Landworte magazin online

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WORTE Titelbild: S. Marahrens / Umweltbundesamt

Gedanken und Meinungen über die Zukunft der Landwirtschaft LA N D W O R T E MF|3

Brücke bauen

Interviews zwischen 27 konventionellen Junglandwirten und 25 Trainees des Ökolandbaus.

Medien Reizthema für die (konventionelle) Landwirtschaft?

Gibt es einen Graben zwischen Öko und Konventionell? Wir haben ihn nicht gefunden.


„Diese Arbeit ist mehr eine Lebensphilosophie, als ein Job. Es ist nicht einfach ein 40Stunden-Job. Du lebst das Ding – es ist dein Leben.“ Zitat von einem/r der interviewten Landwirt*innen Im weiteren Verlauf werden Zitate von LANDWIRT*INNEN immer in dieser Form und ohne Namensnennung abgebildet, da die meisten anonym bleiben möchten.


„Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken.“

Isaac Newton

Was der englische Physiker und Mathematiker Isaac Newton schon im 17. Jahrhundert erkannt hatte, ist aktueller denn je. Dabei sind die realen Mauern weniger das Problem als diejenigen, die in den Köpfen der Menschen bestehen. Die Ursachen dafür sind hauptsächlich Un- oder Missverständnis, Unwissen und daraus resultierende Vorurteile. Derartige Mauern gibt es immer und überall. Selbst innerhalb von Gruppen, deren Mitglieder im Grunde die gleichen Ziele verfolgen. Das gilt für kleine Vereine ebenso wie für Unternehmen, überregionale Parteien oder sogar ganze Branchen. Die Mauer, auf die wir uns in dieser Broschüre fokussieren, entzweit einen seit Jahrtausenden bestehenden Berufszweig: Die Landwirtschaft hierzulande wird aufgeteilt in konventionell und ökologisch. Diese Annahme einer bestehenden Mauer stand also im Raum, als wir, der 13. Traineejahrgang Ökolandbau, mit unserem Gemeinschaftsprojekt Ende 2015 begonnen haben. Es lag an uns, herauszufinden, warum eine solche Mauer in unseren Köpfen existiert. Gibt es womöglich Gemeinsamkeiten oder nur Unterschiede zwischen den beiden Bewirtschaftungsformen? Besteht gegenseitiges Interesse, wenn ja, wie viel und auf welcher Ebene? Oder kann man gegebenenfalls von „den anderen“ sogar noch etwas lernen? Was spricht für gewisse Herangehensweisen, was dagegen? Gibt es überhaupt ein Für und Wider? Liegt die Problematik bei

den Landwirten selbst oder vielmehr in der Politik oder gar bei den Verbrauchern? Ein weiterer Aspekt für unsere Überlegungen war die Tatsache, dass der Markt für Biolebensmittel nach wie vor stetig wächst. Um der geforderten Nachfrage gerecht werden zu können, fehlen allerdings momentan in Deutschland, aber auch weltweit, ausreichend Biolebensmittel und zu deren Produktion der Nachwuchs. Unser Ziel war es daher, „Brücken zu bauen“ – oder zumindest mit dem Gießen der Fundamente zu beginnen. Auf der Suche nach Beweggründen war uns wichtig, zu verstehen, warum es verschiedene Ansätze sowie Meinungen gibt und diese Erkenntnisse verständlich weiterzugeben. Dabei wollten wir keinesfalls irgendjemanden anprangern oder besserwisserisch belehren, vielmehr standen ehrliche und vielschichtige Antworten im Vordergrund. Als beste Option dafür erschien es uns daher, die gewünschten Informationen per Interview zu generieren. Schnell war uns dann auch die Zielgruppe klar: Junge, konventionelle Landwirte, die vielleicht noch am Anfang ihrer Berufslaufbahn stehen, von Bio gegebenenfalls schon einmal etwas gehört und Interesse am Ausprobieren sowie Optimieren haben. >>

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Unsere Hoffnung war es, dass sie unserem Projekt trotz einiger Mauern offen gegenüberstehen und uns beim Gießen der Fundamente für die Brücken behilflich sein würden. Schlussendlich waren wir sehr überrascht von der erstaunlichen Resonanz und dem großen Interesse, das unserem Projekt „Brücken bauen“ entgegengebracht wurde: Insgesamt 27 junge Landwirte aus ganz Deutschland haben wir gefunden, die sich bereit erklärt haben, sich den Fragen unseres Interviewleitfadens zu stellen. Auf den nächsten Seiten sind die daraus entstandenen Ergebnisse sowie Erkenntnisse zusammengefasst dargestellt.

Mit unserem Gemeinschaftsprojekt 2015/2016 möchten wir einen Beitrag zur Förderung des Dialogs zwischen einzelnen Vertretern der deutschen Landwirtschaft leisten. Ein „Aufeinander zugehen“ ist unabdingbar - vor allem im Hinblick auf die aktuellen Geschehnisse, die die Landwirtschaft allgemein vor große Herausforderungen stellen: Die extrem niedrigen Milch- und Schweinepreise (v.a. im konventionellen Bereich), TTIP, CETA, um nur einige zu nennen… VON MARIANNE QUELLE

Die Zeitschrift gibt die Wahrnehmungen und Meinungen der Autor*innen (Trainees) wieder und erhebt keinen Anspruch auf „inhaltliche Richtigkeit“.

Trainees und Ausbilder / Projektleitung des Traineeprogramms


Inhalte Sprache In unserer Gemeinschafts-Zeitschrift werden je nach Autor*in unterschiedliche Gender-Formen verwendet. Allerdings wollen wir damit – in welcher Form auch immer – grundsätzliche immer alle Geschlechter ansprechen.

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„Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken.“ Die Ziele und Herangehensweisen unseres Gemeinschaftsprojekts

Der Enkel übernimmt‘s Bärenbachhöfle Der Erlebnisbericht des Interviews bei Michael Kurz

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Medien – Reizthema für die (konventionelle) Landwirtschaft? Eine kritische Betrachtung der medialen Darstellung von Bio und Konventionell

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Bio = logisch? Eine kritische Analyse der gesammelten Meinungen

Die nächste Generation Landwirtschaft Unser Besuch bei der Landwirtschaftsschule Kempten im Allgäu

Dialog wagen Plädoyer für einen sachlichen Austausch auf Augenhöhe

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23 Wir Trainees, Impressum

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Das Traineeprogramm Ökolandbau

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Schluss Worte Ein Résumé unserer Erfahrungen


ein Erlebnis bericht

Der Enkel übernimmt‘s Bärenbachhöfle

Meine Sorgen zeigen sich schon in den ersten fünf Minuten als unbegründet, denn Michael entpuppt sich als ein sehr freundlicher und ruhiger Mensch. Als wir ankommen, werkelt er gerade an dem Bau eines neuen Unterstandes herum. Als wir ihn fragen wo wir das Interview machen wollen, breitet er nur kurz die Hände aus und meint „Hier?“. Für mich als Protokollantin organisiert Jörg mir noch schnell einen klapprigen Plastikstuhl und schon geht es los. Michael fragt uns: „Was macht ihr eigentlich hier?“, „Wieso um alles in der Welt wollt ihr ein Interview über meinen Alltag hier führen?“. Jörg erklärt kurz: „Wir sind Trainees im Ökolandbau und interviewen konventionelle Junglandwirte…“. Michael zuckt zustimmend mit den Achseln und meint: „Na dann, ich hoffe ich kann euch helfen…“, und wir starten das Interview. Michael ist auf dem Hof aufgewachsen und auch während seiner Ausbildung als Landmaschinenmechaniker war er immer an Ort und Stelle. Als 2011 sein Großvater plötzlich nicht mehr in der Lage war, den Hof alleine zu bewirtschaften, war für ihn klar, dass er einspringen wird. Seit 2015 besucht Michael Kurz nun nebenbei die Abendschule für Landwirtschaft. Auf mich wirkt es so, als sei er das Herz und die Seele des Hofes.

E s ist Samstagnachmittag, Anfang März, die Sonne scheint und es wirkt fast so, als hätte sich der Frühling endgültig durchgesetzt. Sowohl für Jörg, als auch für mich, wird das heutige Interview unser Erstes sein, zum Thema: „Brücken bauen zwischen der konventionellen und der biologischen Landwirtschaft“. Ich bin etwas nervös, da ich weiß, dass ich hier mitten auf der schwäbischen Alb als Hessin „dialekttechnisch“ nicht wirklich mithalten kann und wahrscheinlich mehr als einmal das Interview mit einem „Wie bitte…?“ unterbrechen muss. Auch Jörgs Auto, auf dem dick gedruckt „GO VEGAN“ klebt, erscheint mir in Anbetracht der Tatsache, dass das Bärenbachhöfle ein Milchviehbetrieb ist, eine dezente Provokation.

Als ich vorsichtig nachfrage, ob es trotzdem etwas gibt, was er ändern wird, wenn er dann den Hof von seiner Mutter übernimmt, zögert er nicht lange und antwortet: „Ein bisschen wachsen könnten wir schon noch. Ein paar mehr Milchkühe und eine intensivere Düngung, um die Erträge zu steigern, sind meine Ziele“. Die Ausbildung, so sagt er, hätte ihm gerade durch die viele und alltägliche Arbeit auf dem Hof sehr viel gebracht. Zum Beispiel das Thema Leguminosen-Anbau hätte ihm einen neuen Horizont eröffnet. Es scheint ein Thema zu sein, welches Michael bewegt, denn auf einmal wird er energischer und sagt: „Es ist doch so, gerade Milchviehbetriebe verwenden heute hauptsächlich


importiertes Soja als Eiweißfutter für ihre Kühe. Für den Anbau dieses Sojas werden jedoch irgendwo auf der Welt Wälder abgeholzt. Das ist eine Schande, wenn man bedenkt, dass man auf seinen eigenen Feldern, hier vor Ort Ackerbohnen anbauen kann, die die Kühe mit ausreichend Eiweiß versorgen.“ Michaels Meinung zum Leguminosen-Anbau bestärkt mich. Dann können wir jetzt bestimmt die Bio-Fragen stellen. Jörg fängt vorsichtig an: „Das hört sich ja fast nach biologischer Landwirtschaft an, oder?“. Michael zuckt die Achseln und antwortet nach kurzer Überlegung: „Über biologische Landwirtschaft mache ich mir wenig Gedanken. Meine Kühe sind den Sommer über auf der Weide, denen geht es auch nicht schlechter als den Demeter-Kühen im Nachbardorf.“ Vorsichtig hake ich nach „… ja und hast du jemals daran gedacht umzustellen?“ frage ich Michael. „Nein, nie. Wenn ich mir vorstelle, ich dürft meine Äcker nicht mehr mit Pflanzenschutzmitteln bearbeiten, erscheint mir das deutlich zu arbeitsintensiv und ineffizient.“ Nach einer längeren Diskussion wird jedoch klar, dass das, was Michael hemmt, im Grunde die ständige Kontrolle seiner Arbeit von Externen ist. „Ich will mich nicht Jahr für Jahr, Monat für Monat, Tag für Tag für alles rechtfertigen, was ich auf meinem Hof tue. In der Landwirtschaft sollte es um Vertrauen gehen und das kommt meiner Meinung nach mit all ihren Zertifikaten und Kontrolleuren abhanden“ sagt Michael und fährt fort: „Für mich ist eine moderne Landwirtschaft in erster Linie so regional wie möglich. Schon heute verkaufe ich meine Milch und mein Fleisch an die lokale Molkerei und einen lokalen

Schlachter. Wenn ich es in den nächsten Jahren noch schaffen sollte, eigene Ackerbohnen anzubauen, dann bin ich für mich schon ein gutes Stück weiter gekommen. Der Reiz der Landwirtschaft liegt für mich in der Balance zwischen Selbstständigkeit und Verantwortung, die die Arbeit auf dem Hof mit sich bringt.“ >>

„Verliere ich meine Selbstständigkeit durch zu viel Kontrolle von außen, fällt für mich ein Großteil des Reizes an der Landwirtschaft weg.“ Michael Kurz

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Nun kommen wir zu unserer finalen Frage: „Mal angenommen, du würdest 1 Million Euro gewinnen, was würdest du hier ändern?“, fragt Jörg. Michael überlegt einen Moment und antwortet: „Ich würde einen neuen Laufstall für meine Kühe bauen und einige Maschinen kaufen… Wenn das Geld dafür reichen würde“. Ich unterbreche ihn: „Und wenn Geld keine Rolle spielen würde?“. Michael überlegt wieder kurz und meint dann: „Ganz ehrlich? Ich würde trotzdem morgens aufstehen und in den Stall gehen und melken. Ich würde trotzdem meine Felder bewirtschaften.“

Er lebt für den Hof und die Arbeit, die ihn mit ihm verbindet. Daran können Milliarden von Euros nichts ändern. Nach zwei Stunden, einem Interview im Freien unter Sonnenschein und einem netten Spaziergang über das Bärenbachhöfle, fühle ich mich viel besser als vorher. Ich bin Michael dankbar, dass er mir mal wieder gezeigt hat, dass wir eigentlich doch alle für ein einziges Ziel arbeiten: Es geht uns allen doch im Grunde um das Leben und leben lassen, zwischen der Natur und dem Mensch. Und auch wenn die Wege, wie wir dieses Leben erreichen wollen, unterschiedlich sind, so bleibt uns doch immer das gleiche Ziel. VON ANTONIA KOTSCHI

Wem gehört der Hof ? Gesammelte Antworten der 27 befragten Landwirt*innen: Alter

Mein eigener Hof

z. T. mein eigener Hof

k.A.

20–25

26–30

4 1

1

4

bald mein eigener Hof

31–35

1

3

29,6 %

1

1

14,8 %

7

40,7 %

1

nicht mein eigener Hof 1

keine Angabe 18,5 %

18,5 %

>35

29,6 %

11,1 %

1

7,4 %

1

7,4 %

22,2 %


Was würdest du mit 1 Mio. Euro machen? Ich würde mein Weingut umgestalten. … größere Ballenpresse kaufen.

… in Maschinentechnik investieren.

… Schulden tilgen.

… zum Wohle aller einsetzen.

… alles auf den neusten Stand bringen.

… Hofladen …

… weiter machen wie bisher.

… größerer Hühnerstall … … Kuhstall mit genug Auslauf …

… Bauer sein.

… der Tierhaltung zugute kommen lassen.

… was Besseres.

… gar nichts mehr.

… kleiner werden.

… in Direktvermarktung umbauen.

… nicht aufhören.

… Bahamas.

… schickes Haus mit Pool.

… mein Hobby finanzieren.

… Selbstverwirklichung.

gesammelte Antworten aller Interviewten. L A N D W O R T E 7|8

„Ich finde, dass die Akteure der Landwirtschaft, also z.B. die Biobranche und die konventionelle Branche, aufhören sollten sich selbst zu zerfleischen und gegeneinander auszuspielen und stattdessen mehr zusammenstehen und an einem Strang ziehen.“


… geringe re Fruchtbark Boden-­‐ eit ohne Minerald ünger und Klärs chlamm

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… mit Landscha9s-­‐ pflegeverträgen nicht kompa6bel

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arktun

ere …höh ilität stab Preis rämien …P für Flächen

Interesse an Bio? Antworten der 27 befragten Landwirt*innen; graphisch nach prozentualer Häufigkeit der Aussage dargestellt. Von innen nach außen lesen.

g

…noch nicht genug mit beschä9igt

…k.A.


Bio = logisch? Brücken bauen statt Gräben ziehen. Anstatt mit missionarischem Eifer loszuziehen, lieber mit offenen Ohren zuhören, was junge konventionelle Landwirte über Biolandbau wissen und denken. Genau so haben wir unsere Interviews gestaltet und möchten hier einen Teil der gesammelten Meinungen wiedergeben. Die meisten der Interviewten halten die Bewirtschaftung ihrer Betriebe nach biologischen Standards für ausgeschlossen. Neben persönlichen Gründen, wie fehlende Überzeugung von Bio, wurden fachliche Bedenken geäußert. Diese reichen von Kritik am Einsatz von Kupfer zur Pilzbekämpfung bis zur Angst vor drohendem Preisverfall aufgrund eines Überangebots an Bio-Rohware. Auch die allgegenwärtige Flächenknappheit in Verbindung mit hohen Pachtpreisen wurde als Hinderungsgrund genannt. Bei Einigen ist die Umstellung auch aufgrund bereits getätigter Investitionen in Biogasanlagen oder Stallneubauten ausgeschlossen. Trotz dieser Entscheidung gegen die biologische Bewirtschaftung hatten unsere Interviewpartner sich teilweise schon mit speziellen Aspekten des Biolandbaus auseinandergesetzt. Einzelne interessieren sich bspw. für mechanische Unkrautbekämpfung, für symbiotische Pflanzen, Mischkulturen oder den Anbau von Leguminosen. Einer der befragten Winzer wendete bereits bio-dynamische Präparate zur Bodenverbesserung und Pflanzenstärkung an. Persönliches Interesse oder Freunde und Bekannte im näheren Umfeld gaben dabei meist den ersten Impuls. Das Thema Ökolandbau war bei keinem unserer Interviewten in der Lehre fest verankert. Was ist heute noch wirklich Bio? Diskussionen über Bio-Kartoffeln aus Ägypten, in Plastik eingeschweißte Bio-Produkte im Discounter oder über weite Strecken transportierte Bio-Milch sind oft genutzte Beispiele, um die Sinnhaftigkeit von Bio zu hinterfragen und wurden auch in unseren Interviews aufgegriffen. Können aber Umweltschäden durch Transport und Verpackung mit einer umweltschonenden Produktionsweise verrechnet werden? Ist Bio in Wahrheit ein versteckter Klimakiller? Nein, denn CO2 entsteht nicht erst beim Verpacken und

Versenden von Lebensmitteln. Synthetische Dünger und Pflanzenschutzmittel werden unter großem Energieeinsatz hergestellt. Dabei werden fossile Brennstoffe verbraucht und CO2 freigesetzt. Durch den Verzicht auf diese Mittel spart die Bio-Landwirtschaft daher etliche Tonnen CO2 im Jahr ein. Weiterhin verursacht der Anbau von Futtersoja in den Tropen und die damit verbundene Abholzung des Regenwaldes riesige CO2-Emissionen. Die Menge an Bio-Soja ist hierbei verschwindend gering. Diese Punkte sind dem Verbraucher jedoch meist nicht bewusst. Durch dessen zunehmende Entfernung von der landwirtschaftlichen Produktion fängt der ökologische Fußabdruck eines Lebensmittels anscheinend erst da an, wo er es sieht – verpackt im Laden. Ok, aber zurück zur Basis. Was bedeutet Bio für den Landwirt? Oft bedeutet Bio erstmal eins: Mehr Arbeit. Dieser höhere Arbeitsaufwand wurde insbesondere von unserem interviewten Nachwuchs kritisch betrachtet. Zum einen bedeutet dieser gerade für Familienbetriebe meist eine höhere Gebundenheit an den Betrieb und zum anderen treibt er die Personalkosten in die Höhe. Durchschnittlich sind diese bei Bio 1,5x höher als bei konventionellen Betrieben. Diese Mehrkosten werden im Durchschnitt jedoch durch den geringeren Materialaufwand ausgeglichen. Dieser ist nicht zuletzt wegen des Verzichts auf zugekaufte synthetische Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger geringer als bei vergleichbaren konventionellen Betrieben. Warum wirtschaftet jemand überhaupt ökologisch? Unsere interviewten Landwirte nannten hierzu zweierlei Motive: Persönliche Überzeugung der Betriebsleiter und deren Kritik an konventionellen Anbaumethoden, sowie wirtschaftliche Erwägungen (Öko-Prämie, Nutzung anderer Vermarktungsmöglichkeiten). Interessant ist, dass ein Einklang dieser beiden Motive in den allgemeinen Vorstellungen über Bio nicht zu existieren scheint. Woran liegt das? >>

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Skepsis gegenüber Bio

Wer aus Geldgründen umstellt ist nicht Bio!? Tatsächlich wurde festgestellt, dass Landwirte, die aus wirtschaftlichen Beweggründen umstellen, eher wieder zur konventionellen Wirtschaftsweise zurückkehren als „Überzeugungstäter“. Dennoch hilft weder Überzeugung ohne buchhalterisches Geschick, noch Wirtschaftlichkeit ohne Kenntnisse der Grundsätze des Ökolandbaus. Denn diese werden regelmäßig kontrolliert. Früher noch in einer eher „kollegialen“ Selbstkontrolle, heute per Gesetz. Seit 1991 ist der Begriff Bio rechtlich geschützt und genau das ist Teil des heutigen Problems. Denn obwohl viele Elemente der biologischen Landwirtschaft als positiv wahrgenommen werden, wird den Bestimmungen der EG-ÖKO-VO oft Willkür und Sinnlosigkeit unterstellt. Die Kontrollen selbst hingegen werden häufig als zu

schwammig und bürokratisch empfunden. Zumindest in diesem Punkt sind sich konventionelle und ökologische Landwirte einig. Ob das der Bio-Branche nutzt ist dabei eine andere Frage. Spätestens mit der anstehenden Revision der EG-ÖKO-VO könnten sich jedoch auch hier die Karten neu mischen. Wie sieht sie also aus - Die Zukunft von Bio? Auch hier spiegeln unsere Interviews viel öffentliche Meinung wider. Einerseits wird prophezeit, Bio entwickle sich weiter zu einem elitären Marktsegment und bleibe eine lohnende Nische, andererseits heißt es, Bio erweise sich als unrentabel, da die Inlandserträge im Preiskampf mit Importwaren nicht mithalten können. Insgesamt herrscht jedoch die einheitliche Meinung, dass der Bio-Markt weiter wachsen wird. Die offiziellen Zahlen geben dem Recht.


Bio boomt – Aber wird Bio bald die Welt ernähren? Eher nicht. Deutlich wird dies am Beispiel Bundesrepublik Deutschland: Im Jahr 2015 betrug der Bio-Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche 6,4 %, in der gesamten EU waren es 5,7 %. Bio ist also noch weit weg davon die Welt zu ernähren. Zudem herrscht in einer Industrienation – wie der unseren – für Bio ein deutlich zu hoher Fleisch- und Wurstkonsum. Den könnte Bio gar nicht decken. Zusätzlich landen jährlich ca. 11 Millionen Tonnen Essen gar nicht erst auf dem Teller, sondern gleich in der Tonne. Also haben wir nur ein Verteilungsproblem? Nein. Unser Problem ist nicht nur die Verteilung – es ist die Veredelung. Global gesehen besteht keine Nahrungsmittelknappheit; die Lebensmittelindustrie produziert derzeit jährlich Nahrung für 12 Milliarden Menschen. Es gibt also genug. Die Gründe für Hunger sind heute politischer, wirtschaftlicher und soziologischer Natur. Weltweit wird ca. ein Drittel der Ackerflächen genutzt, um den überhöhten Fleischkonsum der Industrieländer, sowie den zunehmenden Fleischkonsum der Schwellenländer zu decken. Die Ärmsten dieser Welt produzieren also landwirtschaftliche Rohstoffe in Massen für den Export und können sich anschließend jedoch eigene Nahrung nicht leisten. Und was ist jetzt die Lösung? Bio? Bio wirkt einigen dieser Effekte zumindest ein wenig entgegen. Als in sich geschlossene Logik der Lebensmittelproduktion ist bspw. die Tierhaltung flächengebunden und daher nicht beliebig erweiterbar. Die

Futtermittel müssen ebenfalls ökologisch angebaut werden und sichern so eine umweltschonende Erstproduktion ohne Gentechnik. Das Ideal der globalen Bio-Landwirtschaft jedoch fordert mehr: Einen Verbraucher, der seine Essgewohnheiten reflektiert und durch eine ausgewogene Ernährung auch zu einer vielseitigen Landwirtschaft beiträgt, gesellschaftliche Verantwortung aller an der Lebensmittelproduktion beteiligten Akteure (keine Schuldverteilung zwischen Landwirten und Kosumenten, oder noch schlimmer zwischen Konventionell und Bio) und politische Entscheidungen, die Landwirten ermöglichen von ihrer Arbeit leben zu können. Was wollen wir der Bio-Branche raten? Nehmt die Leute mit. Gerade die junge Generation unserer konventionellen Kollegen ist nicht von Vorurteilen oder Ablehnung gegenüber der biologischen Landwirtschaft geprägt. Bio wird von vielen als alternative Produktionsweise wahrgenommen. Trotzdem werden viele Aspekte von Bio teils sehr kritisch hinterfragt. Frustrierend ist für die junge Generation vor allem auch die einseitige mediale Darstellung der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft. Die Fragen nach Mainstream oder Nische, die Diskussion um Mehrwerte wie Regionalität, soziale Aspekte und Saisonalität, sowie die Kritik an der zunehmenden Bürokratisierung sind auch in der Bio-Branche aktuelle Themen. Lasst die Öffentlichkeit an unserer Diskussion teilhaben. Bio steht seit seiner Entstehung für Transparenz und Authentizität. Nur wenn wir uns mit Kritik offen auseinandersetzen und uns eingestehen, dass auch Bio noch nicht perfekt ist, können wir diese Werte erhalten. VON LISA KÖNIG

„Ich denke, man muss sich immer alle Optionen offen halten als guter Unternehmer und über den eigenen Tellerrand blicken. Dies ist vor allem wichtig, weil du in Deutschland immer weniger machen darfst. Und vor allem ist Boden nicht vermehrbar.“

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„Bio ist eigentlich keine Alternative, weil man bei Bio so eingeschränkt ist. Man kann bei uns nicht mehr richtig arbeiten, vor allem aufgrund der strikten Auflagen und strengen Regeln. Man müsste den Kühen auch im Winter einen Auslauf bieten und bei vielen Bauern ist das nicht umsetzbar, weil das einfach vom Platz her nicht geht.“


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4% 4%

Viehaltung (Schweine und Kühe) Grünlandbetrieb Weinbau Milchviehbetrieb Ackerbau Gemischtbetriebe

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Betriebsausrichtung der 27 interviewten Landwirt*innen

„Ein anderes Problem ist, dass die Biobranche jungen, konventionellen Landwirten nicht unbedingt Mitgestaltungsmöglichkeiten anbietet, sondern Lösungen vorgibt.“ „Erstrebenswert ist, wenn du im Einklang mit der Natur bist, wenn es den Tieren gut geht und wenn du davon leben kannst – aber das muss nicht Bio sein.“

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Medien – Reizthema für die (konv.) Landwirtschaft? W

ieder ein neuer Skandalbericht über die Landwirtschaft im Fernsehen, in der Presse oder im Internet. Zum Beispiel mit der Schlagzeile: „Verheizt für billige Milch – das Leben der deutschen Turbokühe“ bei „Report Mainz“¹. Als Trainee 1 www.swr.de/report „Trächtige Kühe im Schlachthof – der ökologischen Landwirtschaft lasse Tausende ungeborene Kälber ich mich von solchen Berichterstattungen ersticken qualvoll.“ Abruf am 08.04.2016 nicht aus der Ruhe bringen, sondern setze mich objektiv und auf kritischer Ebene mit deren Inhalten auseinander. Aber wie gehen Landwirte mit diesen Negativschlagzeilen um? Sind die konventionelle und ökologische Landwirtschaft gleichermaßen betroffen? Wie sollten wir reagieren?

Welchen Einfluss haben negative Schlagzeilen auf die Landwirte?

Im Rahmen unseres Projektes haben wir 27 konventionelle Landwirte auch zum Thema Medien interviewt. Die Auswertung der Befragungen zeigt, dass sich mindestens neun der Befragten negativ über die Medien geäußert haben. So sah ein Landwirt das Problem vor allem darin, dass die Medien nur auf Schlagzeilen aus seien und deshalb wichtige Details ausließen. Ein anderer beschrieb es folgendermaßen: „… man fühlt sich durch den Kakao gezogen und schlecht gemacht…“. Selten käme im Fernsehen ein positiver Bericht über die Landwirtschaft. Derselbe Landwirt gab zu bedenken: „An die Medien kommt man nicht ran – die wollen das auch gar nicht.“. Seine Forderungen an eine sachliche Berichterstattung habe er in Leserbriefen an die Medien geäußert, bisher ohne angemessene Reaktion. Ein weiterer Landwirt berichtete, dass bei einem Einbruch in seinen Stall Aufzeichnungen gemacht worden waren, die, in zusammengeschnittener Form, einen angeblichen Missstand in seiner Tierhaltung zeigten. Zudem sind zwei der befragten Landwirte der Ansicht, dass der Biolandbau durch die Medien deutlich positiver dargestellt wird als die konventionelle Wirtschaftsweise. Den Medien zufolge sei nur der Ökolandbau die einzig gute Landwirtschaft.


Wird dem Ökolandbau der mediale Lorbeerkranz aufgesetzt? Nicht wirklich. So haben Tier- 2 www.sueddeutsche.de München: „Herrmannsschützer Anfang des Jahres dorfer Landwerkstätten: „recherchiert“, dass es auch Kritik an der Tierhaltung“ Abruf am 12.04.2016 in der Schweinehaltung der Herrmannsdorfer Landwerkstätten – einem Öko-Vorzeigebetrieb – Probleme mit der Tiergesundheit gibt. Dort würden doch tatsächlich Antibiotika zur Behandlung erkrankter Tiere eingesetzt!² Doch dass auch Ökobetriebe im Rahmen der EU-Öko-Verordnung bzw. der Verbandsrichtlinien unter tierärztlicher Indikation Antibiotika einsetzen dürfen, bleibt unerwähnt.

Wir sitzen alle in einem Boot! Ein kürzlich im NDR gelaufener Bericht der Sendung „Panorama – die Reporter“ mit dem Titel „Die Ramschkälber“ thematisiert den Verbleib von männlichen Kälbern aus Milchviehrassen, die nicht in die Mast verkauft werden können³. Dieser Bericht zeigt Interviews mit Milchviehhaltern, ohne Unterscheidung zwischen ökologischer und konventioneller 3 www.ndr.de/fernsehenPanorama – Die Reporter; Haltung. Weiterhin habe „Die Ramschkälber“ der niederländische LandSendung 514264 wirtschaftsminister bekannt Abruf am 08.04.2016 gegeben, dass an sogenannten Sammelstellen wöchentlich rund 200 Kälber zurückbleiben, die nicht vermarktungsfähig seien. Diese würden geschlachtet oder eingeschläfert. Hierzu eine Anekdote aus meinem Trainee-Alltag: Das Telefon klingelt. Eine Verbraucherin ist am anderen Ende der Leitung. Sie sucht nach einem Biomilchviehhalter, der seine männlichen Kälber eben nicht in die konventionelle Mast verkauft.

Ah ja, denke ich und versuche ihren Ausführungen zu folgen… Ich erkläre ihr, dass es auch im Ökolandbau auf Milchviehhaltung spezialisierte Betriebe gibt und dass es oft nicht wirtschaftlich ist, die männlichen Kälber nach Öko-Richtlinien aufzuziehen. Am Ende des Gesprächs kann ich die Frau tatsächlich an einen Milchviehhalter vermitteln, der so wirtschaftet, wie sie es sich vorstellt… Aber halt - nach dem Gespräch habe ich ein ungutes Gefühl. Die Dame war sehr fordernd, zugleich freundlich und zudem sehr gut informiert. Habe ich da etwa mit einer Journalistin telefoniert? Und das als Trainee in der Beratung für ökologischen Landbau. Mir wird ganz schlecht… Was habe ich daraus gelernt? Schlussendlich war die vermeintliche Journalistin wohl doch nur eine gut informierte Verbraucherin… Dies zeigt aber, wie aufrichtig das Interesse der Verbraucher an der Landwirtschaft sein kann und dass wir dieses Interesse ernst nehmen müssen. Ich finde, wir sollten jede Gelegenheit nutzen, sachliche und vor allem ehrliche Informationen an die Medien weiterzugeben – egal ob Bio oder Konventionell. Gleichzeitig müssen wir aber deutlich machen, dass wir ebenfalls Sachlichkeit und Ehrlichkeit von den Medien erwarten! VON SUSANNE GÖRING

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Besuch in einer Landwirtsc haftsschule

Die nächste Generation Landwirtschaft D

ie nächste Generation von Landwirten steht in den Startlöchern, um die zukünftige Produktion von Lebensmitteln und die Gestaltung der Umwelt zu prägen. Die angehenden Landwirte eignen sich an Landwirtschaftsschulen das nötige Wissen für die Bewirtschaftung ihrer Höfe an. Um unterschiedliche Meinungen zu sammeln und um gemeinsam zu diskutieren, suchen wir das Gespräch mit den Schülern des ersten Semesters in einer ausgewählten Landwirtschaftsschule. Wie stellen sich die Schüler die Zukunft der Landwirtschaft vor? Und wie bewerten sie die ökologische Landwirtschaft?

Die Schüler des ersten Semesters Bei unserer Ankunft in der Schule empfangen uns die Lehrkräfte und die Schüler sehr freundlich. Die Neugier am Traineeprogramm und an unserem Projekt ist groß. Die Schüler stammen überwiegend von Milchviehbetrieben. Die Größe und Ausrichtung der vertretenen Betriebe deckt die gesamte Bandbreite der regionaltypischen landwirtschaftlichen Strukturen ab. Uns bietet sich damit eine interessante Mischung für unser Projekt. Da fünf der 17 Schüler von einem ökologisch bewirtschafteten Betrieb stammen, kommt es innerhalb der Klasse regelmäßig zum Austausch und zu Diskussionen über die konventionelle und ökologische Wirtschaftsweise. Leberkässemmeln und Diskussionen Unser Treffen erstreckt sich über einen ganzen Vormittag – inklusive Brotzeitpause, in der wir von den Schülern zu Leberkässemmeln eingeladen werden. Die Schüler bearbeiten in Gruppen zunächst verschiedene Fragestellungen zu den Themen „Landwirtschaft“, „Landwirtschaft in der Zukunft“ und „Ökologische Landwirtschaft“, präsentieren anschließend die Ergebnisse und diskutieren gemeinsam darüber.

Ab ins Allgäu Auf der Suche nach passenden Interviewpartnern werden wir bei der Landwirtschaftsschule Kempten im Allgäu fündig. Die Schulleitung ist von unserem Projekt „Brücken bauen“ und unserer Idee, eine Zeitschrift zu entwerfen, sofort begeistert. Im Allgäu, einer Grünlandregion, ist die Landwirtschaft überwiegend von der Milchviehhaltung geprägt und die ökologische Landwirtschaft weit verbreitet. Auch im Schulunterricht spielt die ökologische Landwirtschaft eine Rolle.

Pro und Contra Landwirtschaft Für die Landwirtschaft begeistern sich die Schüler vor allem aufgrund ihrer Vielseitigkeit. Besonders schätzen sie den Bezug zur Natur und den Erhalt der heimischen Kulturlandschaft. Aus ihrer Sicht überwiegen deutlich die Vorteile ihres Berufs. Gleichzeitig sind sie sich dessen bewusst, dass unter anderem die enge Bindung an die Hofstelle, die große Abhängigkeit von Politik und Markt, die hohen Anforderungen der Gesellschaft sowie die Hindernisse beim Aufbau von Partnerschaften erhebliche Einschränkungen gerade für junge Menschen bedeuten können.


Die Zukunft der Landwirtschaft Die Schüler streben eine moderne Landwirtschaft an, in der verantwortungsvoll mit Ressourcen umgegangen wird und maximale Tierwohlstandards umgesetzt werden. Intensive Mastbetriebe sowie Umweltbelastungen durch unsachgemäßen Einsatz von Antibiotika, Pflanzenschutz- und Düngemitteln nehmen sie als Problemfelder der konventionellen Landwirtschaft wahr. Die Zukunft der Landwirtschaft – insbesondere in ihrer Region – sehen die Schüler in der regionalen Vermarktung von Qualitätsprodukten. Die Entwicklung ihrer eigenen Betriebe hängt allerdings stark von der politischen Entwicklung, den Erschwernissen durch zunehmende Bürokratisierung und der Entwicklung der Pachtpreise ab. Gleichzeitig wird die Rolle der Landwirte als Ernährer einer stetig wachsenden Weltbevölkerung immer bedeutungsvoller. Bewertung des Ökolandbaus Die ökologische Wirtschaftsweise nehmen die Schüler als nachhaltiges System wahr. Allerdings stellt das aktuelle Wachstum des Bio-Marktes für viele in der Klasse nur eine vorübergehende Erscheinung dar, die mit der aktuellen Kaufkraft der Gesellschaft zusammenhängt. Als Risiken des Ökolandbaus geben die Schüler die Anfälligkeit gegenüber Skandalen in der Bio-Branche und die Begrenztheit des Marktes an. Viele stehen dem strengen Kontrollsystem und der Vielzahl an Vorschriften skeptisch gegenüber. Ein Teil der Schüler empfindet das strenge Kontrollwesen allerdings als wichtiges Instrument zur klaren Abgrenzung von der konventionellen Branche und als notwendige Grundlage zur Erzielung hoher Preise und Erlöse. Die höheren Gewinne sind für die gesamte Klasse aber auch durch den aus ihrer Sicht deutlich höheren Arbeitsaufwand gerechtfertigt.

Unsere Eindrücke Der Ökolandbau ist für die Schüler ein aktuelles Thema, mit dem sie sich auseinandersetzen. Wir als Moderatoren sind beeindruckt, wie offen und tiefgründig die Diskussionen innerhalb der Klasse verlaufen. Für uns war der Besuch ein absolutes Highlight und wir möchten uns hiermit auch herzlich bei der Schulleitung und dem ersten Semester der Landwirtschaftsschule Kempten bedanken! VON KATHARINA SCHRAAG & CHRISTOPH SCHINAGL

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Dialog wagen

Plädoyer einen sac für hlic Austausc hen ha Augenhö uf he

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ie Auseinandersetzung mit dem Thema „Brücken bauen“ im Rahmen unseres Gemeinschaftsprojekts hat uns gezeigt, dass ein unvoreingenommener und respektvoll geführter Dialog mit der Biobranche auch von Vertretern der konventionellen Landwirtschaft grundsätzlich gewünscht und als überfällig angesehen wird. Denn obwohl ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ansprüche an die eigene Arbeit so unterschiedlich sind wie die Landwirte selbst, steht der Berufsstand insgesamt häufig vor den selben Herausforderungen. Vertreter beider Landwirtschaftssysteme können also davon profitieren, sich über gemeinsame Werte und Visionen für die Landwirtschaft der Zukunft zu verständigen. Die Zukunft der Landwirtschaft betrifft jeden von uns. Es ist im Grunde erfreulich, dass die Debatte über die Entwicklung hin zu einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Landwirtschaft seit einigen Jahren so stark an Fahrt aufnimmt. Auf verschiedenen Ebenen und Kanälen wird diese vorangetrieben, sowohl über die landwirtschaftliche Wertschöpfungskette hinweg als auch in den Medien, in politischen Institutionen und nicht zuletzt bei den Verbrauchern. Alle sind sich in vieler Hinsicht einig, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher. Nicht nur in Bezug auf aktuelle Themen wie das Tierwohl müssen sich Landwirte daher zum einen mit vielfältiger, teils auch zu Recht geäußerter Kritik an den Missständen auseinandersetzen. Zum anderen sehen sie sich mit gesellschaftlichen und politischen Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit und moralischer Verantwortung für ihre Arbeit konfrontiert. Die Notwendigkeit vieler dieser Forderungen sehen auch die von uns befragten Junglandwirte. Ein Großteil von ihnen ist jedoch der Ansicht, dass die Diskussion oftmals über die Landwirtschaft hinweg, aber kaum im Dialog mit Landwirten geführt werde. Entfremdung und Polarisierung der Debatte über Landwirtschaft. In diesem Zusammenhang brachten die Befragten in den Interviews häufig das Argument vor, dass zumeist ein verklärtes Bild über die tagtägliche Arbeit von Landwirten in den Köpfen der Menschen vorherrsche. Zudem würden agrarpolitische Beschlüsse selten die realen Bedingungen auf Landwirtschaftsbetrieben berücksichtigen (z.B. in der Tierhaltung), sondern sich vermehrt an diesen vorbei

entwickeln und zu stark an überzogene Ansprüchen der Verbraucher anlehnen. Gesamtgesellschaftlich gesehen fehle heute fast völlig der vormals gegebene praktische Bezug zur Landwirtschaft, wodurch die Distanz zwischen landwirtschaftlicher Urproduktion und breiter Öffentlichkeit als sehr groß empfunden wird. Das fehlende Verständnis für die Bedingungen in den Betrieben und die Sorgen und Nöte der Landwirte werde dabei zusätzlich durch die polarisierte mediale Berichterstattung befördert. Lebensmittelskandale würden zu oft Anlass für Schuldzuweisungen geben und die Debatte emotional aufheizen, wobei eine objektive, konstruktive Auseinandersetzung zwischen allen Beteiligten auf der Strecke bleibe. Betonung der Gegensätze verhindert offenen Dialog. Von Kritik bleibt allerdings auch die biologische Landwirtschaft nicht verschont. Wie konventionelle Betriebe wirtschaften auch Biobetriebe häufig in ähnlichen Maßstäben, Abläufen und Strukturen und sind ebenso den Anforderungen des Marktes unterworfen. Im öffentlichen Diskurs und seitens der Politik werde die Biobranche jedoch in einem besseren Licht dargestellt, so die Meinung einiger Interviewpartner. Das mag vielleicht daran liegen, dass das Image der Biobranche durch eine romantisierte Vorstellung von Landwirtschaft geprägt ist, welche häufig auch so beworben wird. Aber auch durch Werbebotschaften aus dem konventionellen Bereich werden ähnliche Vorstellungen vermittelt, wobei die realen Bedingungen auf landwirtschaftlichen Betrieben in der Praxis jedoch immer wieder von diesen Images abweichen. Beispielsweise kommen auch Biobetriebe oft nicht ohne entsprechend große, „konventionelle“ Strukturen aus, um im Haupterwerb überlebensfähig zu bleiben. Hier gilt es, sowohl die Biobranche, als auch die konventionelle Seite zu einem offenen, ehrlicheren Umgang mit den eigenen Unzulänglichkeiten zu bewegen.


Trainees im Prozess des Projekts

Demgegenüber empfinden viele unserer Interviewpartner die konventionelle Landwirtschaft pauschal vorverurteilt oder gar mit negativen Attributen wie „Massentierhaltung“, „Industrielle Landwirtschaft“, „Agrarfabriken“ usw. belastet. Der – vermeintlich krasse – Gegensatz zum Ökolandbau werde durch diese Art der Rhetorik auch von der Biobranche betont und führe somit zu unnötiger Abgrenzung. Gerade bei Themen wie dem Tierwohl oder dem Einsatz von umstrittenen Mitteln wie Kupfer müsse sich also auch die Biobranche den Vorwurf gefallen lassen, nicht allen selbst gesetzten Idealen oder Grundsätzen nachzukommen. Für viele dieser Themen besteht daher besonders innerhalb der Branche noch weiterer Klärungsbedarf, wobei es nötig erscheint, die Forschung vermehrt in solche Fragestellungen einzubeziehen. In einigen Interviews klang außerdem an, dass sich die Biobranche zukünftig darauf einstellen müsse, von der konventionellen Landwirtschaft hinsichtlich bestimmter Nachhaltigkeitskriterien eingeholt zu werden. Für eine diskursive Annäherung an den konventionellen Landbau sollte sie sich daher mit der Kritik an den eigenen Schwächen offener auseinandersetzen. Diese Art der Reflexion sollte im Gegenzug auch im konventionellen Bereich stattfinden. Insbesondere das häufig vorgebrachte Argument, dass auch in der konventionellen Landwirtschaft nachhaltige Bewirtschaftung von höchstem Interesse sei und sie damit bereits ihre Pflicht erfüllt habe, fördert geradezu kritische Stimmen und regt gleichzeitig dazu an, den Finger in die Wunde zu legen.

Austausch über gemeinsame Werte und Visionen notwendig. Klar ist also, dass zwischen beiden Seiten nach wie vor Vorbehalte existieren. Unsere Befragung zeigt aber auch, dass gerade die junge Generation konventioneller Landwirte keinesfalls vor einer Diskussion über gemeinsame Werte und Visionen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zurückschreckt. Es wurde deutlich, dass sich einige der konventionellen Landwirte für Möglichkeiten der aktiven, konstruktiven Mitgestaltung einer Landwirtschaft der Zukunft aussprechen. Explizit schließt das den Willen zur Verständigung und Zusammenarbeit mit der ökologischen Landwirtschaft ein, möglicherweise beim Ausbau gemeinsamer Forschungsvorhaben. Ohnehin stehen manche Interviewpartner in persönlichem, auch freundschaftlichem Kontakt zu Berufskollegen aus dem Ökolandbau und holen sich Anregungen für die eigene Arbeit ein. Viele sind bereit, ihre Haltung zum Ökolandbau anzupassen, wenn sich dadurch messbare Mehrwerte für die eigene Arbeit, für die Kommunikation mit der Gesellschaft oder im betrieblichen Umfeld erzeugen lassen. Interesse an Ökolandbau seitens der Junglandwirte vorhanden. Einige der Junglandwirte betonen ihr Interesse, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten zukünftig näher mit den grundlegenden Prinzipien des Ökolandbaus auseinander zu setzen und entsprechende Maßnahmen im eigenen Betrieb zu erproben. Verschiedene Maßnahmen in diese Richtung setzen einige Interviewpartner nach eigenen Angaben bereits mit Überzeugung und Erfolg um. >>

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Sie greifen dabei teils auch auf agrarökologische Methoden zurück, die im Ökolandbau häufig breite Anwendung finden. An dieses Interesse – gewissermaßen ein Grundstein für den Bau der Brücke – könnte und sollte die ökologische Landwirtschaft anknüpfen, um die junge Generation konventioneller Landwirte für ihre Ansätze und Ideale zu begeistern – Attraktivität und Nachvollziehbarkeit der Maßnahmen vorausgesetzt. Wichtig zu betonen ist zudem, dass viele der Befragten eine Würdigung von Einzelmaßnahmen im gegenseitigen Diskurs mit der ökologischen Landwirtschaft zwar vermissen, sich aus eigener Überzeugung jedoch um Schritte für nachhaltige landwirtschaftliche Erzeugung bemühen. Betriebswirtschaftliche Bedenken im Vordergrund Gleichzeitig lehnen die meisten Befragten eine gesamtbetriebliche Umstellung vor dem Hintergrund aktueller Rahmenbedingungen im Biobereich ab. Eine grundsätzliche Befürchtung bezieht sich auf langfristig schwer abschätzbare Entwicklungen im Biomarkt und einen möglichen Preisverfall von Bioprodukten durch höhere Umstellungsraten. Betriebswirtschaftliche Bedenken stehen als Umstellungshindernis dementsprechend an erster Stelle. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn die Umstellung zum Ökolandbau erfordert oftmals erhebliche Investitionen sowie Umstrukturierungen des Betriebes und von Arbeitsabläufen. Es ist zudem wichtig anzumerken, dass die Tätigkeit in der Landwirtschaft nicht bloß als irgendeine Arbeit, sondern als grundlegende Lebenseinstellung gesehen werden kann, mit welcher unweigerlich auch die Existenz von Landwirten und ihren Familien verbunden ist. Gemeinsamkeiten betonen, Differenzen beilegen Das Arbeiten mit den Gesetzmäßigkeiten der Natur ist aber sowohl für den ökologischen als auch konventionellen Landbau grundlegend für den betrieblichen Erfolg. Auch wenn also beide Landwirtschaftsformen auf Grundlage unterschiedlicher Ansätze wirtschaften, ist ein entschiedenes Eintreten für Umweltbelange im gesamten Landwirtschaftsbereich unerlässlich für die nachhaltige Produktion von Lebensmitteln, die uns alle ernähren. Im besten Fall sind damit Umweltleistungen sowie positive Beiträge im sozialen und wirtschaftlichen Bereich von ländlichen Regionen verbunden. Wenn auf diese Weise zusätzlich Werte erhalten bzw. erneuert werden können sich die Vertreter beider Seiten auf diese verständigen und gemeinsam daran mitwirken, Verantwortung für die Landwirtschaft der Zukunft zu übernehmen, dann ist für den Dialog und den Abbau von gegenseitiger Abschottung schon viel gewonnen. Nicht zuletzt könnte sich damit vielleicht

auch die Debatte über Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft durch den sachlichen Austausch der Vertreter beider Landwirtschaftssysteme entspannen und würde emotional geladenen, gegenseitigen Anschuldigungen den Wind aus den Segeln nehmen. Anregung zu konstruktivem Dialog auf Augenhöhe Wir als Trainees in der Biobranche möchten anregen, in konstruktiven Austausch auf Augenhöhe mit Berufskollegen beider Seiten zu treten. Vielversprechend ist, dass ein großer Teil der Interviewten, als Vertreter für die junge Generation konventioneller Landwirte, bereit ist, sich mit der ökologischen Landwirtschaft zu befassen. Diese bietet in ihrer Grundkonzeption bereits viele Lösungsansätze, die sich über die Jahre der gründlichen Erprobung hinaus bewährt haben und nachweislich dem Ideal zukunftsfähiger, nachhaltiger Landwirtschaft nahe kommen. Um die Dialogbereitschaft zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft zukünftig zu erhöhen, sollte das notwendige Vertrauen nicht durch gegenseitige Konfrontation leichtfertig verspielt werden. Es sollte sich eine Diskussionskultur etablieren, in der unterschiedliche Ansichten und Ansprüche nebeneinander bestehen können, ohne pauschal mit Relativierungen oder bloßstellenden Begrifflichkeiten zurückgewiesen zu werden. Diese Art der Abgrenzung, die einen echten Dialog immer wieder zu behindern scheint, ist zumindest unter den von uns befragten Junglandwirten weitgehend überholt. Die bisherige Distanz zwischen Ökolandbau und konventioneller Landwirtschaft – an der, genau betrachtet, auch die Ökobranche ihren Anteil haben mag – gilt es also zukünftig zu überwinden. Eine Handreichung der beteiligten Akteure auf beiden Seiten ist angebracht und sollte möglichst rasch in einen Dialog münden, welcher die drängenden, existenziellen Fragen im fachlichen, marktwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich konkret benennt. Nur dann ist eine konstruktive und unvoreingenommene Auseinandersetzung zwischen beiden Parteien möglich. Das ist zwar sicher ein langwieriger Prozess, im Ergebnis aber lohnend. VON RAPHAEL SCHÄFER


„Den Menschen müsste klargemacht werden, dass unsere Landwirtschaft sie ernährt. Machen wir in Deutschland alles zu Bio, liegt in den Regalen der Supermärkte eben nur noch der Kram aus dem Ausland!“

17 Landwirte (Einige Interviewpartner leben zusammen auf einem Hof, einige haben auf eine Ortsangabe verzichtet) 25 Trainees

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Autor*innen

Wir bedanken uns bei den teilnehmenden Unternehmen sowie dem Konzeptionsteam des Traineeprogramms, welche das Thema begleitet und die Arbeit ermöglicht haben.

Beispiel: Name Trainee Studienrichtung Partnerorganisation Aufgabenbereich

Jonathan Schweikle M. Sc. Agrarwissenschaften lehmann natur GmbH Qualitätsmanagement / Permakultur Projekte

Amelie Schilling B.Sc. Lebensmitteltechnologie Byodo Naturkost GmbH Qualitätsmanagement

Jule Metterhausen B.Sc. Agrarwissenschaften Chiemgauer Naturfleisch GmbH Einkauf

Anke Nemitz M.Sc. Ernährungswissenschaften Alnatura Produktions- & Handels GmbH Qualitätsmanagement

Katharina Schraag M.Sc. Agribusiness Bioland e.V. Qualitäts- und Herkunftssicherung

Anna Kohnle Dipl. Biologie Netzwerk Blühende Landschaft; Beratung / Organisation / Verkauf / Veranstaltungen

Kira von Knoop Dr. sc. agr. tegut…gute Lebensmittel! Qualität und Umwelt

Annika Sophie Emmler B.A. BWL und Nachhaltigkeitshumanwissenschaften; Bohlsener Mühle GmbH & Co. KG; Marketing

Lisa König M.Sc. Food Science and Engineering ABCERT AG Fachreferentin Abteilung Verarbeitung

Antonia Kotschi B.Sc. Ökonomie und Sozialwissenschaften (PPE); Naturkost Ernst Weber GmbH Einkauf / Verkauf / Kundenkommunikation

Marianne Quelle B.A. BWL - Food Management Vollkornbäckerei Köhler e.K. Marketing und Kundenbetreuung

Ariane Wagner Dipl. Biologie Biofrisch Nordost GbR Vermarktung Großhandel

Milena Schulz M.Sc. Umweltwissenschaften Naturland Fachberatung Nord/West Erzeugerberatung

Christine Brenner M.Sc. Ökologische Agrarwissenschaften; Demeter e.V.; Redaktion Lebendige Erde

Natalie Becker Dipl.- Ing. Gartenbau / M.Sc. Agrarwissenschaften SÖL; Projektassistenz, -management, Events

Christoph Schinagl M.Sc. Agrarwissenschaften Bioland Erzeugerring Bayern e.V. Erzeugerberatung Milchvieh / Grünland

Nathalie Auer B.Sc. Oecotrophologie Alnatura Produktions- und Handels GmbH Produktmanagement Strategie

Hanna Neuser M.Sc. Organic Agriculture and Food Systems; IMO Institut für Marktökologie GmbH; Zertifizierung

Raphael Schäfer M.Sc. Organic Agriculture and Food Systems ErdmannHAUSER; Verarbeitung / Bio-AHV

Hanno D. Vetter M.Sc. Öko-Agrarmanagement KULAU GmbH Vertrieb

Stephanie Laux M. Sc. Ernährungswissenschaften Alnatura Produktions- und Handels GmbH Verbraucherservice

Jette Wagner B.A. Visuelle Kommunikation mërzpunkt | umweltorientierte Designagentur Kommunikationsdesign

Susanne Göring M. Sc. Agrarwissenschaften Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Beratung ökologische Milchviehhaltung

Jörg Albrecht M.Sc. Umweltmanagement KORNKREIS Erzeugergemeinschaft GmbH Assistenz der Geschäftsführung

Tim Griesbach B.Sc. Lebensmitteltechnologie Vermarktungsgesellschaft Gut Wilhelmsdorf mbH; Molkereiplanung

HERAUSGEBER: FiBL Projekte GmbH, Kasseler Str. 1a, 60441 Frankfurt am Main


Durchführung und Koordination Traineeprogramm Ökolandbau: FiBL Projekte GmbH, Projektbüro Traineeprogramm

Was ist das Traineeprogramm? • • •

einjähriges, berufsbegleitendes Ausbildungsprogramm für den Fach- und Führungskräftenachwuchs der Biobranche Mischung aus Training on-the-job in einem Unternehmen der Biobranche und Training off-the-job (überbetriebliche Ausbildungsseminare) Anstellung bei der FiBL Projekte GmbH; nach der Traineezeit entscheiden Unternehmen und Trainee über die Übernahme

Wer kann Ausbildungsunternehmen sein? Unternehmen und Organisationen aus der gesamten Wertschöpfungskette des Biobereichs wie z.B. : • Unternehmen der ökologischen Lebensmittelerzeugung, -verarbeitung und des Handels • Verbände und Erzeugergemeinschaften • Ökokontrollstellen • Ökoberatungseinrichtungen • Forschungseinrichtungen und weitere Branchendienstleister Wer kann sich als Trainee bewerben? Interessierte Berufseinsteiger vorwiegend aus den Studiengängen Agrarwissenschaft, Gartenbau, Ernährungswissenschaft, Lebensmitteltechnologie oder Betriebswirtschaft mit abgeschlossenem Studium oder vergleichbarem Abschluss Teilnahme Unternehmen, die einen Trainee ausbilden möchten, bewerben sich bis zum 30. April. Ab 1. Juni finden interessierte Absolventen unter www.traineeprogramm-oekolandbau.de alle offenen Stellen im Traineeprogramm. Weitere Infos www.traineeprogramm-oekolandbau.de Oder rufen Sie uns an: 08 21 - 34 68 01 61

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Ein herzliches DANKESCHÖN gilt der Das Traineeprogramm Ökolandbau wird im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) durchgeführt. Die Geschäftsstelle des BÖLN befindet sich in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

durch deren Spende die professionelle Umsetzung ermöglicht wurde.


Schluss Worte Unsere Zeitschrift geht hier leider schon zu Ende. Damit rückt das Ende unserer Traineezeit ein wenig näher. Ein guter Zeitpunkt um einen Blick zurück zu wagen… Wie ist es den Interviewer*innen eigentlich ergangen? Für einige von uns war es eine Premiere in die Rolle des Interviewers zu schlüpfen. Andere kannten diese Situation schon aus dem Studium z.B. beim Hochschulradio. Die Akquise und die Beziehung zu den Befragten waren sehr unterschiedlich. Zum Teil kamen die Kontakte über die Partnerorganisationen zustande, weiterhin durch Internetrecherche und teilweise handelte es sich um Kollegen aus der Ausbildung. Dementsprechend spannend und auch emotional beseelt war der Austausch. Für viele von uns war es eine Situation, in der man sich selbst ein bisschen ausprobieren konnte, nicht selten verbunden mit einem großen Schritt aus der Komfortzone. Wir haben die Interviews als eine herausfordernde Art der Gesprächsführung erlebt, in der es schwierig war nicht in direktive Fragetechniken zu verfallen. Im Alltag glauben wir oft zu wissen, was andere denken und in ihnen vorgeht. Als Interviewer*in merkt man, dass es sehr wichtig ist, neutral zu bleiben und andere Meinungen gelten zu lassen, auch wenn die eigene Überzeugung eine ganz andere ist. Die Fähigkeit sich zurückzunehmen und zuhören zu können ist hier klar von Vorteil. Der Landwirt steht während der Dauer des Interviews im Mittelpunkt, nicht wir. Interviewen ist nicht einfach nur „Fragen stellen“, Interviewen sollte vorbereitet werden und bedarf der Selbstdisziplin um nicht ins Widersprechen oder Urteilen zu verfallen. Als Interviewer*in bestimmen wir ebenso das Gesprächsklima, und dieses ist letztlich entscheidend für die Offenheit des Befragten.

Die Landwirtschaft der Zukunft – Wie soll sie nun aussehen? Geht es wirklich so sehr um die Entscheidung zwischen bio oder konventionell? Nicht unbedingt; eher um die Möglichkeit zum offenen Dialog in geschütztem Rahmen. Erstrebenswert ist eine gleichermaßen objektive wie wissenschaftliche Betrachtung der gemeinsamen Probleme und möglichen Lösungsansätze. Ziel dieses Austausches könnte sein, zusammen eine gesellschaftlich akzeptierte Form der Landbewirtschaftung zu definieren und einen vorausschauenden sowie verantwortungsbewussten Umgang mit natürlichen Ressourcen anzusteuern. Das Interesse der konventionellen Junglandwirte an den Praktiken des Ökolandbaus scheint groß zu sein. Vor allem von Auszubildenden werden solche Themen nachgefragt. Hier gibt es noch Potenzial für den fachlichen Transfer. Die Interviews haben uns gezeigt, dass die Landwirte verstanden werden möchten und durch das Schwarz-Weiß/Gut-Böse-Denken in eine schwierige Situation gebracht werden. Auch konventionellen Landwirten sind das Wohl und die Gesundheit ihrer Tiere wichtig und sie üben ihren Beruf mit Stolz und Freude aus. Der Ökolandbau ist eine erstrebenswerte Form der Landnutzung und Betriebsführung. Da sind sich alle einig. Mit der geplanten Neufassung der europäischen Öko-Verordnung gefährdet die EU-Bürokratie die Weiterentwicklung des Ökolandbaus in ganz Europa. Hinzu kommt, dass nicht nur die medial ausgeschlachteten Skandale, sondern auch schwarze Schafe an der Glaubwürdigkeit der Branche rütteln lassen und öffentliches Misstrauen gegenüber dem Ökolandbau schüren. Ferner vermittelt ein fast schizophrenes Konsumverhalten des Endverbrauchers einen völlig falschen Eindruck seiner Erwartungen an Landbau und Tierhaltung. VON NATALIE BECKER


Stimmen der Interviewer*innen: „Es hat riesig Spaß gemacht, wir haben viel gelacht bei den Interviews.“ (Susanne) „Es hat mir gefallen, weil man hinter die Kulissen dessen schaut, was oft viel zu vereinfacht und pauschalisiert in den Medien kommuniziert wird.“ (Anna) „Der Gesprächspartner wird sehr viel offener, wenn ich ihn respektiere.“ (Amelie) „Überall wurde ich freundlich aufgenommen und die Landwirte nahmen sich die Zeit alle Fragen zu beantworten.“ (Christine) „Ich habe gelernt, dass Zuhören und Wertschätzen einer anderen Meinung wichtig sind für das gegenseitige Verständnis.“ (Milena)

„Generell finde ich dieses Projekt des Traineeprogramms 2015/16 ziemlich gut, weil dann auch mal gezeigt wird ‚Hey der blöde konventionelle Landwirt macht sich ja auch Gedanken.‘ Es muss künftig mehr Leute wie euch geben, die den Dialog zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft suchen und Gemeinsamkeiten herausarbeiten.“

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Was motiviert Sie als Landwirt zu arbeiten?

Wie wirtschaftet man erfolgreich als Betrieb?

Wie ist Ihr Betrieb organisiert?

Wie stehen Sie zu der in der Öffentlichkeit geführten Debatte über Ökolandbau? Was ist für Sie sinnvolle und erstrebenswerte Landwirtschaft?

Inwieweit sollte sich die Politik in die Landwirtschaft einmischen?

Unter welchen Umständen ist eine biologische Bewirtschaftung möglich?

Wo sehen Sie Ihren Betrieb in 10 Jahren?

Wie funktioniert moderne Landwirtschaft?

Stellen Sie sich vor Sie gewinnen 1 Mio. Euro – was würden Sie anders machen?


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