Marius und ich sind schon bei 18 Welpengeburten dabei gewesen, trotzdem sind wir gespannt. Marius schaut, dass er zu Hause ist, und unsere Töchter Alana und Emia lassen alle Verabredungen sausen. Und Vreni, unsere Hebammen-Supervisorin, hofft, dass Hündin Baja ihren Terminkalender berücksichtigt. Am Sonntag passiert nichts. Fast nichts. Ausser dass Baja ihr Nest immer wieder richtet und häufig hinaus will. Am Montag scheint dann die Geburt aber doch in Gang zu kommen. Die Hündin wird immer unruhiger. Mal will sie rein, mal will sie raus. Wir spulen die Kilometer ab. Kurz vor Mittag beginnt Baja zu hecheln. Erste Wehen setzen ein. Marius wird vom Einkauf zurückgepfiffen und Vreni informiert.
schon sind seine Lebensgeister geweckt. Kaum zurück bei der Mutter, sucht er blind, wie Welpen in den ersten zehn Tagen noch sind, die Zitzen. Eine Viertelstunde später erscheint die nächste Fruchtblase. Ein schwarzes Pfötchen ist erkennbar. Noch einmal pressen, und ein Weibchen ist auf der Welt. Der erste Welpe, der 400 Gramm auf die Waage bringt, hat den Weg für seine Geschwister geebnet.
Wo sind eigentlich Nummer sechs und sieben?
In den ersten zehn Tagen sind die Welpen blind. Dank Instinkt finden die Tiere die Zitzen ihrer Mutter trotzdem mit Leichtigkeit.
Die Welpen sind in den ersten zehn Tagen blind
Es ist Bajas erste Geburt. Sie ist anlehnungsbedürftig. Wir versuchen ihr Sicherheit zu geben. Die Wehen kommen immer häufiger und intensiver. Um 16 Uhr wird eine Fruchtblase sichtbar. Baja lässt sich zum Hundebett führen. Sie winselt herzzerreissend. Noch ein Pressen, Vreni erscheint unter der Tür – und in diesem Augenblick kommt ein kleiner, weisser Rüde zur Welt. Die Hündin scheint ihre Schmerzen vergessen zu haben. Sie wendet sich dem Jungen zu und beginnt die Nabelschnur durchzubeissen. Baja leckt den Kleinen, stupst ihn mit der Nase, noch atmet er nicht regelmässig. Menschliches Eingreifen ist gefragt: Der Kleine wird trocken gerubbelt, und
Fast wie beim Menschen: Die jungen Hunde werden nach der Geburt gründlich untersucht und die Resultate notiert.
Während sich Baja um die Neugeborenen kümmert, notieren wir uns die wichtigen Daten. Wir halten die Geburtszeit fest, wägen jeden Welpen und beurteilen dessen Äusseres: Körperlänge, Halslänge, Kopfform, Winkelung der Läufe und bei den Weissen auch die Pigmentierung. In den ersten zwei Tagen kann man am ehesten abschätzen, wie der erwachsene Hund einmal aussehen wird. Die Proportionen verändern sich während des Wachstums immer wieder, daher ist es schwieriger, sich ein Bild zu machen. Diese Fragen stellen sich natürlich nur bei Rassehunden. Baja pausiert nach der Geburt des dritten Welpen fast eine Stunde. Sie hegt und pflegt die Kleinen, und die rupfen und zupfen an ihren Zitzen und machen den Milchtritt. Das heisst, sie stimulieren mit den Pfoten Bajas Milchdrüsen, damit die Milch fliesst. Welpe Nummer vier ist ein feiner Rüde, der nur 290 Gramm auf die Waage bringt. Seine Atmung ist schwach. Vreni schwingt ihn in Richtung Boden, damit er den Schleim raushustet. Um 18.25 Uhr leckt Baja den fünften Welpen, ihr zweites schwarzes Mädchen, tro-