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Kreativschaffende erzählen

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BOTTA

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Woran arbeitest du gerade …?

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In einer neuen Serie schauen wir Lustenaus Kreativen und Kunstschaffenden über die Schulter und erfahren dabei nicht nur, woran sie aktuell arbeiten, sondern auch, was sie inspiriert, fasziniert und motiviert. Text: Simone Fürnschuß-Hofer; Fotos: Marcel Hagen

Patsy Grabher-Fenkart

Designerin und Stylistin office@patsy-design.com, www.patsy-design.com

Woran arbeitest du gerade? Patsy Grabher-Fenkart: An einem Teller-Design für meine Porzellan-Se- rie. Ich mag zwar lieber die kleinen, feinen Sachen wie Vasen, Tassen, Eierbecher, Schälchen, etc. aber die Nachfrage nach Tellern ist derzeit sehr groß! Und ich arbeite außerdem an einem neuen Farbkonzept.

Wieso lieber das Kleine als das Große? Patsy Grabher-Fenkart: Weil dir das Material Porzellan keine Fehler verzeiht. Ein kleines Staubkorn, das beim Brennen auf das Werkstück fällt und schon ist es Ausschussware! Da kann bei einer großen Flä- che wie einem Platzteller natürlich unvergleichlich mehr passieren als bei einer Espressotasse. Außerdem mag ich einfach die Arbeit mit den kleinen, filigranen Formen.

Apropos filigran: Was fasziniert dich am feinen Werkstoff Porzellan? Patsy Grabher-Fenkart: Als ich Produktdesign an der Universität für angewandte Kunst studierte, habe ich mich schwerpunktmäßig mit Por- zellan beschäftigt. Ich hatte über die dortige Werkstätte die Möglichkeit, alles kennenzulernen – vom Formenbau, über das Gießen bis hin zum Brennen und Glasieren. Porzellan ist einfach die Königsdisziplin in der Keramik, das Material ist das teuerste, nicht umsonst wird es das „Weiße Gold“ genannt. Man kann daraus hauchdünne Sachen machen. Porzel- lan-Handwerk ist eine enorme Geduldsarbeit, „hudla“ geht gar nicht.

Wie viel Arbeit steckt in so einer Patsy-Tasse? Patsy Grabher-Fenkart: Erst muss das französische PorzellanPulver zusammen mit Wasser vier Stunden lang in die Mischmaschine, dann streiche ich es mehrfach durch ein ganz feines Sieb und rühre Farbpigmente dazu. Leichte Farbabweichungen dürfen sein. Das Schöne an der Handarbeit ist ja, dass nicht alles „tupfgenau“ gleich aussehen muss. In die Gussformen – auch diese entwerfe ich selber – kommt das flüssige Por- zellan und hier beginnt die Fingerspitzenarbeit. Das Porzel- lan wird ausgegossen und das verbleibende in der Form getrocknet. Hier muss man genau den richtigen Moment erwischen, damit die Wandstärke nicht zu dick wird. Nach dem Entformen wird das Stück mit dem Schwamm nach- behandelt und bei 950 Grad gebrannt, danach glasiert und nochmals gebrannt. Hier zeigt sich, ob ich sauber gearbei- tet habe: Jede Nachlässigkeit, jede nachträgliche Korrektur kommt an dieser Stelle wieder zum Vorschein.

Wenn du wählen müsstest: Kunst oder Kommerz? Patsy Grabher-Fenkart: Weder noch. Kunst im eigentlichen Sinne ist es deshalb nicht, weil das Porzellangeschirr dem alltäglichen Gebrauch standhalten muss. Im Übrigen sind meine Stücke auch spülmaschinenfest. Dennoch fertige ich jedes Stück als Einzelstück an und signiere alles von Hand. Das macht es unverwechselbar. Kunst mache ich auch, aber das sind dann eher meine Werke aus Gips.

Bernd Konzett

Musiker und Musikvermittler office@konzart.com, www.konzart.com

Woran arbeitest du gerade? Bernd Konzett: Neben laufenden Engagements als Kontrabassist beschäftigen mich zwei Orchesterprojekte mit meiner Sinfonietta kommenden März anlässlich des Beethoven-Jubiläums 2020.

Du hast mit der Sinfonietta Vorarlberg dein eigenes Orchester und bist selber als Musiker in vielen Formationen im Einsatz. Geht das zusammen? Bernd Konzett: Sehr gut sogar, weil ich alle Musiker kenne und entsprechend gut zusammenstellen kann. Sowas wie „kompetenzfreie Kumpelei“ gibt es bei mir nicht; entscheidend ist immer die Qualität. Es geht nicht ums Bier danach oder ums Gernhaben. Das muss man trennen. An erster Stelle steht der Anspruch an mich selber wie auch an die Musiker und Musikerinnen.

Und mit deiner Agentur „konz.art“ spannst du einen weiteren Bogen, nämlich jenen von der klassischen zur groovigen Musik ... Bernd Konzett: Genau. Hier gibt es die konzertante Ebene vom Solist bis zum Orchester und die Kommerzschiene, bei der du eher im Hintergrund spielst. Es ist umso spannender, wenn du selber Musiker bist und Kollegen für Galas, Hochzeiten, Feiern usw. vermittelst. Ganz wichtig ist mir, mit den Veranstaltern davor persönlich zu sprechen um den für den Anlass passenden Musikstil zu finden. Im Übrigen musst du auch lernen, „nein“ zu sagen, wenn es nicht passt. Auch als Schutz für die Musiker. Die Gage rechtfertigt nicht alles.

Das Kommerz-Pendant zur Sinfonietta ist dabei deine eigene Band Pastis? Bernd Konzett: Ja, Pastis ist unsere Partyband, die dem Anspruch nach gutem, stilvollen Sound gerecht wird und uns selber viel Spaß macht. Qualität ist auch hier ein wichtiger Faktor. Gerade weil es dir im Kommerzbereich mitunter passieren kann, dass es einzelne Gäste der Band schwer machen ... Doch selbst der einfache KommerzEvent-Besucher erkennt Qualität und wenn diese stimmt, macht es ihm weit weniger aus, wenn sein Lieblingslied an diesem Abend nicht gespielt wird.

Inwieweit ist Musikvermittlung auch Konzeptarbeit? Bernd Konzett: Mir musikalische Konzepte für Veranstaltungen von Firmen oder Einrichtungen zu überlegen gehört zu meinen Lieblingsaufgaben. Hierbei gilt es musikalische Programmpunkte in die Themen des Abends einzuflechten und dabei der Mentalität von Auftraggeber und Publikum gerecht zu werden. Schlussendlich kann dann von AC/DC bis Johann Strauß alles dabei sein.

Wofür steht Musik für dich persönlich? Bernd Konzett: Es ist die unmittelbarste Form der Kunst in Bezug auf das, was sie mit mir macht. Musik löst unmittelbar etwas in mir aus.

Wie steht es um Lustenaus Musikkultur? Inwieweit bringst du dich hier aktiv ein? Bernd Konzett: Ich bin immer mal wieder beratend tätig, konzipiere und realisiere seit Jahren die Seniorenveranstaltung „Musik am Nachmittag“ und spiele auch selber mit meinem Orchester im Abo. Ich nehme Lustenau als aktiv und quirlig wahr, die Gemeinde hat viel zu bieten.

Christoph Hofer

wohl ich natürlich auch das bedienen kann. Grafikdesigner ist mir auch zu wenig, weil das Illustrieren viel Platz einnimmt. Vielleicht trifft es am ehesten der Begriff Designer. Ich bin ja auch ein Bastler, denk mir gerne Dinge aus – und fange jedes neue Projekt mit Bleistift und einem leeren Blatt Papier an.

Designer und Illustrator kontakt@chilidesign.at, www.chilidesign.at

Woran arbeitest du gerade? Christoph Hofer: An „Vorarlberg wimmelt“, einem Wimmelbuch über Vorarlberg, das dich auf zehn prallen Seiten einmal rund ums Ländle führt.

Das klingt nach einem zeitintensiven Projekt ... Christoph Hofer: Ja. Die Herausforderung war, Vorarlberg in einem guten Schnitt darzustellen. Wieviel Stereotype verträgt das Ganze, wieviel Ungewohntes? Dabei ist das Vorarlbergerische gar nicht immer so leicht zu fassen. Was ist typisch, was zeigst du ortsgetreu und was fasst du mehr in charakteristischen Kategorien zusammen, die viele Orte widerspiegeln ...

Zum Beispiel? Christoph Hofer: Zum Beispiel ein Bregenzerwälder-Haus, eine Burgruine, ein Fluss: Das sollte charakteristisch vorarlbergerisch aussehen, muss aber nicht genau örtlich zuordenbar sein. Andere, markante, Dinge habe ich herausgepickt und illustriere sie detailgetreu, wie – um jetzt nur ein Beispiel zu nennen – die Hohentwiel oder den Pavillon am See, die für die dortige Atmosphäre stehen.

Bis zu 120 Figuren auf einer Seite finden in deinem Buch Platz: Wie setzt man das alles in die richtige Perspektive und in den richtigen Maßstab? Christoph Hofer: Mit meinem Sohn habe ich MatchboxAutos aufgestellt, aus Karton Häuser nachgebastelt und daraus Vorlagen-Fotos gemacht. Aufbauend darauf verwandle ich am Computer all das in meine Illustrationen, scribble die unterschiedlichsten Szenen und Landschaftsformen dazu, bis ein stimmiges Gesamtbild entsteht. Erst später bekommen die angedeuteten Zeichnungen ihre endgültige Gestalt und werden die Seiten koloriert.

Du bastelst also erst analog und zeichnest dann alles digital? Christoph Hofer: In diesem besonderen Projekt ja. Vom Stil her macht es heute keinen Unterschied mehr, ob du auf dem Papier oder am Bildschirm malst. Fertigkeit erfordert es dieselbe, der Computer nimmt dir vom Zeichnerischen nichts ab. Du hast nur viel mehr Spiel, kannst per Klick eine Farbe wechseln, einen Fehler ausbessern.

Siehst du dich mehr als Werber, Grafiker oder Illustrator? Christoph Hofer: Ich sehe mich weniger im Bereich der klassischen Werbung, ob Im vergangenen Sommer hat dich ein Illustrations-Workshop bis nach Kanada geführt.

Was hast du uns mitgebracht? Christoph Hofer: Einen Würfel. Alles ist ein Würfel! Der Würfel findet sich überall. Im Würfel findet sich die Essenz von allem. Anhand des Würfels haben wir Perspektive, Licht und Schatten, Formen, weiche und harte Kanten, Texturen und Farben studiert. Und nach all diesen technischen Dingen neue Charaktere erschaffen, das Erlernte angewendet. Die fünf Wochen in dieser kleinen Gruppe von sechs Teilnehmern aus aller Welt sind viel zu schnell vergangen und ich möchte unserem Mentor Thierry Lafontaine für die geniale Zeit danken.

So klingt Inspiration. Herzlich Dank für das Gespräch!

Anita Keckeis

Textildesignerin kex@kex-spitzenkultur.com, www.kex-spitzenkultur.com

Woran arbeitest du gerade? Anita Keckeis: An meinem neuesten Spitzencollier „Minna“, einer besonders zarten Stickerei, die sich wie ein feines Perlengewebe um den Hals schmiegt.

Dein Label „Kex“ steht für edlen Textilschmuck ganz aus Spitze. Lässt du hier im Ländle sticken? Anita Keckeis: Ja, meine Entwürfe lasse ich in Lustenau sticken, dann kreiere ich den Prototypen an der Puppe und eine Schneiderin näht mir das Schmuckstück. Den Feinschliff am Schluss mache dann wieder ich. Kex ist eben keine schnelle Nummer.

Welcher Typ Frau trägt „Minna“, „Ava“, „Paula“ und deine anderen, extravaganten Textil-Kreationen? Anita Keckeis: Man könnte zusammenfassend sagen: Frauen, die sich mögen; Frauen, die sich etwas wert sind; Frauen, die Haltung zeigen.

Und auch Frauen, die es sich leisten können? Anita Keckeis: Mein Schmuck ist keineswegs nur für Frauen, die Geld haben. Erstens sind die Preise nicht abgehoben und zweitens habe ich auch Kundinnen, die auf ein Stück sparen. Wenn sie es sich dann leisten können, freut mich das ganz besonders. Außerdem kann mit einem Spitzencollier oder einem Schal auch ein altes Kleid aufgepeppt werden.

Bist du selbst eine kritische Konsumentin? Anita Keckeis: Absolut. Auch wenn ich gerne Designerkleidung trage, mag der Eindruck täuschen: Ich konsumiere weit weniger als andere. Es befreit, wenn man nicht alles haben muss. Und bei dem, was man braucht, auf gute Qualität achtet. Ich befasse mich seit über 30 Jahren mit Stoffen. Ich will nicht dogmatisch sein, aber ich weiß, dass eine Hose für EUR 19,90 nicht fair produziert sein kann.

Deine Leidenschaft für Textiles hat bereits in der Kindheit ihren An- fang genommen? Anita Keckeis: Ja, ich wollte nie Masse sein, aber nicht um aufzufal- len, sondern um meinen eigenen Weg zu gehen. Schon mit elf, zwölf Jahren habe ich zur Mama gesagt, das ziehe ich nicht an. Ich suchte dann selber Stoffe aus und meine Mama nähte mir meine ersten Kreationen. Man muss zu sich stehen. Mode war für mich nie etwas Oberflächliches, Kleidung ist vielmehr wie eine zweite Haut.

Du hast insgesamt 17 Jahre in Berlin gelebt, dein eigenes Label Kex aufgebaut, bist international erfolgreich ... dein Erfolgsgeheimnis? Anita Keckeis: Ich habe immer an mich und meine Ideen geglaubt und bin mir stets treu geblieben. Selbst wenn es mal schwieriger war. Ich habe keine Angst vor dem Scheitern. Ich bin klein, fein und be- weglich geblieben und immer frei, auch nein zu sagen. Zum Beispiel zu Auftragsarbeit. Oder zu dem, was gerade Trend ist. Ich habe mich dem Wertvollen und Zeitlosen verschrieben und ich bin dankbar, dass ich einfach Anita sein darf.

Zurück im Ländle: Wie fühlt es sich an? Anita Keckeis: Manchmal fehlt mir hier das selbstverständliche Mit- einander, das ich in Berlin erlebt habe. Hier vergleicht man zu viel. Aber hier wie dort stoße ich auf Resonanz und werde beschenkt durch tolle Begegnungen.

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