KunstEINSICHTBern Nr. 6

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Schlachthaus Theater Bern

«SIE SIND ALSO METZGERIN?»

3,2,1 ... meins? Drei Länder, drei Theatersysteme: mit dem Schlachthaus bin ich in der Schweiz und in der freien Szene angekommen. Angekommen? Das ist man ja nie im Theaterleben, vielmehr ist es ein Weg, eine Reise, und das Schlachthaus eine Station. «Eigentlich gehst du den Weg ja falsch rum – oder …?!» hörte ich des Öfteren im letzten Jahr und muss dies immer noch entschieden verneinen. Das Anspruchsdenken des «Kulturtankers» RuhrTriennale steckt noch immer in mir – das war am Stadttheater so und ändert sich auch für die freie Szene nicht. So ist es nicht verwunderlich, wenn ich dem einen oder anderen (Journalisten-)Kollegen etwas zu sehr auf die Füsse trete und nur schwer verstehen kann, warum nicht jede Woche ein riesengrosser Artikel übers Schlachthaus erscheint und nicht mindestens einmal die Woche Fernsehen und Radio eine Sondersendung bringen wollen: Ja, warum denn eigentlich nicht? Spannende, relevante, provokative, unterhaltsame Themen haben wir genügend. Die Strahlkraft des Schlachthauses als Leuchtturm der freien Szene weit über die Schweizer Grenzen hinaus ist gross. Schon im Studium in Bochum sagte man uns: «Bern hat ein Schlachthaus, da solltest du mal hin!» Das Bewusstsein und die Kenntnis in der eigenen Stadt scheinen bei den Bernerinnen und Bernern und «ihrem Schlachthaus» noch ausbaufähig. Nur so kann ich mir erklären, dass der Arzt im Notfallzentrum mich irritiert ansah und fragte: «Schlachthaus? Sie sind also Metzgerin?» Verwöhnt und motiviert durch meine Erfahrungen mit bisherigen Publikümern fällt es mir immer noch schwer zu verstehen, wie Bern und «seine Publikümer» funktionieren. Wie könnte man die interessierten, aber eben dann doch noch nicht erreichten Zuschauerinnen und Zuschauer finden? Wo versteckt sich dieses Publikum? Eine spannende Aufgabe und eine grosse Herausforderung. «Wir zeigen‘s euch» steht als Motto auf unserem ersten und zweiten Spielzeitheft der Saison 14/15 und genau das wollen wir. Wir benötigen dafür natürlich Vertrauen und Unterstützung – seitens

unseres bestehenden, aber auch seitens unseres zukünftigen Publikums, der Politik, der freien Gruppen, der Presse, der Kolleginnen und Kollegen. «Wir zeigen´s euch» ist keine Drohung, es ist vielmehr ein Versprechen, eine Einladung. Ich bin gespannt, wie viele ihr in der Zukunft neu folgen werden. Anna Röckl, Öffentlichkeitsarbeit Schlachthaus Theater Bern

Anna Röckl, 1980 in Göttingen / Deutschland geboren, studierte Theaterwissenschaft , Geschichte und Pädagogik in Bochum. Sie war 2003 bis 2006 unter Gerard Mortier und Jürgen Flimm in der Pressestelle der Ruhr Triennale tätig und wechselte 2007 als Leiterin PR & Öffentlichkeitsarbeit ans Schauspielhaus Graz. Seit Beginn der Spielzeit 2014/15 ist sie am Schlachthaus Theater Bern für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Anna Röckl Foto: Rob Lewis


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