Hayeks implizite Anthropologie

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from the family and tribe to the nation and race, and we are beginning to recognize that our obligations extend to all human beings. 27 Insofern muss man den Pfad Hayeks verlassen, der Ethik als g¨anzlich unwillk¨urliches Feld vorstellt: Ethik ist nicht eine Frage der Wahl. Wir haben sie nicht geplant und k¨onnen sie nicht planen. 28 In seiner Konstruktivismuskritik versucht Hayek, der willk¨urlichen Gestaltung unserer gesellschaftlichen Umwelt Grenzen zuzuweisen. In seiner Betonung der Handlungsfreiheit erh¨alt er auf der anderen Seite die Bedingungen willk¨urlichen Handelns. Wie oben beschrieben wird jede Interaktion mit unserer Umwelt diese auch ver¨andern und eine ver¨anderte Umwelt wird R¨uckwirkungen auf die Bedingungen und Einschr¨ankungen unseres Handeln haben. Dieser Nexus kann mit Hayek als Teufelskreis im Sinne einer Sach-Zwang-Logik, oder als kreativer Prozess im Sinne einer Vernunftethik beschrieben werden. Der Markt als systemisches Instrument f¨ur Effizienz und Informationsmanagement hat sich auf vielen Feldern bew¨ahrt. Allein f¨ur das vorausschauende Erkennen oder Setzen o¨konomischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen ist er nicht geeignet.29 Als <Entdeckungsverfah¨ ren> eignet sich der Markt als Mittel zu Erreichung von den Zwecken, die in Ubereinstimmung mit unserer Vernunft und unserer Umwelt, nach bestem Wissen und Gewissen unabh¨angig von ihm zu bestimmen sind. Als <Anreizmechanismus> greift der Markt ebenso zu kurz. Schon dass sich die Philosophie als Disziplin, trotz ihrer augenscheinlichen Ineffizienz, erhalten hat belegt, dass Anerkennung unter Menschen nicht allein u¨ber monet¨are Vermittlung m¨oglich ist, deren eud¨amonische Universalit¨at ohnehin zweifelhaft ist. Gerade die Freiburger Tradition der Ordnungs¨okonomik bietet ein entsprechendes politisches Paradigma, in dem die Gestaltung eines Rahmens sowohl an ¨okonomischer Effizienz als auch an idealistisch-ethischer Normativit¨at orientiert werden kann. Das ordoliberale Kriterium der Privilegienfreiheit k¨onnte dabei die Anschlussf¨ahigkeit Hayeks sowohl an die Freiburger Schule30 als auch an kritisch-egalit¨are Positionen erm¨oglichen. Es ist jedoch das vornehmli¨ che Problem von theoretischer Okonomie und Philosophie gleichermaßen, dass ihre Anspr¨uche 27

Singer, S. 120. v. Hayek: Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Band 3 , S. 226. 29 In Erg¨anzung zu Hayeks Evolutionstheorien bed¨ urfe es einer clearly defined role for constitutional choice and institutional construction, namely, to provide a framework within which evolutionary exploration and competition can be expected to work to the benefit of the persons involved. Vanberg: Rules and choice in economics, S. 104. 30 Vgl. Vanberg, V. J.: F.A. Hayek und die Freiburger Schule, in Freiburger Diskussionspapiere zur Ordnungs¨ okonomik. 1 (2002), S. 16f.

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