Theodor celms phänomen und wirklichkeit des ich web

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Subjekt und Subjektivierung

spezifisch fachwissenschaftlichen aber realistisch-idealistisch neutral sind. Das über die spezifisch philosophischen Subjektivierungen Gesagte schließt nicht aus, daß die Philosophie sich auch für die fachwissenschaftlichen Subjektivierungen interessieren darf. Im Gegenteil: sie darf nicht nur, sondern muß die Rechtmäßigkeit dieser Subjektivierungen in Frage stellen, weil falsche Subjektivierungen zugleich falsche und also unlösbare Subjektprobleme bedeuten (vgl. oben, Absatz 9 der vorliegenden Sektion b dieses Kapitels). Ist aber die Philosophie imstande, die fachwissenschaftlichen Subjektivierungen zu prüfen? – Die Subjektivität dessen, was ursprünglich als etwas Ichfremdes, dem Ich Gegenüberstehendes, von ihm Unabhängiges gesetzt und in manchen Fällen als solches auch in der Erfahrung vorgefunden wird, kann (wie vorher ausgeführt worden war) nur auf dem Wege einer Schlußfolgerung festgestellt werden. Zu den Voraussetzungen einer jeden fachwissenschaftlichen Subjektivierung gehören einerseits solche Feststellungen, in Bezug auf welche nur die Fachwissenschaften selber kompetent sein können, andererseits aber auch solche, die über jedes fachwissenschaftliche Gebiet hinaus- und in die Philosophie hineinragen. Nur diese letzteren sind für die Umdeutung des angeblichen Ansichseins eines Gegenständlichen in dessen bloßes Fürs-Subjekt-Sein entscheidend, weshalb sie unten (vgl. Einleitendes zum nächsten, Kap. VIII), als Motive der Subjektivierung erörtert werden. Von den Fachwissenschaften werden die theoretischen derselben wohl als Beweisgründe benutzt, ihre Bewußtmachung und kritische Behandlung aber kann nur der Philosophie zukommen, gleich dem, wie auch die logischen Formen von den Fachwissenschaften gebraucht, erst aber von der Philosophie zum Problem gemacht werden können. Also hat es wohl einen Sinn, von der philosophischen Nachprüfung der fachwissenschaftlichen Subjektivierungen zu sprechen: erstens, sofern es sich um die ontologischen und gnoseologischen Voraussetzungen dieser Subjektivierungen handelt; zweitens, sofern die formallogische Struktur ihrer Beweisführung in Betracht kommt. Nur die spezifisch fachwissenschaftlichen Feststellungen entziehen sich dabei der philosophischen Kritik. 147


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