Kunsthallekleinbasel 1

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kunsthallekleinbasel

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kunsthallekleinbasel 1 Jasmin Glaab (Hg.)

Erschienen 2015 Amsel Verlag Z端rich ISBN 978-3-9523960-9-4


Inhaltsverzeichnis 4

Zum Projekt

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Lysann König

8 Sweeterland 10

Léandre Thiévent

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Dominik Wullimann

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Christian Mueller

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Yvonne Good

18 Kleinkunstmarkt 20

Silvio Grimm

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Öffentliche Besprechung

23 Impressum


Zum Projekt Das Ausstellungsprojekt kunsthallekleinbasel wurde im Juni 2014 von der Künstlerkuratorin Jasmin Glaab ins Leben ge­rufen. Glaab betreibt den Ausstellungsraum, betreut die Homepage des Projektes und ist verantwortlich für das Ausstellungsprogramm 2014.

Basel, welcher selbstragend funktioniert und nicht von öffentlichen Geldern und Kulturförderbeiträgen abhängig ist. Dies folgt nicht zuletzt dem Bedürfnis, die Rahmenbedingung in denen aktuelle künstlerische Tendenzen debattiert werden, autonom zu generieren.

Das Projekt funktioniert selbsttragend und unabhängig vom institutionalisierten Kunstbetrieb. Im Zentrum steht die Kooperation zwischen freischaffenden KünstlerInnen und Publizierenden. Ziel ist es, kunsthallekleinbasel als autarke Diskursbühne zu etablieren.

Text: Jasmin Glaab Basel, 2014

Im Rahmen des Ausstellungsprogramms 2014 findet an jedem ersten Sonntag im Monat ein zehnstündiges Ausstellungsereignis statt. Die KünstlerInnen sind während der gesamten Dauer ihrer Ausstellung stets anwesend und dazu aufgefordert, die Ausstellungsereignisse in Kooperation mit weiteren Kunstschaffenden und Publizierenden zu gestalten. Im Rahmen der Ausstellungen finden Konzerte, Performances, Interventionen, Künstlergespräche und Diskussionsrunden statt. So variiert die Atmosphäre bei jedem Ausstellungsereignis, je nach Programm und anwesenden AkteurInnen: nach Bedarf zwischen Galerieatmosphäre, Bühne, Stammtisch oder Klub. Zentrales Anliegen und Beweggrund zur Lancierung des Projektes ist das Bedürfnis nach einem off-space für bildende Kunst, Performance und zeitbasierte Medien in

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Jasmin Glaab (*1988, Frankfurt am Main) hat an der Fachhochschule in Basel das Studium der bildenden Kunst absolviert. 2014 erlangte sie den Master Art Education (ausstellen & vermitteln) an der Zürcher Hochschule der Künste. Glaab lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin und Kuratorin in Basel.


AUSSTELLUNGSDATEN 1.6.2014 Lysann König (BS) 22.6.2014 Sweeterland (ZH) 6.7.2014 Léandre Thiévent (JU) 3.8.2014 konspirative Pause 7.9.2014 Dominik Wullimann (BS) 5.10.2014 Christian Mueller (BS) 2.11.2014 Yvonne Good (ZH) 23.11.2014 Kleinkunstmarkt 7.12.2014 Silvio Grimm (BS)

ÖFFNUNGSZEITEN zehn Stunden jeweils am 1. Sonntag des Monats von 14:00 – 24:00 Uhr

ADRESSE kunshallekleinbasel c/o Jasmin Glaab Sperrstrasse 7 CH - 4057 Basel www.kunsthallekleinbasel.com

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Lysann König (BS)

Lysann König TO DO LIST: 1.6.14 | 14 – 24 Uhr Begleitprogramm: SPU Melbe (DJ) Tirez sur le Pianiste (Piano) Side Project: Silvia Studerus und Lena Lengsfeld (BS)

TO DO LIST: Im Rahmen ihrer Rauminstallation TO DO LIST: untersucht die Künstlerin Lysann König Listen. Unser Alltag ist gekoppelt mit Listen. Wir schreiben uns Dinge auf: Erinnerungen, Aufgaben, Ziele, Wünsche, Bedürfnisse und Träume. Doch was wenn wir diese Listen materialisieren und veröffentlichen? Es interessiert der Moment der Reflektion darüber, ob und was davon tatlächlich umgesetzt wurde. In der Kunsthalle Kleinbasel startet König ihr Lebensprojekt.

Ausstellungsbesprechung: Katja Willi Fotografie: Jasmin Glaab

ERÖFFNUNG DER KUNSTHALLEKLEINBASEL Text: Katja Willi Zürich, 2014 TO DO: In einer Punkband singen, wieder mal tanzen, zum Beispiel Merengue oder Tango, einen DNA-Test machen. NOT TO DO: Kapitalismus für gut befinden, zuviel unnötigen Krimskrams ansammeln, keine Empathie empfinden. An Zettelchen baumeln sie an einem Bäumchen, auf Blättern und Packpapier kleben sie an der Wand, in einem aufgeschlagenen Buch liegen sie da und in grossen Lettern prangen sie hoch oben an der Wand – die TO DO Listen und die NOT TO DO Listen der Künstlerin Lysann König. Sie sind Teil ihres langfristigen künstlerischen Forschungsprojektes, indem sie den TO DO Listen, die der Mensch immer wieder erstellt, nachgehen will. Welche Dinge notieren wir uns und wie? Wo platzieren wir die TO DO Listen? Wie oft und in welchen Momenten schauen wir sie an? Was sagt dies über unsere emotionalen Vorlieben und unsere kognitiven Strukturen aus? Lysann beobachtet auch ihre eigenen TO DO Listen: Was hat sich verändert, was war mir damals wichtig oder dringlich, was heute nebensächlich oder in Vergessenheit geraten ist, was habe ich umgesetzt? Der prozesshafte Charakter dieser Listen widerspiegelt sich in der künstlerischen Form der Performance. Herumliegende Post-it Zettel und Schreibstifte veranlassen den Zuschauer dazu, seine eigenen TO DO’s an die Wand zu heften. Lysanns Performance eröffnete die kunsthallekleinbasel, welche Jasmin Glaab kuratiert. Jeden letzten Sonntag im Monat wird es fortan eine Veranstaltung mit jeweils einem Hauptkünstler, einer Hauptkünstlerin geben. Ge6

zeigt wird dabei schwerpunktmässig Performancekunst. Glaabs Konzept ist es, eine dynamisch-interaktive Ausstellungskultur zu betreiben. Der Zuschauer soll in das Werk eingebunden werden, daran partizipieren und im Ausstellungsraum verweilen. Dadurch dass letzterer das umfunktionierte Wohnzimmer der Kuratorin ist und man sich als Besucher auch in Küche, Gang und auf dem Gartenvorplatz aufhalten kann, erlebt man diese Veranstaltung als aussergewöhnliches Ereignis in einer vertrauten, scheinbar alltäglichen Umgebung, die ausstrahlt: «Nimm‘s mit Gemütlichkeit»! Jasmin stellt die Zuschauer einander vor, ich lasse mich ins Sofa neben dem Küchentisch plumpsen, rede über die Materialität von Pfeilbogen, schnappe mir einen Teller selbstgemachtes Couscous, höre mir draussen Reisegeschichten aus Lichtenstein an, dazu ein Zigarettchen, bis wir gerufen werden – Konzert! Die Besucher sitzen am Boden, an die Wand gelehnt, im Schneidersitz, am Bier nippend, gebannt von einem jungen Jazzpianisten, der so anmutig in die Tasten greift und so virtuose Melodien erklingen lässt, dass es ganz still wird und man schleichend auf Socken den Raum betritt oder verlässt. Nach dem Konzert verabschieden wir uns, tauschen noch einige Kontakte aus und verlassen mit einem Gefühl von Erfüllung den Raum. Die Strasse scheint irgendwie verwandelt oder bin das ich?


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Sweeterland (ZH)

HEUTE GIBT ES NICHTS ZU SEHEN

Sweeterland (ZH) HEUTE GIBT ES NICHTS ZU SEHEN 22.6.14 | 13 – 18 Uhr

Ein Schild mit der Aufschrift: «Heute gibt es nichts zu sehen», prangt vor dem Eingang der kunsthallekleinbasel. Was auf den ersten Blick durch die Negation vielleicht leicht abweisend wirkt, ist im Grunde ein Versprechen auf eine visuelle Pause. Im Kontext der Kunstmessen in Basel, in dem kunstökonomische Werte vertreten werden, kocht, tischt, serviert und wäscht Sweeterland unentgeltlich ab. Ein Dienstleistungsbetrieb, welcher Vergänglichkeiten wie «einen aufs Heute begrenzten Raum des Verweilens» und «das Decken von körperlichen Bedürfnissen mit bis morgen verdauter Speise» anbietet.

Sweeterland sind Yvonne Good, Dominik His, Matthias Käser, Elena Könz, Judith Weidmann Ausstellungsbesprechung: Jasmin Glaab Fotografie: Jasmin Glaab

INTERVIEW MIT DREI BETRACHTERINNEN Interview: Jasmin Glaab (Auszug) Basel, 2014

B1: «Weisse Wände und ein rotes Tischtuch - kariert - tolle Leute und sehr gutes Essen.»

B3: «Also Betrachter Nr. 3 heisst Mickonis. Ich muss nicht anonym bleiben. Gesehen habe ich nicht so viel, denn es hat ja nichts zu sehen. Das ist ja das Motto der Ausstellung, man sieht nichts. Aber dafür hat es etwas zu essen gegeben und das Essen war im Gegensatz zu dem was man normalerweise bekommt - im Laden, im Kaufhaus, im Schnellrestaurant überall links und rechts, auch anscheinend in den Mensen der Kunsthochschulen - wahrnehmbar. Im Gegensatz zum üblichen Essen was nicht mehr wahrnehmbar ist, weil das eine wie das andere schmeckt, oder beziehungsweise gar nicht schmeckt. Auffallend zunächst einmal die Suppe, die sehr schmackhaft ist, aber dann noch getoppt von dem - was ist es - Ziegenmilch?»

JG: «BetrachterIn Nr. 2, was hast du heute gesehen?»

JG: «Zieger.»

B2: «Ich habe gesehen, meinen lieben Freund, BetrachterIn Nr. 3. Wir haben uns ausgetauscht über Gott und die Welt und wurden verköstigt zwischendurch. Sehr köstliches Essen, dass wir hier geniessen durften. Da kommen wir gerne wieder. Und «easy on the eyes», also wenn mann jetzt bedenkt mit welcher Mediokrität wir bombardiert wurden heute Nachmittag an der ART, dann ist die Art von Kunststreik sehr wohl nachzuvollziehen, weil mangels Alternativen - wir sind ja jetzt bei der Alternative des Molotov-Cocktails angelangt - und wir debattieren gerade darüber, über Sinn und Unsinn von Steinewerfen oder was die Zukunft der Steinewerfer ist. Wir debattieren über die Möglichkeiten von Stühle ansägen und wir sind ein bisschen Schlauer geworden, wo eigentlich unser Geld geblieben ist, wo das abfällt. Aber für den Rahmen würde ich sagen auch das zweite Mal sehr gelungen, gelungene Veranstaltung hier. Mag ich.»

B3: «Zieger-Lassi, mit Ananas, oder? Was zunächst einmal beim Ansetzten des Glases furchtbar stinkt und dann erst sein angenehmes Aroma entfaltet. Ganz besonders dieses Lassi war insofern eindrücklich, weil es zunächst einmal einen sehr unangenehmen Geschmack verbreitet über die Nase, beim Ansetzten des Glases und da muss man sich nützlicherweise, gesunderweise, interessanterweise überwinden um den Schluck zu machen. Und beim eigentlichen trinken entfaltet sich das Getränk auf sehr angenehme Weise, wiederum weil es nicht überzuckert ist! Und diese Kombination des Unangenehmen durch den Zieger und des Angenehmen von dem was nachher kommt - inklusive der zerbröselten Eiswürfel - inauguriert von Neuem das Schmecken, dass uns durch die Industrialisierte Nahrung allmählich verloren geht. Dot. Com.»

Das Interview wurde am 22. Juni von Jasmin Glaab mit drei AusstellungsbesucherInnen geführt. Das Gespräch fand direkt im Anschluss an die Veranstaltung und im Ausstellungsraum statt. JG: «Liebe Besucherin Nr. 1, was hast du heute gesehen?»

JG: «Danke! BetrachterIn Nr. 3, was hast du heute gesehen?»

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JG: «Merci!»


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Léandre Thiévent (JU)

OKTAVE 0

Léandre Thiévent OKTAVE 0 6.7.14 | 14 – 24 Uhr

Wie gestaltet sich ein Raum der Ruhe und aktiven Erholung inmitten des Stadtlärms? Der Künstler Léandre Thiévent setzt «Oktave 0» als Ausstellungstitel und verhandelt das Thema der Stille und der Ruhe als Quelle des Wohlbefindens und der Weisheit. Thiévent konfiguriert ästhetische Erfahrungen ausgehend von seiner musikalischen, performativen und malerischen Tätigkeit. Während zehn Stunden wird die kunsthallekleinbasel zum Meditationsraum.

Ausstellungsbesprechung: Jasmin Glaab Fotografie: Jasmin Glaab

LÉANDRE THIÉVENT - KUNST UND MEDITATION Interview: Jasmin Glaab (Auszug) Basel, 2014 JG: «Herzlich willkommen alle miteinander. Ich bin Jasmin Glaab, ich wohne hier, das ist mein Ausstellungsraum. Ich habe heute Léandre Thiévent zu Gast, er stellt bei mir heute aus, zehn Stunden lang. Ich wollte dieses Künstlergespräch machen, weil es für mich eine sehr - sagen mir mal - für mich neue Art von Kunst ist, was Léandre hier macht. Es ist für mich keine bekannte Kunstform, kein bekanntes Medium. Ich habe viele Fragen. Vielleicht könntest du - ich weiss nicht wie viele dich kennen - noch kurz etwas zu dir sagen.» LT: «Also ich bin Léandre Thiévent. Ich komme aus dem Kanton Jura in der Schweiz und seit ein paar Jahren beschäftige ich mich mit Kunst. Aber davor habe ich viel Musik gemacht. Ich war Posaunist, viel Jazz, Free Jazz. Und davor habe ich mich noch mit Literatur, französischer Literatur beschäftigt. Und nach der Musik kam ein Punkt, da bin ich zur Stille gekommen mit der Musik. Aber die Stille und die Musik, das ist ein bisschen problematisch. Wenn man merkt, dass plötzlich ein neues Material kommt, das in dem Bereich nicht mehr brauchbar ist. Ja, man kann schon Konzerte machen, das haben schon Leute wie John Cage gemacht mit der Stille. Dann habe ich gedacht, vielleicht muss ich die Stille noch mit Klang bearbeiten. Aber sehr schnell habe ich gemerkt, das was mich wirklich interessiert ist diese Stille und auch wie die Stille zum Köper kommt. Das kommt auch von meinem Wirken als Musiker, die Musik ist die einzige Kunst, die auch in den Körper kommt. Wirklich, in die Ohren, erzeugt im Körper Vibrationen. Der Tanz macht das nicht, Literatur auch nicht. Da gibt es immer einen Zwischenraum, mit Musik nicht. Mit diesen verschiede10

nen Elementen habe ich dann angefangen Performance zu machen, auch viel mit dem Körper zu arbeiten, mit Langsamkeit. Und jetzt versuche ich mit diesem Material, mit Stille und Energie zu arbeiten. Es geht auch viel um Energie, wie geht der Mensch um mit der Energie und wie kann der Mensch für die Energie ein Kanal sein. Und dann überhaupt, was ist eigentlich die Energie. Ich versuche das so wie ein Maler, er malt mit Farben. Ich versuche das mit Energie, der Energie eine Form zu geben und ihr einen Raum zu geben. Ich versuche das in der Kunst zu machen.» JG: «Wir haben das Wort Meditation oder Meditationsraum und für mich ist es eben nicht so einfach Meditation mit Kunst zu verbinden. Ich würde gerne kurz hören, wie bist du zur Meditation gekommen. Du hast jetzt ein bisschen erzählt wie du zur Kunst, von der Musik zur bildenden Kunst gekommen bist. Was hast zu für einen Bezug zur Meditation, zum meditieren. Wie bist du dazu gekommen, was hat es für dich für eine Bedeutung. Vielleicht auch privat?» LT: «Mit vielleicht fünfundzwanzig habe ich gedacht, ich muss jetzt meine Ruhe finden. Wo kann ich das finden? Und dann ist ein Moment gekommen. Also ich bin sehr intuitiv mit dem Körper, mit Massage und solchen Dingen. Ich habe mal jemanden massiert, dann hat diese Person mir gesagt: «Du machst mich Reiki». Aber ich wusste nicht was Reiki heisst. Das ist eine Art von Pflege mit den Händen. Man macht die Hände so, nicht auf den Körper aber in die Richtung vom Körper und kann so pflegen. Die Verschiedenen Meridiane und Energiezentren, wenn die blockiert oder nicht aktiv sind, kann man sie wieder aktivieren.»


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Dominik Wullimann (BS) Dominik Wullimann AUSSTELLUNG MIT TROPISCHER MUSIK 7.9.14 | 14 – 24 Uhr Side Project: Carlos Arredondo (CHI) Ausstellungsbesprechung: Ana Vujic Fotografie: Jan Chudožilov

BOMBENKUNST. DOMINIK WULLIMANN IN DER KUNSTHALLEKLEINBASEL Text: Ana Vujic Basel, 2014 In der Mitte des Wohnzimmers der Kunsthalle drehen sich zwei Plattenspieler, die als Relikte an die Anti-Favela-Aktion erinnern. Das im Rahmen der grössten Kunstmesse ART inszenierte Elend einer Armensiedlung musste vor gut einem Jahr wegen seiner Dekadenz ungefragt gestört werden. Während Latte Macchiatos im Favela-Flair auf dem öffentlichen Platz serviert wurden, räumte der Polizeieinsatz die aktionistische Systemkritik in Form eines selbsterbauten Häuschens mit Musik, weg. Dieses Ereignis veranschaulicht nicht nur die immer grösser werdende Schere zwischen arm und reich, sondern auch die Charakteristika der Kunst an sich: Welche Aufgabe übernimmt Kunst in unserer Gesellschaft? Darf ihr Inhalt wirklich systemwidrig sein? Was unterscheidet eine gesellschaftskritische künstlerische von einer reinen politischen Aktion? Wullimann wirkt in der Wohnraum-Ausstellungssituation einer Trennung zwischen den Bereichen Kunst, Alltag und politischem Bewusstsein entgegen, indem er ihre Grenzen verwischt, sucht er nach einem gemeinsamen Potential: So hängt das Stadtplakat mit der Aufschrift «Basel baut» für diesen Abend nicht mehr in der Küche des Künstlers, sondern findet sich im Ausstellungskontext wieder. Gleich darunter lehnt sich das auf einem Karton mit Filzstiften gezeichnete Diagramm über das bedingungslose Grundeinkommen an der weissen Wand an, einige Bücher und Notizen liegen für die Ausstellungsbesuche12

AUSSTELLUNG MIT TROPISCHER MUSIK Im Schaffen von Dominik Wullimann unterscheiden sich politische Auseinandersetzung und künstlerische Arbeit kaum: Beides spielt sich am Küchentisch ab. Wenn er Kunst macht, stellt sich beim Künstler ein Gefühl von Diffusität bei gleichzeitiger Dichte her, genauso wie bei der Lektüre politischer Bücher oder der Teilnahme an Seminaren. Politisches Engagement und künstlerische Praxis haben dieselbe Wirkung: Das eigene Weltgefühlt zu kneten und umzuwälzen. So entstehen Auslegeordnung­ en, unklar und unberechenbar.

rinnen in Greifnähe, rechts davon steht auf einer kleinen quadratischen Leinwand mit einem Marker von Hand geschrieben: >GESTERN WURDE MIR EIN PRAKTIKUM IN EINEM KRIEG ANGEBOTEN. SIE FÄNDEN ES WICHTIG MENSCHEN MIT VERSCHIEDENSTEN INTERESSEN UND KOMPETENZEN IN IHREM TEAM ZU HABEN. ICH BIN GÄRTNER UND HABE DEN VORKURS GEMACHT. DA KONNTE ICH PUNKTEN.< Wullimann liefert uns mit den selber geschriebenen Texten, Bildern und vorgefundenen Objekten keine konkrete Anleitung für die Revolte. In seinen aus den Zeitungen zusammengesetzten Collagebildern die nach politischem und künstlerischem Widerstand nur so schreien verdeutlicht er vielmehr die Absurdität unseres gesellschaftlichen Systems.


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Christian Mueller (BS)

ENTARTETE KUNST

Christian Mueller ENTARTETE KUNST 5.10.14 | 14 - 24 Uhr

Christian Mueller hat in Basel an der Fachhochschule Kunst studiert. Nach dem Studium hatte er genug von Kunst, wenigstens genug vom Kunstmarkt und undurchsichtigen Jurys für undurchsichtige Wettbewerbe. Gute Kunst gibt es immernoch, sie hat aber wenig mit dem Wert zu tun, geschweige denn mit dem Preisschild oder der Versicherungssumme eines Werkes. Deshalb diskutiert Christian Mueller den ganzen Sonntag mit den Besuchern mit und über Kunst.

Ausstellungsbesprechung: Ana Vujic Fotografie: Jan Chudožilov

ENTARTET! GELD FRISST KUNST AUF. Text: Ana Vujic Basel, 2014 Die Definition von Kunst wird immer von dem gegenwärtigen Zeitgeist mitgeprägt. Heute ist das Streben nach Geld zur Tugend avanciert und in den Mittelpunkt unserer Kultur gerückt. Christian Mueller hinterfragt Kunst als Kapital, indem er zu einer Schau der am teuersten verkauften Gemälde der Welt einlädt. So hängen in der Stube der «anderen» Kunsthalle, der in Kleinbasel, zehn digitale Drucke von Kunstperlen, die der Kunstschaffende neben den üblichen Werkangaben auch mit der dafür bezahlten Geldsumme beschriftet hat: THREE STUDIES OF LUCIAN FREUD. FRANCIS BACON. 1969. 142.4 MILLIONEN|NO.5. JACKSON POLLOCK. 1948. 140 MILLIONEN| DER SCHREI. EDVARD MUNCH. 1893.119.9 MILLIONEN. Die Angaben in Dollar, versteht sich. Der Begriff Wertschätzung von Kunst erfährt hier eine neue Bedeutung, bekannte Namen wie de Kooning, Klimt, Picasso, Andy Warhol und Rothko füllen die Liste der prestige bringenden toten Künstler. Dabei entziehen sich die auf der Spitze des Kunstmarktes thronenden Werke oft jeglicher Kritik, denn ihr Inhalt wird mit dem ökonomischen Wert gleichgesetzt. Nicht bei Christian Mueller, denn er >entartet< die exklusive Kunst, indem er fragt, wer oder was überhaupt ein Werk als Kunst definiert und seinen materiellen Wert bestimmt. Wagt man es anhand der ausgedruckten Bilder die Selektion des Kunstsystems näher zu betrachten, so ist Malerei ohne einen konkret ersichtlichen gesellschaftskritischen Inhalt, gemalt von einer westlichen, männlichen Hand, der erfolgreichste Warentypus. Zusätzlich ist ein gut verwertbares Kunstwerk dasjenige, welches sich beim ersten Hinsehen erschliesst und nicht auf einen 14

komplexeren Inhalt hinweist. Paradoxerweise lebt aber das Kunstsystem, trotz oder eben gerade wegen seiner grotesken Auswüchse, von der allgemeinen Vorstellung, Kunst liege jenseits von Kommerz und Spekulationsfeld. Nur auf diese Weise kann Kunst ihren Sonderstatus unter den Waren behaupten. Mueller erweitert die Bilder-Ausstellungssituation mit einer Tonbandaufnahme auf welcher Joseph Beuys zusammen mit Hennig Christiansen und Johannes Stüttgen die Wörter «Ja Ja Ja Ja Ja, Nee Nee Nee Nee Nee», immer von Neuem wiederholt. Die monotonen Stimmen in Endschlaufe durchdringen den wohnlichen Ausstellungsraum und vertonen nicht nur das alltägliche «Sich-nicht-entscheiden-Können», sondern symbolisieren auch die «mitplätschernde» Kunst im ökonomischen Strom, die eben immer «Ja» sagt in einem wenig durchschaubaren System, in dem das Geld über Kunst oder Nichtkunst entscheidet. Wie ausschlaggebend die Kunstrolle der Anpassung oder des ästhetischen Widerstandes sein kann, erinnert der Kunstschaffende mit dem provokativ gewählten Ausstellungstitel. ENTARTETE KUNST. Unter diesem kulturhistorischen Kampfbegriff wurde moderne Kunst von den Nationalsozialisten wegen ihrer scheinbar geistlosen Andersartigkeit und des nicht ideologisch konformen Erscheinungsbildes verboten und konfisziert. Nach Beuys ist jeder Mensch der seine Fähigkeiten entfaltet ein Künstler und als solcher für die Gestaltung der Gesellschaft mitverantwortlich. Antwortet Kunst heute mit einem störenden Nein, dann kann sie den Bedingungen des globalisierten Kapitalismus und des dazugehörenden Kunstsystems trotzen und eine Ausdrucksform für kritisch-politischen Gehalt in der Gegenwart sein. Denn nur Kunst, die in Lebensnähe mitwirkt und hinterfragt, kann für bare Münze genommen werden.


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Yvonne Good (ZH)

RETROSPEKTIVE

Yvonne Good RETROSPEKTIVE 2.11.14 | 14 - 24 Uhr

Alles festgeschrieben? Im Rahmen der Ausstellung RETROSPEKTIVE verhandelt Yvonne Good Kunstgeschichte nicht nur als Fundament aus alten Schinken. Die Künstlerin beleuchtet die Thematik auch im Kontext konkreter Realitäten. Nebst grossen Erzählungen erwartet die AusstellungsbesucherInnen die Möglichkeit sich persönlich ins Werk der Künstlerin einzuschreiben: Ein Tauschhandel.

Ausstellungsbesprechung: Maya Minder Fotografie: Tjefa Wegener

YVONNE GOOD - RETROSPEKTIVE Interview: Maya Minder (Auszug) Zürich, 2014 MM: «Liebe Yvonne, von der kunsthallekleinbasel wurdest du eingeladen die Räumlichkeiten für einen Tag, zehn Stunden lang zu bespielen. Was würdest du sonst mit zehn Stunden beginnen, wenn man sie dir schenken würde?» YG: «Nun das kommt darauf an, in welchem Kontext diese zehn Stunden sind. Wäre ich eingeladen zu einem Performancefestival, dann würde ich sicherlich eine Langzeitperformance machen. zehn Stunden sind wiederum auch nicht allzulange. Das habe ich bei der Ausstellung in der kunsthallekleinbasel wieder festgestellt die Ausstellung verging rückblickend wie im Flug. Hätte ich in Basel eine Langzeitperformance gemacht, wäre es eine ‚Living sculpture-Performance‘ gewesen. Aber ich konnte mir auch eine Aktion, wie z.B. den ‚Tauschhandel‘ vorstellen, den ich schlussendlich realisiert habe.» MM: «Die physische Zeit scheint in deinen Arbeiten immer wieder eine Rolle zu spielen, so wie auch bei der Arbeit «1.60 auf 4m», in der du mehrere Stunden auf einem vier Meter hohen Sockel liegst und das Vernissagenpublikum unter dir und um dich herum gehen kann. Die Dauer und Anstrengung Zeit zu erleben, wird so erfahrbar gemacht. In welchem Gegensatz steht die Zeit für dich in einer Kunstarbeit? Oder spezifischer, zum Genre der Performance? Warum ist es für dich von Interesse, diese zu machen. Es ist nicht nur furchtbar anstrengend, sondern mich interessiert auch deine Intention? Wieso dieser Aufwand, wenn die Performances schlussendlich sowieso nur aus Dokuarbeiten bestehen?»

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YG: «Das würde ich so nicht sagen. Performance lebt ja von diesem Live-Moment. Dem Moment eines Gegenübers. Die ‚richtige‘ Arbeit besteht nur in diesem Moment. Danach lebt sie in der Erinnerung weiter. Auch mittels Dokumentation in unterschiedlichen Varianten. Aber was auch wichtig ist, ist das Material, welches ich bei einer Performance verwende und das nach der Performance dann weiter besteht - oder auch nicht - und welches teilweise auch Rückschlüsse auf den abwesenden Körper erlaubt. Angefangen hat alles, als ich für meine Abschlussarbeit im Studium eine Performance zeigen wollte, die egal zu welcher Zeit das Publikum an die Vernissage kommt von den BesucherInnen gesehen werden konnte. Weil es so keine Ankündigung braucht wird die Arbeit mit den anderen Ausstellungsarbeiten auf eine Art und Weise gleich gesetzt. Das Interesse einer Performance liegt im Moment. Was passiert während einer Performance? Welcher Zwischenraum entsteht zwischen dem Publikum und mir während einer Performance? Was macht die Zeit aus? Wie verändert sich der Körper im Laufe dieser Zeitspanne und wie wirkt sich dies wiederum auf die Performance aus? Das sind Fragen, die mich bei meinen Performances interessieren.»


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Kleinkunstmarkt

KUNSTHANDWERK

Kleinkunstmarkt KUNSTHANDWERK 23.11.14 | 14 - 24 Uhr

Am Kleinkunstmarkt tritt vielfältiges kreatives Schaffen in einen Dialog: Zu sehen ist eine Einrichtung mit Designund Kunstobjekten, Schmuck, Keramik und textilen Arbeiten von GestalterInnen aus Basel, Lindau, Luzern, Zug und Zürich. Ein kunterbunter Markt mit Musik, Suppe, heissen Getränken, Geschichten und Kunsthandwerk für grosse und kleine Leute - mit grossem, kleinem oder keinem Portemonnaie.

Ausgestellt haben Sandra Anzi, Noemi Serena Biondo, Toni Egger, Svenia Fielding, Francesca Meier, Anna Weber, Klea Weibel, Karin Zingg Begleitprogramm: Erna Dudensing & Hans Willin (Intermezzo), Florian Ochsé (DJ), Pjotr Hürlimann (DJ) Ausstellungsbesprechung: Jasmin Glaab Fotografie: Tjefa Wegener DER WEG ZUM MARKT Text: Jasmin Glaab Basel, 2015 Die Idee des Kleinkunstmarktes war es AusstellerInnen aus unterschiedlichen Bereichen in einen Dialog zu bringen. So kontaktierte ich zuerst die Goldschmiedin Klea Weibel und die Keramikerin und Künstlerin Sandra­Anzi aus meinem persönlichen Umfeld. Ausgehend davon begab ich mich auf die Suche nach weiteren potentiellen AusstellerInnen und bat Klea Weibel darum, im Zürcher und Zuger Umfeld nach weiteren HandwerkerInnen Ausschau zu halten. Kurz darauf erschien ein Pressebericht über die kunsthallekleinbasel, in dem explizit dazu eingeladen wurde, sich bei Interesse bezüglich Partizipation am Kleinkunstmarkt zu melden. Auf den Presseaufruf hin meldete sich die Illustratorin Anna Weber, die Lithographien und Drucke zeigen wollte. An der Ausstellung von Christian Mueller sprach mich bald darauf unverhofft eine Besucherin an. Francesca Meier erzählte mir, dass sie an derselben Strasse wohnt. Sie ist Textildesignerin und Künstlerin. Sie zeigte sofort Interesse am Kleinkunstmarkt Arbeiten zu präsentieren. Kurz darauf kontaktierte mich eine Anwohnerin, welche mir wiederum eine Bekannte empfahl, die mit Textilien arbeitet. Nach einem kurzen Treffen mit ihr, ihr Name ist Svenia Fielding, bekam ich eine Vorstellung davon, wie der Kleinkunstmarkt aussehen würde: Ein kunterbunter Markt an dem verschiedenste Stile, Materialien und Menschen aufeinandertreffen würden. Besagte Goldschmiedin hatte inzwischen die beiden Textilgestalterinnen Karin Zingg und Noemi Serena Biondo angefragt, welche mit ihren Arbeiten perfekt zur Ausstellung passten. Damit waren drei Ausstellerinnen im Boot, welche mit Textilien arbeiten - jede in ihrer einzigartigen Fasson. An der Eröffnungsveranstaltung des neuen Campus der Künste 18

Basel lernte ich den Tischlermeister und Designer Toni Egger kennen. Ich lud ihn ein am Kleinkunstmarkt eines seiner Möbel zu zeigen. Somit würden nicht nur Keramik, Schmuck und Textilien ausgestellt werden, sondern auch Möbel. Die Liste der AusstellerInnen war nun komplett, was noch fehlte war das Begleitprogramm. An der Ausstellung von Yvonne Good kam ich mit Hans Willin ins Gespräch, welcher vorschlug am Kleinkunstmarkt mit seiner Partnerin Erna Dudensing aufzutreten. Zwei der AusstellerInnen schlugen mir den DJ Piotr Hürlimann vor, welcher gerne einige Stunden Musik auflegen wollte. Zu späterer Stunde sollte dann mein Lebenspartner Florian Ochsé übernehmen. Musik war organisiert und sogar ein Intermezzo! Über ein anderes Projekt kam ich in Kontakt mit Deborah Luethy, welche für Ron Orps Mail schreibt und die Veranstaltung über den Newsletter des Verlages ankündigte. Anna Weber brachte schliesslich noch ihre Freundin Rebekka Bernasconi mit, welche sich dazu bereit erklärte die Bar zu schmeissen und Kürbissuppe servierte. Blieb nur noch die Platzierung sinnvoll zu konzipieren und den Aufbau gut zu planen. In Vorgesprächen mit den KünstlerInnen erarbeitete ich die Platzierung Schritt für Schritt. Die Schwierigkeit acht Positionen auf etwas über 16 Quadratmetern zu zeigen, sodass schluss­endlich alle mit ihrem Auftritt zufrieden sein würden und gleichzeitig ein überzeugendes Gesamtbild entsteht, war für mich eine der grössten Herausforderungen der Ausstellungsreihe. Dank der tollen Zusammenarbeit mit allen Beteiligten gelang es uns die kunsthallekleinbasel in einen Erlebnissraum für Gross und Klein zu verwandeln.


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Silvio Grimm (BS)

THE GRIMM EXPERIENCE

Silvio Grimm THE GRIMM EXPERIENCE 7.12.14 | 14 - 24 Uhr

Für den Künstler und Musiker Silvio Grimm sind Bildsprache und Musik sehr stark miteinander verbunden. In der Bilderausstellung «The Grimm Experience» zeigt er Malereien, Zeichnungen und Objekte. Darin verschmelzen Stimmungen, Dialoge, Situationen, Gefühle, Songtexte und Sequenzen in verworrenen, mehrfach aufgetragenen Schichten aus Farbe, Lack und Collageelementen. «Ich bin ein Mensch, der Gegensätze vereint und gegensätzliche Menschen zusammenbringen kann.» sagt Grimm und lädt dazu ein, seine Werke bei Rock‘n‘Roll Musik und einem Glas Whisky zu erfahren.

Begleitprogramm: Bad Santa Blitzaction (Performance) Ausstellungsbesprechung: Ana Vujic Fotografie: Tjefa Wegener

BYE, BYE DISNEYLAND, I NEED SOME FUCKING ROCK`N`ROLL Text: Ana Vujic Basel, 2014

Silvio Grimm zeigt in der vielfältigen und in der kunsthalle­ kleinbasel bis anhin ersten Malereiausstellung, dass in jedem bizarren Dialog gerade der Moment der Poesie verborgen liegt.

Die Bilder von Silvio Grimm (*1984) bewegen sich an der Grenze des guten Geschmacks, sie sind Schnittstellen zwischen der heilen Kindergeschichtenwelt, den Verführungen des Konsumgutes und anderen Absurditäten des täglichen Lebens. So verlässt in dem malerischen Werk «Alice in Wonderbar» das blonde unschuldige Mädchen ihre zauberhafte Welt und setzt sich lieber an den Tresen einer Bar, vor sich auf dem Tisch mehrere Whiskyflaschen und einen Revolver liegend. Die strahlenden Augen und das naive Lächeln des aus einem Buch ausgeschnittenen Kinderstars stechen aus dem abstrakten Bildhintergrund hervor. Bräunliche Lackspuren halten die malerischen Pinselstriche mit den collageartigen, sich überlagernden «Papierfötzeli» zu einem bunten Ganzen auf der Spanplatte zusammen. «I DON`T WANNA LIVE FOREVER» oder «GIRLS JUST WANNA HAVE FUN» scheint das neue Lebensmoto von Alice zu sein.

Alice: «Glaubst Du, ich habe den Verstand verloren?»

Grimm beschreibt mit der Mischtechnik Collage-Malerei teils ironisch, teils verstörend die unterschiedlichen Zustände seiner Comic- und Kindergeschichtenfiguren, indem er sie in die vergleichbar grotesken Irrtümer unserer Zeit oder in die dreckige Untergrundwelt des Rock`n`Rolls mitnimmt. Der Kunstschaffende, der seine malerischen Wurzeln im Comiczeichnen hat, ist auch selber in den beiden Bands KLANGKLINIK und MISSLING musikalisch aktiv. Kunst soll keine Spartengrenzen kennen.

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Vater: «Ich fürchte, ja. Du bist übergeschnappt, hast eine Meise, bist nicht ganz bei Sinnen. Aber weißt Du was? Das macht die Besten aus!»


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Öffentliche Besprechung Online Zeitungsbericht TagesWoche 5.10.2014 Text: Naomi Gregoris (Auszug)

Hinter den grauen Wänden versteckt sich jedoch ein Kunstraum, der alles andere als gewöhnlich ist: Die «kunsthallekleinbasel», ein Ausstellungsraum, der wahlweise als Wohnzimmer, Atelier, Konzerthalle, Meditationsstudio, Partykeller, Bücherhöhle oder alles zusammen genutzt wird. Der Name hinter der unkonventionellen Kunsthalle liest sich zuunterst auf dem chaotischen Klingelschild: ­Jasmin Glaab, freie Kuratorin und Künstlerin, hat sich die Kunst ins Wohnzimmer geholt. Im wahrsten Sinne des Wortes: kunsthallekleinbasel ist nicht nur von ihr ins Leben gerufen worden, sondern sie hat sie aus Mangel an verfügbaren Räumen auch gleich in ihrem Wohnzimmer angesiedelt. «Nach meinem Einzug hatte ich immer wieder Leute zu Besuch und mit ihnen kleine Sachen ausgestellt. So hat sich das dann langsam daraus entwickelt.» Weg von weissen Sockeln und Bilderrahmen Glaab versah den Ort mit einem aufgeladenen Prädikat: Kunsthalle. Doch wer an weisse Sockel und Bilderrahmen denkt hat weit gefehlt. Die kunsthallekleinbasel ist so nonkonform wie ihr Standort. Sie funktioniert selbsttragend und geniesst so auch grösstmögliche Freiheit was das Format angeht. In der kleinen Kunsthalle sucht man vergebens nach Häppchen und Weisswein – viel wahrscheinlicher ist es, dass man sich beim Reinkommen erstmal selber in der Küche einen Rotwein einschenkt. Das Konzept ist ganz simpel: Jasmin Glaab sucht sich Künstler aus, die ihr gefallen («Diese ganze Pseudo-Objektivität grosser Institutionen finde ich schwierig. Qua22

HÄPPCHENLOS IN DER KLEINSTEN KUNSTHALLE DER SCHWEIZ Schon mal was von der kunsthallekleinbasel gehört? Ist auch nicht besonders einfach: Sie pfeift auf herkömmliche Ausstellungsformate und öffnet ihre Türen nur einmal im Monat für 10 Stunden. Das Haus in der Sperrstrasse 7 sieht auf den ersten Blick aus wie fast jedes Haus in diesem Stadtteil: Liebenswert heruntergekommen, die Fassade von dunklen Schlieren überzogen, die Fenster verstaubt und das Klingelschild mit Unmengen von Namen zugepflastert.

lität ist auch im institutionalisierten Ausstellungsbetrieb immer nur eines vieler Kriterien. Ich bin nicht objektiv – aber gebe das auch offen zu.») und gibt ihnen ein Veranstaltungsfenster von zehn Stunden: So lange hat die kunsthallekleinbasel für eine Ausstellung geöffnet. 10 Stunden lang in Künstlerhand Dabei ist der Begriff «Ausstellung» für das, was in den zehn Stunden in der kleinen Kunsthalle abläuft, viel zu eng. Denn die ausstellenden KünstlerInnen geniessen grösste Freiheit und dürfen mit dem Raum machen, was sie wollen. Wer es lieber laut und verrückt hat, holt sich ein paar Plattenteller und DJs ins Haus (Wie Dominik Wullimann im September), wer Lust auf Konzert hat, lädt Musiker ein (wie Lysann König im Juni) und wer sich den weltlichen Gelüsten lieber entsagt, der macht es wie Léandre ­Thiévent und verwandelt den Kunstraum in einer performativen Installation in einen Meditationsraum. «Die Künstler sollen hier zusammen mit ihrer Kunst etwas erleben», meint Glaab. Ihr geht es dabei nicht nur um die Kunst, sondern auch um die verschiedenen Lebensentwürfe, die die KünstlerInnen mitbringen. Sie gibt ihnen 10 Stunden Zeit, sich in möglichst freier Form zu ihrem Werk zu verhalten und es einer Öffentlichkeit preiszugeben. Die Präsentation von Kunstwerken steht nicht im Vordergrund, es gehe vielmehr darum, eine Atmosphäre zu gestalten: «Ich finde es wichtig, dass die Ausstellungen hier nicht ins herkömmliche Schema von Präsentieren und Anschauen reinpassen müssen. So werden Erlebnisräume geschaffen, die diesen Namen auch verdient haben.»


Impressum Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellungsreihe kunsthallekleinbasel 1 vom 1. Juni bis 7. Dezember 2014. Publikation Herausgeberin: Jasmin Glaab Text: Jasmin Glaab Maya Minder Katja Willi Ana Vujic Fotografie: Jan Chudožilov Jasmin Glaab Tjefa Wegener Grafik: Lukas Meier Layout: Silvio Grimm Korrektorat: L. N. Druck: Newpress, Smederevo (SRB) Auflage: 400 Dank Mit besonderem Dank an Rebekka Bernasconi Marco Kleiner Daniel Marti Florian Ochsé Erschienen bei Amsel Verlag Zürich Limmatstrasse 197 8005 Zürich www.amselverlag.ch © 2015 die AutorInnen, die KünstlerInnen, die FotografInnen ISBN 978-3-9523960-9-4

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