Hier bleibt die Natur sich selbst überlassen
Der Nationalpark als langfristiges Entwicklungsprojekt
Natur Natur sein lassen Ranger im Nationalpark Eifel
Besucherandrang im Nationalpark
12
„Rufen Sie mich am Freitag wieder an, dann stehen die Dienstpläne fest und wir können einen Treffpunkt ausmachen.“ So endet mein erster Kontakt mit Carsten Richter, Ranger im Nationalpark Eifel. Einen Termin zu vereinbaren ist gar nicht so einfach. Bei meinem ersten Gespräch mit der Nationalparkverwaltung erfahre ich, dass aufgrund eines derzeit besonders hohen Besucheraufkommens Gäste des Nationalparks gebeten werden, die gängigen Routen und Plätze zu meiden, damit die Abstandsregeln eingehalten werden können. Eine Auswirkung von Covid-19 sind die großen Besucherströme in heimischen Nationalparks, obwohl die sonst sehr beliebten Rangertouren, Führungen und Kutschfahrten bis auf weiteres ausgesetzt sind. Mich interessiert vor allem die Arbeit eines Rangers. Welche Ausbildung ist erforderlich und wie sieht das Aufgabengebiet aus? Ich stelle mir die Arbeit spannend vor: Begegnungen nicht nur mit der Natur, Tieren und Pflanzen, sondern auch mit vielen Menschen. Versucht der Ranger die Natur den Menschen näher zu bringen? Schützt er die Natur? Gibt es eigentlich auch Rangerinnen? Ich bin gespannt auf das Treffen mit Carsten Richter. An einem Sonntag treffe ich den Ranger am Parkplatz Wilder Kermeter. Er ist unschwer zu erkennen an seiner Rangerkleidung und dem typischen Rangerhut. Nach der Begrüßung schlägt er vor, unser Gespräch bei einer Tour auf dem Wilden Weg, einem Naturkundepfad, zu führen. Ich bin sofort einverstanden.
Der Wilde Weg im Wilden Kermeter, dem Herzstück des Nationalparks, beginnt direkt am unteren Ende des großen Parkplatzes. Der barrierefreie Naturerkundungspfad ist etwa zwei Kilometer lang. Er ist leicht begehbar und für Rollstuhlfahrer befahrbar, zudem ist er geeignet für Menschen mit Sehbehinderung und Blinde, für Menschen mit Hörbehinderung und Gehörlose und für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Die verschiedenen Stationen mit ihren Erläuterungen sind beeindruckend. Carsten Richter weist mich auf die vielen Details hin. Beginnend mit der Höhlenstation wurden auf dem Wilden Weg insgesamt zehn Stationen verteilt – darunter Tiersilhouetten, eine Forscherstation und eine Kletterstrecke, bei denen Informationen detailliert in Bildern, leichter Schriftsprache, Blindenschrift und teilweise in Audio erläutert sind. Nach Begehung des Naturkundepfades geht es weiter zum beliebtesten Aussichtspunkt im Kermeter, der Hirschley mit ihrem wunderbaren Blick über den Rursee. Wir passieren dabei einige dicke Stämme am Boden, die als Sicherheitsmaßnahme dienen und vor einem steilen Abhang warnen. Alle Maßnahmen, die die Barrierefreiheit im Nationalpark betreffen, sind durch gemeinsame Begehungen und Gespräche mit Betroffenen entstanden. Im gesamten Nationalpark gibt es 240 Kilometer Wanderwege, 110 Kilometer Radwege und 65 Kilometer Reitwege. Der Wilde Weg erweist sich als gutes Beispiel für die Arbeit eines Rangers. Schon am Parkplatz
reportage | gletscherspalten 1/2021