L'oFFICIEL No.29 MAI 2017 German

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STYLE

Eine Nixenrunde der ganz besonderen Art. Das Nichtschwimmbecken hat die ideale Höhe zum «bädelen» und lädt zu einem stilgerechten Badeplausch ein. Es gibt Themen, die einem vom kalten Wasser umspült, einfach leichter fallen.

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Mitte itte der 70er-Jahre war die Frauenbadi das erste Zürcher Bad, das es Frauen höchst offi ziell erlaubte, oben ohne zu baden. Das damalige Kalkül des städtischen Gesundheitsinspektorats: Solange unverhüllte Brüste gut abgeschirmt blieben vor männlichen Blicken, waren keine Beschwerden wegen Verstössen gegen das sittliche Empfi nden zu befürchten. Auf dem Fluss schnäbeln die Schwäne, und die vorbeiziehenden Boote stören auch die barbusig Badenden nicht im Geringsten. Das Gefühl, unter sich zu sein, ist stärker. Man ist im wahrsten Sinne des Wortes im Fluss. Am Anfang der Saison ist die Limmat noch kalt, und man muss sich überwinden, im Laufe des Sommers wird der Sog stärker und man kann das Gefühl, sich der Störung hinzugeben, kaum abwarten. Es scheint, als würden die Frauen, die eben noch mit verbissenen Mienen aus dem Alltag kamen, mit jedem Kleidungsstück, das sie ablegen, entspannter. So verwandeln sich die bissigen in sanfte Nixen, die sportlichen ziehen ihre Bahnen und die anderen planschen einfach. Planschen, das schöne Wort triff t es wohl am besten. Die Mischung aus Sonne und Wasser, Wasser und Sonne verwandelt sie alle. Das sanfte Geschaukel und das Knarzen der alten Holzpaneele entspannt auf ganz tiefe Art und Weise, man ist unter und vor allem bei sich. Die Frauenbadi ist ein konspirativer Ort, der eigentlich in keinem Stadtführer stehen dürfte. Zu schade wäre es, wenn diese Magie durch Touristenströme verwässert. Ehrlich gesagt, es gibt wenig Schöneres, als einen Tag hier zu verdösen. Man triff t immer mal wieder jemanden, Gespräche erreichen schnell unerwartete Tiefen. Es ist aber auch in Ordnung, sich hinter Hut und Brille zu verstecken. Auch wenn es nur kurz über den Mittag ist, die Frauenbadi verfehlt ihre magische Wirkung eigentlich nie. Die Frage, warum es Sinn macht, dass Frauen und Männer getrennt baden, ist einfach zu beantworten. Weil sie ja sonst schon genug gemeinsam machen.

FOTOS ZVG; Archiv Zürich

strengen trengen Sittlichkeitsvorschriften leben, wie etwa orthodoxe Jüdinnen, die sich dort ihrer Haarteile entledigen dürfen, oder Frauen aus dem arabischen Raum. Auch das Personal ist weiblich. Ein paar Palmbäume und grosse Schirme spenden Schatten, und eine Bar bietet Kleinigkeiten und eisiges Zitronenwasser. Ganz anders die Stimmung auf der Aussenterrasse. Hier befi ndet sich ein etwas grösseres Schwimmerbecken, man darf rauchen, und die Zahl der fehlenden Bikinioberteile ist deutlich grösser. Brüste aller Grössen, Altersklassen und Zustände fi nden friedlich nebeneinander Platz.


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