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4.3 Gebrannter Lehm

Christine Pümpin/Jonas Nyffeler

4.3.1 Einleitung

In Osterfingen-Haafpünte konnte in der brandschutthaltigen Grube Pos. 273 eine grössere Menge gebrannten Lehms freigelegt werden (Kap. 3.2), der unterschiedlich gut erhalten war. Der Grossteil davon befand sich in Pos. 405 und war stark aufgelöst. Es lagen aber auch stabile und gut gebrannte Fragmente vor; insgesamt konnten über 10 kg davon geborgen werden (Abb. 63). Etwa ein Fünftel der Lehmfragmente wies jeweils eine erhaltene, ebene Oberfläche auf (Abb. 64). Die Fragmente waren bis zu einer Breite von 9 cm erhalten, die Dicke lag jeweils unter 3 cm. Keines dieser Stücke wies eine zweite Oberfläche, Rutenabdrücke oder sonstige Merkmale auf, die weitere Hinweise auf die ursprüngliche Verwendung des Lehms geben könnten. Am ehesten handelte es sich um Baulehm einer Hauswand, der im Zuge eines Schadfeuers verziegelte (Kap. 3.2). Die Lehmfragmente könnten auch als Auskleidung einer Feuerstelle gedient haben. Jedoch scheinen sie in Anbetracht einer regelmässigen, intensiven Nutzung durch ein Herdfeuer zu wenig gut und durchgehend gebrannt zu sein.

Die oberste Schicht der erhaltenen Oberflächen war meist von hellbeiger Farbe und setzte sich optisch deutlich vom darunterliegenden Material ab (Abb. 64). Da sie mit 10%iger Salzsäure reagierte, wurde ein intentioneller Kalkauftrag auf dem Lehm vermutet. Kalktünche hat wasserabweisende Eigenschaften und dient auf Lehmoberflächen aufgetragen als Schutz gegen die Witterung.244 Der Nachweis von Kalktünche hätte somit zusätzliche Informationen zur Verwendung des Baulehms sowie Informationen zum Unterhalt der Gebäude in der spätbronzezeitlichen Siedlung geliefert. Für weitere Abklärungen wurde deshalb ein kleines Fragment an der geoarchäologischen Abteilung der Integrativen und Prähistorischen Archäologie (IPNA) der Universität Basel mikromorphologisch untersucht. Im Labor wurde das Objekt in einem ersten Schritt unter dem Binokular beurteilt, beschrieben und fotografisch dokumentiert (Abb. 65-68). Danach wurde es in Kunstharz eingegossen und gehärtet. Anschliessend konnte vom Lehmfragment ein Dünnschliff245 hergestellt werden, der unter dem Polarisationsmikroskop bei 16- bis 630-facher Vergrösserung nach den gängigen Richtlinien analysiert wurde.246

4.3.2 Herkunft des Lehms

Die Region um die Fundstelle Haafpünte liefert eine grosse Vielfalt an jura- und tertiärzeitlichen Tonen und Mergeln, die als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Keramik dienten, sowie Lehme, die als Baumaterialien Verwendung fanden (Abb. 3).247 Diese Lehme sind in der spätbronzezeitlichen Fundstelle Osterfingen-Haafpünte und in nächster Umgebung anstehend. So findet sich am westlichen Hangfuss des Wannenbergs lösshaltiger Schwemmlehm, der in den Schwemmfächer des Haar- telbachs übergeht.248 Während kaltzeitlicher Bedingungen lagerten sich diese Sedimente u.a. durch Hangfliessen und fluviale Prozesse ab. Ab dem Spätglazial entwickelte sich auf diesem Substrat unter geschlossener Vegetationsdecke ein Luvisol (mit Al- und Bt-Horizont), der als charakteristischer Bodentyp in dieser Region vorkommt.249 Mit der Nutzung der Landschaft im Holozän kam es infolge anthropogener Eingriffe mehrfach zu Erosion und Kolluvialbildung.250 Vor allem im Bereich des Schwemmkegels mit der spätbronzezeitlichen Siedlung führten fluviale Prozesse zu Erosion sowie auch Sedimentation u.a. von Ton, Mergel, Löss und Kalkkies aus der näheren Umgebung.251 Während stabiler Phasen setzte mit der Bodenbildung wieder eine Verwitterung der Sedimente ein.252

4.3.3 Auswertung

Die gute Erhaltung des untersuchten, verziegelten Lehmfragments aus der Grube Pos. 273 geht nach den archäologischen Beobachtungen mit grosser Wahrscheinlichkeit auf ein Schadfeuer zurück (siehe Kap. 3.2). Dabei blieb die glatte Oberfläche des Baulehms in ihrer ursprünglichen Form erhalten. Auffällig ist die hellbeige Farbe der Oberfläche, die sich deutlich vom darunterliegenden Material abhebt und Anlass für die nähere Untersuchung des rund 2 × 2 cm grossen Lehmstücks war.

4.3.3.1 Beobachtungen am Binokular

Makroskopisch setzt sich das Lehmfragment aus drei Zonen zusammen (Abb. 65 und 66): einem knapp 2 cm dicken rötlich gelben, siltig-tonigen Lehm mit wenig Grobsand und Feinkies (Schicht 1, Abb. 65–67 [1]), gefolgt von einem ca. 1 mm dünnen, weissen Silt (Schicht 2, Abb. 65 und 66 [2], Abb. 68) und zuoberst einem < 1 mm dünnen, braunen, feinsandig-siltigen Lehm (Schicht 3, Abb. 65 und 66 [3], Abb. 68).253 Die Grenzen zwischen den drei Schichten sind meist deutlich. Auf der glatten Oberseite der Schicht 2 treten gelbliche Zonen auf (Abb. 68), die ursprünglich vom anhaftenden Umgebungssediment (Schicht 3) stammen dürften, jedoch nur noch partiell erhalten sind. Beim Test mit 15%iger Salzsäure (HCl) zeigte sich ein schwaches Aufschäumen der Schicht 2, was auf eine schwache kalkhaltige Matrix hindeutet. Keine Reaktion zeigte die kalkfreie, siltig-tonige Schicht 1. Bei Schicht 3 war zu wenig Material für einen HClTest vorhanden.