HÖRBAR 01 | 2012|13

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Die Saison 2012 | 13 führt sieben neue Künstler der Reihe »Junge Wilde« ins Konzerthaus. Den Anfang macht gleich der jüngste der dritten »wilden« Generation: der kanadische Pianist Jan Lisiecki.

Unter Labor-Bedingungen

Ab in die Zukunft

Die ehemaligen »Jungen Wilden« Patricia Kopatchinskaja und Pekka

Das »Küken« der neuen Staffel ist als Teenager in die Reihe »Junge Wilde« gerutscht, die ausdrücklich nicht als Plattform für Wunderkinder geplant ist. Doch im Falle dieses jungen Pianisten ist eine ernsthafte Künstlerkarriere fast schon mit Händen greifbar – ein Musiker, den man sich nicht einfach wegen seines Alters entgehen lassen kann. Eine Karriere mit 16 Jahren begonnen zu haben kommt Lisiecki selbst auch gar nicht komisch vor. Für ihn fühlt es sich nämlich gar nicht wie eine Karriere an: »Ich kann das tun, was ich gerne mache. Dabei bin ich natürlich professionell, aber es ist trotzdem kein Job. Ich hatte auch keinen Druck, Pianist zu werden. Nicht durch meine Eltern, nicht durch meine Lehrer – das hat sich ganz natürlich entwickelt.« Es fällt schon auf, wie oft Jan Lisiecki das Wort »natürlich« benutzt: Seine Karriere, der Vertrag mit der Deutschen Grammophon, das Auswendiglernen von Stücken – alles fügt sich für den Pianisten erklärtermaßen glücklich und wie von selbst. Dabei ist das Leben des 17- jährigen Kanadiers natürlich vielmehr ungewöhnlich als normal.

Kuusisto haben mit Pieter Wispelwey und Lilly Maijala ein Streichquartett gegründet. Improvisationsfreude und eine unbändige Musizierlust versprechen quartet-lab zu einem aufregenden Kammermusik-Experiment zu machen.

Was passiert nun also wohl, wenn diese ehemaligen »Jungen Wilden« mit dem Cellisten Pieter Wispelwey und der Bratscherin Lilli Maijala ein Streichquartett gründen? Verschreibt man Streichquartetten gewöhnlich eine lange Reifezeit, in der sich die Spieler aufeinander einhören und ihre EnsembleKommunikation perfektionieren, kann man in diesem Fall sicher sein, dass der Reiz der Formation gerade in der Spontaneität und den Improvisationsfähigkeiten der Mitglieder besteht. Als Kammermusiker haben Pekka Kuusisto und Patricia Kopatchinskaja sich in ihren »Junge-Wilde«-Konzerten stets als aufmerksame und flexible Partner erwiesen, deren Musikalität ohnehin über jeden Zweifel erhaben ist. Ihre Absicht, auch mit der Hohen Schule der Kammermusik experimentierfreudig umzugehen, spiegelt sich in dem Namen, den die vier ihrem neuen Ensemble gegeben haben: quartet-lab. Das Programm ihres ersten öffentlichen Konzerts zeigt, dass auch in ihrem StreichquartettLaboratorium Werke aller Epochen willkommen sind: Beethoven und Bartók begegnen Salonen – eine vielversprechende Versuchsanordnung.

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So 09.09.2012 · 18.00 Uhr

QUartet-Lab Patricia Kopatchinskaja Violine, Pekka Kuusisto Violine, Lilli Maijala Viola, Pieter Wispelwey Violoncello Werke von Beethoven, Bartók und Salonen

Der Sohn polnischer Einwanderer entwickelte sich schulisch so rasant, dass sein Lehrer einen Ausgleich vorschlug, der den Jun-

Di 18.09.2012 · 19.00 Uhr

»Junge Wilde« Jan Lisiecki Klavier

Jan Lisiecki Werke von Messiaen, Beethoven, Mendelssohn Bartholdy, Bach und Chopin

FOTO: Mathias Bothor / DG

Pekka Kuusisto war nicht der jüngste, aber der wohl wildeste »Junge Wilde« der letzten Staffel: Seine Programme reichten von Bach-Partiten bis zu finnischen Tangos und hatten dabei doch einen roten Faden – den Mut zur Grenzüberschreitung. Einen ähnlichen Eindruck hinterließ auch Patricia Kopatchinskaja, »Junge Wilde« der ersten Stunde: In ihrer Programmatik nicht ganz so genresprengend, überraschte sie ein ums andere Mal mit neuen Lesarten vermeintlich bekannter Werke – auch Esa-Pekka Salonen hörte sein eigenes Violinkonzert aus ihren Händen neu. Kuusisto und Kopatchinskaja eint jedoch nicht nur ihre unkonventionelle Herangehensweise an alte Werke, sondern auch eine Vorliebe für neues Repertoire. Beide haben Uraufführungen renommierter zeitgenössischer Komponisten zu Buche stehen und fühlen sich bei Thomas Adès so wohl wie bei Ludwig van Beethoven.

gen nachmittags beschäftigt und ihn etwas in seinem Eifer bremst. Das Klavier kam und beschäftigte ihn. Doch die Junior High School (etwa der Mittelstufe im deutschen Schulsystem ähnlich) hat er trotzdem übersprungen. Inzwischen hat Lisiecki seine Debüt-CD mit Mozart-Klavierkonzerten bei der DG veröffentlicht, studiert am Glenn-Gould-Konservatorium und bereist die Konzertzentren der Welt. Und auch das Reisen fügt sich ganz natürlich in den Alltag des jungen Musikers: Er liebt alles, was mit Fliegen zu tun hat, findet Flughäfen immer wieder faszinierend. Das trifft sich gut, denn Jan Lisieckis Weg führt steil nach oben.

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