Leseprobe TPI | Linde Verlag

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Verrechnungspreiskorrekturen

Verdeckte Ausschüttung und Kapitalertragsteuer

„Mühsal“ Dokumentation

Lokale Vorschriften als Hürden & Risiko

Arbeitskräfteüberlassung

Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes

Praxisinformationen

Glossar: Fachvokabular von A bis K

TP around the Globe: Hot Topics

Case Study

Transfer Pricing in the Crisis

Internationale Rechtsprechung

Zollwert und Verrechnungspreise

Roland Macho | Raffaele Petruzzi | Robert Risse | Florian Rosenberger Gerhard Steiner 7. Jahrgang / Juni 2023 / Nr. 3

Verrechnungspreise 2023

Update, aktuelle Schwerpunktthemen & Best Practices

z Neuerungen aus der nationalen und internationalen Finanzverwaltung

z Endspurt Pillar II – die letzten To-dos

z Die Anwendung von Verrechnungspreismethoden in der Praxis

z Wertschöpfungskettenanalyse

z Verfahrensrechtliche Aspekte iZm Verrechnungspreisen

z Behandlung von Standortvorteilen bei der Ermittlung von Verrechnungspreisen

Moderation

Oliver Kost, PwC

27.9.2023

lindecampus.at 9:00–17:15

Praxisforum
Doris Bramo­Hackel Iris Burgstaller Österreich Veronika Daurer Andreas Kallina Eva­Maria Kerstinger Oliver Kost Roland Macho Melinda Perneki Mario Wegner Wien

Herausgeberbeirat:

Prof. Dr. Stefan Bendlinger, Linz.Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Michael Lang, Wien. Prof. Dr. Xaver Ditz, Bonn.Dr. Clemens Nowotny, Linz. Dipl.-Finw. Hartmut Förster, Bonn.Prof. Dr. Robert Risse, Düsseldorf.

Dr. Herbert Greinecker, Wien.Günter Schäuble, Hergiswil.

Prof. Dr. Pascal Hinny, Fribourg.Univ.-Prof. Dr. Michael Tumpel, Linz. Univ.-Prof. DDr. Georg Kofler, Linz.Charlotte Winzer, Schwalbach.

Prof. Dr. Heinz-Klaus Kroppen, Bochum.Ulrike Wolff-Seeger, LL.M., M.R.F., München. Dr. Andrea Lahodny, Wien.

IMPRESSUM Transfer Pricing International

Herausgeber: Mag. Roland Macho; Dr. Raffaele Petruzzi, LL.M., Prof. Dr. Robert Risse; StB Mag. Florian Rosenberger; Gerhard Steiner.

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TPI – Transfer Pricing International. Grundlegende Richtung: Fachinformationen rund um Verrechnungspreise und verwandte Themen des internationalen Steuerrechts. Erscheint sechsmal jährlich.

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Inhaltsverzeichnis Fachbeiträge Verdeckte Ausschüttung als Folge einer Verrechnungspreiskorrektur Susanne Lorenz / Christian Massoner...................................................................................... 86 „Mühsal“ Verrechnungspreisdokumentation Gerhard Steiner................................................................................................................ 91 Die Arbeitskräfteüberlassung in den österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021 Martin Hummer.................................................................................................................. 96 Transfer-Pricing-Glossar Glossar der Verrechnungspreise – Fachvokabular von A bis K Gerhard Steiner / Elisabeth Klemens........................................................................................ 99 Transfer Pricing Around the Globe Hot Topics Manuel Taferner / David Schedlbauer..................................................................................... 109 Case Study Transfer Pricing in the Crisis Marcelo H. B. Moura............................................................................................................ 113 Internationale Rechtsprechung Zollwert und Verrechnungspreise Eduard Kurz.................................................................................................................... 120 Service Veranstaltungshinweis .......................................................................................................... 128
Inhaltsverzeichnis

Verdeckte Ausschüttung als Folge einer Verrechnungspreiskorrektur

KESt-Pflicht

(oder nicht)?

Bei Verrechnungspreiskorrekturen in grenzüberschreitenden Sachverhalten wird in vielen Fällen reflexartig eine verdeckte Ausschüttung festgestellt und KESt vorgeschrieben.

1.Überblick und Problemaufriss

Verrechnungspreiskorrekturen führen über die Anpassung von Betriebseinnahmen oder -ausgaben regelmäßig zu Änderungen der steuerlichen Bemessungsgrundlage (sogenannte Primärberichtigungen). Der damit zusammenhängende Effekt auf das Betriebsvermögen kann aus rechtlichen Gründen und auch nach der steuerlichen Verwaltungspraxis die Rückführung der verlagerten Ergebnisse und damit den Ansatz von Verrechnungspreisforderungen oder -verbindlichkeiten erfordern (sogenannte Sekundärberichtigungen). Andernfalls droht nach der Verwaltungspraxis der Ansatz einer verdeckten Ausschüttung als Konsequenz der Verrechnungspreiskorrektur.

Im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie stellt sich folglich die Frage, ob KESt abzuführen ist. Da verdeckte Ausschüttungen regelmäßig im Rahmen von Betriebsprüfungen festgestellt werden, ist dies mit der Frage gleichzusetzen, ob die Entlastung von der KESt bereits im Rahmen der Betriebsprüfung geprüft und durchgesetzt werden kann oder ob die KESt der österreichischen Gesellschaft im Haftungsweg vorgeschrieben und von dieser bezahlt wird und in weiterer Folge vom Gesellschafter in einem Rückerstattungsverfahren zurückgefordert werden muss.

Die VPR 2021 sehen vor, dass im Fall von Verrechnungspreiskorrekturen die Unterlassung des KESt-Abzugs festzustellen und die KESt in voller Höhe vorzuschreiben ist, wenn die Voraussetzungen für eine Entlastung an der Quelle nicht vorliegen.1 In der Praxis vertritt die Finanzverwaltung dabei eine strenge Position und schreibt bei Vorliegen von verdeckten Ausschüttungen die KESt regelmäßig fest.

Im Lichte der Tatbestandsvoraussetzungen der verdeckten Ausschüttung und insbesondere auch der jüngsten Rechtsprechung des BFG er-

scheint diese Praxis jedoch fraglich. Das BFG verneint das Vorliegen einer – die Sofortentlastung von der KESt ausschließenden – offenkundigen verdeckten Ausschüttung, wenn Zweifel an der Vorteilsgewährungsabsicht der Gesellschaft bestehen.2 Mit diesem Beitrag sollen im Lichte dieser Entscheidung des BFG die Voraussetzungen und Grenzen iZm der Vorschreibung von KESt auf Sekundärberichtigungen analysiert werden.

2.Verdeckte Ausschüttungen als Folge von Verrechnungspreiskorrekturen

2.1.Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung

In diesem Beitrag soll in einem ersten Schritt untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Zeitpunkt eine Verrechnungspreiskorrektur eine verdeckte Ausschüttung zur Folge hat. In einem zweiten Schritt soll untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen KESt im Haftungswege vorgeschrieben werden kann. Dabei soll auf eine jüngere Entscheidung des BFG vom 29.6.2022 eingegangen werden. 1 Vgl

Als verdeckte Ausschüttungen gelten alle Vorteile, die einem Anteilseigner oder einer einem Anteilseigner nahestehenden Person außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und bei der Körperschaft eine Vermögensminderung bewirken oder Vermögensmehrung verhindern.3 Neben diesen objektiven Tatbestandsmerkmalen setzt eine verdeckte Ausschüttung darüber hinaus eine subjektive auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft voraus (dh, die Vorteilsgewährung an den Anteilseigner muss mit Wissen und Wollen der Körperschaft erfolgen).

Die subjektive Komponente der verdeckten Ausschüttung baut auf dem Entscheidungsmechanismus der Körperschaft auf. Die Körperschaft als Steuersubjekt muss von der verdeckten Ausschüttung Kenntnis haben und diese be-

2 Vgl BFG 29. 6. 2022, RV/7102083/2009; dazu bereits Deutsch, KESt-Pflicht bei verdeckten Gewinnausschüttungen über die Grenze? BFGjournal 2023, 127 (127ff); Drolle , Die Offenkundigkeit verdeckter Gewinnausschüttungen, ecolex 2023, 343 (343ff).

3 Vgl Ressler/Rohm in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/ Staringer, KStG3 (2022) §8 Rz100.

Verdeckte Ausschüttung und KESt Verrechnungspreiskorrektur 3/2023 86
Verrechnungspreiskorrektur Verdeckte Ausschüttung und KESt
Mag. Susanne Lorenz ist Steuerberaterin und Senior Manager im Bereich International Tax and Transaction Services – Transfer Pricing bei EY in Wien. Dr. Christian Massoner ist Steuerberater und Director im Bereich International Tax and Transaction Services bei EY in Wien.
Rz515 VPR 2021.

absichtigen oder in Kauf nehmen. Sie erfordert somit ein der Körperschaft zuzurechnendes Verhalten des geschäftsführenden Organs, das in einem „Tun“, „Dulden“ oder „Unterlassen“ besteht und das den Schluss erlaubt, dass die durch Organe vertretene Gesellschaft die Entnahme von Gesellschaftsvermögen durch den Gesellschafter akzeptiert hat.4 Die Absicht der Vorteilszuwendung (durch „Dulden“ oder „Unterlassen“) liegt auch dann vor, wenn die Körperschaft von einem zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorteil Kenntnis erlangt und nichts unternimmt, um diesen rückgängig zu machen. Ein subjektiver Zuwendungswille kann jedoch nicht angenommen werden, wenn nach Bekanntwerden des zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorteils alle erforderlichen Handlungen zur Rückgängigmachung des Vorteils gesetzt werden.5 Nach den KStR6 gehört zur subjektiven Komponente der verdeckten Ausschüttung auch, dass eine irrtümlich zustande gekommene, objektiv ungerechtfertigte Vorteilseinräumung die Annahme einer verdeckten Ausschüttung ausschließt, soweit es sich um einen Tatbestandsirrtum handelt.

Bei der Prüfung der subjektiven Komponente scheint die Finanzverwaltung pauschal davon auszugehen, dass jede Nichtbeachtung der Verrechnungspreisrichtlinien nicht nur eine verdeckte Ausschüttung begründet, sondern diese sogar offenkundig ist.7 Eine Primärberichtigung von Verrechnungspreisen kann für sich genommen jedoch keine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft belegen. Vielmehr ist iZm dem subjektiven Element des Angemessenheitsbegriffs auf die Umstände des Einzelfalls – und dabei insbesondere auf die „Schwere“ des Verstoßes gegen Verrechnungspreisgrundsätze – Bedacht zu nehmen.8 So wird eine subjektive Komponente zu unterstellen sein, wenn fundamentale Verstöße gegen Verrechnungspreisgrundsätze vorliegen, zB wenn für eindeutig gegebene Leistungsbeziehungen im Konzern gar keine Verrechnungspreise angesetzt werden oder wenn es zu Mittelabflüssen ohne jegliche Leistungskomponente kommt.9

Anders zu beurteilen sind hingegen Fälle, in denen Verrechnungspreise angesetzt und diese auch dokumentiert wurden. In der Praxis kommt es auch in solchen Fällen regelmäßig zu Primärberichtigungen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es oftmals unmöglich ist, einen fremdüblichen Verrechnungspreis ex-

4 Vgl Kirchmayr, Verdeckte Ausschüttungen aus Kapitalgesellschaften im Ertragsteuerrecht, in Brandl/Karollus/ Kirchmayr/Leitner, Handbuch Verdeckte Gewinnausschüttung3 (2021) 244f.

5 Vgl Raab/Renner in Lachmayer/Strimitzer/Vock, KStG (32.Lfg, 2020) §8 Rz772.

6 Vgl Rz608 KStR.

7 Vgl Rz7758 EStR.

8 Vgl Raab/Renner in Lachmayer/Strimitzer/Vock, KStG (32.Lfg, 2020) §8 Rz766f.

9 Vgl zB VwGH 25.2.2003, 2002/14/0112.

akt zu ermitteln. Die OECD selbst hält fest, dass sowohl Steuerverwaltungen als auch Steuerpflichtige häufig Schwierigkeiten bei der Beschaffung ausreichender Informationen für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes haben und dass die Verrechnungspreisbestimmung keine exakte Wissenschaft ist, sondern eine Urteilsbildung sowohl aufseiten der Steuerverwaltung als auch aufseiten des Steuerpflichtigen erfordert.10 Dementsprechend hängt die Ermittlung von Verrechnungspreisen stets von gewissen Annahmen und methodischen Entscheidungen ab, weshalb in der Regel nicht ein richtiger Verrechnungspreis ermittelt werden kann, sondern eine Bandbreite, innerhalb derer Verrechnungspreise als fremdüblich gelten.

Daraus kann geschlossen werden, dass iZm Verrechnungspreisen keineswegs jede auf Basis von §6 Z6 EStG durchgeführte Primärberichtigung zu einer verdeckten Ausschüttung führt. Ob das für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung erforderliche subjektive Element im Einzelfall gegeben ist, ist von der Finanzverwaltung zu ermitteln und zu begründen. Keine sozietäre Veranlassung und somit zum Zeitpunkt des Abschlusses der schuldrechtlichen Beziehung bzw zum Transaktionszeitpunkt keine verdeckte Ausschüttung ist etwa anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass er im Rahmen der Festlegung eines nicht fremdüblichen Verrechnungspreises (zB im Vertrauen auf eine vorliegende Verrechnungspreisdokumentation) einem entschuldbaren Tatbestandsirrtum unterlegen ist oder dass ein gewissenhafter und ordentlicher Geschäftsleiter ebenfalls einen solchen Verrechnungspreis festgesetzt hätte.11

2.2.Zeitpunkt der verdeckten Ausschüttung

In den VPR 2021 vertritt die Finanzverwaltung die grundsätzliche Position, dass internationale Verrechnungspreiskorrekturen, wenn möglich, durch eine Rückführung der verlagerten Gewinne umgesetzt werden sollen und daher ein Rückzahlungsanspruch als Verrechnungspreisforderung in das steuerliche Betriebsvermögen einzustellen ist.12 Die Tatbestandsmerkmale einer verdeckten Ausschüttung sind nach Ansicht der Finanzverwaltung erfüllt, wenn ein inländisches Unternehmen im Zeitpunkt einer Verrechnungspreisberichtigung auf die Verrechnungspreisforderung gegenüber der Muttergesellschaft verzichtet.13 In der Praxis von Betriebsprüfungen wird in diesem Zusammenhang regelmäßig auf das „Einstellen“ einer Forderung in die Bücher der Gesellschaft abgestellt.

10 Vgl Tz1.13 OECD-VPL.

11 Vgl Kras, Verdeckte Ausschüttung und internationale Verrechnungspreise, in Brandl/Karollus/Kirchmayr/ Leitner, Verdeckte Gewinnausschüttung3, 379 (396).

12 Vgl Rz508 VPR 2021.

13 Vgl Rz515 VPR 2021.

Verrechnungspreiskorrektur Verdeckte Ausschüttung und KESt 87 3/2023

Dies ist bei qualifizierten Verstößen gegen den Fremdvergleichsgrundsatz grundsätzlich folgerichtig, denn ein Rückgewähranspruch aus verdeckten Ausschüttungen ist ebenso aus gesellschaftsrechtlichen Gründen zwingend und unabhängig vom subjektiven Willen der handelnden Organe der Gesellschaft zu bilanzieren.14

Wird die Forderung vom Anspruchsgegner bestritten oder ist ernsthaft damit zu rechnen, dass die Forderung bestritten wird, ist hingegen eine Aktivierung unzulässig.15 Erst wenn das Bestehen einer Forderung dem Grunde nach als gesichert angenommen werden kann – etwa weil der Schuldner den entstandenen Forderungsanspruch anerkennt oder ein gerichtliches Urteil den Bestand der Forderung bestätigt –, ist der Anspruch zu bilanzieren.16 Somit ist eine Aktivierung des Rückgewähranspruchs wohl insbesondere dann (noch) nicht zulässig, wenn im Anschluss an eine Betriebsprüfung ein Verständigungsverfahren mit unsicherem Ausgang eingeleitet wird. Erst wenn dieses abgeschlossen ist und die Verrechnungspreiskorrektur final feststeht, kann der Rückforderungsanspruch als gesichert angesehen werden und ist somit einer Aktivierung als Forderung zugänglich. Führt ein Verständigungsverfahren zu keiner Einigung (beispielsweise weil die ausländische Finanzverwaltung eine fundamental andere Position als die österreichische Finanzverwaltung vertritt und somit offensichtlich keine Einigkeit in Bezug auf die Festlegung eines fremdüblichen Preises erzielt werden kann), erscheint es wiederum fraglich, ob das subjektive Tatbestandselement für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung überhaupt vorliegen kann. Denn wenn zwei Behörden bei der Findung eines fremdüblichen Preises scheitern, kann es dem Steuerpflichtigen nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er ebenso wenig einen Verrechnungspreis gefunden hat, der von beiden Behörden akzeptiert wird.

Im Ergebnis kann somit eine verdeckte Ausschüttung in der Regel nicht vor dem (positiven) Abschluss eines Verständigungsverfahrens festgestellt werden, da erst ab diesem Zeitpunkt ein Rückforderungsanspruch dem Grunde nach feststeht und einer Aktivierung oder (unter Ausblendung zivil- und gesellschaftsrechtlicher Anforderungen) einem Verzicht bzw einer bewussten Nicht-Aktivierung zugänglich ist. Sollte im Rahmen einer Betriebsprüfung eine verdeckte Ausschüttung festgestellt werden, ist bei der Be-

14 MwN Bach, Verdeckte Gewinnausschüttung und unternehmensrechtliche Bilanzierung, in Brandl/Karollus/Kirchmayr/Leitner , Verdeckte Gewinnausschüttung3, 429 (434ff).

15 Vgl Bach in Brandl/Karollus/Kirchmayr/Leitner, Verdeckte Gewinnausschüttung 3 , 438f; Ch.Nowotny in Straube/Ratka/Rauter , UGB II/RLG 3 (2017) §196 Rz37. Aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips gilt dies auch für steuerliche Zwecke.

16 Vgl Bach in Brandl/Karollus/Kirchmayr/Leitner, Verdeckte Gewinnausschüttung 3 , 438f; Ch.Nowotny in Straube/Ratka/Rauter, UGB II/RLG3, §196 Rz37.

gründung besonderes Augenmerk auf das subjektive Tatbestandselement und die Feststellung des Zeitpunkts der verdeckten Ausschüttung zu legen.

3.KESt-Entlastung bei verdeckten Gewinnausschüttungen als Folge von Primärberichtigungen

3.1.Allgemeines

Wenn nach Maßgabe der oben beschriebenen Kriterien eine verdeckte Ausschüttung als Konsequenz einer Primärberichtigung festgestellt wird, stellt sich in weiterer Folge die Frage, ob im Anwendungsbereich der Mutter-TochterRichtlinie KESt vorgeschrieben werden kann. Mit §94 Z2 EStG wurde die in Art5 MutterTochter-Richtlinie17 vorgesehene Quellensteuerbefreiung (KESt-Befreiung) für Gewinnausschüttungen von österreichischen Tochtergesellschaften an in der EU ansässige Muttergesellschaften umgesetzt. Für bestimmte Fälle hat der österreichische Gesetzgeber in §94 Z2 EStG anstelle der Entlastung an der Quelle ein Steuerrückerstattungsverfahren vorgesehen. KESt ist vom Abzugsverpflichteten dann einzubehalten, wenn „Gründe vorliegen, wegen derer der Bundesminister für Finanzen dies zur Verhinderung von Steuerverkürzung und Missbrauch (§22 der Bundesabgabenordnung) sowie in Fällen verdeckter Ausschüttungen (§8Abs.2KStG) durch Verordnung anordnet“. Nach §1 Z2 KESt-VO18 ist eine KESt-Befreiung iSd §94 Z2 EStG unzulässig, wenn eine offenkundige verdeckte Ausschüttung (§8 Abs2 KStG) vorliegt.

Offenkundig ist eine verdeckte Ausschüttung gemäß §3 KESt-VO dann, wenn „der zum Abzug Verpflichtete die verdeckte Ausschüttung bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes insbesondere auf Grund der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts oder der allgemein zugänglichen Verwaltungspraxis erkannte oder erkennen musste“. Eine Offenkundigkeit der Verletzung des Fremdüblichkeitsgrundsatzes liegt dann vor, wenn „in den finanzamtlichen Erhebungen erkennbar wird, dass diese Verstöße bedacht und gewollt waren“. 19

Die Versagung der Sofortentlastung an der Quelle hat den Hintergrund, dass bei einer offenkundigen verdeckten Ausschüttung mutmaßlich eine konzerninterne Leistungsbeziehung sowohl gegenüber der österreichischen als auch der ausländischen Finanzverwaltung verschleiert wurde und durch das Rückerstattungs-

17 Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30.11.2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABlL345 vom 29.12.2011, S8.

18 Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Einbehaltung von Kapitalertragsteuer und deren Erstattung bei Mutter- und Tochtergesellschaften im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie idF BGBl 1995/56.

19 Vgl Loukota/Quantschnigg, Mißbrauchsabwehrrecht gegenüber ausländischen Durchlaufgesellschaften, SWI1995, 49 (52).

Verdeckte Ausschüttung und KESt Verrechnungspreiskorrektur 3/2023 88

verfahren eine entsprechende Information an und eine korrespondierende Beurteilung durch die ausländische Finanzverwaltung sichergestellt werden soll.20 Im Lichte der mittlerweile deutlich fortgeschrittenen Vernetzung der Finanzverwaltungen kann diese Begründung aus heutiger Sicht nicht mehr überzeugen. Zudem erscheint es fraglich, ob die Einleitung eines Rückerstattungsverfahrens in Österreich tatsächlich zu einem relevanten Mehrwert an Informationen für die ausländische Finanzverwaltung führt. Vor diesem Hintergrund sollte die Sinnhaftigkeit des Ausschlusses von offenkundigen verdeckten Ausschüttungen aus heutiger Sicht de lege ferenda überdacht werden.

Der Telos des Ausschlusses von offenkundigen verdeckten Ausschüttungen von der Sofortentlastung macht deutlich, dass diese Regelung für Extremfälle vorgesehen war. Der VwGH hatte in seinem Erkenntnis vom 25.2.2003 einen solchen Sachverhalt zu beurteilen, in dem ua von der beschwerdeführenden österreichischen GmbH Wareneinkäufe von einer Konzerngesellschaft verbucht wurden, woraus sich aufgrund von deutlichen Überfakturierungen ein erheblicher ungerechtfertigter Aufwand und auch finanzstrafrechtliche Ermittlungen ergaben.21 Der VwGH hielt folglich fest, dass es sich bei Einkommensminderungen ohne ausreichenden geschäftlichen Rechtsgrund um eine der grundlegenden Erscheinungsformen der verdeckten Ausschüttung handle und entsprechende verdeckte Ausschüttungen bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu erkennen waren.22

In Bezug auf Verrechnungspreisanpassungen vertritt die Finanzverwaltung hingegen die undifferenzierte Position, dass jede Nichtbeachtung der Verrechnungspreisrichtlinien bei unbestreitbar feststehendem Sachverhalt eine offenkundige verdeckte Ausschüttung auslöst.23

Diese Ansicht ist überschießend, denn wie oben gezeigt sollen mit dem Tatbestand der „Offenkundigkeit“ Extremfälle erfasst werden. Die VO differenziert offensichtlich zwischen offenkundigen und nicht offenkundigen verdeckten Ausschüttungen, sodass nicht jede verdeckte Ausschüttung offenkundig sein kann.24 In der Praxis betrifft eine Vielzahl der Primärberichtigungen konzerninterne Verrechnungspreise, die dem Grunde nach angesetzt und auch dokumentiert wurden. In derartigen Fällen ist es nicht nachvollziehbar, wieso pauschal von „Offenkundigkeit“ der verdeckten Ausschüttungen ausgegangen wird. Zudem ist die ausländische Finanzver-

20 Vgl Loukota/Quantschnigg, SWI1995, 49 (52f). Die Sinnhaftigkeit dieser Begründung ist jedoch zweifelhaft, mwN Widhalm, §94a und verdeckte Ausschüttungen, ecolex 1995, 663 (665ff).

21 Vgl VwGH 25. 2. 2003, 2002/14/0112.

22 Vgl VwGH 25. 2. 2003, 2002/14/0112; Hervorhebung durch die Verfasser.

23 Vgl Rz7758 EStR.

24 So auch bereits BFG 19. 11. 2015, RV/5100487/2013; dazu Kofler/Renner, Mutter-Tochter-Richtlinie: „Offenkundigkeit“ einer verdeckten Ausschüttung nach §94 Z2 EStG, BFGjournal 2016, 43 (43ff).

waltung in der Regel über das Vorliegen und die Dokumentation der Verrechnungspreise in Kenntnis oder zumindest in der Lage, sich jederzeit darüber Kenntnis zu verschaffen, sodass keinesfalls eine Verschleierung von konzerninternen Leistungsbeziehungen vorliegt und sich eine entsprechende Information über das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung an die ausländische Finanzverwaltung erübrigt. Zu diesem Ergebnis kommt auch Marschner, der festhält, dass internationale Verrechnungspreise in der Regel strittig sind und somit ein unrichtiger Preis regelmäßig nicht offenkundig ist.25

3.2.Entscheidung des BFG vom 29. 6. 2022, RV/7102083/2009

Das BFG hat sich mit dem Begriff der „Offenkundigkeit“ in seiner Entscheidung vom 29.6.2022 ausführlich auseinandergesetzt.26 Der zugrunde liegende Sachverhalt betraf Forderungen aus Warenlieferungen im Konzern, die nicht verzinst worden waren. Das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung an die deutsche Muttergesellschaft in Höhe der entgangenen Zinserträge war vom BFG bereits bestätigt worden.27 Zudem waren die Voraussetzungen für eine Entlastung von der KESt28 nach Ansicht des BFG „zweifellos“ erfüllt. Gegenstand dieses Verfahrens war die Frage, ob die KESt gegenüber der Beschwerdeführerin dennoch zu Recht im Haftungsweg vorgeschrieben wurde.29

Das BFG stellte eingangs klar, dass es im gegenständlichen Verfahren nicht um das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung ging, sondern lediglich um die Frage, ob diese offenkundig sei.

Unterer Maßstab der Beurteilung, ob eine verdeckte Ausschüttung offenkundig ist, ist nach Ansicht des BFG das Erkennenmüssen bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers. Die Missachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers (als Spielart des Fremdvergleichs) wird im Regelfall schon bei einer verdeckten Gewinnausschüttung an sich anzunehmen sein, sodass für die „Offenkundigkeit“ ein qualifizierter Sorgfaltsverstoß erforderlich ist.30

Aus der allgemeinen Bedeutung des Wortes „offenkundig“ und den Ausführungen in der KESt-VO lässt sich nach Ansicht des BFG schließen, dass zur Sorgfaltsverletzung, die sich bereits aus der Feststellung einer verdeckten Ausschüttung ergibt, ein zusätzliches Sachverhaltselement in Form einer besonders deutlichen Erkennbarkeit treten muss, damit §1 Z2 KESt-VO anwendbar ist.

25 Vgl Jakom/Marschner, EStG16 (2023) §94 Rz23.

26 Vgl BFG 29. 6. 2022, RV/7102083/2009.

27 Vgl BFG 29. 6. 2022, RV/7102082/2009.

28 Vgl §94a Abs1 EStG idF BGBl 1996/797 bzw BGBlI 2003/71.

29 Vgl §94a Abs2 EStG idF BGBl 1996/797 bzw BGBlI 2003/71.

30 Vgl BFG 29. 6. 2022, RV/7102083/2009, mit Verweis auf Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG, §94a alt Rz4.

Verrechnungspreiskorrektur Verdeckte Ausschüttung und KESt 89 3/2023

Das BFG gelangte zudem zur Ansicht, dass, wenn – noch vor Durchführung einer Sorgfaltsprüfung nach §3 KESt-VO anhand der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und der allgemein zugänglichen Verwaltungspraxis – aus den Umständen des Einzelfalls nicht zweifelsfrei auf eine gesellschaftsrechtliche Vorteilsgewährungsabsicht geschlossen werden kann, keine Offenkundigkeit einer verdeckten Ausschüttung vorliegt.

Die Absicht bzw auch die fehlende Absicht der Vorteilsgewährung kann sich schlüssig aus den Umständen des Einzelfalls ergeben.31 Die subjektive Komponente ist grundsätzlich zusätzlich zu den formalen und (objektiv) materiellen Komponenten der Fremdüblichkeit einer Leistung zu berücksichtigen. Dadurch kommt es zu einer Abgrenzung von jenen Fällen, bei denen es zu einem „unbewussten“ Vermögensentzug bei der Körperschaft kommt.32

Wenngleich das BFG im parallelen Verfahren zum Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung Vorteilsgewährungsabsicht annahm, würdigte das BFG wirtschaftliche Gründe, die zumindest Zweifel am Wissen und Wollen einer Vorteilszuwendung erzeugten und somit gegen die Offenkundigkeit der verdeckten Ausschüttung sprachen. Wird das Vorliegen einer sozietären Vorteilsgewährungsabsicht zwar festgestellt, kann diese jedoch nicht ohne Weiteres aus den Umständen des Falls geschlossen werden, insbesondere, weil nicht unerhebliche Sachverhaltselemente gegen diese Feststellung sprechen, lag nach Ansicht des BFG keine offenkundige verdeckte Ausschüttung vor.

Der Beschwerde war daher Folge zu geben, und die KESt-Haftungsbescheide waren ersatzlos aufzuheben.

Was genau unter dem Begriff „Offenkundigkeit“ iSd §§1 und3 KESt-VO zu verstehen ist, bleibt auch nach der Entscheidung des BFG vom 29.2.2023 weitgehend unklar.33 In der Literatur werden aufgrund der Unbestimmtheit der Regelungen gar Zweifel an deren Verfassungskonformität geäußert.34 Dennoch enthält die Entscheidung des BFG eine zentrale Passage, die zur Beurteilung von verdeckten Ausschüttungen als Folge von Primärberichtigungen herangezogen werden kann: Das BFG prüfte im konkreten Einzelfall, ob wirtschaftliche Gründe vorlagen, die – auch wenn sie nicht ausreichten, um die verdeckte Ausschüttung auszuschließen – zumindest Zweifel an der subjektiven Komponente der verdeckten Ausschüttung erzeugten. Da der Steuerpflichtige aus Sicht des BFG „glaubhaft stichhaltige wirtschaftliche Gründe“ vorbrachte, war die Offenkundigkeit der verdeckten Ausschüttung auszuschließen.

31 Vgl VwGH 31. 3. 2004, 99/13/0260.

32 Vgl BFG 29. 6. 2022, RV/7102083/2009, mit Verweis auf Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG (2015) §8 Rz308f.

33 Vgl Drolle, ecolex 2023, 343 (346).

34 Vgl Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG, §94a alt Rz4.

Die Entscheidung des BFG verdeutlicht, dass die Vorschreibung von KESt auf Sekundärberichtigungen im Haftungsweg mit erhöhten Anforderungen an Sachverhaltsermittlung und Bescheidbegründung für die Behörde verbunden sind. Die Behörde hat dabei nicht nur die für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung erforderliche subjektive Komponente zu ergründen, sondern darüber hinaus die Offenkundigkeit der verdeckten Ausschüttung zu belegen. Dabei gilt der Grundsatz der amtswegigen Ermittlungspflicht. Die Behörde steht dabei auch vor der Schwierigkeit, zu beurteilen, zu welchem Zeitpunkt die verdeckte Ausschüttung stattfindet, was insbesondere im Fall von Verständigungsverfahren oder aus anderen Gründen bestrittenen Verrechnungspreiskorrekturen wohl regelmäßig außerhalb des im Rahmen einer Betriebsprüfung geprüften Zeitraums fällt.

Wenn die Anwendbarkeit der Mutter-Tochter-Richtlinie außer Streit steht, stellt sich die grundlegende Frage nach der Sinnhaftigkeit derartiger Ermittlungshandlungen, welche nicht nur Ressourcen im Rahmen der Betriebsprüfung binden, sondern auch im nachfolgenden Rückerstattungsverfahren zu einem erheblichen Aufwand für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung führen.

Die EStR ermöglichen dafür nunmehr einen Ausweg: Die Behörde kann in Fällen verdeckter Ausschüttungen von der Inanspruchnahme der KESt-Haftung im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung zur Erlassung eines Haftungsbescheides absehen, wenn bereits vor dessen Erlassung zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass der Muttergesellschaft eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie zusteht.35 Aus praktischer Sicht wäre es sehr zu begrüßen, wenn von dieser Möglichkeit abseits von Extremfällen vermehrt Gebrauch gemacht würde.

Auf den Punkt gebracht

■ Eine verdeckte Ausschüttung setzt neben objektiven Tatbestandsmerkmalen eine subjektive auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung voraus. Nicht jeder Sachverhalt, der eine Verrechnungspreiskorrektur begründet, weist eine derartige subjektive Komponente auf.

■ Wenn eine Primärberichtigung auch eine verdeckte Ausschüttung zur Folge hat, kann diese in der Regel frühestens mit Abschluss der entsprechenden Außenprüfung erfolgen. Wird ein Verständigungsverfahren eingeleitet, kann vor Abschluss des Verfahrens keine verdeckte Ausschüttung vorliegen.

■ Eine verdeckte Ausschüttung ist nicht automatisch offenkundig. Dass KESt im Haftungsweg vorgeschrieben werden kann, erfordert daher zusätzliche Prüfschritte.

2023.

Verdeckte Ausschüttung und KESt Verrechnungspreiskorrektur 3/2023 90
35
Vgl Rz7758 EStR idF Wartungserlass

Die Rechtsprechung des BFG besagt, dass zur Sorgfaltsverletzung, die sich bereits aus der Feststellung einer verdeckten Ausschüttung ergibt, ein zusätzliches Sachverhaltselement in Form einer besonders deutlichen Erkennbarkeit treten muss, damit Offenkundigkeit gemäß §1 Z2 KEStVO vorliegt.

■ Das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung sowie von Offenkundigkeit gemäß §1 Z2 KESt-VO ist von der Behörde zu ermitteln und im Bescheid zu begründen.

■ Die Behörde kann in Fällen verdeckter Ausschüttungen im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung von der Erlassung eines KESt-Haftungsbescheides absehen, wenn zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass eine Entlastung von der KESt aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie zusteht. Aus praktischer Sicht ist dies zu begrüßen. Die Vorschreibung von KESt im Haftungsweg als Folge von Verrechnungspreiskorrekturen sollte lediglich in Extremfällen erfolgen.

„Mühsal“ Verrechnungspreisdokumentation

„One Size Does Not Fit All“ – Lokale Vorschriften als Hürden & Risiko

Obwohl die OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2022 („OECD-VPL“) für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen den Mitgliedstaaten der OECD ein standardisiertes dreistufiges Dokumentationskonzept bereitstellen,1 haben viele Länder diesen Dokumentationsstandard noch nicht vollständig oder nur mit länderspezifischen Anpassungen umgesetzt. Außerdem legen manche Staaten bestimmte Verrechnungspreismethoden unterschiedlich aus oder haben neben den OECD-Standardregeln zusätzliche Vorschriften für deren nationale Auslegung implementiert.2

Dementsprechend kann keine „One-Size-fits-all“-Verrechnungspreisdokumentation –insbesondere iVm den Local Files – für alle Länder, in denen die multinationalen Unternehmen zur Einhaltung des Fremdverhaltensgrundsatzes verpflichtet sind, erstellt werden, ohne Gefahr zu laufen, inhaltliche Lücken aufzuweisen und damit das Risiko von einschlägigen Sanktionen vollends zu eliminieren.

Anstatt eine allgemeine dem OECD-Konzept folgende TP-Dokumentation zu erstellen und daher dem Risiko ausgesetzt zu sein, wegen Nichteinhaltung der Vorschriften in einigen Ländern mit spezifischen Anforderungen Konsequenzen, wie zB die Verhängung von Strafzuschlägen, befürchten zu müssen, erscheint es daher unerlässlich, die Verrechnungspreisdokumentation zumindest teilweise zu lokalisieren. Dieser Artikel versucht, einen Überblick darüber zu geben, in welchen Teilbereichen sich die länderspezifischen Anforderungen aufgrund lokaler Vorschriften (Gesetze, Verordnungen oder anderer Regelungen im Rahmen der Verwaltungspraxis) von den OECD-Standards unterscheiden können. Die nachfolgende „High-Level-Analyse“ geht insbesondere auf die Aspekte ein, welche

■ Abweichungen vom OECD-Standard iVm den inhaltlichen Anforderungen bestehen können;

■ zusätzlichen Anforderungen es aufgrund von nationalen Sondervorschriften oder im Rahmen der Verwaltungspraxis iVm Verrechnungspreisen gibt;

■ Abweichungen vom OECD-Standard iVm methodischen Ansätzen vorkommen können;

■ Unterschiede aufgrund der Verwaltungspraxis eine Relevanz haben können.

1.Abweichungen vom OECD-Standard iVm den inhaltlichen Anforderungen

Die meisten Länder (insbesondere die OECD-Mitgliedstaaten) folgen in ihren lokalen Verrechnungspreisregelungen den OECD-VPL bzw dem dort empfohlenen Verrechnungspreisdokumentationskonzept hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen. Dennoch können die lokalen Gesetz-

1 Siehe Abschnitt V OECD-VPL 2022, wobei festzuhalten ist, dass neben den OECD-Mitgliedstaaten noch zahlreiche andere Länder (ohne OECD-Mitglied zu sein) dieses Konzept in ihren Vorschriften ebenso aufgenommen haben.

2 Siehe dazu die detaillierten und länderspezifischen Informationen (Antworten der Länder zu 33 Fragen der OECD ua zu den gesetzlichen Spezialnormen iVm dem Fremdverhaltensgrundsatz, den anerkannten Verrechnungspreismethoden, der Interpretation zu den hard-to-value intangibles etc) auf der Homepage der OECD unter https://www.oecd.org/tax/ transfer-pricing/transfer-pricing-country-profiles.htm (Zugriff am 1.6.2023).

Dokumentation „One Size Does Not Fit All“ 91 3/2023
Dokumentation „One Size Does Not Fit All“
Gerhard Steiner ist Partner im Bereich International Tax and Transaction Services – Transfer Pricing bei EY in Wien/Linz.

geber bzw deren Steuerverwaltungen ihre eigenen Auslegungen haben und daher andere oder zusätzliche Informationen für die lokale TP-Dokumentation verlangen.

Nachfolgend werden nur einige Beispiele angeführt:

■ Der Aufbau und Inhalt der Verrechnungspreisdokumentation weicht aufgrund von länderspezifischen Vorschriften vom OECD-Standard ab. Die Einhaltung der länderspezifischen Regelungen ist jedoch die Voraussetzung für die Anwendung der „penalty protection“3 (zB Italien, Polen, Rumänien, Russland usw). Das Beispiel Italien zeigt, dass es nahezu unumgänglich ist, diese Option zu nutzen, zumal die Strafzuschläge im Falle von Anpassungen der Steuerbemessungsgrundlagen im Rahmen von Steuerprüfungen immerhin 90% bis 180% dieser Erhöhungen ausmachen können. Zudem werden regelmäßig auch noch „saftige“ Zinsen von den Steuerbehörden vorgeschrieben.

Die negativen Auswirkungen aufgrund von vorgeschriebenen Strafzuschlägen seitens der italienischen Steuerverwaltung mangels Anwendbarkeit einer penalty protection für einen Konzern lassen sich auf Basis eines konkreten Falles aus der Beratungspraxis verdeutlichen.

Praxisbeispiel

Im Rahmen einer italienischen Betriebsprüfung wurden die Verrechnungspreise iVm IntercompanyFinanzierungen korrigiert, obwohl eine Dokumentation im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegt wurde. Allein die zusätzliche Steuer aufgrund de r Strafzuschläge (im konkreten Fall 90% der Verrechnungspreiskorrekturen) belief sich auf den Betrag von rund 650.000€.

Eine Vermeidung der Doppelbesteuerung im Rahmen eines Verständigungsverfahrens oder gegebenenfalls einer nationalen Gegenkorrektur „im kurzen Wege“4 ist für derartige zusätzliche Steuern („penalties“) nicht möglich! Aus betriebswirtschaftlicher Sicht zeigt sich daher, dass der „business case“, dh fristgerechte Erstellung der VP-Dokumentation nach nationalen Vorschriften, wohl nur einen Bruchteil dieses Betrags gekostet hätte.

■ Ein spezieller Benefits-Test5 iVm der Verrechnung von Dienstleistungen oder Lizenzen (zB China, Rumänien, Ukraine, Russland) ist Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung dem Grunde und der Höhe nach.

■ Regelungen, welche eine detailliertere Beschreibung der durchgeführten Vergleichsanalysen iVm Datenbankstudien zur Dokumentation der Angemessenheit der Verrechnungspreise verlangen (zB zur Auswahl der Vergleichsunternehmen bzw der Begründung für die Annahme/ Ablehnung dieser; manche Länder anerkennen nur Vergleichsunternehmen vom lokalen Markt (zB Italien, Türkei, Mexiko, Uruguay usw).

■ Einige Steuerverwaltungen (zB in Neuseeland) teilen auch ihre Meinung über „gute Dokumentationspakete“ mit, die als „weiches Gesetz“ zu den Dokumentationsanforderungen angesehen werden können.6

Die oben angeführten Beispiele zeigen, dass es unerlässlich ist, die lokalen Anforderungen an den Inhalt der Dokumentation zu überprüfen und sicherzustellen, dass das jeweilige Local File diesen Anforderungen entspricht.

2.Zusätzliche Anforderungen aufgrund nationaler Sondervorschriften iVm Verrechnungspreisen

Diese Themenstellung bezieht sich auf die Notwendigkeit der Verwendung spezifischer Formulare oder Erstellung zusätzlicher Dokumente, die über die typische dreistufige Verrechnungspreisdokumentation hinausgehen und von einigen Steuerverwaltungen verlangt werden können.

Am häufigsten werden Formulare für Verrechnungspreise (manchmal auch „TP-Erklärungen“, „TP-Offenlegungen“ usw genannt) verwendet, in denen spezifische Informationen über Eigentumsverhältnisse und Transaktionen mit verbundenen Parteien offengelegt werden müssen. Solche Formulare müssen regelmäßig zusammen mit der jährlichen Steuererklärung eingereicht werden. Derartige Vorschriften finden sich beispielsweise in den USA, Kanada, Frankreich, Polen, Israel.

3 In Italien hat der Steuerpflichtige im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung im Abschnitt „RS106“ die Option, die „penalty protection“ für sich in Anspruch zu nehmen. Dies setzt aber voraus, dass eine den Landesvorschriften entsprechende Dokumentation zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung bereits vorliegt. Die italienische Verrechnungspreisdokumentation ist sogar mit einem elektronischen Zeitstempel zu versehen, um den Schutz vor möglichen finanzstrafrechtlichen Konsequenzen („penalty protection“) nutzen zu können. Ähnliche Sanktionen sind auch in anderen Ländern gesetzlich vorgesehen und werden bei Verletzung des Fremdvergleichsgrundsatzes verhängt, in der Regel in Form eines Zuschlags in fester Höhe oder in Form eines Prozentsatzes der Verrechnungspreiskorrektur oder der Steuerdifferenz.

4 Siehe auch Pölzl, Die Gegenberichtigung im kurzen Wege, TPI2022, 81.

5 Siehe Steiner, Der „Benefits Test“ bei Konzernverrechnungen, TPI2017, 11.

6 Siehe auch Heiter, ETACA – European Trust and Cooperation Approach, AVR2022, 63; Steiner/Schwaiger, Handlungsoptionen für Profis – Evaluierung der Steuerstrategie zur Erlangung von Rechtssicherheit, AVR2023, 38.

„One Size Does Not Fit All“ Dokumentation 3/2023 92

Eine andere Art zusätzlicher Dokumente sind eidesstattliche Erklärungen (manchmal auch „eidesstattliche Erklärungen“, „affidavits“, „Eide“ usw genannt), in denen die Steuerpflichtigen ua erklären müssen, dass die Beschreibung der lokalen Unternehmen, die kontrollierten Transaktionen zwischen den verbundenen Parteien, die Verrechnungspreispolitik des Konzerns und alle anderen den Steuerbehörden vorgelegten Informationen in gutem Glauben erstellt worden sind. Fallweise werden auch die Unterschriften eines zugelassenen Wirtschaftsprüfers notwendig. Solche Erklärungen werden in der Regel gleichzeitig mit der Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation und/oder des Verrechnungspreisformulars abverlangt. Derartige eidesstattliche Erklärungen sind in vielen lateinamerikanischen Ländern (Argentinien, Bolivien und Chile) vorgesehen, werden aber auch in anderen Regionen wie im arabischen Raum (zB Saudi-Arabien) verlangt.

Daher reicht es oft nicht aus, nur die Local Files nach OECD-Muster bereitzuhalten – die Erstellung von länderspezifischen Verrechnungspreisberichten und -formularen kann ebenso (oder sogar noch wichtiger) sein.

3.Abweichungen vom OECD-Standard iVm methodischen Ansätzen

Auch die Anwendung der Verrechnungspreismethoden selbst kann aufgrund der länderspezifischen Verwaltungspraxis vom OECD-Standard abweichen. Das heißt, dass die Länder zwar dieselben Anforderungen an den Inhalt der Verrechnungspreisdokumente haben, diese aber unterschiedlich auslegen.

Selbst unter den OECD-Mitgliedsländern werden iVm der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes zwei unterschiedliche Dokumentationsansätze verfolgt. In einigen Ländern wird nur eine fremdvergleichskonforme Preisfestsetzung anerkannt, wenn die Steuerpflichtigen die Preise ex ante auf der Grundlage von Informationen, die ihnen zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses vernünftigerweise zur Verfügung standen („price setting approach“), dokumentieren können. In anderen Ländern wird ein fremdvergleichskonformer Ansatz angewandt, bei dem die Unternehmen das tatsächliche Ergebnis der von ihnen kontrollierten Transaktionen auf einer Ex-post-Basis prüfen, um nachzuweisen, dass die Bedingungen dieser Transaktionen fremdvergleichskonform waren. Eine solche Prüfung wird im Allgemeinen am Ende des betreffenden Jahres oder zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung durchgeführt („outcome testing approach“).

Als weiteres Beispiel von Auslegungsunterschieden ist das Konzept der OECD zu den Kostenumlagevereinbarungen oder cost contribution arrangement (CCA) anzuführen.7 Das in den USA verwendete Konzept des cost sharing arrangement (CSA)8 unterscheidet sich teilweise wesentlich vom CCA-Konzept der OECD. Beispielsweise ist der Scope des CCA weiter gefasst bzw als Rahmenvereinbarung definiert, wohingegen das CSA als eine Vereinbarung enger gefasst ist und in den Standardbestimmungen zB die geografischen Exklusivrechte der Teilnehmer an den erfassten entwickelten immateriellen Gütern festlegen muss.

Darüber hinaus kann das CCA auch die Kosten für verschiedene Dienstleistungen einschließlich nichttechnischer Tätigkeiten wie Management- und Verwaltungsdienstleistungen (sogenanntes „services CCA“) abdecken. Im Gegensatz dazu konzentriert sich das CSA nur auf die Forschung und Entwicklungskosten iVm immateriellen Wirtschaftsgütern. Außerdem akzeptiert das CSA bei der Bewertung des Kostenanteils im Allgemeinen eine Bewertung zu den Anschaffungskosten. Im Gegensatz dazu werden die CCAs tendenziell zum Marktpreis bewertet (dh einschließlich der Gewinnelemente), um dem Fremdvergleichsgrundsatz zu entsprechen.

Ein weiteres Beispiel sind die vereinfachten Ansätze für konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung (LVAS).9 Die OECD stellte damit Leitlinien zur Verfügung, die multinationalen Unternehmen dabei helfen sollen, den Dokumentationsaufwand für die qualifizierten LVAS zu verringern. So können Transaktionen mit LVAS einen Aufschlag von 5% auf die zugewiesenen Kosten beinhalten, und dieser Aufschlag ist nicht durch eine Benchmarking-Studie zusätzlich nachzuweisen. Da es sich bei den OECD-Leitlinien jedoch um „soft law“ handelt, können Umfang und Reichweite der Anwendung eines solchen vereinfachten Ansatzes von Land zu Land unterschiedlich sein. Dies zeigt sich wiederum am Beispiel der USA, denn die OECD-Leitlinien für das LVAS-Konzept wurden nicht in die US-Gesetzgebung übernommen. Stattdessen wird ausschließlich die Dienstleistungskostenmethode (SCM)10 eingeführt, nach der bestimmte konzerninterne Dienstleistungen (die sich mit den OECD-LVAS überschneiden) unter bestimmten Umständen zu Selbstkosten (dh ohne Gewinnaufschlag) abgerechnet werden können.

7 Kapitel VIII OECD-VPL.

8 Eine detaillierte Analyse zu den Unterschieden zwischen CCAs und CSAs siehe Dijkman/Subramanian, Evaluating the equivalence of Cost Sharing Agreements and Cost Contribution Agreements, siehe https://tax.kpmg.us/content/dam/ tax/en/pdfs/2023/equivalence-cost-sharing-arrangements-tni-13march2023.pdf (Zugriff am 15.6.2023).

9 Siehe Tz7.43ff OECD-VPL.

10 Siehe OECD-Länderübersichten zu Verrechnungspreisthemen unter https://www.oecd.org/tax/transfer-pricing/transferpricing-country-profile-united-states.pdf (Zugriff am 15.6.2023).

Dokumentation „One Size Does Not Fit All“ 93 3/2023

Land

4.Unterschiede aufgrund der Verwaltungspraxis

Auf Ebene der Verwaltungspraxis iVm lokalen Regelungen zeigen sich ebenso Unterschiede. Beispielsweise stellt sich iVm der Einreichung von Verrechnungspreisdokumenten die Frage, ob die Dokumentation innerhalb einer bestimmten Frist vorzulegen bzw zu erstellen oder ob sie erst auf Verlangen vorzulegen ist. Weiters, ob es bestimmte Schwellenwerte (Wesentlichkeitsgrenzen) iVm der Dokumentation von Transaktionen gibt, in welcher Sprache die Dokumentation zu erstellen ist und ob die Dokumentation in einem bestimmten Format einzureichen ist.

Hinsichtlich des Umstands, dass zahlreiche Länder iVm der Nichteinhaltung der Dokumentationsverpflichtungen auch zum Teil erhebliche Strafsanktionen vorsehen, wird auf obige Ausführungen sowie die Tabelle unten verwiesen. Die häufigste Form ist eine Verwaltungsstrafe, die in der Regel Geldstrafen (zB Geldbußen, Zinsen usw) bei unvollständiger, fehlerhafter, verspäteter oder fehlender Verrechnungspreisdokumentation vorsieht. In extremen Fällen drohen aber auch persönliche Haftungen der Geschäftsleiter bis hin zu Haftstrafen.

Hinsichtlich der Frage, wann die Dokumentation zu erstellen bzw bei den Steuerverwaltungen abzugeben ist, verlangen die meisten lokalen Gesetzgeber von den Steuerpflichtigen, dass sie ihre Verrechnungspreisdokumentation gleichzeitig mit der Steuererklärung erstellen, sie aber nur im Falle von expliziten Anfragen der Steuerverwaltung zur Verfügung stellen müssen. Der gesetzliche Zeitrahmen für die Beantwortung von Anfragen der Steuerbehörden kann zwischen sieben Tagen (zB in Polen) und 90Tagen (zB in Kanada) liegen. In einigen Ländern muss die Verrechnungspreisdokumentation jedoch proaktiv innerhalb einer bestimmten Frist eingereicht werden.

Was die Schwellenwerte für die Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation anbelangt, gibt es unterschiedlichste Zugänge der lokalen Steuerverwaltungen, um die Schwellenwerte in ihren Ländern festzulegen. Die Kriterien umfassen ua die Höhe des Transaktionswerts, den Grund der Transaktionen, die Anzahl der Mitarbeiter und die Einstufung der lokalen Gesellschaft. In einigen Ländern gibt es leider auch keine Wesentlichkeitsgrenzen oder einen vereinfachten Ansatz für KMUs.

Im Hinblick auf die Sprache ist Englisch zwar die bei weitem gebräuchlichste Sprache für die Verrechnungspreisdokumentation, doch können die lokalen Steuerverwaltungen verlangen, dass die Dokumentation in der jeweiligen Landessprache erstellt wird. Es gibt Länder, die per Gesetz vorschreiben, dass die Dokumentation in der Landessprache erstellt werden muss. In der Praxis akzeptieren die Steuerverwaltungen jedoch im Allgemeinen die Dokumentation in englischer Sprache (zB in Deutschland). Andererseits sehen einige Länder in ihren Steuergesetzen vor, dass die Dokumentation in Englisch erstellt werden kann; die Steuerverwaltung hat jedoch das Recht, eine in die Landessprache übersetzte Kopie der Dokumentation zu verlangen (zB Georgien).

Einige wenige Länder schreiben auch das Format der lokalen Verrechnungspreisdokumentation vor, in welchem die Verrechnungspreisdokumentation einzureichen ist. So verlangt Italien beispielsweise, dass die Dokumentation in einer bestimmten Struktur und mit bestimmten Inhalten erstellt wird, um einen Sanktionsschutz („penalty protection“) zu erhalten.11 ZB verlangen Australien und Belgien, dass die Dokumentation in einem Tabellenformat über ihre E-Filing-Systeme unter Verwendung von XML-Dateien eingereicht wird.

Die Prüfung der lokalen administrativen Aspekte der Verrechnungspreisdokumentation ist daher von entscheidender Bedeutung und ermöglicht die Vermeidung von Strafen und unnötigen Reibungsverlusten.

5.Tabellarische Übersicht (High Level) – Verwaltungsvorschriften bzw -praxis hinsichtlich Fristen, Sprache, Strafzuschlägen usw12

Übergabe erst nach Ablauf einer bestimmten Frist nach Anfrage der Finanzverwaltung

gesetzliche Umsatzgrenzen für Local File

Wesentlichkeitskriterien für Transaktionen

Dokumentation nationaler Transaktionen notwendig

Erstellung bzw Vorlage nur in Landessprache möglich

Neben Local File sind noch zusätzliche Dokumentationen zu erstellen/übergeben

Strafzuschläge oder ähnliche Regelungen (ohne CbCRRegelungen)

Belgien ja ja ja ja nein ja ja

Bosnien & Herzegowina ja nein nein ja ja ja ja

Bulgarien ja ja ja nein ja ja ja

Dänemark nein ja ja ja nein ja ja

Deutschland ja ja nein nein nein nein ja

Estland ja ja nein ja ja ja nein

11 Siehe Ausführungen oben iVm FN3.

12 Für die Erstellung der Tabelle wurde auf verschiedene Quellen (ua Internet) zurückgegriffen. Eine Garantie für die Richtigkeit der Aussagen in dieser Tabelle kann vom Autor nicht gegeben werden. Daher wird empfohlen, für jeden Anwendungsfall eine gesonderte Einzelfallüberprüfung je Land vorzunehmen, um die konkreten Anforderungen bzw Risiken zu evaluieren.

„One Size Does Not Fit All“ Dokumentation 3/2023 94

Land

Übergabe erst nach Ablauf einer bestimmten Frist nach Anfrage der Finanzverwaltung

gesetzliche Umsatzgrenzen für Local File

Wesentlichkeitskriterien für Transaktionen

Dokumentation nationaler Transaktionen notwendig

Erstellung bzw Vorlage nur in Landessprache möglich

Neben Local File sind noch zusätzliche Dokumentationen zu erstellen/übergeben

Strafzuschläge oder ähnliche Regelungen (ohne CbCRRegelungen)

Finnland ja ja nein nein nein ja ja

Frankreich ja ja ja nein nein ja ja

Griechenland ja ja ja ja ja ja ja

Kroatien ja nein nein ja ja ja nein

Irland ja ja nein ja ja nein ja

Italien ja nein nein nein ja ja ja

Lettland ja ja nein ja ja nein ja

Litauen ja ja ja nein ja ja ja

Luxemburg nein x x x x x nein

Malta nein x x x x x nein

Niederlande ja ja nein ja nein nein ja

Norwegen ja ja nein ja nein ja ja

Polen ja ja ja ja ja ja ja

Portugal ja ja nein ja ja ja ja

Rumänien ja ja ja ja ja nein ja

Russland ja ja ja ja ja ja ja

Schweden ja ja ja nein nein nein ja

Schweiz ja nein nein nein nein nein ja

Serbien ja ja nein ja ja nein ja

Slowakei ja ja ja ja ja ja ja

Slowenien ja nein nein ja ja ja ja

Spanien ja nein ja ja nein ja ja

Tschechien ja nein nein ja nein ja ja

Türkei ja nein nein ja ja ja ja

Ungarn ja ja ja ja nein ja ja

6.Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die OECD-VPL zwar in der Regel als „Bibel der Verrechnungspreise“ gelten und viele lokale Verrechnungspreisvorschriften dazu neigen, sich auf die OECD-Leitlinien zu beziehen,13 dass es jedoch aufgrund der Komplexität und Uneinheitlichkeit der Verrechnungspreisregelungen der einzelnen Länder keine „Einheitslösung“ oder „one size fits all“ gibt, die alle lokalen Regelungen abdeckt und absolute Rechtssicherheit bietet. Es gilt daher aus Sicht eines Konzerns, auf Basis eines „business case“ die Risiken zu evaluieren und die Entscheidung zu treffen, ob man eine mit hohem Aufwand bzw Kosten verbundene Verrechnungspreisdokumentation nach dem Konzept „fully fledged“ erstellt oder alternativ nur die „High-Risk“-Länder abzusichern und einen „Country-by-Country“-Dokumentationsansatz wählt.

Auf den Punkt gebracht

Der vorliegende Beitrag zeigt auf, dass es nicht immer ausreichend ist, wenn sich international tätige Unternehmen iVm der Erstellung ihrer Verrechnungspreisdokumentation „nur“ auf das in den OECD-VPL konzipierte Verrechnungspreisdokumentationskonzept „verlassen“ und dieses im Rahmen der Erstellung der Local Files anwenden. Trotz der Empfehlungen der OECD weichen zahlreiche Länder zum Teil erheblich von diesen Standards ab und neigen dazu, einerseits spezielle Formvorschriften oder aber auch detaillierte inhaltliche Vorgaben für den Aufbau der Dokumentation vorzusehen, andererseits können auch unterschiedliche Interpretationen zu „Lücken“ in der Dokumentation führen. Dies kann im Einzelfall zu erheblichen Sanktionen und schmerzhaften steuerlichen Konsequenzen bzw Nachzahlungen führen. Die Unternehmen und deren Berater sollten daher regelmäßig ein Auge auf die lokalen Vorschriften werfen, um das vorhandene Risiko abschätzen zu können bzw einen „optimalen“ strategischen Ansatz zum jeweilig notwendigen Detaillierungsgrad der Dokumentation zu entwickeln.

13 Siehe zuletzt Veröffentlichung des deutschen BMF mit dBMF-Schreiben vom 6.6.2023, Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023, IVB5 – S1341/19/10017 :003; DOK 2023/0537819; in diesem dBMF-Schrieben wird wiederholt auf die OECD-VPL verwiesen, und die OECD-VPL sind Beilage dieses dBMF-Schreibens.

Dokumentation „One Size Does Not Fit All“ 95 3/2023

Die Arbeitskräfteüberlassung in den österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021

Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes

Die Arbeitskräfteüberlassung wird in den österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien mehrfach angesprochen. Damit wird dem Rechtsanwender eine wertvolle Hilfestellung bei der Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes an die Hand gegeben. Nachfolgend sollen diese Regelungen in einem Gesamtkontext gewürdigt werden.

1.Verrechnungspreisrichtlinien

Die österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021 (VPR 2021) stellen einen Auslegungsbehelf zum nationalen (§6 Z6 EStG) und internationalen (Art9 OECD-MA) Fremdvergleichsgrundsatz dar. Die VPR 2021 sind auf der Grundlage der aktuellen OECD-Verrechnungspreisleitlinien (OECD-VPL)1 erstellt.2 §6 Z6 EStG stellt die abkommensrechtlich erforderliche nationale Umsetzung des Fremdvergleichsgrundsatzes sicher. Dies verlangt nach Übereinstimmung des innerstaatlichen und des zwischenstaatlichen Fremdvergleichsgrundsatzes.3 Zwischen dem internationalen und dem innerstaatlichen Fremdvergleichsgrundsatz besteht eine Deckungsgleiche, wobei diese dynamisch zu verstehen ist. Es schlagen daher auch die jeweiligen neuen Erkenntnisse über die OECD-VPL auf die Auslegung des §6 Z6 EStG durch.4 Die OECD-VPL sind daher im Sinne einer dynamischen Interpretation in ihrer letztgültigen Version (OECD-VPL 2022) heranzuziehen.5

2.Arbeitskräfteüberlassung

Die passive Arbeitskräfteüberlassung ist von der aktiven Entsendung (Aktivleistung) auf Basis eines Werk- oder Dienstvertrags abzugrenzen. Bei einer konzerninternen Entsendung von Arbeitskräften ist zu prüfen, ob es sich um die Erbringung einer Aktiv- oder Passivleistung durch das entsendende Unternehmen handelt.6

Zwar ist die Arbeitskräfteüberlassung ebenfalls nach Transfer-Pricing-Gesichtspunkten als allgemeine Dienstleistung einzuordnen, allerdings ist die Unterscheidung für die Höhe des Gewinnaufschlags relevant. An dieser Stelle ist auch darauf hinzuweisen, dass eine Aktivleistung bei einer gewissen Präsenz im Quellenstaat

1 OECD, Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen 2022 (2022).

2 Rz 3 VPR 2021.

3 Rz 14 VPR 2021, mit Verweis auf Rz2511ff EStR.

4 Rz 15 VPR 2021.

5 Rz 19 VPR 2021.

6 Rz 194 VPR 2021.

eine Betriebsstätte nach Art5 OECD-MA7 begründen kann, während dies bei einer passiven Arbeitskräfteüberlassung nicht der Fall ist. Indessen kann im Rahmen der Arbeitskräfteüberlassung der Quellenstaat den Beschäftiger als wirtschaftlichen Arbeitgeber qualifizieren, sodass dann für die Tätigkeitseinkünfte im Quellenstaat ab dem ersten Einsatztag ein Besteuerungsrecht eintreten kann („Arbeitgebervorbehalt“).8

In den Einkommensteuerrichtlinien9 wird die Gestellung von Arbeitskräften nur sehr allgemein umschrieben. Steuerrechtlich besteht jedenfalls keine Bindung an die Begriffsumschreibung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz.10 Vielmehr ist steuerlich eine Gesamtbetrachtung der maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse anzustellen.11 Nicht alleine entscheidend, aber eine maßgebliche Bedeutung spielen dabei jene Abgrenzungskriterien, welche in §4 AÜG genannt sind. Eine Arbeitskräfteüberlassung liegt danach auch dann vor, wenn die Arbeitskräfte

■ kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

■ die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

7 OECD, Model Tax convention on Income and on Capital: Condensed Version 2017 (2017).

8 Erlass des BMF vom 12.6.2014, Änderungen bei der steuerlichen Behandlung grenzüberschreitender Arbeitskräftegestellungen, BMF-010221/0362-VI/8/2014; zuletzt hat das BFG in seinem Erkenntnis vom 13.4.2023, RV/4100450/2020, bestätigt, dass Slowenien bei der Arbeitskräfteüberlassung dem sogenannten „wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff“ folgt.

9 Rz 7940 EStR.

10 Waser in Hummer/Loizenbauer/Mitterlehner/Waser, Quellensteuern (2016) 188.

11 Bendlinger, Auslandsentsendungen3 (2017) 155; Bendlinger, Die Betriebsstätte4 (2020) 135, mit umfassenden Anhaltspunkten, die für den Bestand eines Werkvertrags sprechen.

Arbeitskräfteüberlassung VPR 2021 3/2023 96
Arbeitskräfteüberlassung
Mag. Martin Hummer ist Steuerberater bei der ICON Wirtschaftstreuhand GmbH in Linz.

■ organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienstund Fachaufsicht unterstehen oder

■ der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

In den VPR 202112 wird in Bezug auf die Abgrenzung zwischen Aktiv- und Passivleistung auf den Erlass des BMF vom 12.6.2014 (Änderungen bei der steuerlichen Behandlung grenzüberschreitender Arbeitskräftegestellungen) Bezug genommen. Als Aktivleistungen werden zB Beratungsleistungen, Schulungsleistungen, Überwachungsleistungen und andere Assistenzleistungen durch das entsendende Unternehmen eingestuft. Zur leichteren Unterscheidung der beiden Fallgruppen werden in Anhang 1 des Erlasses vier Beispiele angeführt. Eine Aktivleistung liegt danach etwa vor, wenn Personal zur Softwareschulung oder Marketingberatung entsendet wird. Eine Passivleistung liegt indessen vor, wenn Personal zur Abdeckung eines vorübergehenden Personalengpasses (in den beiden Fällen: in der Hotelbranche oder bei Bauprojekten) vorübergehend überlassen wird.

Arbeitskräfteüberlassung unterliegt den besonderen arbeitsrechtlichen Regelungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und bedarf einer behördlichen Genehmigung. Aber nicht jedes Zurverfügungstellen von Arbeitskräften an Dritte ist Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes. Im Bereich des Arbeitnehmerschutzes gilt der Beschäftiger als Arbeitgeber, sodass dieser alle Vorsichtsmaßnahmen wie für eigene Mitarbeiter treffen muss.

Für Arbeiter, die überlassen werden, gilt der Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung. Für Angestellte, die überlassen werden, gilt der Kollektivvertrag für Angestellte im Handwerk, Gewerbe und in der Dienstleistung. Allerdings ist auch der Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebs relevant, wenn dieser insbesondere in Bezug auf das kollektivvertragliche Entgelt und die Arbeitszeitbestimmungen günstigere Regelungen vorsieht.13

3.Typischerweise verrechenbare Dienstleistung

Die zeitlich begrenzte Überlassung von Arbeitskräften einschließlich solcher im Führungsbereich ist aus Sicht des Transfer Pricings – im Rahmen der von den VPR 2021 angeführten sechs Transaktionsarten – eine Dienstleistung allgemeiner Art.14 Eine Verrechnung von Dienstleistungen kommt dem Grunde nach nur dann in Frage, wenn die Tätigkeit dem jeweiligen Konzernunternehmen einen wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteil verschafft, der

12 Rz 194 VPR 2021.

13 WKO, Arbeitskräfteüberlassung (Stand: 1.1.2022).

14 Rz 105 VPR 2021.

seine Geschäftsposition stärkt oder sichert, dh, wenn ein unabhängiges Unternehmen unter vergleichbaren Umständen bereit gewesen wäre, die Dienstleistung zu vergüten oder als Eigenleistung zu erbringen („Benefit-Test“15 oder „Vorteilstest“).16 Die zeitlich begrenzte Arbeitskräfteüberlassung wird hierbei beispielhaft als verrechenbare Dienstleistung allgemeiner Art eingestuft,17 für die grundsätzlich die Prinzipien der Dienstleistungsverrechnung nach Rz86ff VPR 2021 gelten.18 Dies gilt freilich nur dann, wenn – wie in Rz105 VPR 2021 typisierend unterstellt – dem Leistungsempfänger ein Nutzen verschafft wird bzw dieser ein Interesse an der Leistungserbringung hat („willing to pay“; „perform for itself“).

4.Kostenaufschlagsmethode und Vollkosten

Die fremdübliche Vergütung wird in der Regel auf Basis eines (internen oder externen Preisvergleichs) oder der Kostenaufschlagsmethode ermittelt. Bei der Kostenaufschlagsmethode sind alle mit der Entsendung zusammenhängenden Kosten (Vollkosten) zu berücksichtigen. Aus der Sicht des aufnehmenden Unternehmens wird dabei zu beachten sein, ob entsprechendes Personal mit denselben Fähigkeiten und Kenntnissen auf dem lokalen Arbeitsmarkt verfügbar und welcher Aufwand dafür zu leisten wäre.19

Die Anwendbarkeit der Preisvergleichsmethode würde die Vergleichbarkeit anhand der fünf Vergleichbarkeitsfaktoren20 erfordern. Mangels Vergleichbarkeit kommt daher in der Praxis in aller Regel die Kostenaufschlagsmethode zur Anwendung, wobei die Vollkosten anzusetzen sind. Diese beinhalten zum einen direkte Kosten, wie etwa Arbeitslohn und Lohnnebenkosten, und zum anderen indirekte Kosten, wie etwa Kosten für die Lohnverrechnung und Personalverwaltung. Es wird darauf verwiesen, dass gegebenenfalls ein Gewinnaufschlag angesetzt werden kann.21 Wenn entsprechendes Personal mit denselben Fähigkeiten am lokalen Arbeitsmarkt günstiger verfügbar ist, dann ist die konzerninterne Arbeitskräfteüberlassung nicht zulässig. Damit hat auch im Bereich der Arbeitskräfteüberlassung der Aspekt der realistischerweise verfügbaren Alternativen Bedeutung. In der Praxis wird freilich entsprechendes Personal mit denselben Fähigkeiten nur selten alternativ zur Verfügung stehen.

15 Steiner, Der „Benefits-Test“ bei Konzernverrechnungen, TPI2017, 11.

16 Rz 87 und 105 VPR 2021.

17 Rz 105 VPR 2021.

18 Zu den Prinzipien der Verrechnung einer allgemeinen Dienstleistung im indirekten Weg vgl Hummer, Konzernumlagen in der Praxis, TPI 2023, 40.

19 Rz 194 VPR 2021.

20 Rz 57 VPR 2021.

21 Vgl dazu die kritische Beurteilung unter Pkt5.

VPR 2021 Arbeitskräfteüberlassung 97 3/2023

5.Nebenleistung ohne Gewinnaufschlag

Der Fremdvergleichsgrundsatz erfordert grundsätzlich einen Gewinnaufschlag auf die eigene Wertschöpfung. Von diesem Grundsatz kann ua bei Nebenleistungen abgegangen werden. Unter besonderen Umständen kann eine Dienstleistungsverrechnung auch ohne Gewinnaufschlag auf Kostenersatzbasis erfolgen.22 Dies gilt vor allem für Nebenleistungen, die nicht zum Unternehmensgegenstand des Dienstleisters gehören. Ein Beispiel für eine solche Nebenleistung ist die konzerninterne Arbeitskräfteüberlassung zur Abdeckung temporärer Auslastungsspitzen. Konzernintern ist die Arbeitskräfteüberlassung eine Nebenleistung, während diese für ein gewerbliches Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen als Kernbzw Hauptleistung zu qualifizieren wäre. 23

Danach „kann“ eine Nebenleistung auch ohne Gewinnaufschlag als fremdverhaltenskonform gewertet werden. Dies ist allerdings wohl in der Weise zu interpretieren, dass bei Nebenleistungen im Sinne des Fremdvergleichsgrundsatzes auf einen Gewinnaufschlag zu verzichten ist. Überdies ist auf die deutschen Verwaltungsgrundsätze-Arbeitnehmerentsendung zu verweisen, wonach ein Gewinnaufschlag bei einer konzerninternen Arbeitskräfteüberlassung grundsätzlich nicht akzeptiert wird.24

Zeitlich begrenzte Überlassungen von Arbeitskräften, einschließlich solcher im Führungsbereich des Stammhauses, werden ausdrücklich als Nebentätigkeiten qualifiziert, für die eine bloße Kostenweiterbelastung (ohne Gewinnaufschlag) zwischen den einzelnen Unternehmensteilen stattfinden kann.25

6.Keine Begründung einer Betriebsstätte

Der Verpächter eines Betriebs begründet keine Betriebsstätte, da es sich dabei um eine Passivleistung handelt. Insofern löst auch die Maschinenbereitstellung (zB Vermietung eines Krans) keine Betriebsstätte aus. Bei bloßer konzerninterner Arbeitskräftegestellung (Passivleistung des Gestellers) wird daher ebenfalls keine Betriebsstätte begründet (EAS3199).26

22 Rz 93 VPR 2021.

23 Zum Gewinnaufschlag vgl Hummer, Der Gewinnaufschlag auf allgemeine Dienstleistungen auf Basis der österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021, TPI 2021, 73.

24 Deutsche Verwaltungsgrundsätze-Arbeitnehmerentsendung vom 9.11.2001, wonach die Arbeitnehmerentsendung mit einer Arbeitskräfteüberlassung österreichischer Diktion zu vergleichen ist. Bei einer Entsendung von mehr als drei Monaten gilt der Beschäftiger als wirtschaftlicher Arbeitgeber. Da bei der Arbeitnehmerentsendung der Aufwand als originärer Aufwand des wirtschaftlichen Arbeitgebers gilt, kommt ein Gewinnaufschlag nicht zum Ansatz.

25 Rz 333 VPR 2021.

26 Rz 253 VPR 2021.

7.Keine Gestellungsvergütung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte

Betriebsstätten haben keine eigene Rechtspersönlichkeit.27 Eine vollinhaltliche Anwendung des AOA (authorized OECD approach) bei der Gewinnzuordnung an Betriebsstätten würde eine Implementierung in Art7 der von Österreich abgeschlossenen DBA erfordern. Österreich hat sich jedoch vorbehalten, weiterhin die Fassung des Art7 OECD-MA idF vor 2010 in seinen DBA zu verwenden. Daher wendet Österreich lediglich den „AOA light“ an. Das bedeutet, dass der AOA nur insoweit Relevanz hat, als er mit dem OECD-Musterkommentar zu Art7 OECD-MA idF vor 2010 nicht im Widerspruch steht.28

Unternehmensinterne Darlehens-, Mietund Lizenzverträge führen demnach bei keiner Unternehmenseinheit zu Betriebsausgaben bzw Betriebseinnahmen. Auch im Falle von Arbeitskräftegestellungen vom Stammhaus an die Betriebsstätte wird deren steuerliche Wirksamkeit als reine Innentransaktion daher nicht anerkannt (EAS1838).29

Auf den Punkt gebracht

Die österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021 enthalten an mehreren Stellen Ausführungen zur konzerninternen Arbeitskräfteüberlassung. Diese Passivleistung ist grundsätzlich von der Aktivleistung abzugrenzen, aus Sicht des Transfer Pricings sind indessen beide Fallgruppen als allgemeine Dienstleistung einzuordnen und entsprechend zu behandeln. Typischerweise ist eine Gestellungsvergütung zu verrechnen, wobei die Vollkosten – im Unterschied zur Aktivleistung – ohne Gewinnaufschlag zu berücksichtigen sind. Als Passivleistung begründet diese keine abkommensrechtliche Betriebsstätte. Aufgrund der dargelegten Aspekte (Betriebsstätte, wirtschaftlicher Arbeitgeber, Methodenwahl, Kostenaufschlag etc) ist immer eine Einzelfallprüfung durchzuführen. Der Beurteilung ist ein wirtschaftliches Verständnis beizulegen. Dabei ist darauf zu achten, dass die gelebte Praxis auch vertraglich zweifelsfrei abgebildet wird. Der zwischen den Transaktionspartnern abgeschlossene Vertrag sollte demnach eindeutig eine Zuordnung als Aktiv- oder Passivleistung erlauben. Zudem ist betriebsprüfungsrelevant, dass diese Abgrenzung und die Vorgehensweise bei einer wesentlichen grenzüberschreitenden Transaktion auch im Local File hinreichend dokumentiert sind.

Arbeitskräfteüberlassung VPR 2021 3/2023 98
Rz 279 VPR 2021. 28 Rz 280 VPR 2021. 29 Rz 281 VPR 2021.
27

Glossar der Verrechnungspreise

Transfer-Pricing-Fachvokabular von A bis K Transfer-Pricing-Glossar

Dieser Glossarbeitrag bietet einen Überblick über das wesentlichste Transfer-PricingFachvokabular von A bis K. Die Buchstaben von L bis Z werden im nächsten Heft dargestellt. Weitere, tiefergehende Begriffserläuterungen im Rahmen des „Transfer-PricingGlossars“ und in den Case Studies der TPI werden folgen!

A

Allokationsschlüssel (Allocation Key)

Ein Allokationsschlüssel dient der Aufteilung der einem Dienstleistungserbringer entstandenen Kosten auf andere Konzerngesellschaften bei Anwendung der indirekten Kostenaufschlagsmethode. Ziel ist, mittels des ausgewählten Allokationsschlüssels Kosten anteilig am erwarteten Nutzen aus der Aktivität auf den entsprechenden Leistungsempfänger zu verteilen. Mögliche Allokationsschlüssel können der Umsatz, das Vollzeitäquivalent (FTE) oder der ITUser sein.

Angemessenheitsdokumentation

(Arm’s Length Documentation)

Verrechnungspreisdokumentationen gliedern sich regelmäßig in eine Sachverhalts- und in eine Angemessenheitsdokumentation. Die Angemessenheitsdokumentation gewährt Informationen über die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei Bestimmung der Verrechnungspreismethode für konzerninterne Geschäftsvorfälle. In ihr enthalten ist üblicherweise die Unternehmenscharakterisierung, die Wahl der am besten geeigneten Methode sowie die Anwendung der gewählten Verrechnungspreismethode.

Anlaufkosten (Start-up Costs)

Anlaufkosten oder Gründungskosten sind einmalige, nicht wiederkehrende Kosten, die mit der Gründung (oder auch Umorganisation) eines Unternehmens verbunden sind. Häufig entstehen in der Gründungsphase bis zur Etablierung eines Unternehmens hohe Aufwendungen. Bei multinationalen Unternehmen stellt sich daher die Frage, welches Gruppenunternehmen die hohen Anlaufkosten zu tragen hat und über welchen Zeitraum ein fremder Dritter bereit wäre, potenziell negative Ergebnisse aus der Gründungsphase zu tragen.

Anlaufverluste (Start-up Losses)

Als Anlaufverluste werden negative Ergebnisse nach Gründung eines Unternehmens bezeichnet. Dem Konzept des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters liegt das Prinzip zu-

grunde, dass Anlaufverluste in der Erwartung getragen werden, einen angemessenen Gesamtgewinn nach Ablauf einer Anlaufphase erzielen zu können.

Anpassungsrechnung (Comparability Adujustment)

Anpassungsrechnungen dienen dazu, Unterschiede zwischen identifizierten externen Vergleichswerten und dem zu prüfenden Vergleichswert hinsichtlich der fünf Vergleichbarkeitsfaktoren zu eliminieren, dh, Anpassungen werden vorgenommen, um die Angemessenheit der Ergebnisse zu verbessern. Anpassungsrechnungen sind auf Preise, Kosten, Gewinnaufschläge oder Margen möglich.

Anzunehmende schuldrechtliche Beziehung (Dealing)

Bei grenzüberschreitenden Betriebsstätten liegen bei gegenseitigen Liefer- und Leistungsbeziehungen zivilrechtlich keine Geschäftsbeziehungen vor. Um eine Verrechnungspreisgestaltung analog von verbundenen Unternehmen zu erreichen, werden mittels einer gesetzlichen Fiktion schuldrechtliche Beziehungen unterstellt, und diese (fingierten) Leistungsbeziehungen sind dann mit Fremdpreisen abzubilden (§1 Abs5 Satz2 dAStG).

Auftragsfertiger (Contract Manufacturer)

Auftragsfertigung stellt eine Produktionsdienstleistung für einen Auftraggeber dar. Im Unterschied zum Lohnfertiger beschafft der Auftragsfertiger die benötigten Materialien im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, wobei der Auftraggeber üblicherweise die Abnahme der in Auftrag gegebenen Waren garantiert.

Aufzeichnungspflichten (Documentation Requirements)

Für österreichische Unternehmen, welche in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren Umsatzerlöse von über 50 Mio € erzielt haben, besteht seit Inkrafttreten des Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes (VDPG) am 1. 1. 2016 die gesetzliche Verpflichtung, eine Verrechnungspreisdokumentation zu er-

Transfer-Pricing-Glossar Fachvokabular von A bis K 99 3/2023
Gerhard Steiner ist Partner in den Bereichen Transfer Pricing und International Tax Services bei EY in Linz. Elisabeth Klemens, LL.M. BSc ist Berufsanwärterin und Senior Consultant in den Bereichen Transfer Pricing und International Tax Services bei EY in Linz.

stellen (Master File und Local File). Der CbCReport ist lediglich von multinationalen Unternehmensgruppen, welche einen konsolidierten Gesamtumsatz von mindestens 750 Mio € im vorangegangenen Wirtschaftsjahr erzielt haben, zu erstellen.

Die Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten und Aufzeichnungspflichten gemäß BAO führen auch außerhalb des VPDG zu einer verpflichtenden Erstellung einer Angemessenheitsdokumentation für internationale Geschäftsvorfälle.

Auskunft nach Treu und Glauben (Ruling in Good Faith or Bonafide Ruling)

Unter diesem Grundsatz wird verstanden, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben.1

Auskunftsbescheid (Unilateral Advance Ruling)2

Gemäß §118 BAO hat das Finanzamt auf schriftlichen Antrag mit Auskunftsbescheid über die abgabenrechtliche Beurteilung im Zeitpunkt des Antrags noch nicht verwirklichter Sachverhalte abzusprechen, wenn daran in Hinblick auf die erheblichen abgabenrechtlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Der Auskunftsbescheid bindet jedoch nur die österreichische Behörde, nicht jedoch jene Behörden der anderen von der Verrechnungspreisgestaltung betroffenen Staaten. Hierfür wird ein APA anzustreben sein.

Gegenstand von Auskunftsbescheiden können ua Rechtsfragen iZm Verrechnungspreisen sein (zB Wahl der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode, Anwendung einer konkreten Verrechnungspreismethode, Zulässigkeit der Verwendung von Datenbankstudien).

Authorised OECD Approach (AOA)3

Der „Authorised OECD Approach (AOA)“ beschäftigt sich mit der Zuordnung immaterieller Wirtschaftsgüter zu einer Betriebsstätte. Aufgrund der fehlenden rechtlichen Unabhängigkeit einer Betriebsstätte (Selbständigkeitsfiktion) stehen sämtliche Wirtschaftsgüter im Eigentum des Gesamtunternehmens und sind daher in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zuzurechnen. Als grundlegender Maßstab für die Zurechnung der Funktionen und Risiken sowie des wirtschaftlichen Eigentums („economic ownership“) zu einer Betriebsstätte ist dabei die Funktionsanalyse heranzuziehen.

1 Vgl Ritz/Koran, Advance Ruling2, SWK-Spezial (2019) 25, mit Verweis auf zB VwGH 16.11.2006, 2002/14/ 0010 und 0122; 22.11.2012, 2008/15/0265; 24.9.2011, 2011/13/0082.

2 Vgl Rz 526 f VPR 2021.

3 Vgl Rz 526 f VPR 2021.

B

Bandbreite (Arm’s Length Range)

Eine zulässige Bandbreite von Zahlen, die für die Beurteilung, ob die Bedingungen eines konzerninternen Geschäfts fremdvergleichskonform sind, herangezogen werden kann und die sich entweder aus der Anwendung einer einzigen Verrechnungspreismethode auf verschiedene Vergleichsdaten oder aus der Anwendung unterschiedlicher Verrechnungspreismethoden ableitet.

Bandbreiteneinengung (Interquartile Range)

Die Verwendung der mathematisch statistischen Methode des mittleren Quartilsabstands (Abkürzung: MQA, englisch: „interquartile range“) dient dazu, die recherchierten Ergebnisse (zB aus Datenbanken) zu evaluieren. Die unter Beachtung des Arm’s-Length-Prinzips als vergleichbar herangezogenen Ergebnisse/ Transaktionen zwischen Fremden werden mangels perfekter Vergleichsunternehmen (sogenannte „comparables“) aufgrund von Abweichungen (zB andere Liefermengen) durch Anwendung dieser Methode angepasst. Da der mittlere Quartilsabstand gegenüber Extremwerten relativ unempfindlich ist, werden bei einer nach der Größe geordneten Verteilung die oberen 25% (P75) und die unteren 25% (P25) der Fälle abgeschnitten. Damit „verbessert“ sich die statistische Verlässlichkeit der erhobenen Daten iVm der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes.

Die „interquartile range“ bestimmt somit die Grenzen, innerhalb derer die Hälfte aller Beobachtungswerte liegt. In der Regel werden Ergebnisse von fundierten Verrechnungspreisstudien, welche unter Berücksichtigung dieser Bandbreiteneinengung gemacht wurden, von den Steuerverwaltungen anerkannt (siehe auch Tz3.4.12.5d VWG-Verf).

Beitragsanalyse (Contribution Analysis)

Eine bei der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethode angewandte Analyse, nach der der gemeinsame Gewinn aus konzerninternen Geschäften zwischen den verbundenen Unternehmen nach Maßgabe des jeweiligen Werts der von jedem einzelnen an den Geschäften beteiligten Unternehmen ausgeübten Funktionen geteilt wird (unter Berücksichtigung des Kapitaleinsatzes und der übernommenen Risiken), wobei diese Analyse so weit wie möglich durch externe Marktdaten ergänzt wird, die Aufschluss darüber geben, wie unabhängige Unternehmen den Gewinn unter ähnlichen Verhältnissen geteilt hätten.

Berry Ratio

Diese Kennzahl ist das Verhältnis von Bruttogewinn zu den betriebsnotwendigen Ausgaben.

Fachvokabular von A bis K Transfer-Pricing-Glossar 3/2023 100

Dieser misst eine Art Aufschlag, der aus dem Einsatz der Betriebsausgaben resultiert, und ist vor allem dann eine zuverlässige Kennzahl, wenn die Betriebsausgaben den wesentlichen Teil der Gesamtausgaben ausmachen.

Betriebsprüfung, gemeinsame/ grenzüberschreitende (Joint Audit)

Im Rahmen von koordinierten (gleichzeitigen)

Außenprüfungen über die Landesgrenze führen die teilnehmenden Finanzverwaltungen jeweils unabhängige Außenprüfungen auf ihrem eigenen Gebiet in Übereinstimmung mit dem nationalen Verfahrensrecht durch. Ein Informationsaustausch findet dann statt, wenn die Informationen für das Besteuerungsverfahren im anderen Vertragsstaat relevant sein könnten.4

Betriebsstätte (Permanent Establishment)

Nach dem OECD-MA ist eine Betriebsstätte eine feste örtliche Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird; zB Ort der Leitung, Zweigniederlassung, Geschäftsstelle, Werkstätte, Fabrikationshalle. Hat ein Unternehmen eine Betriebsstätte in einem anderen Staat, hat der Betriebsstättenstaat das Recht, den Betriebsstättengewinn zu besteuern. Der Sitzstaat des Unternehmens besteuert entweder nur den Restgewinn des Unternehmens oder den Gesamtgewinn, rechnet aber die vom Betriebsstättenstaat erhobene Steuer an. Wird im anderen Staat eine Betriebsstätte betrieben, müssen die Gewinne des Unternehmens zwischen der Betriebsstätte und dem Stammhaus aufgeteilt werden. Nach dem Recht der DBA erfolgt die Gewinnaufteilung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz. Der Fremdvergleichsgrundsatz erfordert es, dass Geschäftsbeziehungen zwischen der Betriebsstätte und dem Stammhaus in gleicher Weise behandelt werden wie Geschäftsbeziehungen zwischen unabhängigen Unternehmen.

Bewertungsmethode (Valuation Method)

Abhängig von den Umständen können Bewertungsmethoden von den Steuerpflichtigen und Steuerverwaltungen im Rahmen der fünf OECD-Verrechnungspreismethoden eingesetzt oder als Instrument zur Identifizierung eines fremdüblichen Preises verwendet werden. Hierzu nennt die OECD vor allem solche, die auf der Berechnung des abgezinsten Werts prognostizierter zukünftiger Einnahmeströme bzw Cashflows aus der Verwertung des zu bewertenden immateriellen Werts basieren.5

Bruttogewinn (Gross Profit)

Der Bruttogewinn aus einer Transaktion ist jener Betrag, der sich dadurch ergibt, dass von den Erträgen aus dem Geschäft die damit in Zusam-

menhang stehenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Abzug gebracht werden. Dabei wird dieser Betrag durch die Erhöhung oder Verringerung des Lager- oder Warenbestands entsprechend korrigiert, ohne Berücksichtigung anderer Aufwendungen. Der Begriff „Bruttogewinn“ ist inhaltlich identisch mit dem Begriff „Rohgewinn“.

Cash-Pool (Cash Pooling)

Ein Cash-Pool ist ein Finanzierungsinstrument für das kurzfristige Liquiditätsmanagement innerhalb eines Konzerns, welches zwischen fremden Dritten in der Regel nicht zum Einsatz kommt. Beim Cash-Pooling werden täglich bzw in anderen kurzfristigen Zeitabständen die Salden der Zahlungsverkehrskonten der einzelnen Konzerngesellschaften auf einem Sammelkonto der mit dem Cash-Pooling betrauten Konzerngesellschaft konsolidiert (physisches oder effektives Pooling), oder die Bank aggregiert fiktiv die Salden, ohne dass tatsächliche Überweisungen nötig sind (fiktives oder notional Pooling). Dadurch ist für den Gesamtkonzern nur mehr der jeweilige Saldo des Sammelkontos (extern) zu finanzieren (bzw zu veranlagen). Der Gesamtkonzern erspart sich, dass einzelne Konzerngesellschaften ihre Bankkonten zu hohen Sollzinsen überziehen müssen, während andere ihre Guthaben nur mit niedrigen Habenzinsen verzinst erhalten. Diese Synergieeffekte aus dem Cash-Pooling werden – nach Verrechnung der für das Cash-Pooling anfallenden Kosten und der Vergütung des Cash-Pool-Betreibers – in der Regel allen Cash-Pool-Mitgliedern zugutekommen.6

Der Cash-Pool-Leader kann anhand von zwei unterschiedlichen Konzepten (Dienstleister- oder Bankkonzept) vergütet werden. Übt der Cash-Pool-Leader lediglich eine Koordinations- oder Vermittlungsfunktion aus, wird das Dienstleisterkonzept zur Anwendung kommen und wird die Vergütung des Cash-Pool-Leaders mittels Kostenaufschlagsmethode ermittelt. Trägt der Cash-Pool-Leader hingegen darüber hinaus auch das Kreditrisiko und übt noch andere Tätigkeiten aus, gelangt das Bankkonzept zur Anwendung.7

DAC 6 – EU-Meldung von Steuergestaltungen (EU Directive on CrossBorder Tax Arrangements)

Am 5.6.2018 wurde im Amtsblatt der EU die Richtlinie zum verpflichtenden automatischen Informationsaustausch im Bereich der Besteue-

Transfer-Pricing-Glossar Fachvokabular von A bis K 101 3/2023
C
D
4 Vgl Spensberger/Macho, Joint Audit – gleichzeitige Außenprüfung, TPI2017, 307. 5 Vgl Tz 6.153 OECD-VPL. 6 Vgl Rz 121 VPR 2021. 7 Vgl Haselsteiner/Steiner in Macho/Steiner/Spensberger, Case Studies Verrechnungspreise kompakt 3 (2021) 132f.

rung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen (DAC6) als Änderung der EU-Amtshilfe-RL veröffentlicht. Das Ziel dieser Richtlinie ist das bessere Funktionieren des Binnenmarkts durch Verhinderung der Anwendung aggressiver grenzüberschreitender Steuerplanungsgestaltungen. Da diese immer ausgefeilter werden und aufgrund der höheren Mobilität von Kapital und Personen im Binnenmarkt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten umfassende und relevante Informationen über potenziell aggressive Steuergestaltungen erhalten.8

Datenbankstudie (Benchmark Study/ Comparable Search)9

Eine Datenbankstudie dient dem Zweck der Identifizierung von potenziellen externen Vergleichswerten für die Verwendung in der Angemessenheitsanalyse. Diverse Datenbanken (zB Amadeus, Orbis) bieten Informationen zu Finanzdaten von Unternehmen und erlauben deren Analyse. Dazu werden üblicherweise anhand eines Sets an Kriterien potenziell vergleichbare Unternehmen (oder Verträge) in einer Datenbank identifiziert und die potenzielle Vergleichbarkeit mittels weiterer Analysen überprüft. Eine Datenbankanalyse ermöglicht bereits im quantitativen Screening ein Ausscheiden von Gesellschaften, die bestimmte quantitative Kriterien (zB Umsätze, Gewinn/Verlust) der ausgewählten Suchstrategie nicht erfüllen. Im anschließenden qualitativen Screening (zB Internetrecherche, Interview) werden diese Zwischenergebnisse nachbearbeitet.

DEMPE-Funktionen (DEMPE Functions)10

Im Rahmen der DEMPE-Analyse werden die wesentlichen Funktionen iVm der Verwendung/Verwertung von immateriellen Wirtschaftsgütern unter Berücksichtigung der Kontrolle über diese Funktionen bzw wirtschaftlich bedeutende Risiken analysiert. Auf Basis des Ergebnisses der DEMPE-Analyse soll die Residualergebniszuteilung erfolgen. Der Einsatz von wesentlichen Vermögenswerten bzw die Übernahme von wesentlichen Risiken ist anhand der Entwicklung (development), der Verbesserung (enhancement), der Erhaltung (maintenance), dem Schutz (protection) sowie der Verwertung (exploitation) zu analysieren.

Direkte Kosten (Direct Costs)

Kosten, die ausschließlich für die Herstellung eines Produkts oder die Erbringung einer Dienstleistung anfallen, wie etwa Rohmaterialkosten.

8 Vgl ErwGr 2 DAC6.

9 Vgl Schmit/Reiter, Datenbanken und Verrechnungspreise, TPI2017, 212; Zöch , Datenbanken – Theorie und Praxis, TPI2020, 248.

10 Vgl Schmit, Abgeltung von Gewinnen aus immateriellen Werten unter dem DEMPE-Konzept, TPI2019, 83.

Dokumentationspflichten (Documentation Obligations)

Siehe „Aufzeichnungspflichten“.

Doppelbesteuerung (Double Taxation)

Unterliegt das Einkommen eines Steuerpflichtigen für denselben Steuergegenstand sowie für denselben Zeitraum in mehreren Staaten einer vergleichbaren Steuer, so liegt eine Doppelbesteuerung vor. Unterschieden wird in juristische Doppelbesteuerung, welche vorliegt, wenn gleichartige Steuern in zwei (oder mehreren) Staaten demselben Steuerzahler in Bezug auf dasselbe Einkommen auferlegt werden, sowie wirtschaftliche Doppelbesteuerung, welche auftritt, wenn mehr als eine Steuerbehörde dasselbe Einkommen in die Steuerbemessungsgrundlage verschiedener Steuerzahler aufnimmt.

Doppelbesteuerungsabkommen (Double Tax Treaty)

Ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen zwei Staaten, in dem geregelt wird, in welchem Umfang das Besteuerungsrecht einem Staat für die in einem der beiden Vertragsstaaten erzielten Einkünfte oder für das in einem der beiden Vertragsstaaten belegene Vermögen zusteht. Ein DBA soll vermeiden, dass bei demselben Steuerpflichtigen dieselben Einkünfte für denselben Zeitraum durch gleichartige Steuern mehrfach belastet werden.

Durchlaufkosten (Pass-Through Costs)11 Externe Drittkosten, welche einem Unternehmen zum wirtschaftlichen Vorteil eines anderen, verbundenen Unternehmens iZm seiner Geschäftstätigkeit entstehen, werden als Durchlaufkosten bezeichnet. Diese können ohne Gewinnaufschlag (Verrechnung „at cost“) weiterverrechnet werden, wenn fremde Dritte in vergleichbaren Situationen genauso kalkulieren und auf einen Gewinnaufschlag auf solche Kostenbestandteile verzichten würden.12

EAS-Anfragebeantwortung (Express Answering Service)

Das unter der Abkürzung „EAS“ bekannt gewordene System bedeutet „Express-AntwortService“. Dieser Service wurde 1991 von der Abteilung für internationales Steuerrecht des österreichischen BMF eingeführt. Das unter dem Schlagwort „EAS“ bekannt gewordene System einer amtlichen Unterstützung von Rechtssuchenden in Fragen des internationalen Steuerrechts umfasst mittlerweile ca 3.400 veröffentlichte Anfragebeantwortungen.13

11 Vgl Schmit, Durchlaufkosten und Verrechnungspreise, TPI2020, 208.

12 Vgl Tz 2.99 OECD-VPL; Rz 42 VPR 2021.

13 Vgl Loukota/Jirousek, Steuerfragen International, in mehreren Bänden seit 1994.

Fachvokabular von A bis K Transfer-Pricing-Glossar 3/2023 102
E

EBIT-Marge (Operating Margin)

Diese Kennzahl ist eine Gewinnspanne, welche das EBIT (earnings before interests and taxes) in Relation zu den Umsatzerlösen setzt. Die EBITMarge wird häufig als Nettogewinnindikator bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode eingesetzt.

Eigenhändler (Fully-Fledged Distributor)

Als Eigenhändler werden Vertriebsunternehmen bezeichnet, welche den Ein- und Verkauf in eigenem Namen und auf eigene Rechnung vornehmen, strategisch wichtige Funktionen (zB strategisches Marketing oder Marktforschung) selbständig wahrnehmen, im Besitz der wesentlichen materiellen und immateriellen Werte stehen und die wesentlichen Risiken tragen.

Eigenkapital, verdecktes (Hidden Equity)

Gewährt ein Gesellschafter ein Darlehen an die Gesellschaft zu fremdunüblichen Vertragsbedingungen, kann dies zur Folge haben, dass das Darlehen nicht anerkannt wird und – nach den Umständen des Einzelfalls – als verdecktes Eigenkapital qualifiziert wird.14

Eigenproduzent (Fully-Fledged Manufacturer)

Als Eigenproduzent werden Produktionsunternehmen mit eigenständiger Produktionsfunktion charakterisiert. Produktionsfunktionen (zB Fertigung, Einkauf oder Lagerhaltung) werden eigenständig vom Eigenproduzenten ausgeübt. Materialien werden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eingekauft. Ein Eigenproduzent trägt die iZm der Ausübung der Produktionsfunktionen stehenden Chancen und Risiken und besitzt die notwendigen materiellen und immateriellen Werte.

Einkaufsgesellschaft, echte (Pure Procurement Company)

Eine „echte“ Einkaufsgesellschaft bzw Handelsgesellschaft liegt vor, wenn die ausgeübten Funktionen über eine bloße Bündelung von Einkaufsvolumina hinausgehen, also die Tätigkeit insbesondere eigenständige Preisverhandlungen und Vertragsabschlüsse umfasst, daneben erhebliche Risiken wie Lager- und Marktpreisrisiken eingegangen werden und/oder tatsächlich ein besonderes Know-how erforderlich ist (zB Börsenhandel).15

Einlage, verdeckte (Hidden Capital Contribution)

Bei der verdeckten Einlage erhält die Körperschaft vom Anteilsinhaber Geld oder körperliche oder unkörperliche Wirtschaftsgüter aus

14 Vgl Rz 111 VPR 2021.

15

gesellschaftlichem Anlass, welche einer fremd gegenüberstehenden Person nicht gewährt worden wären.16 Sekundärfolgen bei Gewinnverlagerungen von der ausländischen Muttergesellschaft zur inländischen Tochtergesellschaft führen ebenfalls zu einer verdeckten Einlage, wenn keine Rückführung der Gewinnverlagerung stattfindet.17

Einlagenrückgewähr, verbotene (Forbidden Repayment of Capital Contribution)

Im Allgemeinen kann jede unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Gesellschafter gegen kapitalerhaltungsrechtliche Vorschriften verstoßen, wenn ihr keine entsprechende Gegenleistung gegenübersteht, und damit eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellen. Sowohl eine nicht gerechtfertigte (offene) Zahlung der Gesellschaft an ihre Gesellschafterin als auch verdeckte Leistungen an den Gesellschafter, zB die Verrechnung überteuerter Gebühren oder unangemessene Kostenaufschläge, sind davon umfasst. Entscheidend ist die objektive Inäquivalenz von Leistung und Gegenleistung. Das Vorliegen einer verbotenen Einlagenrückgewähr knüpft sich in der Praxis häufig an das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung.18

EONIA (Euro Over Night Index Average)

Der EONIA (Euro Over Night Index Average) ist ein täglich von der EZB ermittelter und veröffentlichter Durchschnitt aus den Zinssätzen für Tagesgelder im Zwischenbankbereich. Der EONIA ist ein wichtiger Referenzzinssatz im Bereich täglich fälliger Gelder.19

EU-Schiedsverfahren (EU Arbitration Convention)20

Aufgrund von grenzüberschreitenden Besteuerungskonflikten kann es zu Doppelbesteuerungen sowie Doppelnichtbesteuerungen kommen. Um diese zwischenstaatlichen Konflikte zu lösen, gibt es Bestimmungen, die es den Vertragsstaaten erlauben, in Form von internationalen Verständigungsverfahren nach DBA, Schiedsverfahren nach EU-Schiedsübereinkommen bzw für Zeiträume ab 1.1.2018 auch auf Basis des EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetzes miteinander zu kommunizieren.

Um nicht enden wollende Verständigungsverfahren zu vermeiden und auch deren Wirksamkeit zu erhöhen, können in der EU Besteuerungskonflikte mittels EU-Schiedsverfahren ge-

16 Vgl Rz 2601 EStR.

17 Vgl Rz 520 VPR 2021.

18 Vgl Haselsteiner/Steiner in Macho/Steiner/Spensberger, Case Studies3, 69f.

19 Vgl Lasslesberger, Finanzierung von A bis Z (2005) EONIA.

20 Vgl Info des BMF vom 24.7.2019, BMF-010221/0237IV/8/2019; Hahn , Streitbeilegungsmechanismen, TPI2017, 157.

Transfer-Pricing-Glossar Fachvokabular von A bis K 103 3/2023
Vgl Kling/Saliger in Macho/Steiner/Spensberger, Case Studies3, 108f.

löst werden. Das Schiedsverfahren ist keine Alternative zu einem Verständigungsverfahren, sondern dessen Bestandteil. Für die Beantragung eines EU-Schiedsverfahrens muss die abkommenswidrige Besteuerung bereits eingetreten sein. Ziel des EU-Schiedsübereinkommens ist die Vermeidung der Doppelbesteuerung in Fällen von abgabenbehördlichen Gewinnberichtigungen bei verbundenen Unternehmen sowie bei Betriebsstätten innerhalb der EU. In Österreich werden EU-Schiedsverfahren durch das Bundesministerium für Finanzen durchgeführt.

EU-Streitbeilegungsbeschwerde

(Alternative Dispute Resolution)21 Aufgrund von grenzüberschreitenden Besteuerungskonflikten kann es zu Doppelbesteuerungen sowie Doppelnichtbesteuerungen kommen. Um diese zwischenstaatlichen Konflikte zu lösen, gibt es Bestimmungen, die es den Vertragsstaaten erlauben, in Form von internationalen Verständigungsverfahren nach DBA, Schiedsverfahren nach EU-Schiedsübereinkommen bzw für Zeiträume ab 1.1.2018 auch auf Basis des EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetzes miteinander zu kommunizieren.

Auf Basis des EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz kann durch Einbringen einer Streitbeilegungsbeschwerde in den EU-Mitgliedstaaten die Lösung einer Streitfrage iZm drohender oder bereits eingetretener Doppelbesteuerung beantragt werden. Bei Zulässigkeit kommt es zu einem Verständigungs- bzw gegebenenfalls (im Falle, dass im Verständigungsverfahren keine Einigung erzielt werden konnte) auch zu einem Schiedsverfahren.22 Die EU-Streitbeilegungsbeschwerde führt zu rascheren Erledigungen und zu mehr Rechtssicherheit aufgrund des bestehenden Einigungszwangs sowie der verpflichtenden Umsetzung der Einigung.

EU-Verrechnungspreisdokumentation (EU Transfer Pricing Documentation; EU TPD)

Die EU-Verrechnungspreisdokumentation kombiniert Aspekte des standardisierten und des zentralisierten (integrierten globalen) Dokumentationskonzepts. Danach würde ein multinationaler Konzern eine standardisierte, kohärente Verrechnungspreisdokumentation erstellen, die aus zwei Teilen besteht:

■ einer Kerndokumentation mit vereinheitlichten standardisierten Informationen, die für alle Unternehmen der Gruppe relevant sind (das sogenannte „Master File“), und

21 Vgl Bundesgesetz über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union (EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz – EU-BStbG), BGBlI 2019/62.

22 Vgl Langer in Kubik/Schmidjell-Dommes/Staringer, EUBesteuerungsstreitbeilegungsgesetz, SWI-Spezial (2020) 69.

■ mehreren standardisierten Dokumentationen mit landesspezifischen Informationen („Local File“).

Die Gesamtdokumentation für ein Land bestünde infolgedessen aus dem gemeinsamen Master File, das durch ein standardisiertes Local File für das jeweilige Land ergänzt werden würde.

Fremdgeschäftsvorfälle (Uncontrolled Transactions)

Geschäftsvorfälle zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen.

Fremdvergleich, äußerer (External Comparable)

Hierbei werden zur Preisfestsetzung Preise, welche zwei fremde Unternehmen vereinbaren würden, herangezogen. Dies können Marktpreise aufgrund von Preislisten oder Katalogen, Börsenpreise oder Vergleichsdaten in Verträgen sein. Im Dienstleistungsbereich kann auf amtliche Honorarrichtlinien zurückgegriffen werden.

Fremdvergleich, hypothetischer (Hypothetical Comparable)

Bei einem hypothetischen Fremdvergleich werden sämtliche einzelfallbezogenen, für einen zweifach ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführer realistisch in Frage kommenden Handlungsalternativen in Betracht gezogen.23

Fremdvergleich, innerer (Internal Comparable)

Hierbei werden zur Preisfestsetzung Preise, welche das Unternehmen oder ein verbundenes Unternehmen mit unabhängigen Unternehmen vereinbaren würde, herangezogen.

Fremdvergleichsgrundsatz (Arm’s Length Principle)

Jener international anerkannte Maßstab, der nach Übereinkunft der OECD-Mitgliedstaaten für die Ermittlung von Verrechnungspreisen für steuerliche Zwecke heranzuziehen ist. Dieser Grundsatz wird in Art9 OECD-MA wie folgt umschrieben:

„[…] wenn die beiden Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden.“

23 Vgl Schnell, Handbuch Cash Pooling, 2.9.4.

Fachvokabular von A bis K Transfer-Pricing-Glossar 3/2023 104
F

Funktions-/Risikoanalyse (Functional and Risk Analysis)

Eine Analyse der von verbundenen Unternehmen bei konzerninternen Geschäften und von unabhängigen Unternehmen bei vergleichbaren Fremdgeschäften wahrgenommenen Funktionen (unter Berücksichtigung des Kapitaleinsatzes) und der übernommenen Risiken.24

Funktionsverdoppelung (Duplication of Functions)

„Spiegelung“ einer bereits im Inland ausgeübten Funktion bei einem verbundenen ausländischen Unternehmen.25

Funktionsverlagerung (Transfer of Functions)

Als Funktionsverlagerung wird die Überlassung oder Übertragung von Funktionen von einem Unternehmen in einem Staat an ein anderes verbundenes Unternehmen in einem anderen Staat bezeichnet. Mit einer Funktionsverlagerung ist häufig auch eine Übertragung von Risiken, materiellen und immateriellen Werten und Geschäftschancen verbunden.

Gegenberichtigung (Corresponding Adjustment)26

Eine Berichtigung der Steuerschuld des verbundenen Unternehmens in einem zweiten Staat, die von der Steuerverwaltung dieses Staates aufgrund einer Primärberichtigung erfolgt, die von der Steuerverwaltung im ersten Staat vorgenommen worden ist, sodass die Gewinne zwischen den beiden Staaten übereinstimmend aufgeteilt werden.

Geschäftsleiter, ordentlicher und gewissenhafter (Prudent Businessman)

Bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes wird sich häufig der Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bedient, nach welcher der Geschäftsleiter rational und betriebswirtschaftlich handelt und ihm alle wichtigen Eckpunkte einer Geschäftsbeziehung bekannt sind und wonach fremde Dritte unter vergleichbaren Bedingungen dieselben Konditionen akzeptiert hätten.

Geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode (Transactional Profit Method)

Eine Verrechnungspreismethode, die jene Gewinne untersucht, die aus bestimmten konzerninternen Geschäften eines oder mehrerer ver-

24 Vgl Steiner, Funktionsanalyse („Functional Analysis“), TPI2017, 34.

25 Vgl Taferner/Steiner in Macho/Steiner/Spensberger, Case Studies3, 225.

26 Vgl Rosenberger, Verrechnungspreisberichtigungen, TPI2017, 101.

bundener Unternehmen erzielt werden. Es wird zwischen der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode sowie der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode unterschieden.

Geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode (Transactional Profit Split Method)27

Eine geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode, nach der ein aus einem konzerninternen Geschäft (oder aus Geschäften, die nach den Grundsätzen des KapitelsI OECD-VPL zusammengefasst werden dürfen) stammender gemeinsamer und auf die verbundenen Unternehmen aufzuteilender Gewinn ermittelt und in der Folge nach wirtschaftlich vernünftigen Gesichtspunkten zwischen den verbundenen Unternehmen aufgeteilt wird. Dabei wird eine Gewinnteilung angestrebt, die einer fremdvergleichskonformen Vereinbarung entsprechen würde.

Geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode (Transactional Net Margin Method; TNMM)28

Eine geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode, welche die Nettogewinnmarge (Nettogewinnspanne) in Bezug auf eine geeignete Grundlage (zB Kosten, Umsatz, Kapital) untersucht, die ein Steuerpflichtiger aus einem konzerninternen Geschäft (oder aus Geschäften, die nach den Grundsätzen des KapitelsI OECD-VPL zusammengefasst werden dürfen) erzielt.

Geschäftsvorfallbezogene Standardmethoden (Transactional Transaction Methods)

Darunter versteht man die Preisvergleichsmethode, die Wiederverkaufspreismethode und die Kostenaufschlagsmethode.

Gesellschaftertätigkeit (Shareholder Activity)

Sofern von Seiten des Anteilsinhabers (zB operative Holding, Muttergesellschaft) Dienstleistungen erbracht werden, die lediglich im Eigeninteresse (Beteiligungsinteresse) erbracht werden und dem Leistungsempfänger keinen wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteil verschaffen und für die auch ein fremder Dritter kein Entgelt leisten würde bzw diese Leistungen nicht als Eigenleistungen erbringen würde, liegen nicht verrechenbare „shareholder activities“ vor, welche somit keine konzerninternen Dienstleistungen darstellen. Um den Gegenbeweis einer Verrechenbarkeit dem Grunde bzw der Höhe nach

27 Vgl Steger, Die Profit-Split-Methode in der Praxis, TPI2019, 299.

28 Vgl Taferner/Traindl, Geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode („Transactional Net Margin Method“), TPI2017, 256.

Transfer-Pricing-Glossar Fachvokabular von A bis K 105 3/2023
G

erbringen zu können, bedarf es eines BenefitsTests auf Seiten der dienstleistungsempfangenden Gesellschaften.29

Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung; GAufzV (German Regulations Regarding the Documentation of Profit Allocations)

Hierbei handelt es sich um die deutsche Verordnung zu Art, Inhalt und Umfang von Aufzeichnungen iSd §90 Abs3 dAO, welche am 12.7.2017 aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016 veröffentlicht wurden.30

Gewinnaufschlag (Profit Mark-up)

Der Gewinnaufschlag wird insbesondere bei der Cost-plus-Methode angewandt. Die Höhe bzw Angemessenheit des Gewinnaufschlags ist vom Ausmaß der Übernahme der Risiken und der Höhe der eingesetzten Mittel abhängig. Der Gewinnaufschlag muss dabei umso höher sein, je mehr Funktionen ausgeübt, je mehr Risiken übernommen und je mehr immaterielle Wirtschaftsgüter von einer Gesellschaft in den Gesamtwertschöpfungsprozess eingebracht werden. Die OECD-VPL (vgl Tz2.32) schlagen vor, dass der Gewinnaufschlag idealtypisch durch Vergleich mit Gewinnaufschlägen ermittelt werden soll, die der gleiche Liefernde oder Leistende bei Lieferungen oder Leistungen gegenüber fremden Dritten ansetzt. Hilfsweise – zB Fälle, in denen 100% der Produktion vom verbundenen Auftraggeber abgenommen werden –können auch Gewinnaufschläge aus vergleichbaren Transaktionen unabhängiger Dritter als Richtschnur fungieren. Als Kostenbasis dienen die Vollkosten, wobei als „Vollkosten“ die Kosten der Fertigung (Fertigungslöhne und Gemeinkosten, Sonderkosten der Fertigung) angesehen werden.

Gewinnausschüttung, verdeckte (Hidden Distribution)

Gewährt eine Gesellschaft ein Darlehen an einen Gesellschafter zu fremdunüblichen Vertragsbedingungen, kann dies zur Folge haben, dass das Darlehen nicht anerkannt wird und – nach den Umständen des Einzelfalls – als verdeckte Ausschüttung qualifiziert wird.31 Indizien wären insbesondere etwa, wenn keine Vereinbarung über die Rückzahlung, die Zinsfälligkeit oder den Kreditrahmen getroffen wurde, wenn Sicherheiten fehlen, wenn die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft schlecht ist oder bei gerin-

29 Vgl Klemens, Shareholder Activities – Abgrenzung zu verrechenbaren Leistungen, TPI2021, 100f.

30 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/ Gesetzestexte/Gesetze_Verordnungen/2017-07-19GAufzV.html (Zugriff am 2.6.2023).

31 Vgl Rz 111 VPR 2021.

gen bzw langfristigen Darlehenstilgungen, wobei immer das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend ist.32

Gewinnkennzahlen (Profit Level Indicators; PLIs)

Diese kommen insbesondere iVm Verrechnungspreisstudien zur Dokumentation der Angemessenheit von Verrechnungspreisen auf Basis von kommerziellen Datenbanken (zB Amadeus, Orbis) zur Anwendung. Häufig kommt hier die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode (TNMM) zum Einsatz. Vermögens-/ kapitaleinsatzorientierte Gewinnkennzahlen (zB „return on assets“ oder „return on capital employed“) werden zB im Fall von kapitalintensiven Geschäftsbereichen verwendet, bei Vertriebsaktivitäten findet zB auch die Berry Ratio (Verhältnis des Rohgewinns zu betrieblichen Aufwendungen) neben umsatzbasierten PLIs Anwendung.

Globale formelhafte Gewinnaufteilungsmethode (Global Formulary Apportionment Method)

Eine Methode, bei der die weltweit konsolidierten Gewinne eines multinationalen Konzerns den verbundenen Unternehmen in den verschiedenen Staaten auf der Grundlage einer im Voraus festgelegten Formel zugerechnet werden.

H

Handelsspanne (Resale Price Margin)

Eine Spanne (Marge), die jenen Betrag darstellt, aus dem ein Wiederverkäufer versucht, seine Vertriebskosten und andere Geschäftsaufwendungen zu decken und einen dem Funktionsund Risikoprofil (unter Berücksichtigung des Kapitaleinsatzes und der übernommenen Risiken) entsprechenden Gewinn zu erzielen.

Handelsvertreter (Sales Agent)

Als Handelsvertreter wird eine Vertriebsorganisationsform bezeichnet, welche Waren im Namen und auf Rechnung des Prinzipals verkauft. Ein Handelsvertreter stellt den Kundenkontakt her, dieser agiert als Vermittler zwischen Prinzipal und Kunden. Ein typischer Handelsvertreter trägt keine signifikanten Risiken und setzt keine signifikanten materiellen oder immateriellen Wirtschaftsgüter ein.

Handlungsmöglichkeiten/-alternativen, realistisch zur Verfügung stehende; ORAKonzept (Options Realistically Available)

Im Rahmen der Anwendung des ORA-Konzepts werden die „realistischerweise zur Verfügung stehenden Alternativen“ analysiert. Hierbei

32 Vgl Rz 721 KStR.

Fachvokabular von A bis K Transfer-Pricing-Glossar 3/2023 106

geht es im Wesentlichen um eine Analyse des konzerninternen Geschäftsvorfalls mit vergleichbaren Geschäftsvorfällen unter vergleichbaren Rahmenbedingungen zwischen fremden Dritten. Ziel sollte stets sein, dass Geschäftsvorfälle im Konzern nicht zu einer Schlechterstellung der beteiligten Unternehmen führen bzw diese Handlungen im Rahmen eines Geschäftsvorfalls ausführen, welche dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Das ORA-Konzept ist ein integraler Bestandteil des Fremdvergleichsgrundsatzes und kommt insbesondere iZm Finanztransaktionen wie Konzerndarlehen und Cash-Pooling, der Übertragung immaterieller Werte sowie Konzernstrukturänderungen zur Anwendung.33

Hinzurechnungsbesteuerung (Controlled Foreigh Corporation Rules; CFC Rules)

Im Rahmen des Konzepts der Hinzurechnungsbesteuerung werden bestimmte niedrigbesteuerte Passiveinkünfte (zB Zinsen, Lizenzgebühren oder Dividenden) einer beherrschten ausländischen (mittelbaren) Tochtergesellschaft ihrer (mittelbaren) Muttergesellschaft direkt zugerechnet und dort besteuert.34

Immaterielle Werte (Intellectual Property/Intangibles)

In diesen Leitlinien soll der Begriff „Immaterieller Wert“ etwas bezeichnen, das weder ein materieller Vermögenswert noch ein finanzieller Vermögenswert ist, das man zur Nutzung in Geschäftstätigkeiten besitzen oder kontrollieren kann und dessen Nutzung oder Übertragung bei einem Geschäftsvorfall zwischen unabhängigen Unternehmen unter vergleichbaren Umständen vergütet worden wäre. Als Beispiele können hier Patente, Know-how und Geschäftsgeheimnisse, Markenzeichnen, Firmennamen und Marken, Rechte aus Verträgen und staatliche Zulassungen, Lizenzen und ähnliche begrenzte Rechte an immateriellen Werten oder Goodwill und Geschäfts- oder Firmenwerte genannt werden.35

Indirekte Kosten (Indirect Costs)

Die Kosten für die Herstellung eines Produkts oder die Erbringung einer Dienstleistung, die zwar mit dem Fertigungsprozess in einem engen Zusammenhang stehen, aber mehrere Produkte oder Dienstleistungen betreffen (zB die Kosten einer Reparaturstelle mit Serviceleistungen für Ausrüstungen, die für die Herstellung verschiedener Produkte verwendet werden.

33 Klemens, ORA-Konzept – Prüfung der realistischerweise zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen, TPI2022, 50f.

34 Vgl Wurm in Bergmann/Wurm, Praxisbeispiele zur Körperschaftsteuer2 (2021) 209.

35 Vgl Tz 6.6 ff OECD-VPL.

Interquartilsbandbreite (Interquartile Range)

Um größtmögliche Vergleichbarkeit identifizierter Fremdvergleichswerte zu gewährleisten, können Unschärfen eliminiert werden, indem aus einer Grundgesamtheit an Fremdvergleichswerten die größten und kleinsten 25% der Werte ausgeschieden werden und diese somit auf die Interquartilsbandbreite eingeschränkt werden.

J Jahresendanpassungen (Year-End Adjustments)

Bei Jahresendanpassungen handelt es sich um Korrekturen der zu Beginn des Jahres festgelegten Verrechnungspreise, welche zu Jahresende durchgeführt werden. In Hinblick auf den Fremdvergleichsgrundsatz stehen die OECD bzw die österreichische Finanzverwaltung solchen nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen eher ablehnend gegenüber, lassen sie jedoch unter bestimmten Umständen zu.36 K

Kalkulation auf Teilkostenbasis (Cost-Less Calculation)

Bei einer Cost-less-Verrechnung werden nicht die Vollkosten als Kostenbasis herangezogen. Grundsätzlich wird ein Unternehmen stets bestrebt sein, auf Dauer einen Gewinn zu erzielen. In der Praxis kann jedoch aufgrund von Lagerabbau, Liquiditätsproblemen, Erschließung neuer Märkte, Produktneueinführungen oder Kapazitätsproblemen die Verrechnung von nur Teilkosten deckenden Preisen gerechtfertigt sein.

Knoppe-Formel (Knoppe Formula)

Die Knoppe-Formel wird von der deutschen Finanzverwaltung hilfsweise bei Lizenzverträgen für die Gewinnaufteilung bzw für die Bemessung der Lizenzgebühren herangezogen. Demnach werden dem Lizenzgeber 25% bis 33,33% (= angemessene Lizenzgebühr), und dem Lizenznehmer 66,67% bis 75% des vorkalkulierten Gewinns des Lizenznehmers zugeteilt.37

Kommissionär (Commissionaire)

Als Kommissionär wird eine Vertriebsorganisationsform bezeichnet, welche Waren im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Prinzipals verkauft. Ein Kommissionär agiert in der Vertriebsfunktion als Vermittler zwischen Kunden

36 Vgl Rz 72 f VPR 2021; Mantler/Stefaner, Year-End-Adjustments, TPI2021, 133ff.

37 Siehe auch Engler/Gotsis, Immaterielle Wirtschaftsgüter, in Vögele/Borstell/Engler , Verrechnungspreise 4 , 627ff; Goldschneider/Jarosz/Mühlheim, Use of 25 Per Cent Rule by Valuing IP, les Nouvelles, Journal of the Licensing Executives Society 2002, 123.

Transfer-Pricing-Glossar Fachvokabular von A bis K 107 3/2023
I

und Prinzipal und setzt dabei keine wesentlichen materiellen oder immateriellen Werte ein und trägt keine signifikanten Risiken.

Kompensierende Berichtigung (Compensating Adjustment)

Eine Berichtigung, mit der der Steuerpflichtige bei einem konzerninternen Geschäft für steuerliche Zwecke einen nach seiner Auffassung fremdvergleichskonformen Preis deklariert, ungeachtet des Umstands, dass dieser von dem zwischen den verbundenen Unternehmen tatsächlich verrechneten Preis abweicht. Diese Berichtigung müsste vor Abgabe der Steuererklärung vorgenommen werden.

Konzerninterne Dienstleistung (Intra-Group Service)

Eine Dienstleistung (zB administrativer, technischer, finanzieller oder kaufmännischer Natur), für die ein fremder Dritter bereit gewesen wäre, eine Vergütung zu zahlen, oder die ein fremder Dritter für sich selbst als Eigenleistung erbracht hätte.

Konzerninterne Geschäfte (Controlled Transactions)

Geschäfte zwischen zwei Unternehmen, bei denen es sich um verbundene Unternehmen handelt.

Konzernrückhalt (Credit Support)

Unter dem Konzernrückhalt werden Vorteile verstanden, welche sich für ein Unternehmen aufgrund dessen Konzernzugehörigkeit ergeben. Der implizite Konzernrückhalt ergibt sich allein schon aus der Zugehörigkeit zum Konzern, während beim expliziten Konzernrückhalt aktive Handlungen aller an einem Geschäftsverhältnis beteiligten Vertragspartner notwendig sind.38

Konzernumlage (Management Fee)

Bei Konzernumlagen („management fees“) handelt es sich um Dienstleistungen, welche (zumeist) in der Muttergesellschaft gebündelt werden, um ua Kostenvorteile zu lukrieren. Solche Dienstleistungen können zB geschäftsleitende Managementleistungen, Marketing- oder Werbeleistungen (Zentraldienstleistungen) sein. Aus Vereinfachungsgründen werden diese Dienstleistungen oftmals mittels indirekter Preisver-

rechnung (Alloaktionsschlüssel) verrechnet. Hierbei ist grundsätzlich noch ein Gewinnaufschlag anzusetzen.39

Kostenaufschlag (Cost-Plus Mark-up)

Der Aufschlag (die Spanne/die Marge), der sich für den Lieferanten oder den Erbringer der Dienstleistung bei einem Geschäft nach Abzug der direkten und indirekten Kosten ergibt.

Kostenaufschlagsmethode (Cost-Plus Method)

Eine Verrechnungspreismethode, die jene Kosten heranzieht, welche dem Lieferanten (oder dem Erbringer der Dienstleistung) bei einem konzerninternen Geschäft erwachsen. Es erfolgt ein angemessener Kostenaufschlag, um einen angemessenen Gewinn zu erzielen, der mit den wahrgenommenen Funktionen (unter Berücksichtigung des Kapitaleinsatzes und der übernommenen Risiken) und den Marktbedingungen in Einklang steht. Durch Hinzurechnung des Kostenaufschlags zu den genannten Kosten gelangt man zum Fremdpreis für das konzerninterne Geschäft.

Diese Methode ist typischerweise bei Lohnfertigungs- und Dienstleistungsgesellschaften anzuwenden.

Kostenumlagevereinbarung/ Kostenverteilungsvertrag (KUV) (Cost Contribution Arrangement [CCA] or Cost Sharing Agreement)

Eine Kostenumlagevereinbarung ist ein Vertrag, welcher zwischen verbundenen Unternehmen abgeschlossen wird, um im gemeinsamen Interesse gemeinsame Aktivitäten zu setzen und die Beiträge und Risiken aus dieser Vereinbarung zu teilen. Die Cost-Sharing-Verträge basieren auf dem Gedanken gleichgerichteter Interessen (Pool) und den entstehenden Kosten. Bei diesen Kostenumlagevereinbarungen findet kein Leistungsaustausch statt, sondern die entstehenden Kosten werden unter den Vertragsteilnehmern verteilt (Umlage).40

Kostenumlagevereinbarungen betreffen üblicherweise Forschung, Entwicklung, Produktion oder Beschaffung von immateriellen Werten, materiellen Vermögenswerten oder Dienstleistungen.

Fachvokabular von A bis K Transfer-Pricing-Glossar 3/2023 108
38 Vgl Taferner/Steiner in Macho/Steiner/Spensberger, Case Studies 3, 142. 39 Vgl Rz 99 ff VPR 2021. 40 DBMF-Schreiben vom 30.12.1999, Grandsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen, BStBl I 1999, 1122ff.

Transfer Pricing around the Globe

Was hat sich in den letzten Wochen weltweit im Transfer Pricing getan? – „Transfer Pricing around the Globe“ wirft einen Blick über die Grenze(n) und bietet einen kurzen, kompakten Überblick der wesentlichen Entwicklungen.

Luxemburg: Entwurf zur Einführung

neuer Verrechnungspreisbestimmungen

Die luxemburgische Regierung hat dem Parlament vor Kurzem einen Gesetzesentwurf zur Einführung und Modernisierung bestimmter steuerlicher Verfahrensvorschriften vorgelegt, der ua vorsieht, dass Steuerpflichtige mit verbundenen Unternehmen auf Anfrage eine Verrechnungspreisdokumentation vorlegen müssen und ein Verfahren zur Beantragung eines bilateralen oder multilateralen APA eingeführt wird. Der Entwurf sieht eine verpflichtende Verrechnungspreisdokumentation für multinationale Unternehmensgruppen, im Einklang mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien (OECD-VPL) vor. Folgende Details sieht der Entwurf für die geplanten Änderungen vor:

Verrechnungspreisdokumentation

In Luxemburg steuerlich ansässige Unternehmen müssen über ein Master File verfügen, wenn die beiden folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind:

■ Das Unternehmen unterliegt dem Countryby-Country-Reporting (CbCR) auf der Grundlage des luxemburgischen Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie der EU zu CbCR.

■ Das Unternehmen hat in einem Geschäftsjahr einen Nettoumsatz von mindestens 100Mio€ oder eine Bilanzsumme zum Bilanzstichtag von mindestens 400Mio€.

Für die Erstellung des Local File wird lediglich vorausgesetzt, dass die in Luxemburg steuerlich ansässige Gesellschaft Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe iSd CbCR-Gesetzes ist. Die inhaltlichen Anforderungen an das Master File und das Local File stimmen mit den OECD-VPL überein. Die neuen Bestimmungen sollen ab dem Steuerjahr 2024 Anwendung finden und umfassen somit auch Unternehmen, deren Geschäftsjahr im Kalenderjahr 2024 endet. Steuerpflichtige, die von den neuen Bestimmungen umfasst sind, sollten die Vollständigkeit ihrer Verrechnungspreisdokumentation überprüfen bzw die entsprechenden Master und Local Files erstellen. Obwohl die Unterlagen nur auf Anfrage an die zuständigen Steuerbehörden übermittelt werden müssen, können die Fristen zur Übermittlung mitunter kurz sein.

Auch wenn für die im Entwurf festgelegten Anforderungen keine Geldstrafen vorgesehen sind, kann eine unvollständige Verrechnungspreisdokumentation dazu führen, dass die luxemburgischen Steuerbehörden die Verrechnungspreispositionen und damit letztlich die Steuerbemessungsgrundlage im Rahmen eines tax audits anfechten, wodurch sich für betroffene Unternehmen Risiken iVm einer möglichen Doppelbesteuerung ergeben können.

Advance Pricing Agreement

Gemäß dem vorliegenden Entwurf muss der Antrag auf ein bilaterales oder multilaterales APA schriftlich beim zuständigen Steuerdirektor (directeur des contributions) oder bei seinem Stellvertreter eingereicht werden. Das bi-/multilaterale APA stützt sich auf jene abgeschlossenen DBA, die eine dem Art25 Abs3 OECD-MA zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen gleichwertige Bestimmung enthalten. Die im Antrag mindestens zu enthaltenden Angaben umfassen die Angaben zum Antragsteller, eine Beschreibung der geplanten Transaktion(en), die betroffenen Jurisdiktionen, den zeitlichen Rahmen, die Abgrenzung der Transaktion(en) sowie die angewandte Methodik, etwaige Rulings iZm der Transaktion und eine Bona-Fide-Erklärung.

Je nach Komplexität ist für jedes Ersuchen um ein bi-/multilaterales APA eine Verwaltungsgebühr zwischen 10.000€ und 20.000€ zu entrichten. Die Gebühr ist innerhalb eines Monats nach Erhalt der Entscheidung über die Festsetzung des Betrags in voller Höhe fällig und zu entrichten. Der APA-Antrag wird erst nach Eingang der Zahlung bearbeitet. Weiters ist die Gebühr endgültig und wird auch dann nicht zurückerstattet, wenn der Antragsteller seinen Antrag zurückzieht oder einen negativen Bescheid erhält. Die Bestimmungen sollen ab Veröffentlichung im Bundesamtsblatt in Kraft treten; Anträge, die zu diesem Zeitpunkt bereits beim Steuerdirektor anhängig sind, müssen nicht erneut eingereicht werden.

Brasilien: Bundessenat bestätigt Anpassung der Verrechnungspreisbestimmungen an die OECD-VPL

Der brasilianische Bundessenat (Federal Senate) hat die Gesetzgebung zur Anpassung der Ver-

Hot Topics Transfer Pricing around the Globe 109 3/2023
Hot TransferTopicsPricing around the Globe
Hot Topics auf einen Blick
Manuel Taferner, BSc ist Senior Manager im Bereich International Tax and Transaction Services – Transfer Pricing bei EY in Wien. David Schedlbauer, BA ist Berufsanwärter und Consultant im Bereich International Tax and Transaction Services –Transfer Pricing bei EY in Wien.

rechnungspreisvorschriften in Brasilien an die OECD-VPL verabschiedet. Ein entsprechender Entwurf wurde, wie bereits in der TPI 1/2023 berichtet,1 bereits am 29.12.2022 veröffentlicht.

Der Verabschiedung durch den Bundessenat ging eine Begutachtung und Bestätigung des Unterhauses des Kongresses voraus. Im Zuge dieser Begutachtung wurden die folgenden, wesentlichen Veränderungen am Entwurf aus 2022 vorgenommen:

■ Artikel13: Klarstellungen für Rohstoff-/Warentransaktionen (commodities), darunter

–Zulassung interner Vergleichswerte, sofern verfügbar;

–Zulassung der Verwendung anderer Methoden als der Preisvergleichsmethode (CUP), sofern geeigneter;

–Betonung der Bedeutung der Vermeidung von Vergleichbarkeitsanpassungen, die die Zuverlässigkeit des CUP beeinträchtigen können, was zur Wahl einer anderen Methode führen würde;

–Betonung der Verwendung öffentlicher Preise für die Verrechnungspreisanalyse, sofern diese von unabhängigen Parteien in vergleichbaren Transaktionen eingesetzt wurden;

–Betonung, dass die Verwendung öffentlicher Preise unter außergewöhnlichen Bedingungen als nicht angemessen gilt, wenn das Ergebnis nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.

■ Artikel17 und19: Streichung des Konzepts (Art17) bzw der Spezifikationen (Art19) für sekundäre Anpassungen.

■ Artikel45: Aufhebung der Abzugsbeschränkung von der Berechnungsgrundlage der IRPJ (Körperschaftsteuer) und CSLL (Sozialbeitrag auf Nettogewinne) für Beträge, die als Lizenzgebühren und technische, wissenschaftliche, administrative oder ähnliche Unterstützung an Unternehmen geleistet werden, die in einer Jurisdiktion/Provinz mit begünstigter Besteuerung bzw einem begünstigten Steuersystem ansässig sind.

Während der Gesetzesentwurf den Bundessenat durchlief, wurden weitere Änderungsanträge gestellt, welche jedoch abgelehnt wurden. Dazu zählt einerseits der Antrag auf Sicherstellung der von staatlichen Stellen festgesetzten Preise als Referenzwert für die Bestimmung von Rohstoffpreisen bei der Anwendung der CUP-Methode und andererseits der Antrag auf Verschiebung des Inkrafttretens der neuen Bestimmungen von 2024 auf 2025. Der letzte Schritt zur Umsetzung der neuen Verrechnungspreisbestimmungen – die Unterschrift durch den Präsidenten – ist am Tag der Fertigstellung dieses Artikels (16.6.2023) erfolgt und bildet einen historischen Moment für die Verrechnungspreislandschaft in Brasilien.

USA: IRS hebt jüngste Entwicklungen im Bereich der Verrechnungspreise hervor

Auf der jüngsten Pacific Rim Tax Conference stellte der US Internal Revenue Service (IRS) drei Entwicklungen im Bereich der Verrechnungspreise vor. Erstens verstärkt der IRS die Prüfungsteams im Bereich der Verrechnungspreise durch mehr Personal und Datenanalyse. Zweitens wird der IRS nicht spezifizierte Methoden („unspecified“ methods) akzeptieren, wenn diese zu einem zuverlässigen Ergebnis führen, und drittens unterstützt der IRS AmountB der ersten Säule des Zwei-Säulen-Plans der OECD. Bestätigt wurde auch, dass das Advance Pricing and Mutual Agreement Program (APMA) weiterhin komplizierte Fälle in seinem APA-Programm akzeptieren wird. Zuvor wurde ein differenzierter Ansatz für APAs skizziert, wonach Ressourcen sich auf Fälle mit höheren Erfolgschancen konzentriert hätten.

■ Neue Mittel für Verrechnungspreisteams: Die Behörde plant, sich stärker auf Verrechnungspreise zu konzentrieren, indem sie Fachpersonal einstelle und ausbilde. Der Fokus auf Verrechnungspreise stimme mit den Zielen des IRS – die Durchsetzung der Vorschriften für Großunternehmen zu verstärken – überein, welche in dem am 5.4.2023 veröffentlichten strategischen Betriebsplan dargelegt wurden. Diese Initiative ist Teil der zusätzlichen Mittel in Höhe von 80MrdDollar, die der Kongress dem IRS im vergangenen Jahr im Rahmen des Inflation Reduction Act zur Verfügung gestellt hat. Die Ermittlung von nicht eingehaltenen Verrechnungspreisbestimmungen soll durch verbesserte informationstechnologische Instrumente und „externe Unterstützung“ verbessert werden, wobei sich diese Aufgabe aufgrund der Voraussetzung einer eingehenden Analyse der Steuererklärungen als Herausforderung darstellen dürfte.

■ Akzeptanz nicht spezifizierter Methoden: Seit dem Urteil in der Rechtssache Medtronic Inc. v. Commissioner, T.C. Memo 202284, gibt es Diskussionen über die Anwendung nicht spezifizierter Methoden gegenüber den fünf OECD-Verrechnungspreismethoden. Der IRS erklärte, dass Letztere die bevorzugte Wahl seien, die Verwendung einer nicht spezifizierten Methode jedoch effektiv sein könne, wenn sie mit den Vorschriften übereinstimme und das zuverlässigste Ergebnis liefere.

■ Unterstützung von AmountB: Bekräftigt wurde auch die Unterstützung des IRS für die Regeln zur Steuervereinfachung von Amount B. Die vorgeschlagenen Amount-BRegeln seien ein wertvolles Instrument für Entwicklungsländer mit eingeschränkter Erfahrung und begrenztem Zugang zu Fachwissen im Bereich der Verrechnungspreise sowie begrenztem Zugang zu rele-

Transfer Pricing around the Globe Hot Topics 3/2023 110
1 Vgl Bruckbauer/Hahn, Transfer Pricing around the Globe, TPI2023, 50 (50).

vanten Daten für die Durchführung gründlicher Vergleichbarkeitsstudien.

Angesichts dieser jüngsten Äußerungen ist es für Steuerpflichtige wichtig zu erkennen, dass sich die Politik und die Verfahren des IRS in Bezug auf Verrechnungspreise schnell ändern und sich auf effektivere Durchsetzungsmaßnahmen konzentrieren. Steuerpflichtige müssen bei ihren Verrechnungspreispraktiken und der Begründung dieser in konzerninternen Vereinbarungen und Unterlagen sorgfältig vorgehen.

USA: Grundlegende Änderungen in der Anfangsphase von APA-Verfahren

Mitarbeiter des IRS wurden im April über neue interne Verfahren für Anträge auf Prefiling Meetings für APAs und die Überprüfung und Annahme von APA-Anträgen informiert. Der vorgestellte Leitfaden führt einen strengen Prüfungsprozess ein, bei dem das APMA-Team Steuerzahler vom APA-Prozess auf alternative Verfahren verweisen kann. Erklärtes Ziel der Änderungen ist es, die Qualität und Aktualität des APA-Programms zu verbessern, indem ein frühzeitiger Mechanismus zur Identifikation potenzieller Hindernisse für den erfolgreichen Abschluss eines APA und Möglichkeiten für andere Wege zur Rechtssicherheit geschaffen werden. Nachstehend werden einige Punkte des Leitfadens näher erläutert:

Neues Prefiling-Verfahren

Das APMA lädt Steuerpflichtige zu einem Prefiling Meeting (bzw verlangt dies in einigen Fällen), bei dem der Behörde mittels prefiling memorandum die wichtigsten Fakten zur geplanten Verrechnungspreisgestaltung präsentiert werden. Im Rahmen des neuen Verfahrens prüft das Prefiling-Review-Team und empfiehlt dem APMA-Country-Manager, ob der Steuerpflichtige

■ mit der Einreichung des APA-Antrags fortfahren,

■ dem APMA zusätzliche Informationen zur Verfügung stellen oder

■ einen anderen Arbeitsablauf in Erwägung ziehen sollte, um die Steuersicherheit effektiver zu erreichen.

In die Empfehlung durch das Prefiling-ReviewTeam fließt die Berücksichtigung mehrerer Faktoren ein, darunter zB, ob die vorgeschlagenen Transaktionen bedeutend genug sind, um den Einsatz von APMA-Ressourcen zu rechtfertigen. Der APMA-Country-Manager trifft dann innerhalb von vier Wochen nach Einreichung des prefiling memorandum eine Entscheidung über das empfohlene Vorgehen und teilt dies dem Steuerpflichtigen mündlich mit.

Neue Verfahren zur Überprüfung von APA-Anträgen

Die Informationen, die in einem APA-Antrag enthalten sein müssen, und das Format, in dem

sie dem APMA-Team vorzulegen sind, sind umfangreich und detailliert. In der Vergangenheit bildete ein APMA-Teamleiter zur Prüfung des Antrags ein Team, das häufig aus einem Ökonomen, Mitgliedern eines IRS-Prüfungsteams und technischen Spezialisten bestand. Nach dem neuen Verfahren wird der APA-Antrag eines Steuerpflichtigen von einem IRS-Team geprüft, das sich aus einem APMA-Country-Manager, einem APMA-Teamleiter, einem Mitglied des Transfer-Pricing-Risk-Assessment-(TPRA)Teams und einem Mitglied der transfer pricing practice (TPP) des IRS zusammensetzt. Zweck der Prüfung ist es, festzustellen, ob das APAVerfahren am besten geeignet ist, um erfolgreich die angestrebte Sicherheit für die vorgeschlagenen, erfassten Transaktionen zu erreichen.

Die Prüfung soll nicht länger als acht Wochen dauern und zu einer mündlichen Mitteilung des APMA darüber führen, ob es den APAAntrag annimmt oder ablehnt. Wird der Antrag abgelehnt, wird dem Steuerpflichtigen ein alternatives Verfahren empfohlen.

Neue Verfahren für unilaterale APAs, Verlängerungs- und Roll-back-Anträge

Bei unilateralen APA-Anträgen wird zukünftig geprüft, ob:

■ ein unilaterales APA die effizienteste oder einzige Option ist, um die angestrebte Rechtssicherheit zu gewährleisten;

■ das IRS ein APA vorgeschlagen hat;

■ das IRS die Transaktion im Rahmen eines bilateralen APA für denselben Steuerpflichtigen bewerten muss;

■ ein unilaterales APA eine unangemessene Aushöhlung der Bemessungsgrundlage oder eine Gewinnverschiebung in einem anderen Land erleichtern würde.

Bei Verlängerungsanträgen wird zukünftig geprüft, ob:

■ weiterhin die Gefahr eines Steuerdisputes besteht bzw ob das APMA den Antrag auf APA-Verlängerung annehmen muss;

■ es sich um eine unkomplizierte Verlängerung handelt, die vom APMA beschleunigt abgewickelt werden kann;

■ der Abkommenspartner einer Beschleunigung des Verlängerungsverfahrens wahrscheinlich zustimmen wird;

■ der Steuerpflichtige die im vorherigen APA vereinbarte Verrechnungspreismethode ordnungsgemäß angewendet hat.

Bei Roll-back-Anträgen wird zukünftig geprüft:

■ wie die verbleibende Zeit in den relevanten Verjährungsfristen zum Zeitpunkt der APAEinreichung ist;

■ ob ein Interesse des IRS am roll-back der gewählten Verrechnungspreismethode besteht (einschließlich Bedenken hinsichtlich Rechtsstreitigkeiten und gerichtlicher Feststellungen);

Hot Topics Transfer Pricing around the Globe 111 3/2023

■ ob das APMA davon ausgeht, dass ein APA das steuerpflichtige Einkommen in den USA für das Rücknahmejahr erhöhen wird;

■ aus welchen Gründen der Steuerpflichtige für frühere Jahre kein APA beantragt hat.

Im APA-Verfahren wird nun eine strenge, zweistufige Prüfung von APA-Anträgen vorgenommen, wobei der Antrag in jedem Schritt abgelehnt werden kann bzw dem Steuerpflichtigen empfohlen werden kann, sich an das International Compliance Assurance Program (ICAP) zu wenden. Bei einfacheren Transaktionen mag ICAP aufgrund der Gebührenfreiheit, geringeren Dokumentation und schnelleren Abwicklung attraktiv sein, die Rechtssicherheit eines APA wird dadurch jedoch nicht geboten. APAs werden daher vermutlich der wichtigste Weg bleiben, um Gewissheit über Verrechnungspreise zu erlangen.

Saudi-Arabien: Zakat-Zahler werden in Verrechnungspreisgesetz aufgenommen

Im April 2023 gab die saudi-arabische Behörde für Zakat,2 Steuern und Zölle (ZATCA) bekannt, dass Änderungen genehmigt werden, die Zakat-Zahler in den Geltungsbereich der saudiarabischen Verrechnungspreisgesetze (TP bylaws) einbeziehen werden. Die Änderungen gelten ab 1.1.2024 sowohl für Steuerzahler als auch für Zakat-Zahler und umfassen neben Bestimmungen betreffend die Anforderungen, wonach Zakat-Zahler ein Local File und ein Master File erstellen müssen, auch Erläuterungen hinsichtlich der Bestimmungen für das Verfahren zur Beantragung und Aushandlung von APAs zwischen ZATCA und den Einkommensteuer- bzw Zakat-Zahlern.

Die Einführung erfolgt in zwei Phasen. Ab 1.1.2024 sind Zakat-Zahler, bei denen der Gesamtwert der Transaktionen mit verbundenen Parteien 48MioSAR (rund 11,7Mio€) oder weniger beträgt, von den TP-Dokumentationsanforderungen befreit, und bis 100MioSAR (rund 24,3Mio€) ist die Erstellung freiwillig, darüber hinaus ist diese verpflichtend. Ab 1.1.2027 ist die Dokumentation bereits verpflichtend, wenn der Gesamtwert der konzerninternen Transaktionen 48MioSAR übersteigt.

Die Übermittlung an die ZATCA ist in beiden Fällen erst nach Aufforderung durch die Behörde erforderlich.

2 Abhängig davon, ob eine Gesellschaft saudi-arabische oder nicht-saudi-arabische Interessen verfolgt, wird entweder Einkommensteuer oder Zakat (oder im Falle saudi-arabischer und nicht-saudi-arabischer Interessen anteilig beides) erhoben. Zakat unterliegt einer eigenen Bemessungsgrundlage. Weitere Informationen sind auf der Website der ZATCA abrufbar: https://zatca.gov.sa/ en/HelpCenter/FAQs/Pages/FAQArchiveEservices. aspx?cat=1 (Zugriff am 16.6.2023).

Polen: Aussetzung von MDR-Fristen wird aufgehoben

Das polnische Gesundheitsministerium hat kürzlich bekanntgegeben, dass es davon ausgeht, dass der epidemische Notfallstatus iZm COVID-19 am 30.6.2023 aufgehoben wird, was sich auf die derzeitige Aussetzung der Meldefristen betreffend die Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (MDR) (darunter können auch bestimmte Verrechnungspreisgestaltungen fallen) auswirken wird.

Die polnischen Bestimmungen gehen über den in der Richtlinie (Richtlinie 2018/822 der EU vom 25.5.2018) festgelegten Mindeststandard hinaus und erkennen zwei Arten von Steuervereinbarungen an:

■ Vereinbarungen, die unter die DAC6 fallen, und

■ Vereinbarungen, die nicht unter die DAC6 fallen, aber dennoch nach polnischen Vorschriften meldepflichtig sind.

Darüber hinaus sind die polnischen MDR-Vorschriften abweichend von DAC6 (die die MDRMeldepflicht nicht für Intermediäre ohne EUNexus vorsieht) extraterritorial und dehnen die Meldepflicht auf Intermediäre und Steuerzahler an jedem beliebigen Ort aus (dh, die polnische MDR-Meldepflicht wird über Polen und die EU hinaus ausgedehnt).

Auf der Grundlage der aktuellen Regelungen beginnen die MDR-Fristen für Gestaltungen, die nicht unter DAC6 fallen, nicht und werden, falls sie beginnen, zwischen dem 31.3.2020 und dem 30.Tag nach dem Datum der Aufhebung des epidemischen Notfallstatus iZm COVID-19 ausgesetzt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Aussetzung der MDR-Fristen seit mehr als drei Jahren in Kraft ist, könnte die geplante Aufhebung des epidemischen Notfallstatus Ende Juni 2023 eine relativ kurze Zeitspanne für die ordnungsgemäße Ermittlung und Erfüllung der MDR-Verpflichtungen im Aussetzungszeitraum lassen.

Die Nichteinhaltung der Meldepflichten oder verspätete Meldungen können bei natürlichen Personen erhebliche Geldstrafen von bis zu 33.503.000PLN (rund 7,2Mio€) und bei juristischen Personen zusätzliche Sanktionen nach sich ziehen. Wird ein Steuerpflichtiger wegen Steuervergehen iZm der Nichteinhaltung der Meldepflichten verurteilt, kann das Gericht auch die Ausübung bestimmter Geschäftstätigkeiten untersagen.

Alle Unternehmen, die in Polen zur Abgabe von MDR-Meldungen verpflichtet sein könnten, sollten den Umfang etwaiger Verpflichtungen in Polen evaluieren und für die Meldung im Juli/August 2023 bereit sein.

Transfer Pricing around the Globe Hot Topics 3/2023 112

Transfer Pricing in the Crisis

Solution Approaches from Germany, Austria, Switzerland and Liechtenstein

This case study has been presented at the D-A-CH Tax Congress 2023 which occurs every two years in Vienna, bringing together experts and advisors from the German-speaking world to discuss current topics within the cross-border context of these countries from the perspective of tax law practice, tax administration, case law and tax policy. This article summarizes and analyzes the discussions about the transfer pricing implications of distributors that in a crisis scenario do not generate routine profits anymore, including primary and secondary adjustments along with comparability adjustments. Based on that, solution approaches from Germany, Austria, Switzerland and Liechtenstein are described.

1.Facts of the Case

LI-AG is the parent company of the Breathe Group and is resident for tax purposes in Liechtenstein, being active in the medical device technology sector. The related goods are manufactured by unrelated parties in Asia. As concerns the product development of the goods, it is controlled by the Liechtenstein entity, which also holds all the patents, product and process know-how. Additionally, there are developing centers located in Shanghai, Poland and Ukraine that act as contract research and development units. As part of an MNE, LI-AG is integrated into a global network of related distributors, including –among others – the ones located in Germany, Austria and Switzerland. These act as limited-risk distributors (LRDs) due to their functional profile, whereby LI-AG sells its goods to the distributors but the delivery occurs directly from the manufacturers to the LRDs, which immediately thereafter sell and transfer the goods to the customers. Moreover, LI-AG is responsible for establishing and managing all the logistics for the LRDs, adapting where required to the customers’ needs so that in some cases the delivery of the goods takes place directly from Asia to the customers. Regarding price conditions, marketing activities and administrative functions, LI-AG sets up the entire framework for the D-A-CH operation, thus the LRDs only implement the prescriptions, including the customer database centrally managed by LI-AG. Finally, the LRDs when selling their goods can allow customers a delay payment of sixty days, whereby LI-AG immediately covers the amount to ensure the cash flow of the LRDs, also covering any default of the customers. The group structure is described in the figure below.

Based on that structure, the group has conducted a benchmarking study to determine the appropriate transfer pricing remuneration of the LRDs in relation to their EBIT margin, thus presenting the results described in table1. It follows that the remuneration of the LRDs situates within the interquartile range presented below.

Tab 1: Results of the benchmarking study.

Still affected by the COVID-19 crisis, the group has suffered revenue losses and decreased its EBIT margins for 2020. This is because the production halt caused by the lockdown imposed in the Asian

Case Study Transfer Pricing in the Crisis 113 3/2023
Case Study
Fig1: Group structure. Marcelo H. B. Moura, LL.M. is a Teaching and Research Associate at the Transfer Pricing Center at the Institute for Austrian and International Tax Law at WU (Vienna University of Economics and Business).
Lower Quartile Median Upper Quartile 1.9% 4.9% 6.0%

countries negatively affected the generated revenues. Within this context, the rising freight costs led to increased sales prices for the goods sold by LI-AG to its LRDs. Similarly, on the European side, the national lockdown restrictions reduced the group revenues, prolonging until 2023. Although the revenue level stabilized throughout 2023, the yield remained affected by reducing factors, namely, increased costs in all levels of the business operation. Examples of that are the rising production costs, bottlenecks in the supply chain pushing up freight costs and a significant rise of labor costs in the research and development centers, particularly in the Polish case, where salaries were legally leveled up. Further, the Ukrainian war compromised the operations carried out by the Ukrainian entity, culminating in another general increase of the group’s production and related costs that could only partially be passed on to the customers. Against this background, the LRDs’ business operation reached the figures described in table2 below.

Following these results, the LRDs have been locally audited in Germany, Austria and Switzerland, in which these controlled transactions were scrutinized by the tax authorities. According to the tax auditors, the reason remained unclear as to why an entity with such a limited functional and risk profile is subject to volatile results, hence denoting ultimately a risk assumption that should actually be borne by the entrepreneur entity, i.e., LI-AG. Faced with that, the taxpayer argued against this position of the tax audit: First, the revenue decline in 2020 along with the associated negative economic factors derived from the COVID-19 pandemic prevented the LRD to repeat the revenue figures of previous years. In fact, the crisis during 2020-23 reflected an external economic shock that hindered upholding the earlier margins. Second, a comparability adjustment is required to adjust the previous return range so that it reflects the effects of the pandemic and related negative factors affecting the margins. Finally, the resource to multiple year data is necessary.

On the other hand, the tax auditors counter-argued in the sense that the functions performed and risks assumed did not change and that the entities actually received government assistance, as in the German LRD with the payment of short-time work (Kurzabeitergeld) and COVID-19 supporting compensation. Hence, it could be ensured that the yields of the entities have not been reduced so that an adjustment to the median for each year outside of the range is absolutely necessary. Confronted with that, the company refused such adjustments based on the same arguments mentioned above.

As a result, the tax auditors conducted the adjustments depicted in table3 below based on sec1 of the German Foreign Income Tax Act (dAStG):1

Adjustment Tax Audit Based on Median

Following the closing meeting of the tax audit, the taxpayer and the auditors could not reach an agreement with the result that a corporate tax assessment was enacted by the local tax authorities. In this context, the question arises as how the proposed adjustment in the described context is appropriate and whether it should be upheld.

2.Proposed Solutions

This section delves into the details of potential solutions to the case study based on the perspectives of Germany, Austria, Switzerland and Liechtenstein.

1 Sec 1(1) dAStG does not allow an adjustment to the benefit of the taxpayer, thus the potential adjustment for 2021 is disregarded in the final sum, see Kamniski in Strunk/Kaminski/Köhler, Außensteuergesetz – Doppelbesteuerungsabkommen (2004) §1 mno114.

Transfer Pricing in the Crisis Case Study 3/2023 114
Tab 2: Business operation of LRDs. Tab 3: Adjustments by the tax auditors.
Results LRDs (Germany, Austria, Switzerland) Year 2019 2020 2021 2022 2023 (Budget) Revenue (kEUR) 32,000 27,000 29,000 21,000 24,000 EBIT (kEUR) 1,216 203 1,827 –315 –192 Margin 3.80% 0.75% 6.30% –1.50% –0.80%
Year 2019 2020 2021 2022 2023 Adjustments (kEUR) 1,120 –406 1,344 1,368 Sum (kEUR) 3,832

2.1.LRDs and Routine Profits

One of the main issues arising from the emergence of the COVID-19 pandemic deals with the impact on profits of routine entities due to the scale of the economic crisis derived therefrom,2 as exposed in the facts of the case. Nevertheless, the extension of such problem does not restrict itself to the pandemic but goes beyond, including the following negative economic developments leading among others to the last years of high inflation.3 On top of that, the Ukrainian war only exacerbated the negative trend towards companies making losses.4 Given this context, it remains to be clarified whether such routine entities are entitled to reduce their profits or even incur losses during the period of an economic crisis vis-à-vis their functional and risk profile.

Initially, it is required to further define the notion of LRDs. From an OECD TPG perspective, the idea of “limited risk” is vaguely and circularly referred to as “enterprises with a relatively lower level of functions and risks”5 so that an analysis of the facts and circumstances of the case along with the functional analysis contribute to reach conclusions. The assumed functional profile of the LRD in the case at hand would begin by defining this business model according to the central management of the distribution operations carried out by a principal entity that sells the goods to the LRD.6 The LRD, by its turn, briefly remains legal owner of the goods – on a flash title basis –, selling them on to customers in its own name and on its own account, although the buying of the products from the principal occurs when the sale to the customers is already in place or a destination for them is sufficiently determined.7 Since the risks associated with the goods, e.g., risk of loss, are only transferred when the property of the goods is respectively transferred, the LRD bears in general very limited risks in this regard, including storage risks, specially when considering the direct delivery from the manufacturer to the customers. Moreover, the possibility of delaying payments by customers whose impact in the cash flow is automatically neutralized by LI-AG along with covering any potential defaults of clients denote a very limited – if none – credit risk assumption by the LRDs. Naturally, the precise risk assumption and analysis is factual-based and depends on the contractual arrangements. In the case at stake, LI-AG bears the related goods risks, evidencing therefore a higher risk profile of an entrepreneur vis-à-vis the very limited risk profile of the LRDs. Such risk profile converges with the limited functions performed by the LRDs concerning purchasing, storage, capital commitment costs, negotiation of contracts with customer, price determination, sale, logistics, marketing and administrative functions. When compared to full risk distributors, the LRDs are involved in these actions only to a limited extent.8 Considering that the facts of the case do not refer to any substantial performance of these functions nor to any relevant assets held, such as valuable intangibles in the case of the customer database managed directly by LI-AG, the LRDs can only be seen as routine entities. Accordingly, routine companies have to be remunerated proportionally to their functional profile so that a limited one would lead to a limited remuneration, opposed to the principal entity who is entitled to the residual profits and losses.9 From an Austrian perspective, this routine profit pre-

2 This has been one of the main points of attention of the recent literature, see Berdonce/Chand/Ditz, Answering Eight Key Questions about Transfer Pricing during the COVID-19 Era, ITPJ2021, 215 (219 et seq); Berr/Zahnd, Die Auswirkungen von COVID-19 im Bereich der Verrechnungspreise, IStR2020, 667 (671 et seq); Braun/S.Hoffmann/Esser, Arm’s length losses? – Verrechnungspreisimplikationen des „Great Lockdown“, IStR2020, 705 (706); Cataldi/Alfano, The Impact of COVID-19 on Transfer Pricing: Issues Arising during the Economic Downturn and Possible Solutions, ITPJ2020, 300 (301); Clements/Hülshorst/Stengel, Berücksichtigung von Umsatzveränderungen beim Fremdvergleich, IWB2023, 269 (270 et seq); Collier/Pirlot/Vella, Tax Policy and the COVID-19 Crisis, Intertax2020, 794 (801); Ditz/ Puls, Internationale Verrechnungspreise in der COVID-19-Krise, IWB2020, 501 (502 et seq); Ditz/Quilitzsch, Auswirkungen der Corona-Krise für die Bestimmung, Prüfung und Dokumentation internationaler Verrechnungspreise, DB2020, 971 (972 et seq); Dworaczek, Verrechnungspreisgestaltung unter den Bedingungen der Coronavirus-Pandemie, in Hummel/Kaminski, Internationale Besteuerung unter Bedingungen der Unsicherheit (2022) 131 (139); Elbert/ Gotsis, Verrechnungspreise in der Rezession, in Vögele, Verrechnungspreise5 (2020) mno268; Endert/Ritter, Herausforderungen im Bereich Verrechnungspreise durch Corona, IWB2020, 357 (359); Heidecke, Transfer-Pricing-Analysen im Lichte der Corona-Pandemie, IWB2021, 292 (295); Al-Anaswah/Heidecke/Schäfer, Ökonomische Analyse für Routineunternehmen, in Heidecke/Wilmanns, Verrechnungspreise im Lichte der Corona-Pandemie – Kurz-, mittel- und langfristige Perspektiven (2020) 88; Rosenberger, COVID-19-Fitness für Verrechnungspreissysteme, SWI2020, 232 (233 et seq); Robertis/Nguyen/Subramanian, Recent Developments on Transfer Pricing in the Post-Covid-19 Era, in Lang/ Petruzzi, Transfer Pricing Developments Around the World 2022 (2022) 123 (141); Petruzzi/Padwalkar, Transfer Pricing in Relation to Businesses in Economic and Financial Distress, in Kristoffersson, Taxation of Companies in Economic and Financial Distress (2023).

3 The Subcommittee on Transfer Pricing within the UN Committee of Experts on International Cooperation in Tax Matters is carrying out a dedicated work stream dealing with transfer pricing issues during the COVID-19 economic downturn, see Subcommittee on Transfer Pricing, Paper for first consideration from the Transfer Pricing Subcommittee – Transfer Pricing during the COVID-19 Economic Downturn, E/C.18/2023/CRP.7 (10.3.2023) AnnexA.

4 Naturally, in every disadvantageous economic context, there are companies that benefit and are able to be profitable, such as in the case of the pharmaceutical industry during the pandemic or, more recently, the oil and gas companies profiting from soaring energy prices.

5 OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2022 (2022) para9.2 (hereinafter: OECD TPG).

6 Fiehler, Vergütungsformen von funktions- und risikoarmen Vertriebsgesellschaften, IStR 2007, 464 (465).

7 Fiehler, IStR 2007, 464 (465).

8 Fiehler, IStR 2007, 464 (465 et seq).

9 Ditz/Puls, IWB2020, 501 (502 et seq).

Case Study Transfer Pricing in the Crisis 115 3/2023

sumption can be identified in the Austrian Transfer Pricing Guidelines (VPR2021),10 which refer to the case law of the German Federal Fiscal Court.11 Within the Swiss context, the transfer pricing practice often deals with the concept of LRDs, however, in an opposed manner from the case study since in general the entrepreneur entities are actually Swiss and LRDs would operate in other countries. Notwithstanding that, the general notion still applies according to which the LRD is remunerated proportional to its functional and risk profile. The Liechtenstein context does not diverge from the position of the other countries mentioned.

When transposed to the transfer pricing methodology, this limited remuneration is frequently determined under the transactional net margin method (TNMM),12 as seen in the current case, whereby the LRDs are the tested parties.13 This practice is well-established in Germany,14 Austria,15 Switzerland and Liechtenstein. Indeed, the TNMM requires the use of a net profit indicator (PLI) that may be based on EBIT/EBITDA figures and be thus weighted on sales, costs or assets,16 though a focus on sales can be identified. Another established practice concerns the use of the berry-ratio for distributors,17 understood as the ratio of gross profits to operating expenses, although its use should be aligned with the functional profile previously determined. Such PLIs are then compared to the results of a benchmarking study that reflects the remuneration of entities with a similar risk and functional profile, i.e., the comparables.

Based on that, the methodology applied by the Breathe Group is appropriate by having produced a benchmarking study and hence considered an interquartile range for remunerating the LRDs, which aligns also with the restricting prescription of sec1(3a) third sentence dAStG. From the Austrian, Swiss and Liechtenstein perspectives, no diverging positions can be noted.

Accordingly, the reference to a remuneration based on the EBIT margin between 1.9% and 6.0% in the initial scenario is at arm’s length. It follows that, as long as the remuneration of the controlled transactions remains within this interquartile range, there would be no grounds to pursue a transfer pricing adjustment.18 Despite not being mentioned in the facts of the case study for simplification purposes, the same logic also applies when dealing with the full range of values, as long as they have followed a sound functional analysis along with the underlying benchmarking study so that, if the remuneration falls within this interval, there should be no adjustments.

2.2.Losses Within Routine Entities

Following the general transfer pricing methodology applicable to LRDs, the focus turns back to the concrete results of 2020-23 that reflected the margin remuneration of 0.75%, 6.30% and –1.50%, respectively, and thus outside the interquartile range of 1.9% – 6.0%. Indeed, it is questionable whether such results due to the underlying context are subject to a transfer pricing adjustment and, if so, to which extent.

This question has been extensively addressed by the literature during the pandemic years, which in general would allow dismantling the notion of an LRD being entitled to limited but stable profits19 due to its functional profile.20 Accordingly, two main base arguments are put forward to refute the assertion that routine entities cannot drift apart from the limited stable profits: First, the routine entities, particularly LRDs, bear limited risks, but this does not mean that they are risk-free entities21 so that even the OECD TPG admit that a routine entity may generate losses, though not at long-term.22 Second, this can be evidenced from introducing comparability adjustments in the benchmarking study, particularly with regard to the 2008-09 recession period and including loss-making companies.

10 Mno84 VPR2021.

11 BFH 17.2.1993, IR3/92.

12 Although specific and exceptional situations cannot be excluded in which the resale price or the cost-plus methodologies could be applicable, as seen in the VPR, see mno83 VPR2021.

13 Mno3.09 VerwG Verrechnungspreise 2021 (IV B 5 – S1341/19/10017 :001); para2.65 OECD TPG.

14 Vögele/Raab/Braukmann, Verrechnungspreismethoden, in Vögele, Verrechnungspreise5, mno352.

15 Mno83 VPR2021.

16 Sec B.3.3. et seq OECD TPG.

17 Mno3.11 VerwG Verrechnungspreise 2021; para2.76, 2.105 OECD TPG.

18 Assuming that the benchmarking study corresponds to the functional analysis previously carried out and the interquartile range is at arm’s length. See also para3.55 to 3.66 OECD TPG.

19 This well-known notion strongly derives from the previous German Administrative Principles Procedures, see dBMF, Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs- und Mitwirkungspflichten, Berichtigungen sowie auf Verständigungsund EU-Schiedsverfahren (VerwG-Verfahren), mno3.4.10.2.

20 Braun/S.Hoffmann/Esser, IStR2020, 705 (708 et seq); Berr/Zahnd, IStR2020, 667 (671 et seq); Berdonce/Chand/Ditz, ITPJ2021, 215 (219 et seq); Cataldi/Alfano, ITPJ2020, 300 (301 et seq); Elbert/Gotsis in Vögele, Verrechnungspreise5, mno274 et seq; Rosenberger , SWI2020, 232 (233 et seq); Heidecke/Wilmanns , Verrechnungspreise im Lichte der Corona-Pandemie, 535; Endert/Ritter, IWB2020, 357 (357 et seq); Ditz/Quilitzsch, DB2020, 971 (972 et seq); Ditz/Puls, IWB2020, 501 (503).

21 Ditz/Quilizsch refer to the idea of a mark risk whose (negative) consequences should not be exclusively assumed by the entrepreneur, see Ditz/Quilitzsch, DB2020, 971 (973). See also Petruzzi/Padwalkar in Kristoffersson, Taxation of Companies in Economic and Financial Distress, sec3.3.4.1.

22 Para 3.64 OECD TPG.

Transfer Pricing in the Crisis Case Study 3/2023 116

Against this background, in December 2020, the OECD published a relative extensive guidance to address the transfer pricing implications of the COVID-19 pandemic,23 divided into four main sections, namely, comparability analysis,24 losses and allocation of COVID-19 costs,25 government assistance programs26 and APAs.27

Interestingly, this COVID-19 guidance reaffirms the importance of the accurate delineation of the transaction,28 which, in accordance with chapterI of the OECD TPG, is heavily based on the analysis of the economically relevant characteristics of the transaction.29 Naturally, such approach is geared towards the assessment of the specific facts and circumstances but this step allows determining whether a routine entity could be remunerated below the prior benchmarked remuneration or even incur losses. This is because at this stage it can be ascertained to which extent the routine entity bore some sort of risk and under which conditions – both contractual and economic – it carried out its activities, thus allowing to claim the extraordinary circumstances of the pandemic and its following developments as circumstances to be considered.

Once this exercise is finalized, one may then turn to comparing the accurately delineated transaction with comparable uncontrolled transactions and determine whether the comparables would also manifest reduced remunerations or even losses. This hypothesis has been tested by the literature, which, using the figures of the 2008-09 crisis30 as a starting point and with the help of regression analysis, demonstrated that under comparable circumstances a quantifiable drop in the remuneration can be observed.31

Consequently, it is possible that routine entities are entitled to a decreased remuneration or even to incur losses during the pandemic. However, during the accurate delineation of the transaction, it is necessary to understand how the negative economic circumstances are reflected in the specific controlled party, consequently ensuring a causal relationship in the sense that, for instance, an LRD that does not bear credit risk cannot assume the losses derived from the materialization of this risk.32 Further, coherence should be sought to avoid abrupt shift of risk assumption, i.e., LRDs with low-risk profiles before crisis vis-à-vis increased risk profiles during an economic downturn scenario to absorb losses.33

Back to the case study, it seems that the whole market and economic context in which the LRDs operate were heavily affected by several external factors that ultimately led to raising costs, i.e., those related to delivery, production, labor along with the impossibility of passing on these increased figures to the customer. Yet the non-compliance with the previous determined range would raise questions and lead to potential transfer pricing adjustments. It can therefore be concluded that depending on the facts and circumstances the routine entity is to be remunerated under a lower level, possibly even assume losses. In this context, the reference to a multiple year perspective is useful not only for conducting the benchmarking study considering the effects of recession periods but also to confirm that isolated variations of the entity’s yearly remuneration are not materially significant as long as the average remuneration throughout the years lies within the range or, in the German case, the appropriate total profits are observed within a reasonable period of time.34 The Austrian VPR acknowledge these two facets of multiple year data.35 This, however, depends on how the new comparability analysis and related benchmarking study are carried out, as explained in the section below.

2.3.Arm’s Length Range

The next point to be discussed is how the arm’s length range should be considered, namely, whether the full range should come into attention or only its interquartile. From the German perspective, the arm’s length range could correspond to all results within the reached range, i.e., the one achieved by

23 OECD, Guidance on the transfer pricing implications of the COVID-19 pandemic (2020); hereinafter: COVID-19 Guidance. This guidance does not overwrite nor further develops the OECD TPG, thus providing inputs on how the OECD TPG apply in the specific pandemic context, see OECD, COVID-19 Guidance, 2.

24 OECD, COVID-19 Guidance, 5 et seq.

25 OECD, COVID-19 Guidance, 12 et seq.

26 OECD, COVID-19 Guidance, 19 et seq.

27 OECD, COVID-19 Guidance, 25 et seq.

28 OECD, COVID-19 Guidance, 13 et seq.

29 Namely, contractual terms, FAR analysis, characteristics of the property or services, economic circumstances and business strategies, see para1.36 OECD TPG.

30 Though the argument may be raised that the 2008-09 crisis cannot be compared with the impacts of the pandemic, failing thus to be adopted for comparison, see Berdonce/Chand/Ditz, ITPJ2021, 215 (222). The OECD does not boldly rule out this option but rather raises doubt if the comparability analysis is exclusively based upon the figures of this period due to the different impacts in different economic sectors, see OECD, COVID-19 Guidance, 9.

31 Braun/S.Hoffmann/Esser, IStR2020, 705 (708 et seq); Al-Anaswah/Heidecke/Schäfer in Heidecke/Wilmanns, Verrechnungspreise im Lichte der Corona-Pandemie, 88 (91 et seq); Schwarz/Wessely/Hoffmann/Wickerath/Lagarden/Beckmann, Estimating a COVID-19 Crisis Effect Using AI Techniques, ITPJ2022, 194 (201); Clements/Hülshorst/Stengel , IWB2023, 269 (273 et seq).

32 OECD, COVID-19 Guidance, 13 et seq.

33 OECD, COVID-19 Guidance, 14.

34 Mno3.31 VerwG Verrechnungspreise 2021.

35 Mno75 VPR2021.

Case Study Transfer Pricing in the Crisis 117 3/2023

the benchmarking study.36 Nevertheless, it could be the case that some of the results within the range relate to transactions whose degree of comparability is lower when compared to other values and should thus be disregarded according to sec1(3a) second sentence dAStG. It follows that if these values do not offer any indication of a particular way of narrowing, the range should be narrowed to the interquartile interval according to sec1(3a) third sentence dAStG. The Austrian context follows a similar rationale when allowing the use of a full range only under exceptional circumstances, provided that the reliable data quality allows an increased degree of comparability of the values.37 However, if the range offers comparability deficiencies that cannot be corrected, narrowing the interquartile range comes into focus.38

Against this background, the assessment of the case study depends not only on how countries consider the transfer pricing range but rather on the underlying issue for the years 2020-22 with diverging results, namely, the adjustment of the benchmarking study. Letting considerations concerning the “outcome testing”39 aside, the original comparables identified should be redefined by the taxpayer. Based on that, several techniques would be available to increase the reliability of comparables. First, the use of multiple year data, as mentioned above, could be responsible for delivering more appropriate results by mitigating possible distortions of pandemic and post-pandemic scenarios40 as well as by considering the impact of previous recessive contexts, e.g., the 2008-09 crisis, though these should not be exclusively considered, thus avoiding any other distorting values. Second, the search for comparables should drift apart from the general assumption that rejects the comparables with losses, since the identification of comparables is geared towards facts and circumstances and not financial results.41 In this context, it is interesting to note that Italian case law has already accepted the use of loss-making companies as comparables for a limited-risk entity in the same context of the 2008-09 crisis.42 Third, the LRDs may still rely on the previous benchmarking study, nevertheless, they can make use of regression analysis to calibrate the financial data of the comparables in the precrisis period to simulate the impact that pandemic and other recessive factors would have had on the observed entities. This may be done by using financial data of the tested party itself or by reference to public available data in databases.43 Fourth, the application of other transfer pricing methods could be modelled, including the use of a cost-minus approach during the recessive years.44

Therefore, in the case study at stake, the LRDs are able to conduct new benchmarking studies or refine the previous ones to include recessive economic factors, hence being in a position to argue for a new range to be considered that may or may not correspond to the concrete results reached in 2020-22.

2.4.Primary and Secondary Adjustments

With the focus on the tax authorities, the question arises as how a primary adjustment would be conducted in this case for the years 2020-22. In fact, from a German perspective, the legal provision embedded in sec1(3a) forth sentence first half sentence dAStG determines that, if the value used by the taxpayer remains outside the range, a primary adjustment to the median is required, as observed in the results of the tax audit mentioned above. However, the taxpayer might be able to plausibly demonstrate that another value within the range would better correspond to the arm’s length principle, according to sec1(3a) forth sentence second half sentence dAStG. In the current scenario, the LRDs could argue that the extraordinary economic circumstances would not lead to an adjustment to the median but rather to other points in the range, although such a line of argumentation would depend on evidence that is closely related to the rationale of adjusting the arm’s length range, as mentioned above. The Austrian point of view is slightly different since any prices set by the taxpayer outside the range must be adjusted by tax authorities to a point within the range,45 whereby it might be suitable resorting to statistical measures of central tendency and thus adjust the value to the median.46 Similar to the German context, if proof is available that another value within the range is the most appropriate, then the adjustment occurs towards it.47 From the Swiss and Liechtenstein perspectives, the approach is not different, therefore following a OECD member rationale. In the case at stake, considering that the taxpayer has not conducted any adjustments to its benchmarking values,

36 Mno3.29 VerwG Verrechnungspreise 2021.

37 Mno76 VPR 2021.

38 Mno77 VPR 2021.

39 Which in the pandemic context is encouraged by the OECD on a temporary basis to be applied also by countries that use the price-setting approach, see OECD, COVID-19 Guidance, 8.

40 Due to the outcome testing approach, it is assumed that the data for the relevant pandemic and post-pandemic years is already available.

41 Para3.64 OECD TPG.

42 Cataldi/Alfano, ITPJ2020, 300 (302).

43 Cataldi/Alfano, ITPJ2020, 300 (305). See also Braun/S.Hoffmann/Esser, IStR2020, 705 (708 et seq).

44 Ditz/Quilitzsch, DB2020, 971 (972).

45 Mno78 VPR 2021.

46 Mno78 VPR 2021.

47 Mno78 VPR 2021.

Transfer Pricing in the Crisis Case Study 3/2023 118

it is to be assumed that a primary adjustment to the median is highly likely, against which the possibilities to argue for another point in the range seem to be rather limited.

Concerning the potential secondary adjustment, its underlying tax avoidance prevention rationale can be identified in the Austrian context as well. First, the Austrian domestic provision aims to synchronize the increased profits derived from a primary adjustment with the booked profits,48 thus assuming a constructive transaction, mainly in the form of a hidden loan.49 From such loan arises a repayment obligation, whereby an arm’s length interest rate might come into attention. In the concrete case, this could mean a loan from the LRD to LI-AG that must be recognized by LI-AG and repaid to the LRD, in which the LRD is also subject to an attribution of an arm’s length interest rate derived from the loan. Alternatively, the constructive transaction may take the form of a constructive dividend hiddenly distributed to the foreign related party, triggering therefore a withholding tax for capital gains.50 From Swiss lenses, the same problem arises, especially concerning hidden dividend distribution in relation to the excess profits located abroad, hence leading to a potential withholding tax levied on a grossed-up basis, although the application of Art10 of the tax treaty between Switzerland and Liechtenstein hinders the Swiss taxation.

3.Variation of the Case Study

The case study assumes that the Breathe Group, after suffering the mentioned primary and secondary adjustments within the tax audits, decided to adapt its transfer pricing system to minimize or even eliminate in the future transfer pricing and tax risks related to the LRDs. Accordingly, it introduced a system of compensating adjustments in the form of year-end adjustments that enables the LRDs’ remuneration to remain within the arm’s length range of 1.9% to 6.0% regarding the EBIT margin. Such change has been implemented with a contract between LI-AG and LRDs so that a year-end adjustment is carried out towards the lower or upper value of the range, consequently leading either to an additional charge or a credit for the LRD. Faced with this scenario, the question arises if this new model should be regarded as arm’s length.

First, coming back to the German view, sec1(3a) fourth sentence dAStG comes into focus again prescribing that any values used by the taxpayer that remain outside of the arm’s length range should be adjusted to the median, as long as the taxpayer is not able to plausibly demonstrate that another value in the range better complies with the arm’s length principle. Again, this turns back to the analysis of facts and circumstances and how the future deviations from the range arise, which within the pandemic context51 might be more easily demonstrated than in periods of relative stability. Second, from the Austrian practice, year-end adjustments have been recognized and applicable for a long time,52 being included in the latest version of the VPR2021 that determine a few requirements:53

■ price determining factors are previously agreed upon;

■ ex-ante pricing is substantially uncertain; and

■ taxpayer conducted measures during the year to reach an arm’s length price (monitoring).

Provided that these conditions are fulfilled, an adjustment to any point within the previous determined range is possible, although the VPR acknowledge the risk that other states might deal differently with such kind of adjustments, thus giving rise to a double taxation that should be addressed within a mutual agreement procedure.54 As mentioned above, the challenges related to the operation and acceptance of such system cannot be underestimated in its implementation, including accounting, customs, controlling and reporting. As a result, resorting to year-end adjustments might be a practical and useful tool for taxpayers facing periods of uncertainty when building their transfer pricing values on an ex-ante basis, taking necessarily into account the particularities of each domestic legislation involved and the material requirements to justify the diverging values under an outcometesting approach.

In a Nutshell

The transfer pricing determination in the context of unstable economic factors poses challenges to taxpayers and tax administrations alike, because the arm’s length ranges determined prior to the current crisis, especially when considering the functional profile of routine entities, can no longer be observed. As a result, the question arises as to which extent LRDs may incur losses. Possible solutions delve into the detailed specification of the economic circumstances along with comprehen-

48 Mno507 VPR 2021.

49 Mno508 VPR 2021.

50 Mno514 et seq VPR 2021.

51 The mentioned guidance is prone to the outcome testing approach within this contest, see OECD, COVID-19 Guidance, 8.

52 Loukota, UFS-Entscheidung zu Grundsatzfragen der Verrechnungspreisgestaltung, SWI2012, 520; Schwaiger, Nachträgliche Preisanpassungen zwischen verbundenen Unternehmen, SWI2011, 420; EU Joint Transfer Pricing Forum, Report on Compensating Adjustments, JTPF/009/FINAL/2013/EN (2014).

53 Mno73 VPR 2021.

54 Mno73 VPR2021.

Case Study Transfer Pricing in the Crisis 119 3/2023

sive documentation that may lead to comparability adjustments or the determination of new transfer prices under an outcome-testing perspective. In this context, the deviation of values leads to primary adjustments to the median or, under plausible evidence, to another value in the range, including the lower or upper quartile. Finally, a potential solution lies in the introduction of a year-end adjustments system by the taxpayer, although its monitoring and application requires significant amount of evidence to be produced and coordination between jurisdictions.

Zollwert und Verrechnungspreise

Ein Ausblick über die Rechtsprechungsserie zum Fall Hamamatsu hinaus Internationale Rechtsprechung

Nachträgliche Anpassungen von Verrechnungspreisen und die Auswirkungen auf den Zollwert sind für international tätige Unternehmen bislang mit erheblichen Unsicherheiten geprägt. Seit Langem führt die Frage in Fachkreisen zu Kontroversen, ob es die zollrechtlichen Vorschriften zulassen, einen vereinbarten Verrechnungspreis, der sich aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, als Zollwert zugrunde zu legen. Dieser Beitrag zeichnet einen Umriss über die hierzu ergangene Rechtsprechung, beleuchtet die Implikationen für die Praxis und gibt einen Ausblick auf weitere Entwicklungen zum Zollwert im Unionsrecht.

1.Ausgangslage

Die Entscheidung des EuGH1 im Fall Hamamatsu, in dem es um die kontrovers diskutierte Frage der Maßgeblichkeit von Verrechnungspreisanpassungen für die Zollwertermittlung ging, überraschte vor Jahren gleichermaßen Steuer- und Zollfachkreise. Während in dem streitgegenständlichen Fall einer Preisanpassung nach unten eine Zollrückerstattung seitens des Hauptzollamts (HZA) verweigert wurde, stellte der EuGH die Anwendbarkeit der Transaktionswertmethode als solche in Frage und kam zu dem Schluss, dass ein zwischen verbundenen Parteien gezahlter vorläufiger Verrechnungspreis, der nachträglich pauschal berichtigt wird, keinen Transaktionswert für Zollzwecke darstellen kann. Knapp fünf Jahre später erging nach einer Entscheidung des Finanzgerichts München, die den Erstattungsambitionen Hamamatsus eine Absage erteilte, und einer Eskalation des Falls an den Bundesfinanzhof in Deutschland das Urteil des BFH,2 auf das im Weiteren näher eingegangen wird.

Sachverhaltsmäßig führte Hamamatsu Deutschland von ihrer Muttergesellschaft aus Japan über tausend Sendungen verschiedenster Waren ein, die sie beim HZA zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigen ließ.

Als Zollwert meldete Hamamatsu die ihr von der Muttergesellschaft jeweils in Rechnung gestellten Preise an. Für die nicht zollfreien Artikel setzte das HZA mit Einfuhrabgabenbescheiden Zollabgaben fest. Zwei Jahre später beantragte Hamamatsu beim HZA die Erstattung von Zöllen für die im streitigen Zeitraum eingeführten Waren und verwies auf ein zwischen ihr und der japanischen Mutter geschlossenes advance pricing agreement (APA) für Transaktionen auf steuerlichem Gebiet. Zur Begründung führte sie aus, dass die aufgrund des APA durchgeführten Anpassungen der Verrechnungspreise bei der Anmeldung der Waren zur Verzollung bisher nicht berücksichtigt worden seien, und begehrte, dies mit dem Erstattungsantrag nachzuholen.

Das APA hatten die beiden Gesellschaften bereits vor den streitgegenständlichen Einfuhren im Rahmen eines Verständigungsverfahrens nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung geschlossen. Die deutschen Steuerbehörden hatten dem APA zugestimmt. Die Zollbehörden waren nicht beteiligt worden. Das APA erfasste den Verkauf von Endprodukten und Bauteilen von Hamamatsu Japan an die deutsche Tochtergesellschaft sowie sonstige Geschäftsvorfälle, die mit dem Warenverkehr in Verbindung standen.

Auf der Grundlage des APA wurden Verrechnungspreise für bestimmte Geschäftsvorfälle festgelegt. Dabei stellte Hamamatsu Japan

Zollwert und Verrechnungspreise Internationale Rechtsprechung 3/2023 120
The author would like to thank Prof. Dr. Stephan Rasch, StB Mag. Florian Rosenberger and Dr. Raffaele Petruzzi for the valuable inputs and discussions. Eduard Kurz Dipl.-Kfm. Eduard Kurz, LL.M. ist Senior Manager im Bereich Indirect Tax/Global Trade bei EY. 1 EuGH 20.12.2017, Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH, C-529/16. 2 BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19.

zunächst jeweils einen bestimmten Betrag für die von ihr gelieferten Waren in Rechnung. Die Summe dieser Beträge wurde nach Abschluss des Geschäftsjahres überprüft und in Abhängigkeit der Gewinnsituation zu Gunsten oder zu Lasten der deutschen Gesellschaft korrigiert. Auf diese Weise sollte gewährleistet werden, dass die Verrechnungspreise einem Fremdvergleich standhielten. Dafür wählten die beteiligten deutschen und japanischen Behörden auf Antrag und unter Bezugnahme auf Tz3.19 OECD-VPL die Restgewinnaufteilungsmethode (residual profit split method). Danach wurde der zusammengefasste Gewinn der beiden Gesellschaften aus den geprüften konzerninternen Geschäften in zwei Stufen aufgeteilt. Auf einer ersten Stufe wurde jeder Partei zunächst ein ausreichender Gewinn zur Erzielung einer Mindestrendite zugeteilt. Als Ausgangspunkt wurden die von vergleichbaren Unternehmen mit ähnlichen Betriebsprofilen routinemäßig erzielten Umsatzrenditen zugrunde gelegt. Um den zuzuordnenden routinemäßigen Gewinn zu berechnen, wurden bei der japanischen Mutter der Vollkostenaufschlag und bei der Tochtergesellschaft die Umsatzrendite als Gewinnindikatoren eingesetzt. Nach Aufteilung des routinemäßigen Gewinns wurde in einem zweiten Schritt der verbleibende Restgewinn proportional gemäß den Gewinnaufteilungsfaktoren aufgeteilt. Nach Feststellung des routinemäßigen Gewinns und des Restgewinns wurde die Zielbandbreite der Umsatzrendite (operating margin) der deutschen Gesellschaft festgelegt. Lag das tatsächlich erzielte Ergebnis außerhalb der Zielbandbreite, wurde das Ergebnis zur oberen bzw unteren Grenze der Zielbandbreite berichtigt, und es erfolgten Gutschriften oder Nachbelastungen für Hamamatsu Deutschland.

In dem strittigen Zeitraum lag die Umsatzrendite der deutschen Gesellschaft unterhalb des im APA festgelegten Zielbereichs. Aus diesem Grund passten die Beteiligten nach Ablauf des Abrechnungszeitraums die Verrechnungspreise im Wege einer Gutschrift an. Der Betrag wurde anhand eines Umlageschlüssels auf verschiedene Produktgruppen aufgeteilt. Der angewandte Umlageschlüssel sei von der Konzernmutter vorgegeben worden, auf welcher Grundlage sie diesen Umlageschlüssel ermittelt habe, sei der deutschen Gesellschaft nicht bekannt. Den zu erstattenden Zoll hatte die Klägerin in der Weise berechnet, dass sie die Summe aller ursprünglichen Zollwerte um den Anpassungsbetrag aus dem APA verminderte und anschließend jeweils auf den ursprünglichen sowie den angepassten Zollwert einen durchschnittlichen Zollsatz anwandte. Aus der Differenz der beiden so ermittelten Werte ergab sich der von der Klägerin begehrte Erstattungsbetrag. Eine Aufteilung des Anpassungsbetrags auf die einzelnen eingeführten Waren nahm die Klägerin nicht vor.

Das HZA lehnte den Erstattungsantrag mit der Begründung ab, dass die von der Klägerin gewählte Methode in Form einer globalen Korrektur des Gesamtpreises nicht mit Art29 Abs1 Zollkodex (ZK) iVm Art144 Durchführungsverordnung zum Zollkodex (ZK-DVO) vereinbar sei.3 Aufgrund des Umstands, dass der Anpassungsbetrag nicht produktbezogen aufgeschlüsselt worden sei, könne nicht geklärt und nachgewiesen werden, auf welche konkreten Einfuhrwaren sich die Anpassung genau beziehe und in welcher Höhe sie für diese vorzunehmen sei. Die Klägerin erhob gegen die Entscheidung des HZA Klage vor dem Finanzgericht.

Das FG München setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH zwei Fragen zur Vorabentscheidung vor. Mit seiner ersten Frage wollte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art28 bis31 ZK dahin auszulegen sind, dass sie es zulassen, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird. Bejahendenfalls wollte das FG mit seiner zweiten Frage wissen, ob der Zollwert anhand vereinfachter Ansätze geprüft bzw festgesetzt werden kann, wenn die Auswirkungen nachträglicher Verrechnungspreisanpassungen sowohl nach oben als auch nach unten anzuerkennen sind.

2.Rechtsprechung des EuGH

Die Art28 bis31 ZK4 (nunmehr Art69 bis74 UZK5) regeln die Ermittlung des Zollwerts für die Anwendung des Zolltarifs und umfassen neben der zentralen Methode für die Zollwertermittlung die Transaktionswertmethode auf der Grundlage des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises sowie nachrangige Methoden für die Zollwertermittlung in jenen Fällen, in de-

3 Das Urteil bezieht sich auf die Vorgängervorschriften zum Unionszollkodex. Diese finden sich in den für die Fragestellung einschlägigen Teilen in nahezu unveränderter Form auch im aktuellen Unionszollkodex wieder. Art29 ZK regelt die Anwendung der Transaktionswertmethode auf der Grundlage des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises als primäre Methode der Zollwertermittlung. Art144 ZK-DVO regelt den Fall, in dem für die Zollwertermittlung maßgebenden Zeitpunkt noch kein Preis gezahlt worden ist, und bestimmt, dass diesfalls der bei Zahlung im Bewertungszeitpunkt maßgebende Preis für die Zollwertermittlung angenommen wird.

4 Verordnung (EWG) 2913/92 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK), ABlL302 vom 19.10.1992, S1.

5 Verordnung (EU) 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK), ABlL269 vom 10.10.2013, S1.

nen die Transaktionswertmethode nicht ange-wendet werden kann.

Internationale Rechtsprechung Zollwert und Verrechnungspreise 121 3/2023

Der EuGH bestätigt eingangs seine bisherige Rechtsprechung, wonach mit der unionsrechtlichen Zollwertregelung ein gerechtes, einheitliches und neutrales System errichtet werden soll, das die Anwendung willkürlicher oder fiktiver Zollwerte ausschließt. Der Zollwert muss daher den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer eingeführten Ware widerspiegeln und folglich alle Elemente dieser Ware, die einen wirtschaftlichen Wert haben, berücksichtigen.6

Weiters wiederholt der EuGH unter Bezugnahme auf bisher ergangene Entscheidungen, dass der Zollwert in erster Linie auf der Grundlage des Transaktionswerts ermittelt werden muss. Nur wenn der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis nicht bestimmt werden kann, sind die vorgesehenen subsidiären Methoden anzuwenden.7

Gleichzeitig hält der Gerichtshof fest, dass der für die Waren tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, auch wenn er grundsätzlich die Grundlage der Zollwertermittlung bildet, ein Faktor ist, der gegebenenfalls Berichtigungen unterliegt, wenn dies erforderlich ist, um die Ermittlung eines willkürlichen oder fiktiven Zollwerts zu verhindern.8 Einschränkend wird jedoch unter Bezug auf die ergangene Rechtsprechung ausgeführt, dass der EuGH eine nachträgliche Berichtigung des Transaktionswerts nur in Sonderfällen zugelassen hat, insbesondere wenn die Ware fehlerhaft war oder nach ihrer Abfertigung zum freien Verkehr Mängel festgestellt wurden.9

Zu dem streitgegenständlichen Berichtigungsansinnen stellt der Gerichtshof fest, dass der Zollkodex zum einen den einführenden Unternehmen keine Pflicht auferlege, eine Berichtigung des Transaktionswerts zu beantragen, wenn dieser nachträglich nach oben berichtigt wurde, und zum anderen keine Bestimmung enthalte, die es den Zollbehörden ermöglicht, sich gegen das Risiko abzusichern, dass diese Unternehmen nur Berichtigungen nach unten beantragen.10

Der EuGH verneint damit die erste Vorlagefrage und stellt im Tenor fest, dass es die Zollwertvorschriften in Art28 bis31 ZK nicht zulassen, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass

6 EuGH 20.12.2017, Hamamatsu, C-529/16, Rn24, unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung, zuletzt das Urteil vom 9.3.2017, GE Healthcare, C-173/15.

7 EuGH 20.12.2017, Hamamatsu, C-529/16, Rn26, unter Verweis auf die Urteile vom 12.12.2013, Christodoulou ua, C-116/12, und vom 16.6.2016, EURO 2004. Hungary, C-291/15.

8 EuGH 20.12.2017, Hamamatsu, C-529/16, Rn27.

9 EuGH 20.12.2017, Hamamatsu, C-529/16, Rn30.

10 EuGH 20.12.2017, Hamamatsu, C-529/16, Rn33.

sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.

Aus dem Wortlaut der Urteilsformel ergeben sich zwei klare Feststellungen. Zum einen lassen es die Zollvorschriften nicht zu, eine nachträgliche Anpassung des Transaktionswerts wie die im Ausgangsverfahren fragliche zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob eine Korrektur durch Zuschläge nach oben oder durch Abschläge nach unten erfolgt. Zum anderen ist es für die Frage der Berichtigungsmöglichkeit unerheblich, ob der Zollwert nach der Transaktionswertmethode iSd Art29 ZK oder nach den subsidiären Methoden iSd Art30 und31 ZK ermittelt wurde.11

Da die zweite Vorlagefrage nur für den Fall gestellt worden ist, dass die erste Vorlagefrage bejaht wird, unterblieb deren Beantwortung.

3.Erkenntnisse aus der Folgerechtsprechung

3.1.BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück und entschied, das FG München habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die Voraussetzungen auf Erstattung eines Teils des von der Klägerin entrichteten Zolls nach Art236 Abs1 UAbs1 ZK12 seien nicht gegeben. Begründend führt der BFH aus, Einfuhrabgaben seien nach Art236 Abs1 UAbs1 ZK iVm Art878ff ZKDVO13 insbesondere dann zu erstatten, wenn nachgewiesen werde, dass der Abgabenbetrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war.

3.1.1.Maßgeblicher Zeitpunkt

Nach Art214 Abs1 ZK wird der Betrag der auf eine Ware zu erhebenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben grundsätzlich anhand der Bemessungsgrundlagen bestimmt, die für die Ware zum Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld gelten. Zu diesen Bemessungsgrundlagen gehören die Beschaffenheit der Ware, ihre Menge, ihr Zollwert sowie der Zollsatz.14 Maßgeblich nach Art67 iVm Art201 Abs2 ZK ist der Zeitpunkt, in dem die betreffenden Zollanmeldungen angenommen worden sind. Die Zollwertermittlung ist demnach eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung.15

Richtet sich die Zollwertermittlung nach der Transaktionswertmethode iSd Art29 ZK, so ist

11 Vgl hierzu auch die Ausführungen im Urteil des FG München 15. 11. 2018, 14 K 2028/18, Rn28.

12 Art236 Abs1 UAbs1 ZK regelt die Erstattung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben insoweit, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war.

13 Art878ff ZK-DVO regeln die Durchführung der Erstattung oder des Erlasses von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben.

14 BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn26, mit Verweis auf den Senatsbeschluss vom 2.7.2012, VIIB104/11.

15 BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn40.

Zollwert und Verrechnungspreise Internationale Rechtsprechung 3/2023 122

der maßgebliche Transaktionswert regelmäßig der für die Waren im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis.16 Es geht bei der Zollwertermittlung damit um eine punktuelle Bestimmung des Zollwerts, die sich auf eine konkrete Transaktion bezieht.17 Folglich können Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die erst nach Zahlung des Abgabenbetrags eintreten, eine Erstattung grundsätzlich nicht rechtfertigen.18

Der BFH wiederholt die Ausführungen des EuGH aus dem Hamamatsu-Urteil, wonach der Zollwert den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer eingeführten Ware widerspiegeln und folglich alle Elemente dieser Ware berücksichtigen müsse, die einen wirtschaftlichen Wert haben. Dazu führt er im Weiteren aus, dass zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen, die im gegenständlichen Fall nicht als unvollständig abgegeben wurden, keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass diese Preise nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der eingeführten Waren widergespiegelt haben und nicht alle Elemente dieser Waren, die einen wirtschaftlichen Wert gehabt haben, berücksichtigt hätten.19

3.1.2.Nicht bewertbare Bedingungen

Die Anwendung der Transaktionswertmethode setzt gemäß Art29 Abs1 litb ZK iVm Art148

ZK-DVO voraus, dass hinsichtlich des Kaufgeschäfts weder Bedingungen vorliegen noch Leistungen zu erbringen sind, deren Wert in Hinblick auf die zu bewertbaren Waren nicht bestimmt werden kann. Weiters sind gemäß Art29 Abs1 litd iVm Abs2 lita Satz1 ZK die Verbundenheit von Käufer und Verkäufer bei der Feststellung, ob der Transaktionswert iSd Art29 Abs1 ZK anerkannt werden kann, allein kein Grund, den Transaktionswert als unannehmbar anzusehen.

Nach Auffassung des BFH waren bei Annahme der Zollanmeldungen im streitgegenständlichen Fall weder solche Bedingungen, die eine Ermittlung des Zollwerts nach der Transaktionswertmethode ausgeschlossen hätten, erkennbar, noch war die Verbundenheit zwischen der Klägerin und der Muttergesellschaft ein Grund, den Transaktionswert als unannehmbar anzusehen.20

3.1.3.Folgemethoden

Kann der Zollwert nicht nach der Transaktionswertmethode ermittelt werden, kommen gemäß Art30 ZK die bereits angesprochenen subsidiären Methoden zur Anwendung. Nach Art30 ZK

16 Vgl auch die Bestimmungen in Art144 Abs1 ZK-DVO.

17 BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn41.

18 Vgl auch Deimel in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Unionszollkodex (2021) Art235 bis 236 Rz46, sowie Schwarz in Schwarz/Wockenfoth , Zollrecht 3 (2004) Art236 Rz33.

19 BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn 53.

20 BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn 54.

ist in einem solchen Fall der Zollwert gleicher oder gleichartiger Waren maßgeblich oder der Zollwert deduktiv auf der Grundlage des Weiterverkaufspreises an unverbundene Personen in der Union oder nach einem errechneten Wert auf Basis der Herstellungskosten im Ausland zu bestimmen.21

Sofern der Zollwert auch nach diesen Folgemethoden nicht ermittelt werden kann, ist er nach der Schlussmethode gemäß Art31 Abs1 ZK auf der Grundlage von in der Union verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln, die mit den Leitlinien und allgemeinen Regeln des Übereinkommens zur Durchführung des ArtVII GATT-Abkommen 1994,22 des ArtVII GATT-Abkommen 1994 sowie der Vorschriften der Art28 bis36 ZK übereinstimmen.

Nach Auffassung des BFH ist Art8 Abs3 des Übereinkommens zur Durchführung des ArtVII GATT entsprechend heranzuziehen, wenn der Zollwert eingeführter Waren nicht durch Zuschläge, sondern durch Abschläge von dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis korrigiert werden soll. Auch solche Abschläge dürfen daher nur auf der Grundlage von Angaben vorgenommen werden, die bereits im Zeitpunkt der Zollanmeldung objektivierbar und quantifizierbar sind.23

Erfolgt die Ermittlung des Zollwerts nach der Schlussmethode iSd Art31 ZK, ist nach Ansicht des BFH grundsätzlich ebenfalls hinsichtlich der heranzuziehenden anderen zweckmäßigen Methoden auf den Zeitpunkt der Einfuhr abzustellen.24 Demnach ist auch die Zollwertermittlung nach Art31 ZK immer eine warenund stichtagsbezogene Wertermittlung. Hierzu hält der BFH fest, dass eine Bewertung auf der Grundlage von Daten, die nicht in der Union verfügbar sind, unzulässig sei. Damit bezieht sich das Gericht auf den Umstand im streitgegenständlichen Fall, dass der Betrag der Gutschrift anhand eines Umlageschlüssels von der japanischen Muttergesellschaft auf verschiedene Produktgruppen aufgeteilt worden sei, ohne dass der Klägerin bekannt war, auf welcher Grundlage die Muttergesellschaft den Aufteilungsschlüssel ermittelt habe, auch wenn es für die Revisionsentscheidung letzten Endes nicht darauf ankam.25

Nach Auffassung des BFH lagen im gegenständlichen Streitfall weder Anhaltspunkte für eine Zollwertermittlung nach den Folgemethoden vor, noch war das geschlossene APA geeignet, eine nachträgliche Preisanpassung nach der

21 Vgl auch Reiche/Witte, Zollkodex5, Art30 Rz5ff.

22 Das General Agreement on Tariffs and Trade 1994, GATT (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen), ist ein völkerrechtlicher Vertrag, dessen Vertragspartner alle Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) sind.

23 BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn 48.

24 BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn 45, mit Verweis auf die Bestimmungen im Senatsbeschluss vom 4.7.2013, VII R 56/11.

25 Vgl BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn 60.

Internationale Rechtsprechung Zollwert und Verrechnungspreise 123 3/2023

Schlussmethode zu rechtfertigen.26 Begründend führte der BFH aus, dass im Zeitpunkt der jeweiligen Zollanmeldungen nicht feststand, ob die angemeldeten Warenwerte auf der Grundlage der nach Ablauf des Abrechnungszeitraums erst noch zu ermittelnden Verrechnungspreise korrigiert werden würden und, falls das der Fall sein sollte, ob eine Korrektur durch Zuschläge nach oben oder aber durch Abschläge nach unten erfolgen würde. Eine erneute Vorlage des Falls an den EuGH sei nach alledem nicht geboten.

3.2.FG München 27. 10. 2022, 14 K 588/20

In einem anderen Urteil hatte das FG München zu pauschalen Verrechnungspreisanpassungen in Form von Nachbelastungen zu entscheiden. Sachverhaltsmäßig führte die Klägerin Waren von verbundenen Unternehmen, darunter von der Konzernobergesellschaft, in das Unionszollgebiet ein und ließ sie zum freien Verkehr abfertigen. Dabei meldete sie die unterjährig gezahlten Verrechnungspreise aus den IntercompanyRechnungen als Grundlage für die Zollwertermittlung nach der Transaktionswertmethode (Art29 ZK bzw Art70 UZK) an.

Im Rahmen einer Zollprüfung stellte das HZA fest, dass die Konzernobergesellschaft der Klägerin Nachbelastungsbeträge in Rechnung gestellt hatte. Diese beruhten auf einem zwischen der Klägerin und der Konzernobergesellschaft abgeschlossenen distribution agreement, wonach die Klägerin sich verpflichtete, Produkte von dieser zu beziehen und diese im festgelegten Vertriebsgebiet zu veräußern. In einer Ergänzungsvereinbarung wurde festgelegt, dass die Klägerin eine als fremdüblich bezeichnete „agreed margin“ erhalten soll. Nach der Vereinbarung resultiert die Marge aus dem rollenden Dreijahresdurchschnitt der fremdüblichen Bandbreiten, die auf Basis von Datenbankanalysen für Umsatzrenditen vergleichbarer Unternehmen ermittelt worden sind. Für den hier streitigen Zeitraum wurde durch die Datenbankanalyse eine fremdübliche Bandbreite für Umsatzrenditen ermittelt und von der Obergesellschaft aus dieser Bandbreite eine Marge von 1,93% ermittelt, die innerhalb der fremdüblichen Bandbreite für Umsatzrenditen vergleichbarer Unternehmen lag. Tatsächlich erzielte die Klägerin im streitigen Zeitraum durch den Weiterverkauf der Produkte Umsatzrenditen im zweistelligen Bereich.

Unterjährig erhielt die Klägerin für die gelieferten Waren Rechnungen, die vorab bereits um einen kalkulierten Abzug vom Listenpreis, nämlich um die sogenannte „agreed margin“, gemindert worden sind. Diese unterjährig gezahlten Verrechnungspreise meldete die Klägerin als Grundlage für die Zollwertermittlung in den Zollanmeldungen an.

Da die tatsächlich erzielten zweistelligen Umsatzrenditen in den betroffenen Geschäftsjahren erheblich über der vereinbarten Marge lagen und somit nach Meinung des HZA nicht fremdüblich waren, wurden der Klägerin Zollabgaben nachverrechnet.

Nach der Auffassung des HZA waren die ungewöhnlich hohen Gewinne nur deshalb möglich, weil die unterjährigen Verrechnungspreise zu niedrig berechnet worden seien. Die erzielten Umsatzrenditen seien konzernintern auf die Marge von 1,93% angepasst worden, sodass auf dieser Grundlage die genannten Nachbelastungsbeträge ermittelt und der Klägerin mit debit notes in Rechnung gestellt bzw von dieser bezahlt worden seien. Die gegen die Nachforderungsbescheide eingelegten Einsprüche blieben im Wesentlichen erfolglos, weshalb Klage beim FG München eingebracht wurde.

Das FG München gab der Klage statt und hob die Nacherhebungsbescheide des HZA auf. Das HZA habe für die streitgegenständlichen Einfuhren zu Unrecht Zoll nacherhoben, weil die von der Klägerin getragenen Kosten nicht in den Zollwert und damit in die Bemessungsgrundlagen der Zollschuld iSd Art214 Abs1 ZK bzw Art85 UZK einzubeziehen seien.27

Im Wesentlichen begründete das Gericht seine Entscheidung damit, dass bei Annahme der Zollanmeldung weder Bedingungen iSd Art29 Abs1 litb ZK erkennbar waren, die eine Ermittlung des Zollwerts nach der Transaktionswertmethode ausgeschlossen hätten, noch war die Verbundenheit zwischen der Klägerin und der Obergesellschaft gemäß Art29 Abs1 litd iVm Abs2 lita Satz1 ZK ein Grund, den Transaktionswert als unannehmbar anzusehen.

Die Vereinbarung zwischen den beteiligten Konzerngesellschaften sei nach Ansicht des Gerichts auch nicht geeignet, eine nachträgliche Anpassung der Verrechnungspreise nach der Schlussmethode (Art31 ZK bzw Art74 UZK) zu rechtfertigen, denn im Zeitpunkt der jeweiligen Zollanmeldungen stand nicht fest, ob die angemeldeten Warenwerte aufgrund der nach Ablauf des Abrechnungszeitraums erst noch zu ermittelnden Verrechnungspreise korrigiert werden würden und, falls das der Fall sein sollte, ob eine Korrektur durch Zuschläge nach oben oder aber durch Abschläge nach unten erfolgen würde. Ebenfalls offen war, in welcher Höhe die Korrekturen gegebenenfalls zu erfolgen hätten, womit aber die sich möglicherweise ergebenden Zuschläge oder Abschläge im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht quantifizierbar seien.

Das FG München wiederholt in seiner Urteilsbegründung die Ausführungen des BFH zum Fall Hamamatsu (siehe Pkt3.1. oben), wo-

27 FG München 27. 10. 2022, 14 K 588/20, Rn 42. Art214 Abs1 ZK bzw Art85 UZK regelt den maßgebenden Zeitpunkt für die Bestimmung der Bemessungsgrundlagen für die zu erhebenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben als den Zeitpunkt, in dem die Zollschuld entsteht.

Zollwert und Verrechnungspreise Internationale Rechtsprechung 3/2023 124
26 Vgl BFH 17. 5. 2022, VII R 2/19, Rn 57 f.

nach die Zollwertermittlung eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung sei und folglich derjenige Zeitpunkt maßgeblich für die Bestimmung des Zollwerts sei, in dem die Zollschuld gemäß Art214 Abs1 ZK bzw Art85 UZK entstanden ist, dh die betreffenden Zollanmeldungen im streitgegenständlichen Fall angenommen worden sind.28 Dies gelte grundsätzlich ebenfalls hinsichtlich der heranzuziehenden anderen zweckmäßigen Methoden bei der Ermittlung des Zollwerts nach der Schlussmethode.29

Selbst wenn man der Auffassung des HZA folge, dass sich durch die späteren Feststellungen des Prüfungsdienstes eine Verbundenheit der Klägerin mit ihrer Konzernobergesellschaft ergeben haben sollte, die den Preis beeinflusst hat, war dies für den maßgebenden Zeitpunkt der Zollanmeldung unbedeutend.30

Analog der Urteilsbegründung des BFH im Fall Hamamatsu bezieht sich das FG München auf die Bestimmungen des Art8 Abs3 des Übereinkommens zur Durchführung des ArtVII GATT 1994, demzufolge Zuschläge zu dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis nach Art8 nur auf der Grundlage objektiver und bestimmbarer Tatsachen vorgenommen werden dürfen. Stehe jedoch im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht fest, ob am Ende des Abrechnungszeitraums überhaupt eine Berichtigung vorzunehmen sein wird und ob, falls dies der Fall sei, diese nach oben oder nach unten zu erfolgen hat, dann sei der auf diese Weise ermittelte, bzw nach Ablauf des Abrechnungszeitraums tatsächlich erst noch zu ermittelnde, Warenwert im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht iSd Art8 Abs3 des Übereinkommens quantifizierbar.

Das Ergebnis, wonach unterjährig angemeldete Verrechnungspreise nicht nachträglich korrigiert werden können, ergebe sich nach Auffassung des Gerichts zwingend aus der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BFH, auch wenn nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zu verhindern ist, dass bei der Zollwertermittlung ein willkürlicher oder fiktiver Wert zugrunde gelegt wird, weil der Zollwert den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer eingeführten Ware widerspiegeln und alle Elemente dieser Ware, die einen wirtschaftlichen Wert haben, berücksichtigen muss.31

Gegen das Urteil wurde von der deutschen Zollverwaltung Revision eingelegt. Diese ist beim BFH unter VIIR36/22 anhängig.

4.Synthese und Würdigung der Rechtsprechung

Die Entscheidung des BFH zu pauschalen Gutschriften und das jüngste Urteil des FG Mün-

chen zu pauschalen Nachbelastungen erscheinen im Lichte der EuGH-Rechtsprechung zur Causa Hamamatsu als konsequent. Der BFH zerstreut in seinem Urteil damit auch die anfangs aufgetretenen Zweifel, ob die Entscheidung des EuGH nur für die Transaktionswertmethode oder auch für die nachrangigen Methoden der Zollwertermittlung und damit auch für die Schlussmethode maßgebend ist. Im zweiten Leitsatz des Urteils stellt der BFH klar, dass die Rechtsprechung des EuGH, wonach die einschlägigen Zollvorschriften es nicht zulassen, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird, auch für die Wertermittlung nach der Schlussmethode gelte. Aus den dargestellten Urteilen lassen sich insbesondere folgende Erkenntnisse ziehen.

4.1.Irrelevanz nachträglicher, nicht waren- und stichtagsbezogener Nachbelastungen oder Gutschriften

Die Zollwertermittlung ist eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Zollwerts ist der Zeitpunkt der Zollschuldentstehung, dh der Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung. Dieser Grundsatz findet für alle Zollwertermittlungsmethoden Anwendung. Demnach geht es im Rahmen der Zollwertermittlung um eine punktuelle Bestimmung des Zollwerts bezogen auf eine konkrete Transaktion.

Zu- und Abschläge zu dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis dürfen nach Ansicht der beteiligten deutschen Gerichte nur auf der Grundlage von Angaben vorgenommen werden, die bereits im Zeitpunkt der Zollanmeldung objektivierbar und quantifizierbar sind.

Die Bezugnahme beider Gerichte auf Art8 Abs3 des Übereinkommens zur Durchführung des ArtVII GATT 1994 bei der Begründung der fehlenden Möglichkeit der Zollwertanpassung ist dabei aus dreierlei Gründen nicht nachvollziehbar. Zum einen beziehen sich die Regelungen des Art8 Abs3 leg cit ausschließlich auf die Bestimmung des Zollwerts nach Art1 leg cit und damit auf die Anwendung der Transaktionswertmethode. Zum anderen betrifft diese Vorschrift nur gesetzlich enumerativ geregelte Zuschläge zu dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis und nicht die Änderung dieses Preises.32 Zudem hat der EuGH iZm der Berücksichtigung von Zuschlägen in der Form von Lizenzgebühren bereits entschieden, dass diese auch dann bei der Zollwertermittlung zu berücksichtigen sind, wenn deren genaue Höhe im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht feststeht.33

Internationale Rechtsprechung Zollwert und Verrechnungspreise 125 3/2023
28 FG München 27. 10. 2022, 14 K 588/20, Rn 51. 29 FG München 27. 10. 2022, 14 K 588/20, Rn 52. 30 FG München 27. 10. 2022, 14 K 588/20, Rn 50. 31 FG München 27. 10. 2022, 14 K 588/20, Rn 62 mwN. 32 Vgl auch Rinnert, AW-Prax 2022, 575.

4.2.Keine Berichtigung nach der Transaktionswertmethode und nach den nachrangigen Methoden der Zollwertermittlung

In seinen Ausführungen bezieht sich der EuGH auf Berichtigungen des Transaktionswerts, dh auf Korrekturen des auf der Grundlage von Art29 ZK ermittelten Zollwerts. Aus diesem Umstand wurde in der Fachliteratur teilweise die Schlussfolgerung gezogen, eine nachträgliche Anpassung der Verrechnungspreise könne im Rahmen der anderen Zollwertermittlungsmethoden, insbesondere nach der Schlussmethode iSd Art31 ZK bzw Art74 Abs3 UZK, erfolgen.34 In seiner Urteilsformel bezieht sich der Gerichtshof hingegen auf die Möglichkeit bzw die Pflicht zur Berichtigung des Zollwerts iZm nachträglichen Preisanpassungen nach den Bestimmungen der Art28 bis31 ZK und schließt damit sowohl die Zollwertermittlung nach der Transaktionswertmethode als auch nach den subsidiären Methoden mit ein. Diese Auslegung wurde auch vom BFH in seinem Urteil gestützt.

4.3.Keine Bedingungen, die eine Ermittlung des Zollwerts nach der Transaktionswertmethode ausschließen würden

Das FG München in seinem jüngsten Urteil und der BFH im Fall Hamamatsu haben in den streitigen Fällen keine Bedingungen iSd Art29 Abs1 litb ZK bzw Art70 Abs3 litb UZK erblickt, die eine Ermittlung des Zollwerts nach der Transaktionswertmethode ausgeschlossen hätten.

Auch in dem Umstand, dass sowohl im Fall Hamamatsu als auch im jüngsten Fall vor dem FG München die für die Zollwertermittlung herangezogenen Preise nach den jeweiligen Verrechnungspreisvereinbarungen jeweils vorläufig und unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Berichtigung in Rechnung gestellt wurden, sahen die beteiligten Gerichte eine solche Bedingung, die die Transaktionswertmethode ausschließen würde, nicht gegeben.

4.4.Verbundenheit ist kein Grund, den Transaktionswert als unannehmbar anzusehen

Dass die Verbundenheit in den diskutierten Gerichtsentscheidungen keinen Ausschlussgrund für die Anwendbarkeit der Transaktionswertmethode darstelle, ergibt sich bereits aus den gesetzlichen Grundlagen, insbesondere in Art29 Abs2 lita ZK bzw Art70 Abs3 litd UZK.

Im Lichte der Verwaltungspraxis sowohl in Deutschland35 als auch in Österreich36 über-

33 EuGH 9. 3. 2017, GE Healtcare, C-173/15.

34 Vgl zB Rinnert, Grenzüberschreitende Geschäfte zwischen verbundenen Gesellschaften, ZfZ 2018, 68 (71); Roth/Rinnert, Zur Berücksichtigung von Verrechnungspreisen bei der Ermittlung des Zollwerts, DStR2018, 2090 (2093).

rascht jedoch, dass in der Causa vor dem FG München eine Preisbeeinflussung infolge der Verbundenheit und des Umstands, dass die erzielten Umsatzrenditen erheblich über der fremdüblichen Bandbreite für Umsatzrenditen vergleichbarer Unternehmen lagen und damit Anzeichen vorlagen, dass die Einfuhrpreise zu niedrig festgesetzt worden sind, nicht erblickt wurde.

Bei pauschalen Verrechnungspreisanpassungen gehen die deutsche und die österreichische Zollverwaltung bei Nachbelastungen von einer Beeinflussung der unterjährig berechneten Preise durch Verbundenheit aus, während pauschale Preisanpassungen in Form von Gutschriften nicht berücksichtigt werden, was nunmehr im Gutschriftsfall auch vom EuGH im Fall Hamamatsu als bestätigt gilt.

Gutschrift seien nach Ansicht des österreichischen Zolls selbst bei produktbezogener Zuordnung nur dann möglich, wenn auch eine Bewilligung für eine vereinfachte Zollanmeldung iSd Art166 UZK (unvollständige Zollanmeldung) vorliegt.37

4.5.Diskrepanz zwischen Verrechnungspreisen und Zollwerten

Die Weltzollorganisation fordert in ihrem Leitfaden zu Verrechnungspreisen und zur Zollwertermittlung eine stärkere Angleichung zwischen Verrechnungspreisen und Zollwertrecht und gibt konkrete Vorschläge zur Sicherstellung einer harmonisierten Steuer- und Zollbewertung von Transaktionen zwischen verbundenen Parteien im internationalen Kontext im Rahmen von Kommentaren und Fallstudien.38 Die vorstehend diskutierte Rechtsprechung zu pauschalen Preisanpassungen scheint jedoch das Spannungsverhältnis zwischen Verrechnungspreisen und Zollwertermittlung noch zu verstärken.

Weiters scheinen sich die beteiligten Gerichte mit den einschlägigen Auslegungsinstrumenten auf dem Gebiet des Zollwerts, wie diese zB vom Technischen Komitee für den Zollwert, das nach den Bestimmungen des Art18 des Übereinkommens zur Durchführung des ArtVII GATT 1994 eingesetzt wurde, verlautbart werden, in den erläuternden Anmerkungen zum Übereinkommen zur Durchführung des ArtVII GATT 1994 enthalten und bindend für alle Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) in die nationalen Rechtsvorschriften aufzunehmen sind, nicht auseinandergesetzt zu haben. Entsprechende erläuternde Anmerkungen sind im Kompendium der Zollwerttexte der Europäischen Kommission veröffentlicht.39

35 Vgl Dienstvorschrift Zollwertrecht der deutschen Zollverwaltung E-VSF, Z5101 Abs30.

36 Vgl Richtlinie des BMF vom 1.5.2016, ZK-0690, Arbeitsrichtlinie Zollwert, BMF-010313/0112-IV/6/2016 idgF, Z1.4.3.4.

37 Vgl ZK-0690 idgF, Z 1.3.5.

38 Vgl WCO, Guide to Customs Valuation and Transfer Pricing (2018).

Zollwert und Verrechnungspreise Internationale Rechtsprechung 3/2023 126

5.Ein Blick über die Grenzen und Entwicklungen auf europäischer Ebene

Im internationalen Vergleich herrscht ein sehr heterogenes Bild des zollrechtlichen Umgangs mit Verrechnungspreisanpassungen. Einige Zollverwaltungen berücksichtigen sowohl Preisanpassungen nach oben als auch nach unten und nehmen im Bedarfsfall entsprechende Zollanpassungen vor, andere ziehen Anpassungen nach oben (in Nacherhebungsfällen) in Betracht, berücksichtigen jedoch keine Anpassungen nach unten (in Erstattungsfällen).40

Als Beispiel lassen es die kanadischen Zollbehörden zu, nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen in bestimmten Fällen sowohl zollwerterhöhend als auch zollwertmindernd zu berücksichtigen.41 Besteht zum Zeitpunkt der Einfuhr der Waren eine Verrechnungspreisvereinbarung zwischen den verbundenen Vertragsparteien, wird der Verrechnungspreis insoweit als unbeeinflusster Preis für die eingeführten Waren betrachtet, als dass spätere Preisanpassungen dem kanadischen Zoll gemeldet und die zu entrichtenden Zollabgaben entsprechend angepasst werden.

Auch in den USA ermöglicht das Verfahren der „reconciliation“, bestimmte Bemessungsgrundlagen einer Anmeldung nachträglich zu berücksichtigen und eine Zollanmeldung innerhalb eines Zeitraums von bis zu 21 Monaten zu korrigieren, wenn die Bemessungsgrundlagen im maßgebenden Zeitpunkt noch nicht hinreichend bestimmt sind.42

Weiters besteht in den USA sowie in vielen anderen Ländern, darunter auch in Australien, China, Japan Kanada und Südkorea, die Möglichkeit, verbindliche Auskünfte in Form von rulings oder Vorbescheiden für zukünftige Einfuhr- oder Ausfuhrvorgänge für Zollwertzwecke zu erhalten.43

Auch die EU beabsichtigt, Entscheidungen über verbindliche Zollwertauskünfte („BVI decisions“)44 in die EU-Zollvorschriften aufzunehmen. Ende 2022 hat die Europäische Kommission Vorschläge für eine delegierte Verordnung zur Einführung verbindlicher Entscheidungen auf dem Gebiet des Zollwerts veröffentlicht.45 Eine solche verbindliche Entscheidung würde für einen Zeitraum von drei Jahren Bindungswirkung sowohl für den Inhaber der Entscheidung als auch für die Zollbehörden innerhalb der

39 Die Erläuternden Anmerkungen (früherer Anhang23 zur ZK-DVO) wurden mit der Inkraftsetzung des UZK gestrichen, da die Textierungen teilweise Rechtstexten nicht entsprochen haben.

40 WCO, Guide to Customs Valuation and Transfer Pricing, 69.

41 Vgl Friedhoff/Schippers, ECJ Judgment in Hamamatsu Case, EC Tax Review 2019, 32 mwN.

42 Im Detail vgl Eßer, AW-Prax 2022, 604.

43 Wolffgang, AW-Prax 2023, 1.

44 Binding valuation decisions, BVI (verbindliche Zollwertauskünfte, vZWA).

45 Ref Ares(2022)8903368 vom 21.12.2022.

EU entfalten. Um eine einheitliche Dokumentation und Anwendung in der Zollunion zu gewährleisten, soll das bestehende IT-System für verbindliche Zolltarif- und Ursprungsauskünfte erweitert werden. Der Entwurf des Art18a der delegierten Verordnung zum UZK sieht vor, dass die Zollbehörden auf Antrag Entscheidungen in Bezug auf verbindliche Zollwertinformationen treffen und die geeignete Zollwertmethode oder -kriterien sowie deren Anwendung festlegen, die unter bestimmten Umständen zur Ermittlung des Zollwerts von Waren verwendet werden sollen. Wie dieses Instrument iZm Verrechnungspreisen in der Praxis zur Anwendung gelangen wird, bleibt abzuwarten.

6.Implikationen für die Praxis

Laut dem EuGH und dem deutschen BFH sind nachträgliche pauschale Verrechnungspreisanpassungen als ertragsteuerliches Instrument im Rahmen sämtlicher Zollwertermittlungsmethoden ohne Einfluss auf den maßgeblichen Zollwert. In Anbetracht dieses Ergebnisses sollten Wirtschaftsbeteiligte ihre konzerninternen Verrechnungspreise sowohl aus Zoll- als auch Verrechnungspreissicht prüfen, um etwaige Wechselwirkungen in ihrer Preisbestimmung zu berücksichtigen. Jede nachträgliche Anpassung der Verrechnungspreise kann sich auf den Zollwert auswirken, und sei es nur, dass im Falle von nachträglichen pauschalen Preisminderungen zu hoch festgesetzte Einfuhrabgaben im Lichte der jüngsten Rechtsprechung nicht erstattet werden können.

Falls es in der Vergangenheit zu Zollnacherhebungen gekommen ist, deutet das aktuelle Urteil des FG München darauf hin, dass diese Zollabgaben zu Unrecht nacherhoben wurden. Vor diesem Hintergrund sollte je nach Ausgangslage bis zur endgültigen Entscheidung durch den BFH erwogen werden, Einsprüche gegen Zollnachforderungen bzw Erstattungsanträge innerhalb des Verjährungszeitraums von drei Jahren einzulegen. Zwar ist lediglich das Urteil des EuGH für die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten bindend, zeigt die Rechtsprechungspraxis, dass auch österreichische Gerichte bei ihren Entscheidungen die deutsche Rechtsprechung bei der Urteilsfindung mitberücksichtigen.

Zur Sicherstellung einer harmonisierten Steuer- und Zollbewertung sollten Verrechnungspreise zur Vermeidung von nachträglichen Anpassungen nach Möglichkeit bereits unterjährig für zukünftige Geschäftsfälle angepasst bzw alternativ die Möglichkeiten einer unvollständigen Zollanmeldung oder einer produktbezogenen Preisanpassung in Erwägung gezogen werden.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung haben die Empfehlungen der WCO für international tätige Unternehmen, die regelmäßig Waren einführen, weiterhin Bestand.46 Demnach werden Unternehmen aufge-

Internationale Rechtsprechung Zollwert und Verrechnungspreise 127 3/2023

fordert, sicherzustellen, dass ihre Zoll- und Steuerexperten über die gegenseitigen Bedürfnisse von Zoll- und Steuerbehörden in Bezug auf Verrechnungspreise und Zollbewertung kommunizieren und bei der Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation und bei der Entwicklung von APAs die Bedürfnisse des Zolls mitberücksichtigen. Auch wäre geboten, bei APAs und in Fällen, in denen Preisanpassungen regelmäßige Praxis und zur Sicherstellung einer fremdvergleichskonformen Preisgestaltung unvermeidbar sind, die Zollbehörden rechtzeitig einzubinden. Nach Möglichkeit sollten in Ländern, in denen ein solches Instrument besteht, Vorabbescheide beim Zoll beantragt werden –die Europäische Kommission hat bereits den ersten Stein in diese Richtung gelegt. Die zukünftige Entwicklung der Gesetzgebung bei der

verbindlichen Zolltarifauskunft auf europäischer Ebene sowie im offenen Verfahren vor dem BFH bleibt zu beobachten.

Auf den Punkt gebracht

Internationale Unternehmen stehen aufgrund der Gegensätzlichkeiten in den Zollund Steuervorschriften, die die Geschäftsvorfälle zwischen verbundenen Parteien regeln, nach wie vor großen Herausforderungen gegenüber. Die EuGH-Rechtsprechung im Fall Hamamatsu zu nachträglichen pauschalen Gutschriften sowie die jüngste Rechtsprechung des FG München zu pauschalen Nachverrechnungen erteilen der nachträglichen Berücksichtigung von Verrechnungspreisanpassungen im Zollwert eine Absage und verstärken damit das Spannungsverhältnis zwischen Verrechnungspreisen und Zollwert.

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Zollwert und Verrechnungspreise Internationale Rechtsprechung 3/2023 128
46 Vgl WCO, Guide to Customs Valuation and Transfer Pricing, 73.

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